Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute abschließend das Gesetz zur Änderung des Aufnahmegesetzes. Wir haben eine Verbandsbeteiligung durchgeführt. Danach begrüßen die kommunalen Spitzenverbände die Überarbeitung des Gesetzes. Natürlich wird auch die Erhöhung der Pauschale für die Kommunen von ihnen begrüßt. Sicher ist sie aus Sicht der Kommunen zu gering. Aber wir müssen wie immer die Interessen des Landes mit den Interessen der Kommunen in Einklang bringen.
Zu beachten haben wir auch die Regelungen im Asylverfahrensgesetz. Danach sind Ausländer, die nicht mehr verpflichtet sind, in Aufnahmeeinrich
tungen zu leben, möglichst in Gemeinschaftsunterkünften unterzubringen. In Niedersachsen wurden in den vergangenen Jahren viele Gemeinschaftsunterkünfte geschlossen. Aus diesem Grunde - anders geht es ja nicht - werden Ausländer mehr als früher in Wohnungen untergebracht.
Meine Damen und Herren, für die Verabschiedung dieses Gesetzes ist es auch wichtig, zu wissen, dass sich die Zahl der Antragsteller in den letzten Jahren erheblich erhöht hat. Es zeichnet sich ab, dass sich zurzeit die Zahlen gegenüber den Vorjahren um jeweils ca. 20 % erhöhen. Ähnliche Entwicklungen gab es auch in den Jahren zuvor. Es wurde eingehend untersucht, wie die 2004 festgelegten Pauschalen angepasst werden müssen. So werden ab dem Jahr 2012 4 826 Euro statt 4 270 Euro bezahlt. Hierbei handelt es sich um eine jährliche Pauschale. Für 2011 wird eine Nachzahlung von 278 Euro für jede Person berücksichtigt. Die Kommunen werden dadurch jetzt finanziell bessergestellt als vorher.
Meine Damen und Herren, die Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes ist in unserem Land den Landkreisen und kreisfreien Städten übertragen. Bei der Beratung dieses Gesetzes wurde bemängelt, dass die Unterbringung nicht immer menschenwürdig sei. Hierzu wurde seitens der Vertreter der Verwaltung eindeutig Stellung genommen.
Danach wurde glaubhaft dargelegt, dass die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften durchaus Vorteile bieten kann, sei es bei der Betreuung oder aber bei besonderen Pflichten aufgrund einer religiösen Zugehörigkeit. Gerade für Frauen können Gemeinschaftsunterkünfte einen besseren Schutz bieten. Wir können und müssen uns darauf verlassen, dass eine Gemeinschaftsunterbringung nicht zwangsläufig die schlechtere ist. Insbesondere in den Ballungsräumen haben wir nicht immer Möglichkeiten, Einzelunterkünfte anzumieten. Es ist auch wichtig, die Möglichkeiten im Lager Friedland weiter zu nutzen. Dort haben wir eine hohe Kompetenz, wenn es um Maßnahmen zur Förderung der Integration geht.
Neben der Festlegung der Pauschalen dient dieses Gesetz auch der Verwaltungsvereinfachung und der Rechtsvereinheitlichung. Es geht darum, dass einheitliche Terminologien verwendet werden. Auch in diesem Fall haben wir als Landesgesetzgeber verschiedene Änderungen der Bundesgesetze einzuarbeiten bzw. Anpassungen vorzu
nehmen. Bei den Bundesgesetzen handelt es sich um das Aufenthaltsgesetz, das Asylbewerberleistungsgesetz und das Sozialgesetzbuch XII. Wir haben in Niedersachsen Regelungen, wonach außer in Kommunen auch in Landeseinrichtungen untergebracht werden kann. Dies hat sich bei uns bewährt, und daran wollen wir auch in Zukunft festhalten.
Meine Damen und Herren, wir werden dem Gesetz in der vorgelegten Fassung zustimmen. Das Gesetz soll rückwirkend ab dem 1. Januar 2012 gelten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss mich wirklich wundern, welche Gründe Sie, Herr Götz, dafür benennen, dass es Vorteile habe, in Gemeinschaftsunterkünften zu leben. Religiöse Gründe hatten Sie im Ausschuss noch nicht genannt. Mich interessiert, was Sie damit meinen. Wir haben zumindest gehört, dass in der Gemeinschaftsunterkunft Meinersen die Duschen und Toiletten für die Frauen nicht abschließbar sind. Meinen Sie, dass es gut sei, dass die Männer den Frauen beim Duschen zugucken? Ich weiß nicht, welche Gründe Sie meinen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben schon vor zwei Jahren einen Gesetzentwurf zur Verteilung von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern eingebracht. Die Landesregierung hat dann anderthalb Jahre später ihren Gesetzentwurf eingebracht. Wir haben schon damals kommentiert, dass dies nur ein Rudiment eines Gesetzentwurfs ist. Sie sind im Grunde genommen der eklatanten Kritik der Kommunen, die auch wir nachvollzogen haben, nämlich dass die Kostenpauschale, also die Kostenabgeltung, nicht ausreichend ist - die Kommunen haben während der Anhörung deutlich Kritik zur Berechnungsmethode und insbesondere zu dem rechnerischen Ausgangswert geäußert; ich will nicht im Detail darauf eingehen, weil die Berechnung der Kostenabgeltung sehr kompliziert ist -, nicht nachgekommen, diese nach oben hin anzupassen. Wir haben die Berechnung mit unserem Änderungsantrag nachvollzogen.
Die Aspekte, die die kommunalen Spitzenverbände dargelegt haben, sind die chronische Unterfinanzierung im Bereich der Kosten der Unterkunft, der Leistungen bei Krankheit, der Heizkosten, bei Schwangerschaft etc. Wir haben die entsprechenden Beträge angepasst und einen Ansatz von 20 % gegenüber der bisherigen Gesetzeslage gewählt. Da sind wir dann bei 5 124 Euro. Im Gesetzentwurf der Landesregierung sind wir bei einem Wert um 4 800 Euro.
Ein weiterer Punkt, der von allen Verbänden unisono angesprochen worden ist - beispielsweise von der Freien Wohlfahrtspflege und der Caritas -, sind die Zustände und die Unterbringungssituation in Gemeinschaftsunterkünften. Klar muss sein, dass Gemeinschaftsunterkünfte maximal ein Jahr lang zur Wohnungssuche in den Kommunen geeignet sind.
Darüber hinaus führen sie zur Isolation von Menschen in unseren Gemeinden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
In § 53 des Asylverfahrengesetzes steht noch immer der Satz, dass in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden soll. Es muss aber nicht in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden. So hat die Abfrage Ihres Hauses, Herr Schünemann, gezeigt, dass die meisten Kommunen in Niedersachsen zum Glück auf private Unterkünfte zurückgreifen. Dennoch gibt es Gemeinden und Landkreise, die Familien und Alleinreisende sogar in Obdachlosenunterkünften unterbringen; das sind ca. 30. Es gibt aber noch eine Vielzahl von Kommunen, die auf Dauer in Gemeinschaftsunterkünften unterbringen.
Wenn Sie wirklich eine nachhaltige Integration von Geduldeten fordern und auch fördern wollen, lieber Herr Innenminister Schünemann, dann müssen Sie die gesetzlichen Rahmenbedingungen ändern. Das ist der erste Schritt, den wir hier vorgelegt haben. Menschen - ich wiederhole - über mehrere Jahre hinweg in der Isolation, in Gemeinschaftsunterkünften, unterzubringen, dient nicht der nachhaltigen Integration in unsere hiesige Stadtgesellschaft und kann auch nicht zu einer Integration in den Arbeitsmarkt führen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in manchen Gemeinschaftsunterkünften gibt es Schimmelbefall. Bei einer Belegung mit bis zu vier Personen stehen pro Kopf lediglich 6 m2 zur Verfügung. Ich habe immer wieder auf die Tierschutz-Hundeverordnung verwiesen. Danach haben bestimmte Hunderassen mehr Platz im Hundezwinger - vorgeschrieben durch den Staat -, als ihn die Menschen hier in Niedersachsen in Gemeinschaftsunterkünften haben.
(Miriam Staudte [GRÜNE]: Unfassbar! - Jens Nacke [CDU]: Was soll denn das? Sie wissen genau, dass man das nicht vergleichen kann!)
Das war die geballte Kritik der Kirchen und der Wohlfahrtsverbände an dieser Stelle, gerade vor dem Hintergrund der Integration. Deshalb lehnen wir Ihren Gesetzentwurf ab.
Stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu! Er ist ein Beispiel für nachhaltige Integration von Menschen hier in Niedersachsen.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben schon bei den Beratungen im federführenden Innenausschuss deutlich gemacht, dass der von den Grünen vorgelegte Gesetzentwurf inhaltlich weitestgehend unsere Zustimmung findet. Insofern ist der Änderungsantrag, der heute vorliegt, der Versuch, die Empfehlungen der Ausschussmehrheit hier zu korrigieren. Wir werden dies unterstützen.
Meine Damen und Herren, der Landtag, insbesondere die FDP, vergibt wieder eine Chance. Wenn Sie, lieber Herr Oetjen - ich spreche einmal Sie als zuständigen Fachpolitiker an -, Ihre eigenen Punkte für eine verbesserte Integrationspolitik, für Ausländerpolitik schlechthin ernst nehmen würden, dann hätten Sie an dieser Stelle stärker gekämpft. Sie haben nicht viel durchgesetzt. Es wird eine Chance vertan. Der Landtag wird mit diesem Gesetz heute die restriktive Politik trotz aller Unkenrufe und Beteuerungen, Herr Ministerpräsident und Herr Innenminister, fortsetzen. Es ist wirklich kein Fortschritt erkennbar, was die Integration angeht.
Die Kollegin Polat hat deutlich gemacht, dass die fachlichen Teile, die ich unterstütze - ich muss dies nicht wiederholen; es ist hier vorgetragen worden -, von allen gesellschaftlichen Kräften, die in diesen Feldern arbeiten, nämlich von Wohlfahrtsverbänden und den Kirchen, geteilt werden. Auch sie hätten sich diese Korrekturen gewünscht.
Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal mit den Feststellungen der Kommunen befassen. Ich will sie auch loben. In den Anhörungen ist deutlich geworden, dass 80 % der in den Kommunen Untergebrachten tatsächlich in Wohnungen leben und dezentral untergebracht werden. Das ist ein vorbildliches Verhalten der Kommunen, wenn sie sich so engagieren. Das wollen wir hier ausdrücklich anerkennen.
Meine Damen und Herren, Herr Götz hat aber gesagt, das sei eigentlich contra legem; denn im Grunde genommen ist der Geist des Bundesgesetzes die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften. Die Einlassung des Innenministeriums im Ausschuss war: Wir lassen den Kommunen an der Stelle freie Hand. Das sollen sie in eigener Verantwortung entscheiden.
Jetzt zeige ich Ihnen einmal an einem anderen Beispiel, wie widersprüchlich Sie handeln. Wir fordern beispielsweise die Umstellung von der Ausgabe von Wertgutscheinen an Asylbewerber auf Bargeldzahlung, wenn die Kommunen dies in ihren Räten beschlossen haben. Wir sagen: Auch das wollen wir den Kommunen überlassen. - Aber an dieser Stelle bestehen Sie auf Restriktionen nach Bundesrecht, also mal hü, mal hott. Eine einheitliche Verfahrensweise ist bei Ihnen nicht erkennbar. Sie machen es so, dass Sie sich in
Auch der Landesrechnungshof hat sehr deutlich festgestellt, dass die dezentrale Unterbringung deutlich kostengünstiger ist. An der Stelle wäre der Paradigmenwechsel notwendig gewesen.