Protocol of the Session on January 20, 2012

Drittens. Zu den Deponieverträgen gibt es unterschiedliche Darstellungen. Der Inhalt der Verträge, die Zuständigkeiten und Kontrollinstanzen müssen dargelegt werden. Unserer Kenntnis nach sind alle notwendigen Annahmevoraussetzungen erledigt worden und haben sich beide Deponien an den Ausschreibungen beteiligt. Nach Ihlenberg sind bereits drei Transporte gegangen. Die Annahme erfolgte, und auf der Deponie wurden schon Lagerflächen für die Aufnahme des Asbestmülls aus Hannover vorbereitet.

Meine Damen und Herren, da Aufträge erteilt wurden, haben die rechtlichen Beurteilungen natürlich auch Auswirkungen auf mögliche Schadenersatzforderungen oder -ansprüche. Solange die von mir genannten drei Kernbereiche rechtlich nicht einwandfrei geklärt werden, können, entgegen dem Antrag der Grünen, unserer Meinung nach keine Entscheidungen darüber getroffen werden, wie weiter vorgegangen werden soll.

(Zustimmung bei der SPD und bei der LINKEN)

Da nehmen wir auch die Landesregierung in die Pflicht. Wir erwarten heute - soweit es aufgrund der knappen Zeit seit der Bekanntgabe des Gutachtens möglich ist -, aber auch im Umweltausschuss umfassende Informationen. Es wäre sinnvoll, wenn dabei auch Vertreter der Region zu Wort kommen würden.

(Zustimmung bei der SPD)

Wir erwarten allerdings auch von MecklenburgVorpommern und von Schleswig-Holstein, dass ihre Entscheidungen auf Basis der gültigen Gesetze und Verordnungen getroffen werden und nicht fast ausschließlich politischer Natur sind.

(Beifall bei der SPD)

Zu dem Beitrag von Frau Stief-Kreihe hat sich Frau Reichwaldt von der Fraktion DIE LINKE zu einer Kurzintervention gemeldet. Sie haben 90 Sekunden. Bitte schön!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Stief-Kreihe, ich komme selber aus Hannover; das wissen Sie. Sie haben ganz viel über Auswirkungen von Rechtsgutachten, Auswirkungen von Verträgen, verbindliche Zusagen, Konsequenzen geredet, aber ganz wenig über das eigentliche Problem, das hier besteht.

Das machen Ihnen die Bürgerinitiativen, die Bürger im Umfeld der Deponie und auch die Bürger Schleswig-Holsteins und Mecklenburg-Vorpommerns sehr deutlich: Es geht hier um einen sehr gefährlichen Stoff, der nach meiner Kenntnis schon in geringsten Mengen zu Lungenkrebs führen kann, und es ist nicht sichergestellt, dass die Bevölkerung durch diesen Transport nicht gefährdet ist.

(Zustimmung von Kreszentia Flauger [LINKE])

Warum gehen Sie auf dieses Argument ganz wenig ein, sondern reden immer nur über die Konsequenzen von Verträgen und Rechtsgutachten?

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung von Christel Wegner [fraktions- los])

Frau Stief-Kreihe möchte antworten. Auch Sie haben anderthalb Minuten. Bitte schön!

Herr Präsident! Frau Kollegin, wir brauchen uns, glaube ich, nicht gegenseitig darüber schlauzumachen, wie gefährlich Asbest ist. Das dürfte allgemein bekannt sein. Nichtsdestotrotz haben wir es mit rechtlichen Grundlagen zu tun. Wir haben es mit Gesetzen zu tun. Wir haben es mit dem Abfallrecht zu tun. Wir haben es gerade bei der sehr strittigen Frage des Transportes mit der Gefahrgutverordnung zu tun. Das heißt, wir können auch solche Entscheidungen nur im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten treffen.

Man kann der Meinung sein, dass die nicht mehr passen. Das ist etwas anderes. Dann müssen wir Gesetze und Verordnungen ändern. Aber Genehmigungen, die wir heute - auf dem jetzigen Stand - erteilen, können nur im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben erteilt werden.

(Zustimmung bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich Herr DenekeJöhrens zu Wort gemeldet. Ich erteile Ihnen das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Herzog und Frau Reichwaldt, wenn man Ihre Anträge liest - noch schlimmer ist es, wenn man sie hört -, dann kann man sich als Bürger wirklich verlassen vorkommen.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren von der Fraktion da links außen, Sie skandalisieren jedes Mal hemmungslos und überziehen in Ihrer Diktion. Sie spielen einfach die Ängste der Bevölkerung hier nach vorne,

(Zustimmung bei der CDU)

z. B. wenn Sie von hochgiftigem Asbestmüll reden und dann sofort mit dem Krebsrisiko argumentieren.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das ist doch richtig!)

- Das wissen auch wir.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Dann soll die Bevölkerung das auch wis- sen!)

Nur - ich komme gleich noch zu den Ausführungen - stellt es sich hier etwas anders dar. Die von

Ihnen geforderte Sicherung der Halde vor Ort ist doch intensiv geprüft worden.

(Kurt Herzog [LINKE]: Ja, positiv!)

Das wissen Sie. Sie ist grundsätzlich möglich; da stimme ich Ihnen zu.

(Zustimmung von Kreszentia Flauger [LINKE])

Sie stellt jedoch gegenüber dem Abtrag der Halde nur die zweitbeste Lösung dar. Die Halde lässt sich nicht einfach abdecken. Sie müsste aufwendig neu modelliert werden, was zu einer langen Bauzeit mit freiliegendem Asbestzementschlamm führen würde. Das Risiko für die Bevölkerung würde dann natürlich zunehmen, da die Wahrscheinlichkeit einer Faserfreisetzung steigen würde. Zudem wäre eine dauerhafte Unterhaltung notwendig. Eine Abgrenzung des aus der Halde austretenden Wassers vom Grundwasser wäre immer noch nicht sicher.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Der Transport birgt doch noch mehr Risi- ken!)

Die Abdichtung nach unten ist das eine Problem. Wenn man das lösen will, dann muss man die Halde eben grundsätzlich anfassen. Dabei ist eine Asbeststaubfreisetzung in ähnlicher Größenordnung zu erwarten wie bei einem Abtransport. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das Haldenmaterial besteht im Übrigen nicht aus Asbeststaub. Vielmehr handelt es sich um Asbestzementschlamm, der durch den Zementanteil weitgehend verfestigt und nur noch teilweise plastisch ist. Aber er enthält immer noch etwa 70 % Wasser. Durch wissenschaftliche Vorversuche wurde festgestellt, dass die im Asbestzementschlamm enthaltenden gefährlichen Fasern nur bei einer nicht fachgerechten Handhabung des Materials in sehr geringen Mengen als Staub freigesetzt werden könnten. Dagegen wird mit Sicherungsmaßnahmen Vorsorge getroffen.

Meine Damen und Herren, auch in Bezug auf die Kosten sind Sie auf dem Holzweg, wenn Sie meinen, dass bei den Rechtsnachfolgern der ehemaligen Fulgurit-Firma noch etwas zu holen sei.

(Zustimmung bei der CDU)

Die dort in der Vergangenheit vorhandenen Mittel sind längst für die bisherige Absicherung der Halde verwendet worden. Das wissen wir alle. Wo nichts

ist, da kann man nichts holen, und da werden Sie auch nichts einklagen können.

Die von dem belasteten Material ausgehende Gefährdung ist seit mehreren Jahren von den zuständigen Fachbehörden des Landes unter Hinterzuziehung externer Gutachter geprüft worden. Zusätzlich erfolgte eine messtechnische Überwachung der Faserfreisetzung während einer Reihe von Versuchstransporten durch den TÜV Nord. Herr Herzog hat das angesprochen. Das bewerten wir deutlich anders. Nach Bestätigung durch unabhängige Gutachter kann davon ausgegangen werden, dass die vom Land erteilte Sondervorschrift für eine Transportgenehmigung zu Recht in Anspruch genommen werden darf.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, es besteht keine Gefährdung durch Asbesttransporte. Niedersächsische Landesbehörden haben die Transportgenehmigung nach sorgfältiger Abwägung zu Recht erteilt. Auf der Transportgenehmigung des Landes Niedersachsen aufbauend, wurde ein Generalunternehmen beauftragt, geeignete Deponien für die Aufnahme der Asbestschlämme zu suchen. Sowohl die Deponie Ihlenberg in Mecklenburg-Vorpommern als auch die Deponie Rondeshagen in Schleswig-Holstein haben die Annahme angeboten.

Als es an beiden Standorten Widerstand aus der Bevölkerung gab, ist politisch unter Berufung auf ein Gutachten entschieden worden, die Annahme zu verweigern; Frau Stief-Kreihe hat das schon ausgeführt.

Der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Herr Sellering, erklärt, dass der Asbestmüll nicht nach Mecklenburg-Vorpommern gebracht werden dürfe. Sein Gutachten hat den Transport entgegen der niedersächsischen Genehmigung für gefährlich erklärt. Deshalb verweigert Mecklenburg-Vorpommern die Annahme auf der Deponie Ihlenberg.

Meine Damen und Herren, das kann ich noch nachvollziehen. Was ich nicht verstehe, ist, warum der Wunstorfer Asbestmüll nun plötzlich grundsätzlich nicht mehr angenommen werden darf, auch nicht bei deutlich verbesserten Sicherheitsvorkehrungen, beispielsweise wenn er, wie schon ausgeführt, in Bigbags sicher angeliefert würde.

(Kurt Herzog [LINKE]: Wird er doch gar nicht!)

Was ist das denn für eine Ansage? Da gibt es in der Bundesrepublik genehmigte Entsorgungsstätten, die extra für Sonderabfälle ausgelegt sind, und dann eine solche Totalverweigerung! Herr Minister Birkner, das muss das Land Niedersachsen, das nicht nur bei der Entsorgung des Atommülls die Schlüsselrolle spielt, sondern auch beispielsweise in Hoheneggelsen Giftmüll aus anderen Ländern aufgenommen hat, auf Länderebene einmal thematisieren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ähnlich verhält sich unser nördlicher Nachbar Schleswig-Holstein. Zunächst wurde die Abnahme angeboten. Jetzt argumentiert man unter Berufung auf das Gutachten aus Mecklenburg-Vorpommern, dass nur ein Angebot, aber kein Vertragsverhältnis bestehe. Pikant dabei ist, dass die Halde Rondeshagen zur Hälfte den Hamburgern gehört und dass das MU Kiel und die Hamburger Umweltbehörde die rechtliche Qualität des Angebotes laut einer Meldung der Lübecker Nachrichten völlig unterschiedlich beurteilen. Während Kiel von einem Angebot spricht, sagt Hamburg: Es gibt einen Liefer- und Annahmevertrag. Die naheliegende Frage ist nun, ob die Zusagen aus MecklenburgVorpommern rechtlich verbindlich sind.

(Glocke des Präsidenten)