Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Adler, ich möchte Ihnen in Ihrer Einschätzung ausdrücklich recht geben. Auch ich fand das, was der Herr Innenminister hier eben zu bedauerlichen Einzelfällen gesagt hat, doch etwas sehr abwiegelnd; denn ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, welches gesellschaftliche Klima hier herrschte, als ich jung war. Wir hatten uns damals sehr gut überlegt, zu welchen Veranstaltungen wir gegangen sind. Und wenn wir gegangen sind, waren wir ständig in der Sorge, ob da nicht der Verfassungsschutz herumsitzt und uns aufschreibt, sodass wir hinterher, wenn wir uns für den öffentlichen Dienst bewerben, Schwierigkeiten bekommen könnten. Das war das Klima der Angst, in dem wir uns befunden haben
und in dem wir ständig beweisen sollten, dass wir uns auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bewegen. Die Kollegin Korter hat mich gerade noch einmal auf das Lied von Degenhardt hingewiesen, das wir zu der Zeit sehr populär fanden und das unsere Stimmung sehr gut wiedergegeben hat.
Für die zweite Kurzintervention hat sich von der CDU-Fraktion Frau Kollegin Jahns gemeldet. Sie haben für eineinhalb Minuten das Wort.
- Kann das Gegrummel wieder etwas zurückgefahren werden? Wir haben nicht mehr allzu viele Redner auf der Wortmeldeliste. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich die Äußerungen von Herrn Adler gegenüber dem Verfassungsschutz sehr diskriminierend finde. Ich habe hier betont, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Verfassungsschutzes lediglich das ausführen, wozu sie aufgrund der Einstellung in den Verfassungsschutz, in den öffentlichen Dienst verpflichtet sind und weil es diesen Erlass damals gegeben hat. Er stammt nun einmal von Willy Brandt und der Bundesregierung - und von niemandem sonst und auch nicht von uns.
Deshalb muss ich noch einmal sagen: Die Arbeit des Verfassungsschutzes ist sehr positiv zu werten, und wir sind dankbar dafür, dass wir ihn haben.
Herr Kollege Adler? - Sie müssen nicht antworten. Ich wollte Sie nicht zwingen! - Herr Kollege Adler möchte antworten. Sie haben das Wort für eineinhalb Minuten.
Nur eine kurze Entgegnung: Wenn Sie darauf hinweisen wollen, dass die Mitarbeiter des Verfassungsschutzes ihre Arbeit pflichtgetreu getan haben, dann haben Sie wahrscheinlich recht. Es ist natürlich in erster Linie ein politisches Problem, nämlich die Frage, welche Anweisungen sie für ihre Arbeit bekommen haben.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister Schünemann, ich habe mich bewusst gemeldet, weil es sich nicht um bedauerliche Einzelschicksale handelte. Hier in Niedersachsen, in dieser Republik waren sehr viele Menschen betroffen. Betroffen waren Menschen, mit denen zusammen man eine Friedensdemo geplant hatte. Betroffen waren Menschen, die in diesem Klima des Kalten Krieges versucht hatten, einen Kontrapunkt zu setzen, mit denen man gearbeitet hatte. Das kann man hier und heute nicht so darstellen.
Ich hatte nach den Vorrednern eigentlich gedacht, wir seien auf einem richtigen Weg, mit der Zeitmarke „40 Jahre Radikalenerlass“ umzugehen - anders umzugehen.
Jetzt zum Verfassungsschutz: Die Rolle des Verfassungsschutzes ist gerade nach den jüngsten Vorfällen mehr als zu hinterfragen.
Von daher ist es nicht zu viel verlangt, erstens die Rolle des Verfassungsschutzes ganz deutlich zu klären und zweitens die Kontrolle des Verfassungsschutzes zu klären. Er hat auch in den damaligen Zeiten eine dubiose Rolle gespielt. Auch das muss aufgearbeitet werden, meine Damen und Herren, sonst machen Sie wieder beide Augen zu. Wir wollten aber doch keinen Mantel des Vergessens darüber legen.
Seien Sie also so offen und ehrlich! Gehen wir so mit dem Antrag um! Öffnen wir das Buch der Geschichte! Dazu gehört auch die Rolle des Verfassungsschutzes.
Federführend soll sich der Ausschuss für Inneres und Sport mit dem Antrag auseinandersetzen, mitberatend soll der Ausschuss für Haushalt und Finanzen sein. - Ich sehe und höre keine Gegenstimmen. Damit haben Sie so beschlossen.
Ich stelle fest: Es ist 19.34 Uhr. Sie alle sind eingeladen und kommen vier Minuten zu spät zum Parlamentarischen Abend der Landschaften und Landschaftsverbände in Niedersachsen, zu dem ich Ihnen einen vergnüglichen Abend wünsche.
Denjenigen, die nicht hingehen, und denjenigen, die uns über die Lautsprecher zuhören, wünsche ich einen guten Heimweg und ein gesundes Wiedersehen morgen früh um 9 Uhr.