Elternhäusern mit Hauptschulabschluss. Jeder siebte Studierende kommt aus der unteren sozialen Herkunftsgruppe. - Nur jeder siebte Studierende!
61 % aller Studierenden arbeiten während der Vorlesungszeit, ein Drittel davon mehr als zehn Stunden die Woche.
(Christian Grascha [FDP]: Sagen Sie, dass es in anderen Bundesländern ohne Studienbeiträge anders ist?)
Die Zahl der Studierenden, die nach der Gebühreneinführung bei den Eltern wohnen bleiben, weil sie es sich schlicht nicht leisten können auszuziehen, ist um ca. 33 % gestiegen. So viel zu den erwachsenen Menschen, von denen Frau von Below-Neufeldt hier gesprochen hat. Das sind alles Fakten und nicht nur Thesen.
- Herr Hilbers, das ist die Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks. Ich empfehle Ihnen, sich das einmal anzuschauen. Über 10 000 Studierende wurden nach ihren konkreten sozialen Verhältnissen befragt. Daraus können Sie einiges lernen.
Nun zum Thema Abwanderung. Wie erklären Sie sich eigentlich, dass die Zahl der Studienanfänger in Nordrhein-Westfalen um 22 % gestiegen ist, obwohl Nordrhein-Westfalen keinen doppelten Abiturjahrgang hat, hier aber mit einem doppelten Abiturjahrgang nur um 19 %?
(Christian Grascha [FDP]: Wie erklä- ren Sie sich, dass sich die Zahl in Bayern um 33 % erhöht hat? Bayern erhebt auch Studienbeiträge! - Zuruf von Karl-Heinz Klare [CDU])
Es ist auf die bombastischen Bewerberzahlen in Münster hingewiesen worden. Der Sprecher der Uni Münster erklärt in der Ems-Zeitung vom 19. August, dass das auch daran liege, dass es wegen des doppelten Abiturjahrgangs viele Bewerber aus Niedersachsen gebe und dass Nordrhein-Westfalen die Studiengebühren abgeschafft habe. Ein Bewerber wird mit den Worten zitiert: „In Niedersachsen habe ich mich wegen der Studiengebühren gar nicht erst informiert.“ - Das sind die Fakten, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: Das war eine Meinungs- äußerung, aber Fakt war das nicht!)
Die KMK-Statistiken zu den Wanderungssalden weisen für das Jahr 2003 ein Abwanderungsminus von 11,6 % aus, sechs Jahre später, für das Jahr 2009, bereits 17,9 %. Es gibt eine steigende Tendenz zur Abwanderung aus Niedersachsen.
übrigens auch in der Form, wie sie von SPD und Grünen propagiert werden; diese Parteien stehen für „Studiengebühren light“. Sie möchten die Gebührenfreiheit nur für einen zeitlich begrenzten Teil des Erststudiums herstellen. Damit bestrafen sie genau jene, die heute neben dem Studium arbeiten müssen.
Frau Wanka, Sie haben vor gut einem Jahr hier an diesem Pult gesagt, kein einziger Abiturient müsse im nächsten Jahr sagen: Ich bekomme keinen Studienplatz, also suche ich mir einen Ausbildungsplatz. - Der Ministerpräsident hat gestern behauptet, das sei eingehalten worden. Aber auch das ist eine Wahrnehmung fernab der Realität, meine Damen und Herren.
Schauen wir doch einmal hin: Die Hochschulen sehen sich gezwungen, die Aufnahmezahlen in immer mehr Studienfächern zu deckeln und Bewerber abzuweisen. 60 % aller Plätze an den Unis werden durch lokale NC-Verfahren vergeben; an
Fachhochschulen sind es sogar über 90 %. Die Hochschulen mussten - das ist die Wahrheit - Tausende Bewerber für dieses Semester ablehnen.
Es gibt zu diesem Thema auch Leserbriefe in den Zeitungen, beispielsweise in der Hannoverschen Allgemeinen vor wenigen Wochen. Da schrieb ein Vater: Ich habe für meine Tochter über 500 Euro Eintrittsgebühr für die Hochschule bezahlt, und es gibt noch nicht mal einen Stehplatz. - Das sind die Zustände hier in Niedersachsen.
Schauen wir in die Hochschulen. Dort gibt es immer mehr prekäre Beschäftigungsverhältnisse. Immer mehr wird aus Dritt- und Sondermitteln finanziert. Immer mehr steigt die Unsicherheit bei den Beschäftigten. Und es gibt immer mehr Konkurrenz um immer weniger Dauerstellen. Nur zwei von zehn wissenschaftlichen Mitarbeitern haben eine sichere Beschäftigungsperspektive. 80 % aller wissenschaftlichen Mitarbeiter wissen nicht, ob sie ihren Job in drei Jahren noch haben.
Das ist ein unhaltbarer Zustand. Das ist auch keine verantwortungsvolle Familienpolitik, meine Damen und Herren. Gute Arbeit braucht eine verlässliche staatliche Hochschulfinanzierung und Dauerstellen für Daueraufgaben in Forschung und Lehre.
Meine Damen und Herren, Frau Wanka, Sie haben angekündigt, dass die Studentenwerke wegen ihrer besonderen Arbeitslast 3 Millionen Euro zusätzlich in den kommenden beiden Jahren erhalten. Das entspricht genau den Forderungen der Linken aus dem vergangenen Jahr. Inzwischen ist aber klar: Dabei handelt es sich um einen billigen Taschenspielertrick. Sie nehmen das Geld aus den Hochschulpaktmitteln und damit den Hochschulen weg. Damit begehen Sie den Tabubruch, den Sie immer ausgeschlossen haben, nämlich Geld aus den Hochschulpaktmitteln zweckzuentfremden.
Statt schlechterer Betreuung bei den Studentenwerken gibt es jetzt also eine schlechtere Betreuung in den Seminaren.
Sie ignorieren weiterhin den immensen Sanierungsstau bei den Studierendenwohnheimen in Braunschweig, Göttingen und Hannover. Über 100 Millionen Euro fehlen. Die Studentenwerke
Dieser Punkt ist deswegen interessant, weil sich hier entlarvt, welch instrumentelles Verhältnis CDU und FDP zur sogenannten Schuldenbremse - besser: Kreditverbot - haben.
Auf der einen Seite verteidigen Sie diese Idee für öffentliche Haushalte vehement. Auf der anderen Seite verlangen Sie von Anstalten bzw. Stiftungen öffentlichen Rechts, dass sie Kredite aufnehmen. Das Kreditverbot ist also nur so lange gut, wie es den Landeshaushalt betrifft. Alle anderen zwingen Sie dazu, Schulden zu machen.
(Zustimmung bei der LINKEN - Chris- tian Grascha [FDP]: Vielleicht sollten Sie sich mal mit der Anhörung zur Schuldenbremse beschäftigen! - Reinhold Hilbers [CDU]: Sie haben überhaupt nichts verstanden! Wen zwingen wir denn dazu, Schulden zu machen? - Gegenruf von Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie können doch nicht so widersprüchlich argumentie- ren!)
- Die Studentenwerke und übrigens auch die Studierenden, die Kredite aufnehmen müssen, um sich die Gebühren leisten zu können.
Bei den Studentenwerken bedeutet das, dass die Studierenden am Ende Mieterhöhungen zur Kreditfinanzierung bezahlen müssen. Dabei sind es gerade die sozial Schwächeren, die in den Studentenwohnheimen leben. Auch dazu gibt es Alternativen, meine Damen und Herren.
Als kritischer Parlamentarier fragt man sich ja durchaus: Woran liegt es eigentlich, dass CDU und FDP die Probleme einfach nicht zur Kenntnis nehmen wollen? - Wer nichts weiß, muss glauben - da hat Frau von Below-Neufeldt völlig recht. Man muss einmal betonen: Diese Landesregierung hat keinen Draht zu den Studierenden. Das muss man sich einmal genauer anschauen: Für den 18. April hatte Frau Ministerin die Studierendenvertreter aller Hochschulen eingeladen, mit rigiden Vorgaben: nur ein Vertreter pro Hochschule, Mitteilung privater Studiendaten, keine Tagesordnung, keine Themenwünsche. Was für ein Affront! Das Resultat war ein Eklat. 16 der 20 Studierendenvertretungen blieben dem Treffen fern und verfassten eine Protestnote.
Aktuell wartet die landesweite Vertretung der Studierenden, die LandesAstenKonferenz, seit Wochen auf eine Antwort der Ministerin auf eine Terminanfrage, um über drei strittige Themen zu sprechen.
Diese Landesregierung betreibt nicht nur eine studierendenfeindliche Politik, nein, sie nimmt die jungen Menschen auch nicht ernst. Das sind die Zustände in diesem Land, meine Damen und Herren!
Aber in einem Punkt gibt es Bewegung: Sie haben Herrn Möllring offenkundig davon überzeugen können, dass es in Wahlkampfzeiten immer gut aussieht, wenn es in Hörsäle nicht mehr hineinregnet und es erste Spatenstiche gibt, bei denen die Ministerin fotografiert werden kann. Daher gibt es nun 9 Millionen Euro für ein Hochschulbausanierungsprogramm. Aber nur für 2012; denn am 20. Januar 2013 ist der Wahlkampf ja schon wieder vorbei.