Protocol of the Session on December 8, 2011

Aber in einem Punkt gibt es Bewegung: Sie haben Herrn Möllring offenkundig davon überzeugen können, dass es in Wahlkampfzeiten immer gut aussieht, wenn es in Hörsäle nicht mehr hineinregnet und es erste Spatenstiche gibt, bei denen die Ministerin fotografiert werden kann. Daher gibt es nun 9 Millionen Euro für ein Hochschulbausanierungsprogramm. Aber nur für 2012; denn am 20. Januar 2013 ist der Wahlkampf ja schon wieder vorbei.

Dass diese Mittel die Probleme nicht ansatzweise lösen, zeigt das Beispiel der Uni Hannover. Dort fehlen alleine 200 Millionen Euro Sanierungsmittel. Fazit: Sie betreiben eine Politik, die Ihnen Fototermine sichert, aber die Hochschulen bringen Sie nicht in Ordnung.

Meine Damen und Herren, in der Kulturpolitik müssen wir die Teilhabemöglichkeiten dringend stärken. Ein Hartz-IV-Empfänger bekommt gerade einmal 4,55 Euro für kulturelle Teilhabe im Monat. Das ist ein halber Kinofilm oder ein halbes Theaterstück. Kultur darf aber kein Luxus sein. Deswegen brauchen wir wieder kostenfreien Eintritt in Museen, wie es früher der Fall war, und mehr Ermäßigungen bei den Theatern.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich komme zum Schluss.

Letzter Satz, bitte!

In der Hochschul- und Kulturpolitik braucht Niedersachsen mehr denn je einen Politikwechsel. Niedersachsen braucht nicht nur andere Politikerinnen und Politiker, sondern eine andere Politik. Soziale

Gerechtigkeit, Kultur für alle und gebührenfreie Bildung gibt es nur mit der Linken.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Ministerin Wanka hat jetzt das Wort. Bitte sehr!

(Reinhold Hilbers [CDU]: Herr Perli, jetzt passen Sie mal auf!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich gefreut über etwas, was hier selten vorkommt, nämlich dass vonseiten der Opposition differenziert bewertet wurde

(Daniela Behrens [SPD]: Was heißt selten?)

- relativ selten - und man auch in der Lage war, anzuerkennen, was mit diesem Haushalt und durch veränderte bzw. neue Schwerpunktsetzungen geleistet wird.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: In einem Satz kam das!)

- Das war sehr gut.

Ich will nicht wiederholen, zu wie viel Prozent es Steigerungen gibt; das haben die Vorredner schon getan. Das ist jedenfalls sehr erfreulich.

Ich möchte zuerst kurz auf den Kulturbereich und dann auf den Hochschul- und Wissenschaftsbereich eingehen. Dort habe ich ja viele Steilvorlagen für eine Entgegnung bekommen.

Im Kulturbereich gibt es eine Steigerung von rund 6 %. Das ist toll, gemessen an den Katastrophenszenarien, die in den Feuilletons und an vielen anderen Stellen in der Republik gezeichnet wurden.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Ein Land wie Niedersachsen hat in der Kultur zwei große Bereiche, die bedient werden müssen: zum einen die großen kulturellen Leuchttürme und zum anderen die Kultur in der Fläche.

Es gibt in diesem Land viel mehr Schätze, als von außerhalb wahrgenommen werden.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Diese Schätze sichtbarer zu machen, ist für Niedersachsen dringend notwendig. Deshalb haben wir 500 000 Euro für die Ausstellung „Roms vergessener Feldzug“ in den Haushalt eingestellt. Das ist ein erster wichtiger Schritt. Für diejenigen, die sich damit noch nicht beschäftigen konnten: Die Funde am Harzhorn werden die Weltgeschichte neu schreiben. Die gesamte Geschichte der Römer und Germanen wird durch diese Funde neu geschrieben werden. Ich denke, das muss man entsprechend vermarkten, und das können wir.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben die Mittel für den Anbau des Sprengel Museums erhöht - nach den Rechenfehlern der Landeshauptstadt -, wir haben die Mittel für die Henri und Eske Nannen Stiftung - Kunsthalle Emden - erhöht usw.

Aber genauso wichtig wie diese Highlights ist das, was Sie, Frau Behrens, angesprochen haben - Frau Heinen-Kljajić hat auch darauf hingewiesen, und ich empfinde das genauso -: Kultur in der Fläche in einem Flächenland. Ich meine, mit diesem Doppelhaushalt sind ganz wichtige Punkte in diesem Zusammenhang angegangen bzw. verändert worden.

Wir haben neue Verträge mit den Theatern abgeschlossen - wir haben sie nicht einfach mit ein bisschen mehr Geld versehen fortgeschrieben -, die Sicherheit und Stabilität bringen.

Auch die Mittel für die Soziokultur haben wir erhöht. Bei der Soziokultur geht es aber nicht nur um Investitionen. Herr Perli hat gesagt, das muss dauerhaft sein. Wir haben 2 Millionen Euro zusätzlich für die Verbesserung der Infrastruktur eingestellt. Ich kenne die Soziokultur; sie wird auch Eigenleistungen dazu erbringen. Ich setze auch sehr stark auf die Kommunen und habe eine hohe Erwartungshaltung an alle sozialdemokratischen und grünen Bürgermeister, dass sie diese Mittel entsprechend kofinazieren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Frauke Heiligenstadt [SPD]: Bei den CDU-Bürgermeistern brauchen Sie diese Erwartungen ja nicht zu haben!)

Dann sind wir schnell bei einer Summe von 3,5 bis 4 Millionen Euro an Investitionen. Die Soziokultur

hat gesagt, der Bedarf liegt bei ca. 5,3 bis 5,7 Millionen Euro. Das ist also kein kleiner Schritt, sondern ein richtig großer Schritt.

Die Fraktionen haben zusätzlich 2 Millionen Euro für die kleinen Museen im Land erkämpft.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Noch einmal zur Soziokultur: Ich habe in den Vorschlägen der Grünen gelesen, dass sie 60 000 Euro mehr für Projekte im Bereich der Soziokultur einstellen wollen. Wir gehen wesentlich höher. Aber dafür müssen ja auch nicht alle Mittel aus dem Landestopf kommen. Meiner Meinung nach hat doch die Stiftung Niedersachsen einen entsprechenden Auftrag. Wir haben jedenfalls erreicht, dass für die nächsten drei bis fünf Jahre ein Programm in nennenswerter Größenordnung zur Finanzierung dieser Inhalte aufgelegt wird. Das sind also keine Minibeträge, und darin ist auch Personal enthalten.

Das heißt, diesem Aspekt ist Genüge getan. An dieser Stelle haben wir wirklich eine Veränderung der Situation erreicht - was aufgrund dessen, was diese Zentren leisten, aber auch sehr berechtigt ist.

Zur Teilhabe. Es ist eigentlich ein Riesenskandal, dass in einer Kulturnation wie Deutschland nur 12 % der Menschen regelmäßig Kulturangebote nutzen. Deswegen ist die Teilhabe, egal ob man in der Stadt oder auf dem Land wohnt, ein zentrales Thema.

Allerdings ist es Unsinn, sich beim Stichwort Teilhabe nur auf kostenlose Eintrittspreise zu konzentrieren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

In allen Museen gibt es Tage, an denen der Eintritt kostenlos ist, es gibt Preisermäßigungen auf Theatertickets etc. Das ist also gar nicht das Problem. Viel wichtiger ist es, dass wir diejenigen erreichen, denen die kulturelle Bildung nicht von zu Hause mitgegeben wird.

Frau Behrens, Sie sagten, Sie vermissen diesen Bereich. Das steht da aber drin!

(Daniela Behrens [SPD]: Es geht um eine nachhaltige Konzeption!)

- Eine nachhaltige Konzeption ist enthalten.

(Daniela Behrens [SPD]: Nein!)

Das sind zwar keine Riesensummen. Aber die Mittel für das Programm „Wir machen die Musik“ haben wir z. B. verdreifacht. Damit erreichen wir wesentlich mehr Schulen und Kindergärten in Niedersachsen. Und: Wenn wir das umsetzen, was wir uns mit dem Projekt „Lesestart“ vorgenommen haben, dann sind wir das einzige Bundesland, das in den nächsten acht Jahren 100 % der Kinder mit einem solchen Projekt erreichen wird.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir brauchen eine Kulturentwicklungsplanung, aber nicht in Form eines Fünfjahresplanes, sondern in Form eines kommunikativen Prozesses mit den Kommunen und mit den Leuten, die im Kulturbereich aktiv sind.

Ich denke also, wir können nicht nur über die Summen im Kulturetat froh sein, sondern auch über die konzeptionellen Überlegungen, die angestellt worden sind und dann auch finanziell unterlegt wurden.

Mein zweites Thema sind die Hochschulen. Als Vorbemerkung weise ich auf den Zukunftsvertrag hin, den wir im letzten Jahr abgeschlossen haben. Durch diesen Zukunftsvertrag wird eine große Summe in unserem Etat gebunden, nämlich 1,7 Milliarden Euro, und dies Jahr für Jahr. Diese Leistung ist deshalb besonders hoch einzuschätzen, weil wir dadurch etwas erreichen, was es an vielen anderen Stellen in der Bundesrepublik Deutschland nicht gibt. Schauen wir einmal nach Hessen. In Hessen müssen die Hochschulen nicht nur Mittel einsparen, sondern sogar sämtliche Tarifsteigerungen aus ihrem Etat erwirtschaften. Bei uns in Niedersachsen kommt das alles obendrauf.

Wir machen auch etwas, wofür Sie keine Mittel im Haushalt finden, was ich aber gleichwohl für entscheidend halte: Wir haben vor einem knappen Dreivierteljahr begonnen, mit einer kleinen Expertenkommission von außerhalb über die Binnenverteilung zu diskutieren: Welche Hochschule bekommt welche Summe? Das soll hinterfragt und neu justiert werden. Damit sollen stärkere Leistungsanreize geschaffen und gewachsene Ungerechtigkeiten beseitigt werden. So etwas erreicht man aber nicht von heute auf morgen. Sobald diese intensive Diskussion abgeschlossen ist, werden wir dem Parlament das Ergebnis vorlegen, um Ihnen zu demonstrieren, dass das Ganze keine Blackbox ist. Dann wird deutlich, was mit diesen 1,7 Milliarden Euro aus dem Zukunftsvertrag geschieht.