Protocol of the Session on July 2, 2008

Wir bleiben im Gespräch, aber im Moment würde ich sagen: Nutzen wir das Gebäude zunächst während der Umbauphase, und überlegen wir uns dann eine gute Möglichkeit zur Nutzung! Das EIZ wird nicht in diese Räume umziehen können, weil wir uns diese Räumlichkeiten für das EIZ - auch von der Größe her - nicht leisten können. Das wären 800 m2 für acht Mitarbeiter. Und ich kann nicht jährlich 145 000 Euro für zusätzliche Stellen bereitstellen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Die auf Ablehnung des Antrags lautende Beschlussempfehlung entfernt sich inhaltlich am weitesten vom ursprünglichen Antrag. Daher lasse ich zunächst über die Beschlussempfehlung des Ausschusses abstimmen und, falls diese abgelehnt wird, dann über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Wer die Beschlussempfehlung des Ausschusses annehmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. -

Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt und ist der Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 316 nach § 39 Abs. 2 Satz 5 in Verbindung mit § 31 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung des Landtages abgelehnt.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 19 auf:

Zweite Beratung: Flexible Wege zum Abitur - Lernbedingungen verbessern! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/185 - Beschlussempfehlung des Kultusausschusses - Drs. 16/295

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses lautet auf Ablehnung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung und erteile dem Abgeordneten Poppe von der SPD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein früherer Kollege aus Schulzeiten fragte mich kürzlich ernsthaft verwundert, warum sich denn die SPD-Fraktion so für Gymnasien einsetze und wie das denn zur Unterstützung der Gesamtschulinitiativen passe. Er hatte offenbar zu viele der Sagen und Märchen über eine angeblich gymnasialfeindliche SPD gehört, die CDU und FDP gern verbreiten.

(Zuruf von Christian Dürr [FDP])

Meine ganz eindeutige Antwort war und ist: Der SPD-Fraktion geht es nicht darum, welches Schild vor einer Schule hängt, sondern um das, was in dieser Schule geschieht, darum, dass sich Schülerinnen und Schüler in ihrem Haus des Lernens wohlfühlen und angenommen fühlen, dass sie dort nach Kräften gefördert werden und gute Lernbedingungen vorfinden. Das ist das A und O, nicht das Schild draußen.

(Beifall bei der SPD)

Genau in diesen Zusammenhang passt auch unser Antrag, der heute in zweiter Lesung behandelt wird. Er versucht, in vier Punkten Antworten auf die Frage zu finden, wie denn ein gelingendes Umsteuern auf eine verkürzte Gymnasialzeit aussehen kann. Dass dieses Umsteuern nicht so aussehen darf, wie es derzeit in Niedersachsen abläuft,

haben in den letzten Wochen Schülerdemonstrationen landauf, landab überdeutlich gemacht. Tausende haben demonstriert gegen Stofffülle, zu große Klassen und zu wenig Lehrer. Zigtausende unterstützen die Forderungen der Demonstranten. Sie alle erkennen, in Klassen mit 32 und mehr Schülerinnen und Schülern hat individuelle Förderung keine Chance.

(Beifall bei der SPD)

Ihr sogenannter Zehn-Punkte-Plan, Frau Ministerin Heister-Neumann, ist damit schon grandios gescheitert. Sie finden weit und breit niemanden, der behaupten würde, diese Reparaturmaßnahmen reichten aus. Als Feigenblatt hat ihn der Vorsitzende des Landeselternrates bezeichnet. Aber wer auf Einsicht hoffte, wird enttäuscht.

Auf die schriftlichen Eingaben der 2 500 Demonstrationsteilnehmer in Lüneburg hat es bisher nicht einen einzigen Antwortbrief gegeben. Die Fraktionen von CDU und FDP übertünchen Ratlosigkeit durch Härte. Im Kultusausschuss waren sie nicht einmal bereit, über einzelne Punkte aus unserem Antrag zu diskutieren.

(Ursula Körtner [CDU]: Das ist eine Unverschämtheit! - Karin Bertholdes- Sandrock [CDU]: Völlig falsch!)

Es ist schon ein deprimierendes Gefühl. Wir versuchen, über bessere Chancen für junge Menschen zu sprechen, und stoßen auf taube Ohren und die Arroganz der Macht.

(Beifall bei der SPD)

Die CDU zeigt den Schülern nur den erhobenen Zeigefinger von Frau Bertholdes-Sandrock, und die FDP hat in Schulfragen von Flexibilität und Liberalität ohnehin noch nichts gehört.

(Beifall bei der SPD)

Ich greife nur zwei Punkte heraus. Am wenigsten strittig und sehr eindeutig dürfte die Notwendigkeit sein, die Klassengröße in der Jahrgangsstufe 10 zu senken. Das Gegenargument, viele Klassen im Gymnasium seien gegenwärtig gar nicht größer, zieht nicht. Die Verordnung, um die es hier geht, bezieht sich nicht auf ein Jahr, sondern auf Chancen und Notwendigkeiten für eine absehbare Zeit.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ganz abgesehen davon ist die unzumutbare Klassengröße in allen Klassenstufen ein zentraler Inhalt der landesweiten Proteste insgesamt. Ich sage Ihnen: Dieses Thema ist noch nicht vom Tisch.

(Beifall bei der SPD)

Die grundsätzliche und längerfristige Frage aber ist: Wie ist eine Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur flexibel, seriös und ohne Chaos machbar? - Zunächst einmal: Mit dieser Regierung nicht mehr. Sie haben in Erinnerung: Der Schulbus ist kaputt, die Reparatur gescheitert.

Zweiter Schritt: Was wäre notwendig? - Die Notwendigkeit der Entwicklung der Gymnasien zu echten Ganztagsschulen haben wir ausführlich begründet. Das muss ich nicht wiederholen. Notwendig ist aber ferner - das ist ein bisher zu wenig beachteter Aspekt -, die unterschiedliche Behandlung von Schulformen zu beenden. Sie haben Strukturveränderungen vorgenommen und hatten dabei die Risiken und Nebenwirkungen nicht im Blick. Mit der Festlegung der Integrierten Gesamtschulen auf das Abitur nach 13 Jahren wollten Sie diese Schulform diskriminieren und schädigen. Jetzt ist der gegenteilige Effekt eingetreten: Es gibt einen Run auf die Integrierten Gesamtschulen. 4 600 Plätze fehlen nach gegenwärtigem Stand. Das gestern verabschiedete Gesamtschulverhinderungsgesetz sorgt dafür, dass diesen Schülerinnen und Schülern samt ihren Eltern jedenfalls im Jahre 2008 nicht geholfen wird.

(Beifall bei der SPD)

Sie wollten eine generelle Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur erreichen, haben aber in der Realität ein Labyrinth von für den Laien kaum noch durchschaubaren Wegen geschaffen. Das Gymnasium weist in dieser Gemengelage den kurzen, geraden, aber auch stressbeladenen und für viele risikoreichen Weg auf, verbunden mit großen Klassen und langen Schultagen ohne echte Ganztagsausstattung.

(Zustimmung bei der SPD)

Realistische Wege aus diesem Schlamassel zu suchen, das wäre ein sinnvolles Thema für den Ausschuss gewesen. Sie von CDU und FDP aber haben sich verweigert. Darum an dieser Stelle einige Überlegungen zum Nachdenken.

Wäre anstelle der gegenwärtigen Unübersichtlichkeit nicht eine Gleichbehandlung gleichberechtigter Schulen angebracht, so, wie dies zwischen Gymnasien und Integrierten wie Kooperativen Gesamtschulen über Jahrzehnte der Fall war? - Diese Gleichbehandlung würde nicht nur zu mehr Vergleichbarkeit führen, sie würde auch Ihr ständiges

Gerede von Eigenverantwortlicher Schule erheblich glaubwürdiger machen.

(Beifall bei der SPD)

Auch verbundene Haupt- und Realschulen wären quasi als Sek-I-Gesamtschulen in ein solches System durchaus einzubinden. Alle Schulen müssten sich durch Qualität profilieren und nicht durch Länge oder Kürze der Schulzeit. Ob dann die Formel für den Regelfall neun plus drei oder zehn plus zwei lautet, darüber ließe sich im Detail durchaus diskutieren, auch über die Möglichkeit der Flexibilisierung auf beiden Stufen. Sicher ist allerdings: Es ist machbar. Es ist allein eine Frage des politischen Wollens. Wir hätten dann Entscheidungen, die von der Leistungsfähigkeit der Jugendlichen abhingen und nicht von der Schulform.

(Beifall bei der SPD)

Sollte jemand behaupten, das sei zu kompliziert, dem sage ich: Gegenüber dem jetzigen Zustand wäre das wie ein langer öffnender Pass anstelle von komplizierten Dribblings, mit denen man sich immer wieder in der Abwehr festrennt. Leider bleibt das Zukunftsmusik. Sie haben gemauert. Sie möchten unbedingt beim Klein-Klein-Spiel bleiben. Dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn Sie auch weiterhin über die eigenen Beine stolpern und das Publikum Sie weiterhin auspfeift.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Zu einer Kurzintervention erteile ich der Abgeordneten Körtner für maximal anderthalb Minuten das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kultusausschussvorsitzender Poppe, Sie können hier alles sagen, aber nicht die Unwahrheit.

(Zuruf von der SPD: Das hat er auch nicht getan!)

Alle Ihre Fragen, die Fragen der Grünen sowie die Fragen der Linken, wurden im Kultusausschuss durch einen Vertreter des Ministeriums nicht nur einmal, sondern mehrmals mit unendlicher Geduld über einen Zeitraum von ungefähr anderthalb Stunden mit großer Sach- und Fachkenntnis beantwortet.

(Zuruf von Frauke Heiligenstadt [SPD])