Protocol of the Session on October 13, 2011

Wir müssen zunächst einmal sehen, was in diesem Antrag steht und was aus diesem Antrag wohl werden könnte. Zum Entschließungstext: Schon der erste Satz fängt mit einer Unterstellung an. Man erweckt den Eindruck, dass es ständig ein Fehlverhalten der Polizei insbesondere bei Demonstrationen gibt. Ich meine, das kann man wirklich nicht nachvollziehen.

Die Mehrheit in diesem Haus weiß, wie schwer es die Polizei gerade bei Einsätzen hat, bei denen man nicht von einem friedlichen Verlauf ausgehen kann. Halten wir fest: Es gibt keine Fakten, die für besondere Beschwerdesituationen bei Einsätzen sprechen. Mir jedenfalls ist darüber nichts bekannt. Es wurde hier auf relativ viele Anzeigen wegen Körperverletzung Bezug genommen. Das ist aber meistens die Reaktion darauf. Wenn Polizei körperliche Gewalt anwenden musste, dann werden seitens der Anwälte entsprechende Anzeigen geschrieben, die ihre Mandanten in solchen Angelegenheiten vertreten müssen.

Meine Damen und Herren, Satz 2 selbst ist dann aber, gelinde gesagt, ein Ausdruck von Infamität, aber auch von Unwissen. Die Polizei in den 16 Ländern und die Bundespolizei befinden sich durch ihre gute Ausbildung und durch ihre demokratische Gesinnung immer auf dem Boden unserer Verfassung. Sie sind geradezu ein Garant dafür. Jetzt davon zu sprechen, dass sie Ermittlungsmethoden anwendet, welche nicht durch das Gesetz gedeckt sind, ist ein Ausrutscher, der eigentlich verlangt, sich bei den Polizeien sofort zu entschuldigen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, spätestens an dieser Stelle des Textes hat man kaum noch Lust, sich weiter mit den Inhalten und Unterstellungen des Antrags zu beschäftigen, weil alles wirklich keinen echten Sinn ergibt. Vielleicht ist es aber auch so - das nehme ich zur Entlastung der Verfasser noch an -, dass die Fraktion DIE LINKE die Polizei nur aus den Fernsehkrimis kennt. Dort werden mit Sicherheit viele Ermittlungsszenen gezeigt, die nicht durch ein Gesetz gedeckt sind. Die Fernsehpolizei ist aber nicht die Polizei, mit der wir es zu tun haben und über die wir hier reden.

Ihre Einlassungen sollten eine Beschwerdestelle begründen. Meine Damen und Herren, die Bürger haben in unserem Rechtsstaat viele Möglichkeiten, sich zu beschweren. Jedermann kann zur nächsten Polizeidienststelle, zur Justiz oder, wenn es sein muss, auch zu einem Anwalt gehen, um sich Gehör zu verschaffen. Bei der Polizei sind solche Fälle neben den Bürgerrechten eindeutig und präzise durch Verfügungen der Behörden geregelt. Mir hat einmal ein Richter gesagt - ich selbst war im Ermittlungsbereich tätig -: Wenn sich jemand beschwert, alles aufschreiben, sei es im Ansatz auch noch so unsinnig und wenig glaubwürdig. Wir haben genügend Instanzen, die sich dann wertfrei

damit zu beschäftigen haben. - So wird es auch allgemein gemacht.

Meine Damen und Herren, noch ein Hinweis auf den Text, der uns allen vorliegt: Man will eine Beschwerdestelle für die Polizei selbst für interne Angelegenheiten, dann aber dieselbe Stelle für alle Bürger, die etwas vorzubringen haben. Allein diese Vermischung zeigt auf, wie wenig durchdacht dieser Antrag ist.

Dann auch noch Ermittlungskompetenzen zuzuweisen, zeugt von purer Naivität und Unkenntnis. Liebe Partei DIE LINKE: Beschäftigen Sie sich einmal mit Gewaltenteilung, Aufgabenzuweisung und Zuständigkeiten! So, wie Sie es wollen, geht es nun gar nicht.

Meine Aufgabe muss es nicht sein, dieses unfassbar naive und wenig durchdachte Papier weiter zu zerpflücken. Das ist eigentlich die Sache nicht wert. Ich möchte Ihnen aber noch eine kleine Empfehlung geben, damit Sie vielleicht doch noch ein wenig mitnehmen: Schauen Sie einmal ins Grundgesetz! Dort finden Sie etwas zu Petitionen. Oder schauen Sie auch einmal - da Sie ja von einem ständigen Misstrauen gegenüber der Polizei ausgehen - auch einmal in das Niedersächsische Disziplinargesetz oder in das Strafgesetzbuch in Verbindung mit der Strafprozessordnung. Auch das ist eine geeignete Lektüre. Ferner gibt es das Niedersächsische Beamtengesetz, das alles regelt, was in der Beamtenschaft denkbar wäre.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zusammenfassen: Die Möglichkeiten der Beschwerden sind bei uns in Niedersachsen für die Polizei und für den Bürger umfassend geregelt. Die Linke hat mit diesem Antrag ihr tiefes Misstrauen gegenüber der Polizei bewiesen. Übrigens: In der Beliebtheitsskala von Berufsgruppen steht die Polizei ganz oben. Ich habe den Eindruck, man verwechselt hier einiges. Da gibt es bei der Linken Denkstrukturen, die meinen, bei uns wäre die Polizei im Denken und Handeln so orientiert wie die frühere Polizei in dem Teil unseres Landes, in dem bis 1989 eine Einheitspartei ohne demokratische Strukturen das Sagen hatte.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Was Sie so alles über unser Denken wissen!)

Dort gab es nämlich eine Diktatur.

(Beifall bei der CDU)

Wir befinden uns im Jahr 2011 in Niedersachsen in der Bundesrepublik mit einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung!

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: 20 Jahre nach der SED!)

Zu einer Kurzintervention auf Herrn Kollegen Götz erhält Frau Zimmermann von der Fraktion DIE LINKE für 90 Sekunden das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Götz, das waren wirklich gewichtige Worte, die Sie hier zur Gewaltenteilung und auch zu anderen Dingen gesprochen haben. Ich denke, dass wir auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung stehen, brauche ich nicht noch einmal zu erwähnen. Das habe ich erst neulich gründlich erklärt.

(Beifall bei der LINKEN - Zurufe von der CDU)

Ich will aber noch einmal auf diesen Antrag eingehen; denn es geht ja auch darum, die Ausschussberatung vorzubereiten. Insoweit müssen Sie sich schon entscheiden, worauf Sie eigentlich Bezug nehmen wollen: auf den schlecht formulierten Antrag, wie Sie meinen, oder darauf, dass Sie das inhaltlich völlig falsch finden.

Ich weise von mir, dass wir die Arbeit der Polizei generell verurteilen. Ganz im Gegenteil, wir haben sie schon oft gelobt. Es muss aber in einem Staat mit einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung möglich sein, dass Menschen, die sich verfolgt fühlen, die sich angegriffen fühlen, die sich bedroht fühlen, die geschlagen worden sind - oder wie auch immer -, eine Möglichkeit haben, dies verfolgen zu lassen.

Wenn Sie meinen, dass das bei uns gar nicht so oft vorkommt, dann weiß ich überhaupt nicht, was Sie dagegen haben, erstens Polizeibeamtinnen und -beamte - ich sage es noch einmal - nicht namentlich, sondern mit einem Code zu kennzeichnen

(Editha Lorberg [CDU]: Meine Güte! Wirklich keine Ahnung!)

und zweitens eine unabhängige Beschwerdestelle einzurichten, die dann dafür sorgen wird, das, was

Sie meinen, aufzuklären. Da gibt es doch überhaupt kein Hindernis. Ich weiß nicht, was Ihre wirklichen Bedenken sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Kollege Götz möchte antworten. Herr Götz, auch Ihnen stehen 90 Sekunden zur Verfügung.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Zimmermann hat nochmals zu ihrem Antrag gesprochen und versucht, einige Dinge richtigzustellen. Ich denke, das ist ihr nicht gelungen. Wir wissen durchaus, was wir wollen. Wir wollen nicht eine solche Beschwerdestelle. Ich habe in meinen Ausführungen klar und deutlich gesagt, dass wir so etwas nicht benötigen, dass wir genügend Möglichkeiten und auch Instanzen haben, die sich um diese Themen kümmern können, bisher immer gekümmert haben und auch kümmern werden. Deshalb hat uns auch Ihre Kurzintervention nicht weitergebracht. Sie hätten sie sich sparen können.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der LINKEN)

Nun hat für die SPD-Fraktion Herr Kollege Bachmann das Wort. Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Erstens möchte ich gleich zu Anfang deutlich machen: In der SPD-Fraktion gibt es kein Misstrauen gegenüber der Tätigkeit unserer Polizei. Wir vertrauen darauf, dass das, was an der niedersächsischen Polizeiakademie und in den Aus- und Fortbildungskursen darüber hinaus vermittelt wird, ein gutes Rüstzeug für eine in einem demokratischen Staat tätige Polizei ist und dass man sehr wohl weiß, was man darf und was man nicht darf.

Wenn es im Einzelfall mal zu Verfehlungen kommt - ich möchte das ausdrücklich betonen: wir sehen das als Einzelfälle an, weil wir dieses Grundmisstrauen nicht haben -, dann hat der Rechtsstaat dafür geeignete Formen der Ermittlung und der Ahndung.

(Norbert Böhlke [CDU]: Richtig!)

Zweitens empfehle ich den Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses, wie ich das als jemand, der in

der Innenpolitik für einen Teil der Opposition Mitverantwortung trägt, regelmäßig tue, einmal Dienste - insbesondere Nachtdienste, auch unmittelbar zum Monatsanfang oder auch an Wochenenden - in Polizeidienststellen mitzumachen. Ich weiß, das machen einige. Das kann ich sehr empfehlen. Wenn Sie dabei erleben, dass Alkohol, Widerstandsleistungen und Beschimpfungen von Polizeibeamten an der Tagesordnung sind, dann ist auch klar, dass sich Polizeibeamte in einer solchen Situation wehren müssen und auch - wozu sie ausdrücklich legitimiert sind - Mittel des Zwangs anwenden.

Meine Damen und Herren, wenn es, wie die Kollegin Zimmermann soeben deutlich gemacht hat - ich will es einmal sachlich betrachten -, bei 185 Anzeigen - sie hat einen Zeitraum genannt; ich kann das im Moment nicht nachvollziehen; ich greife einmal die Zahl auf - gegen mögliche Übergriffe von Polizeibeamten, also Anzeigen, die gegen Polizeibeamte erstattet wurden, nur in einem Fall zur Verurteilung gekommen ist, dann kann man das so werten, wie sie das offensichtlich tut, und sagen, da werden Dinge unter den Teppich gekehrt. Das dürfen Sie so sehen. Ich kann nur sagen: Dass es in nur einem Fall von 185 Fällen wirklich zu einer Verurteilung gekommen ist, ist vielleicht auch ein Indikator dafür, dass sehr oft Anzeigen erstattet werden, die ungerechtfertigt sind, weil die Betroffenen, die mit einer Widerstandshandlung sozusagen Polizeihandeln auslösen, nach Ende des Ermittlungsverfahrens keine Rechtsgrundlage für eine Verurteilung des Polizeibeamten finden, weil sie selber die Provokateure und die Täter waren.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Sehr richtig!)

Dennoch, Herr Kollege Götz, so, wie Sie darauf geantwortet haben, war das starker Tobak. Der Antrag ist ein guter Anlass, um im Innenausschuss einmal über die Praxis zu sprechen. In diesem Zusammenhang möchte ich insbesondere deutlich machen, dass wir nicht noch mehr Aufgaben der Kontrolle in die exekutive Ebene geben sollten. Eine solche Kontrollinstanz, wie sie die Linken vorschlagen, wäre ja in der Exekutive anzusiedeln. Da sage ich: Die Legislative, also wir selber, und die Judikative können nicht in ihren Rechten beeinträchtigt werden. Bürgerinnen und Bürger - das hat der Kollege Götz zu Recht gesagt - haben die Möglichkeit der Dienstaufsichtsbeschwerde, sie haben die Möglichkeit der Petition, sie haben die Möglichkeit der direkten Ansprache eines Staats

anwalts. In diesen Fällen muss dann ermittelt werden und wird ermittelt. Die Beteiligung des Parlaments und Transparenz sind in allen diesen Fällen auch über die Petitionen gegeben. Wir haben gerade beim vorherigen Tagesordnungspunkt, nämlich im Zusammenhang mit der besonderen polizeilichen Datenerhebung, darüber gesprochen. Die Transparenz gegenüber dem Ausschuss zur Kontrolle besonderer polizeilicher Datenerhebung ist gegeben. Das sind Aufgaben, die das Parlament wahrnimmt und die die Judikative wahrnimmt. Diese rechtfertigen nicht unbedingt eine Instanz, wie sie die Linken hier beschreiben.

Viel wichtiger ist es doch - mit Verlaub, Herr Innenminister, das werden wir in den Ausschussberatungen ebenfalls tun -, auch einmal über den manchmal innerhalb der Polizei herrschenden Geist oder die Veränderung des Systems nachzudenken. Die Polizeireform Anfang der 90er-Jahre, durch sozialdemokratische Innenminister, durch Gerd Glogowski und Heiner Bartling, geprägt, hatte eine Bürgerpolizei, eine Polizei der Transparenz, eine Polizei der Partnerschaft, auch was das Verhältnis von Schutzpolizei und Kriminalpolizei angeht, und eine Polizei des Dialogs zum Ziel. Ich stelle bei meinen Dienststellenbesuchen und in vielen Gesprächen mit Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten fest, dass wir da auf dem Rückzug sind und dass wir - offensichtlich ist das auch Ihre Vorgabe, Herr Minister - wieder stärker eine Polizei von Befehl und Gehorsam erhalten, in der das Recht auf Widerspruch nicht mehr so gegeben ist wie damals.

Ich will das an einem Beispiel deutlich machen: Es gab einmal einen Inspektionsleiter, der Innenminister Bartling in der Frage des Brechmitteleinsatzes widersprochen hat. Das würden Sie als Majestätsbeleidigung empfinden. Der damalige Innenminister hat diesen Inspektionsleiter zu einer Podiumsdiskussion eingeladen und mit ihm Pro und Kontra diskutiert. Das ist der Umgang mit einer anderen Meinung!

(Zustimmung bei der SPD)

Ich bedaure auch, dass die Linken in ihrem Antrag nur in einem Nebensatz schreiben, dass eine solche Beschwerdeinstanz auch für die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten selbst gegeben sein soll. Da ist diese Möglichkeit der Prüfung auch erforderlich. Aber dazu müssen wir Personalräte stärken, auch im Personalvertretungsrecht. Wir müssen auch Gewerkschaften ernst nehmen, die es artikulieren, wenn Polizeibeamte unter den Ar

beitsbedingungen zu leiden haben. Die zeitliche Belastung haben wir hier am Beispiel von Castortransporten mehrfach diskutiert. Wir stehen - der Minister will es nicht verhindern - vor einem nächsten umfassenden Castortransport. Zur gleichen Zeit sagen die Bereitschaftspolizeien: Wir arbeiten jetzt schon jedes Wochenende; unsere Belastung ist nicht mehr zumutbar; nun kommen weitere Überstunden auf uns zu.

Wegen dieser Belastungssituationen und aufgrund dessen, was Polizeibeamte tagtäglich an Gewalt, an Widerstand und auch an pöbelnden Menschen zur Nachtzeit erleben, wenn sie ihrem schweren Dienst nachgehen, müssen wir auch den Polizeibeamten selber mehr Möglichkeiten der Beschwerde einräumen, und wir müssen es als Politiker ernst nehmen, ihnen verbesserte Arbeitsbedingungen zu schaffen.

Unter diesem gesamtheitlichen Ansatz möchten wir diesen Antrag im Innenausschuss diskutieren. Ich bin davon überzeugt: Wir brauchen keine neuen Instanzen. Wir brauchen einen anderen Umgang mit der Polizei und damit auch mehr Bürgerfreundlichkeit.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Bachmann. Auf Sie hat sich von der Fraktion DIE LINKE Herr Adler zu einer Kurzintervention zu Wort gemeldet. - Herr Adler, Sie haben das Wort!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Bachmann, Sie haben das Problem angesprochen, dass es nur zu ganz wenig Verurteilungen von Polizeibeamten wegen Körperverletzung im Amt und dergleichen kommt.