Wenn ich davon spreche, dass es sich nicht um eine Gruppe handelt, die besondere Merkmale hat, dann meine ich das sehr wohl auf die Gruppe der Migrantinnen und Migranten bezogen. Wenn z. B. ein Mensch mit Migrationshintergrund eine Behinderung hat, dann ist er ein Mensch mit Behinderung.
Dann hat er oder sie den Anspruch auf alle Rechte, die Menschen mit Behinderungen zustehen. Dafür gibt es einen Beauftragten für behinderte Menschen. Er ist im Gesetz verankert. Um diesen Beauftragten, der sich sehr wohl auch für die Belange der Migrantinnen und Migranten einsetzt - da gibt es überhaupt keinen Unterschied -, geht es nicht. Wir reden von einer Integrationsbeauftragten und sprechen darüber, welche Aufgaben eine Integrationsbeauftragte in Zukunft ausfüllen sollte und könnte.
Dazu sage ich Ihnen: Wir haben hier längst eine andere Stufe erreicht. Wir reden davon, was eine Integrationsarbeit in Zukunft ausmacht, um Menschen mit Migrationshintergrund besser in die Gesellschaft zu integrieren und ihnen eine bessere Teilhabe zu ermöglichen - nicht weil wir sagen, sie haben besondere Hemmnisse, sondern wir schauen uns an, wo die Zugangsbarrieren sind. Dazu beziehen wir alle Ministerien mit ein. Dabei geht auch um die Beauftragten der anderen Ministerien, die sich sehr wohl auch um diese Menschen kümmern. Deswegen sitzen zukünftig im Beirat auch der Beirat für Menschen mit Behinderungen, der Landessportbund, der Landesjugendring und der Landesfrauenrat. Alle diese Organisationen setzen sich sehr wohl auch für die Menschen mit Migrationshintergrund ein. Deswegen können Sie das eine überhaupt nicht mit dem anderen vergleichen.
Sie sprachen die Kinderschutzkommission bzw. die Frage an, ob Kinderschutzkommission oder nicht. Dort herrscht eine ganz andere Ausgangslage. Fast kein anderer Bereich ist so stark institutionalisiert und so gut mit Verbänden und Interessen
vertretungen verflochten und von ihnen unterstützt wie der Kinderschutzbereich bzw. die Kinderpolitik. Das können Sie mit dem Integrationsbereich überhaupt nicht vergleichen. Deswegen hat das eine mit dem anderen überhaupt nichts zu tun. Die Kinderschutzbeauftragte ist auch noch nicht eingesetzt, also brauchen wir auch nicht darüber zu diskutieren.
Frau Kollegin Mundlos stellt die nächste Zusatzfrage. Aber bevor sie sie stellt, weise ich noch einmal darauf hin, dass sich der Geräuschpegel wieder erheblich erhöht hat. Ich bitte darum, dass die Gespräche eingestellt werden, damit sowohl die Fragesteller als auch die Landesregierung entsprechendes Gehör finden. Ansonsten sähe ich mich leider gezwungen, an der einen oder anderen Stelle zu unterbrechen. Aber das liegt in Ihrer Hand. - Bitte!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, ich wüsste gern, wie die Strukturen - Kommission, Beirat oder Beauftragte - zur Beteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund und zur Förderung und Weiterentwicklung der Integrationspolitik in den anderen Bundesländern aussehen, insbesondere auf Landesebene.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angefangen beim Bund kann ich Ihnen mitteilen, dass die Bundesregierung im Januar dieses Jahres einen Integrationsbeirat mit 32 berufenen Mitgliedern unter dem Vorsitz der Staatsministerin im Bundeskanzleramt, Frau Professor Böhmer, eingerichtet hat. In diesem Beirat fungieren Migrantenselbstorganisationen, die bundesweit tätig sind, Interessenverbände, Wohlfahrtsverbände, Kirchen und andere Beteiligte beratend und impulsgebend für das Bundeskanzleramt und die Bundesregierung.
Auf Länderebene zeigt sich ein ganz unterschiedliches Bild. Es gibt Bundesländer, die keinen Beirat und keinen Beauftragten haben, beispielsweise Baden-Württemberg.
In NRW gibt es einen Beirat, keinen Beauftragten. In sieben Ländern existiert ein Beirat - mit uns wären es acht -, und andere Bundesländer haben Beauftragte, deren Stellen z. B. auch mit Landtagsabgeordneten besetzt sind. Die Landschaft ist also sehr unterschiedlich.
Aber wir können einen Trend feststellen. Die Tendenz geht dahin, durch eine breite gesellschaftliche Beteiligung die Arbeit der Integrationsminister und -ministerinnen zu unterstützen und die Integrationspolitik als gesellschaftliche Aufgabe zu verstehen, sie breit zu verankern und zu institutionalisieren, indem man das über die Beiräte in die Lande trägt. Das sind der Trend und die Entwicklung, die zurzeit in Deutschland abzusehen sind.
Darüber hinaus möchte ich darauf hinweisen, dass seit mittlerweile drei Jahren eine Integrationsministerkonferenz tagt. Das heißt, die Funktion der Integrationsarbeit und der Integrationsminister ist mittlerweile durch eine Ministerkonferenz so verankert wie andere Bereiche auch. Dort wird dieses Thema in die Bundesregierung hineingetragen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung, ob sie meine Auffassung teilt, dass das Bild von Integration, das sich aus der Fragestellung und aus den Zusatzfragen, die von der Opposition gestellt werden, ergibt, den Eindruck vermittelt, als sei Integration eine Aufgabe der Daseinsvorsorge, etwas, wofür man ein Ressort einrichtet, das dann sozusagen Integration produziert, oder ist die Landesregierung vielmehr der Auffassung, dass Integration ein Prozess ist, an dem sich Menschen mit und ohne Zuwanderungsgeschichte in gleicher Weise beteiligen, weil es ein Aufeinanderzugehen der unterschiedlichen Gruppen ist, insbesondere da ja auch die Men
schen mit Zuwanderungsgeschichte keineswegs eine einheitliche, sondern eine sehr vielteilige Herkunft aufweisen?
Ich stufe das als zwei Fragen ein. Herr Kollege, ich gehe davon aus, dass Sie damit einverstanden sind. - Frau Ministerin, bitte!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da kann ich nur Ja sagen. Ich habe zu erläutern versucht, dass wir diese Diskussion auf eine ganz andere Ebene heben wollen. Wir wollen auf Augenhöhe unter Beteiligung aller Ministerien, aber insbesondere - dies liegt in der Verantwortung des Integrationsministeriums - mit den Migrantenselbstorganisationen und den vielen Verbänden und Vereinen, die heute schon wertvolle Migrationsarbeit leisten, darüber diskutieren, wie wir weiterkommen. Eigentlich ist es die Aufgabe eines Integrationsministeriums, diese Sachen überflüssig zu machen und dafür zu sorgen, dass sie quasi in den Querschnittsbereichen der anderen Politikfelder und der Ressorts mit aufgehen.
Ich will Ihnen ein Beispiel geben. Wenn es um Gesundheitsfragen oder Pflegefragen geht, gibt es bei Menschen mit Migrationshintergrund natürlich Hürden und Hemmnisse. Aber es ist gerade entscheidend, dass bei der Auseinandersetzung mit dem Thema mit Migrantenorganisationen oder mit Menschen mit Migrationshintergrund die Fachleute, die aus den Bereichen Gesundheit und Pflege kommen - das können Sie auch auf die Bereiche Familie und Jugend beziehen -, mit am Tisch sitzen. Alle diese Fachkompetenzen kann eine einzelne Person gar nicht abbilden.
Das heißt, wir brauchen diese Diskussion und diese Weiterentwicklung unter Einbeziehung aller Fachexperten und im Rahmen eines Eins-zu-EinsGesprächs, und wir brauchen es weniger, dass die Migrantenselbstorganisationen darauf verwiesen werden, sich die Wege selbst zu suchen. Das ist, glaube ich, in dieser Konstellation ganz entscheidend. Wir müssen ein Stück weit davon wegkommen - das sage ich ganz bewusst auch als Mensch mit Migrationshintergrund -, die Menschen immer in dieser Situation der Hilfestellung zu halten. Ich habe in den Gesprächen mit den Migrantenselbstorganisationen gespürt - auch mir wurde das vermittelt -, dass man viel weiter ist, dass man sich
sich mit anderen verbünden möchte, kooperieren möchte, um an diesen Erfahrungen zu wachsen. Das müssen wir den Migrantenorganisationen ermöglichen; denn sonst ist alle unsere Integrationsarbeit vergeblich.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, dass die Abteilung nach dem Wechsel aus dem Innenministerium in das Integrationsministerium im Bereich Soziales schon personell geschwächt wurde, und vor dem Hintergrund, dass jetzt das Beauftragtenwesen im Bereich der Integration abgeschafft wird, weil wir eine neue Stufe erreicht haben, frage ich die Landesregierung, ob es richtig ist, dass auch die Abteilung Integration sozusagen abgewickelt wird, indem sie mit der Jugendabteilung fusioniert wird, und hier mindestens eine Abteilungsleitung eingespart werden soll.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dass der Übergang vom Innenministerium zum Sozialministerium eine Schwächung der Personaldecke mit sich gebracht hat, ist nicht richtig. Es hat keine Streichung von Stellen oder Positionen gegeben, sondern die Integrationsabteilung ist, was die personelle Stärke angeht, genauso aufgestellt wie vorher auch. Sie wird sich sogar noch verstärken, weil wir in der Integrationsabteilung auch die Bedeutung sehen, die dieses Thema für die Zukunft und auch für viele andere Abteilungen hat. Es wird sogar eine Verstärkung um zusätzliche Mitarbeiter geben, u. a. auch im Grundsatzreferat, die diese Arbeit unterstützen werden.
Wir denken auch darüber nach, wie wir die Querschnittsaufgaben, zu denen ich eben schon erläutert habe, dass sie ineinandergreifen und dass da
die größten Überschneidungen sind, wie z. B. bei der Familien- und Jugendpolitik, stärker mit der Integrationsabteilung verzahnen können.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der Aussage, dass Sie die Weisheit nicht gepachtet haben, aber gleichzeitig in der Lage sind, die qualitativen Sprünge der Integrationsarbeit festzulegen, frage ich die Landesregierung: Wieso gibt es dann einen Beauftragten für Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Beauftragte für die Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler ist im Jahre 2003 durch das Kabinett beschlossen worden und vom Parlament eingesetzt worden, und er hat auch eine Bedeutung.
- Da können Sie gerne lachen. Ich finde es jedoch unmöglich, wenn Sie darüber lachen; denn es geht hier auch um Personen und diejenigen, die dahinterstehen.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Kreszentia Flauger [LIN- KE]: Es ist völlig unschlüssig, was Sie da machen! - Unruhe - Glocke des Präsidenten)
(Widerspruch bei der SPD: Nein! - Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie ar- gumentieren unlogisch! - Weitere Zu- rufe)
Wir kommen jetzt, Frau Ministerin, wieder zu einem geordneten Verfahren. Die Fraktionen hören zu, und Sie antworten.