Protocol of the Session on September 15, 2011

Landesregierung in Niedersachsen hat diesen Beschluss im November 2010 im Bundesrat mitgetragen.

Erst nach dem katastrophalen Unfall von Fukushima am 11. März kamen auch der CDU Zweifel - vielleicht weniger an der Atomindustrie, sondern wohl eher daran, ob die CDU bei einem weiteren Festhalten an dieser Risikotechnologie noch die nächsten Wahlen würde bestehen können. Deshalb wurde ganz schnell eine 180-Grad-Wendung hingelegt.

Und jetzt stellen Sie sich hier hin, Herr Miesner, und meinen, dass den verunsicherten Bürgerinnen und Bürgern die Energiewende erklärt werden müsse.

(Zuruf von der CDU: So ein Quatsch!)

Und wer soll die plötzliche Kehrtwende der CDU und der FDP erklären? - Die Schulen, natürlich. Sie bei CDU und FDP wissen offensichtlich nicht, wie die Energiewende, die Sie beschlossen haben, gehen soll, weil Sie sich immer dagegen gewehrt haben, und jetzt fordern Sie, die Schulen sollten entsprechende Inhalte in ihren Fächerkanon aufnehmen.

Das ist ja mal ein politisch neuer Lösungsvorschlag. Alle Achtung! Wieder einmal ein hingehauener Antrag, den Ihnen jemand zusammengebastelt hat, wahrscheinlich ohne vorher in die Kerncurricula zu gucken. Das aber wäre manchmal hilfreich. Da ist man Ihnen nämlich schon ein ganzes Stück voraus. Gucken Sie z. B. einmal in die Kerncurricula für Naturwissenschaften Klasse 5 bis 10 am Gymnasium. Seit 2007 gibt es da ein Basiskonzept Energie für die Fächer Chemie, Physik und Biologie, das ebenso wie das Fach „Werte und Normen“ diese Thematik umfassend berücksichtigt. Aus Zeitgründen kann ich nicht alle Stellen aufzählen. Herr Busemann - er ist leider nicht da - hätte früher als Kultusminister gesagt: Sie schmeißen sich hinter den fahrenden Zug!

Richtig interessant wird es aber, wenn man sich anguckt, wer nach Ihren Vorstellungen die Energiebildung in Schulen betreiben soll. Dazu findet sich in Nr. 4 des Antrags der Vorschlag, die Erkenntnisse des Instituts für Ökonomische Bildung in Oldenburg mit einzubeziehen. Vorsitzender des Beirates dieses Institutes ist Dr. Werner Brinker, Vorstandschef des Energieversorgers EWE, also des Unternehmens, das unsere Gerichte gerade mit massenhaften Verbraucherklagen gegen ungerechtfertigt hohe Gaspreise beschäftigt.

(Beifall bei den GRÜNEN - Kreszentia Flauger [LINKE]: Ganz unabhängig!)

Soll jetzt nach den Vorstellungen dieses Instituts die Energiewende in den Schulen erklärt werden? - Ich kann mir das gut vorstellen, Herr Miesner: Erst kommen die E.ON-Clowns in die Grundschulen, und dann erklären die großen Stromversorger mit bunten Bildchen, warum die Erdkabel teurer sind und dass wir dringend Kohlekraftwerke brauchen.

Meine Damen und Herren von der CDU, wenn Sie wirklich zur ökologischen Bildung beitragen wollen, dann kappen Sie erst einmal die Kontakte zu den alten Lobbyisten und holen Fachleute in die Schulen, die wirklich Bescheid über die Energiewende wissen - wenn diese nicht schon da sind.

Mit solch einem Antrag jedenfalls werden Sie Ihre Glaubwürdigkeit nicht zurückgewinnen können. Den hätten Sie sich aus meiner Sicht sparen können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die Fraktion DIE LINKE spricht Frau Reichwaldt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag, den wir jetzt zum ersten Mal beraten, ist wirklich spannend. „Bürgerinnen und Bürger“ sind „auf dem Weg in das Zeitalter regenerativer Energien nicht alleine zu lassen.“ - Das findet natürlich die Zustimmung der Linken. „Die Information und Aufklärung der Menschen kann vor allem über eine Stärkung der Energiebildung erreicht werden.“ - Auch dieser Aussage stimme ich gerne zu. Wir werden Ihren Antrag ja im Kultusausschuss beraten.

Wenn wir feststellen - Frau Korter hat bereits darauf hingewiesen -, dass dieses Thema in den Lehrplänen unserer Schulen durchaus zu finden ist, dann scheinen die meisten Forderungen auch sinnvoll zu sein. Es geht um eine Bestandsaufnahme, „wie das Thema Energie im Unterricht der allgemeinbildenden Schulen in Niedersachsen derzeit berücksichtigt wird“, „welche Möglichkeiten es gibt, entsprechende Inhalte im Fächerkanon stärker zu verankern“, z. B. „im Rahmen der Bildung für nachhaltige Entwicklung“, wie Maßnahmen zur Qualifizierung der Lehrkräfte sichergestellt werden können, es geht um die Einbeziehung der

Wissenschaft, um Kooperationsprojekte und - warum auch nicht? - um die Auslobung eines Preises für erfolgreiche Projekte.

Es wird Sie trotzdem nicht verwundern, dass wir bei einem Antrag von Ihrer Seite zu diesem Thema misstrauisch bleiben, dass vielleicht doch ein Haken zu finden ist. Ich kann Ihnen auch schon sagen, welche zwei Punkte mich stören.

Wen wollen Sie den Bürgerinnen und Bürgern zur Seite stellen, um sie auf dem Weg ins Zeitalter regenerativer Energien zu begleiten? - Wenn ich die Formulierung „Kooperationsprojekte von Wissenschaft, Schule und Wirtschaft“ lese, werde ich beim Thema Energiewende zwangsläufig sehr misstrauisch. Vier große Konzerne beherrschen den Energiemarkt in Deutschland, und deren Vorstellungen der Energiewende - so sie von den Vieren überhaupt gewollt ist - lassen bei uns alle Warnleuchten angehen. Wir alle kennen die millionenschweren Lobbytätigkeiten von E.ON, RWE und Co. Solche Einflüsse wollen wir in unseren Schulen nicht haben. Und ist nicht auch - darauf hat Frau Korter ebenfalls schon hingewiesen - das in Ihrem Entschließungsantrag erwähnte Institut für Ökonomische Bildung in Oldenburg mit EWE verbandelt?

Wir sagen: Vorsicht! Die Planung von Offshorewindkraftanlagen und der Streit um die Trassenführung von Hochspannungsleitungen dürfen nicht dazu führen, dass „Energiewende“ heißt, dass die regionale Förderung von dezentraler Energieerzeugung vernachlässigt wird, und „Energiebildung“, dass die Bürgerinnen und Bürger auf den Leim der Energieriesen gelockt werden.

Wir behalten uns vor, mit entsprechenden Änderungsanträgen genau das in den Formulierungen des Entschließungsantrags auszuschließen.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Reichwaldt, Frau Flauger möchte eine Zwischenfrage stellen. Lassen Sie das zu?

(Clemens Große Macke [CDU]: Sie scheinen überrascht zu sein!)

Vielen Dank. - Frau Reichwaldt, ich finde Ihre Ausführungen recht interessant und meine, dass auch

die Fraktionen, die den Antrag eingebracht haben, eigentlich an dem interessiert sein sollten, was dazu im Vorfeld der Ausschussberatungen im Landtag debattiert wird.

Inzwischen sitzen 18 Abgeordnete - eben waren es noch 17 - von FDP und CDU auf ihrem Platz. Finden Sie es nicht auch erstaunlich, welches mangelhafte Interesse bei den antragstellenden Fraktionen herrscht?

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von der CDU: Was ist das für eine Frage? - Axel Miesner [CDU]: Wir haben den Antrag vorher gelesen!)

Sie haben das Wort, Frau Reichwaldt.

Vielen Dank. - Ich finde das auch erstaunlich.

(Clemens Große Macke [CDU]: Frau Reichwaldt, so etwas kommt auch noch mal wieder! - Christian Grascha [FDP]: Die wichtigen Leute sind doch da!)

Vielleicht kommt irgendwann auch der Vorschlag, die Debatten über bestimmte Tagesordnungspunkte ganz zu lassen. Das deutet ja durchaus auf ein bestimmtes Verständnis von parlamentarischer Demokratie hin.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun zum Zweiten, was ich zu dem Antrag anmerken muss. Sie sagen, die Bildungsträger der Erwachsenenbildung sollen in Ihr Energiebildungskonzept einbezogen werden. Das hat schon eine besondere Note. Ich darf Ihnen verraten: Auch dieses Bildungsprojekt wird nicht ohne zusätzliche Kosten möglich sein. - Zusätzliche Kosten für Bildung halten Sie im Moment nicht für möglich. Konsequent haben Sie daher die Mittel für die Bildungsträger der Erwachsenenbildung gekürzt. Erkennen Sie, warum mich diese Logik etwas stört?

Durch Information und Aufklärung in Schulen und Bildungseinrichtungen den Bürgerinnen und Bürgern die Chancen einer Energieversorgung ohne Atomkraft mit ausschließlich regenerativen Energien näherzubringen, ist notwendig, aber die Richtung muss stimmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wie notwendig der Antrag ist, werden wir im Ausschuss diskutieren. Ich freue mich auf die Beratungen dort.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und von Claus Peter Poppe [SPD])

Für die SPD-Fraktion hat Herr Poppe das Wort. Bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Durch Energiebildung die Energiewende erfolgreich meistern“ - das ist ein hehrer Anspruch, der in der Überschrift des Antrags formuliert wird. Der unbefangene Leser mag sich allerdings wegen der Schnelligkeit des Schwenks die Augen reiben. Dass CDU und FDP eine Energiewende in den Schulen anpreisen wollen, die sie noch vor weniger als einem Jahr mit Vehemenz bekämpft haben, lässt manchen, gerade auf der konservativen Seite, ratlos zurück. Dafür spricht auch die Besetzung der Bänke auf der rechten Seite.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Aber sei’s drum! Lernfähigkeit ist ja auch etwas Schönes. Wir sollten sie alle für uns in Anspruch nehmen. Also bleibt nur noch die Frage, ob der Entschließungsantrag dem hehren Anspruch der Überschrift gerecht wird. Wenig überraschend lautet die Antwort der SPD-Fraktion: Nein.

(Beifall bei der SPD)

Ich will die Gründe in aller Kürze anführen.

Erstens. Es handelt sich, betrachtet man die Formulierungen genauer, kaum um einen Entschließungsantrag, sondern eher um einen butterweich formulierten Prüfauftrag. Der Landtag soll die Landesregierung bitten - ich gehe jetzt die Punkte nacheinander durch -, „zu prüfen …“, „zu prüfen, …“, „zu prüfen, …“, „bei der Prüfung … einzubeziehen“, „zu untersuchen, …“, „zu prüfen, …“, „gemeinsam mit Bildungsträgern … zu erörtern“ und „eine jährliche Preisverleihung … vorzusehen“.

(Beifall bei der SPD)

Ist Ihnen als Regierungsfraktionen ein solcher Antrag nicht peinlich?

(Beifall bei der SPD)

Nein? - Von einer Gestaltungsfähigkeit, von einem kraftvollen Voranschreiten der Politik ist dieser Antrag so weit entfernt wie Herr Sander von der Forderung nachhaltiger Energie.

(Clemens Große Macke [CDU]: Von der Forderung oder Förderung?)