Protocol of the Session on September 14, 2011

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit rufe ich Tagesordnungspunkt 13 b auf:

Stabilitätsunion statt Schulden-Europa - Keine neuen Millionenrisiken für Niedersachsen - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 16/3985

Eingebracht wird der Antrag vom Kollegen Rickert. Danach sprechen - in dieser Reihenfolge - Frau Emmerich-Kopatsch, Frau Polat und Frau Flauger. - Herr Rickert, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben diese Aktuelle Stunde beantragt, weil wir der Meinung sind, dass sich auch der Niedersächsische Landtag an der Diskussion um die Währungsstabilität, um den Euro, Eurobonds etc. beteiligen sollte. Das Tempo, mit dem Milliardenkredite gewährt werden, ist für den Normalbürger nicht mehr nachvollziehbar.

(Vizepräsident Dieter Möhrmann über- nimmt den Vorsitz)

Das Vertrauen in den Euro ist stark erschüttert. Nur jeder fünfte Deutsche hat noch Vertrauen in den Euro. Es ist mir schier unbegreiflich, wie leichtfertig einige Berliner Politiker mit diesem Thema umgehen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von den GRÜNEN: Ja!)

70 % der Deutschen machen sich Sorgen, dass die Eurokrise den deutschen Steuerzahler massiv belasten könnte, und alles, was dem selbsternannten Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück dazu ein

fällt, ist: Natürlich müssen die Deutschen zahlen. - Dieses Maß an Arroganz ist nicht mehr zu überbieten, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Auslöser dieser Krise ist das unsolide Finanzgebaren einiger Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die sogenannten PIGS-Staaten: Portugal, Irland, Griechenland und Spanien. Im Fokus der Auseinandersetzung steht aktuell Griechenland. Es ist mittlerweile kein Geheimnis, dass Griechenland nie in die Währungsunion hätte aufgenommen werden dürfen.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Deutsch- land auch nicht!)

Der Prozess der politischen Integration, den auch wir begrüßen, ist zulasten der wirtschaftlichen Vernunft durchgeführt worden. Man hat geglaubt, mit einer einheitlichen Währung diesen Integrationsprozess von selbst gestalten zu können. Dabei blieb die Stabilitätskultur auf der Strecke. Die Maastricht-Kriterien wurden aufgeweicht, auch und vor allem von der rot-grünen Bundesregierung.

(Beifall bei der FDP)

Jetzt, wo die Situation da ist, wird eine Reihe von Maßnahmen diskutiert, u. a. der Eurobond. Die in diesem Zusammenhang heftig diskutierten Eurobonds sind nach meiner Auffassung keine Lösung. Eine auf diese Weise entstehende Transferunion, die die Risiken auf die Staatengemeinschaft überträgt, d. h. eine kollektive Haftung für DefizitSünder, würde für Deutschland ein erhöhtes Kreditrisiko bedeuten, d. h. eine ansteigende Zinsbelastung um zusätzlich etwa 2,3 %, so das IfoInstitut. Für Niedersachsen hieße das eine zusätzliche Belastung von 600 Millionen Euro allein in 2012.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Damit ein Eurobondsystem überhaupt funktioniert, müsste eine zentrale Wirtschafts- und Finanzpolitik eingeführt werden.

(Filiz Polat [GRÜNE]: Und das sagt die FDP!)

Die haushaltspolitische Kompetenz würde nach Brüssel verlagert. Eine europäische Wirtschaftsregierung, wie die SPD sie fordert, lehnen wir ab. Wir wollen ein Europa der Regionen und der Subsidiarität statt den Brüsseler Zentralstaat.

(Beifall bei der FDP)

All dies hat nichts mit Euroskeptizismus zu tun. Gerade wer ein stabiles geeintes Europa will, ist beim Eurobond auf dem Holzweg.

(Beifall bei der FDP)

Zur Rolle der EZB. Wir waren es in Deutschland gewohnt, dass die Deutsche Bundesbank als unabhängige Währungshüterin darauf achtete, dass die D-Mark stabil blieb. Die Verpflichtung zur Geldwertstabilität hat in Deutschland Verfassungsrang. Diesen Pfad der Tugend hat die EZB verlassen, indem sie sogenannte Ramschanleihen der Defizitsünder aufgekauft hat. Die EZB hält zurzeit solche Anleihen im Werte von 143 Milliarden Euro.

(Zuruf von Ursula Helmhold [GRÜNE]: Und? Haben die das eigenmächtig gemacht?)

Der Euro-Rettungsfonds, der demnächst im Deutschen Bundestag zur Abstimmung steht, soll nach einem stringenten Kontrollverfahren den EuroStaaten, die diese Finanzhilfe beantragen, helfen, ihre Zahlungsfähigkeit zu sichern. Ich bin fest davon überzeugt, dass dieses Gesetz eine Mehrheit im Deutschen Bundestag findet.

Es gibt natürlich Zweifel, ob Griechenland dieses Ziel überhaupt erreichen kann.

(Filiz Polat [GRÜNE]: Sie haben doch im letzten Jahr zugestimmt!)

Die NORD/LB z. B. als eine der wichtigsten deutschen Banken hat Griechenland-Anleihen in einer Größenordnung von 50 Millionen Euro abgeschrieben. So viel zu der Reaktion der Märkte.

(Christian Dürr [FDP]: So ist es! - Glo- cke des Präsidenten)

Die Überlegungen des Bundeswirtschaftsministers sind daher äußerst begrüßenswert;

(Helge Limburg [GRÜNE] lacht)

denn wenn die sogenannte Troika aus EU, IWF und EZB feststellt, dass Griechenland die Sparauflagen nicht erfüllt,

(Glocke des Präsidenten)

kann die nächste Tranche des Rettungspaketes nicht ausgezahlt werden, und dann wäre Athen im Oktober zahlungsunfähig. Deswegen ist es richtig und wichtig, jetzt darüber nachzudenken, - - -

Herr Rickert, letzter Satz bitte!

- - - wie wir Europa eine tragfähige Finanzverfassung für die Zukunft geben können. Die geordnete Staatsinsolvenz darf kein Denkverbot sein. Wir wollen, dass das Haus Europa auch in Zukunft ein stabiles ordnungspolitisches Fundament hat.

Herzlichen Dank.

(Starker, anhaltender Beifall bei der FDP - Zustimmung von Karl-Heinz Klare [CDU])

Meine Damen und Herren, für die SPD-Fraktion hat nun Frau Emmerich-Kopatsch das Wort. Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Rickert, wir haben ja Verständnis dafür, dass Sie sich Sorgen um die Zerfallserscheinungen der FDP machen.

(Beifall bei der SPD)

Aber dieses Thema eignet sich nicht zur Rettung der FDP in der derzeitigen Lage.

(Beifall bei der SPD)

Menschen, die - wie Ihr Parteivorsitzender Rösler und auch Sie und gestern Herr Dürr - versuchen, dieses Thema populistisch auszunutzen und sich als Hüter der Währung in Europa aufzuschwingen, handeln im höchsten Maße verantwortungslos; denn gerade Menschen wie Sie tragen dazu bei,

(Christian Dürr [FDP]: Denkverbote sind wohl immer besser! Das ist die Zukunft der SPD!)

dass es zu Destabilisierungen und zu Unsicherheiten an den Märkten kommt.

(Beifall bei der SPD)

Die Nervosität, die Sie auslösen, kostet uns jede Menge. Und das ist uns die Rettung der FDP bei Weitem nicht wert.

(Beifall bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Es könnte sogar sein, dass die Märkte schlauer sind als die Kollegin Kopatsch!)

- Herr Dürr, manchmal ist es einfach besser, zu schweigen. - Ich finde, so, wie Sie sich hier aufführen und auch gestern aufgeführt haben, dürfen

weder Sie noch Herr Rösler noch Herr Westerwelle weiter Verantwortung tragen.