Protocol of the Session on May 25, 2011

(Lebhafter Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Das grundlegende Problem ist, dass die CDU und auch die FDP in diesem Hause, aber auch bundesweit keine politische Vision haben. Sie bleiben den bildungspolitischen Vorstellungen des letzten Jahrhunderts verhaftet. Wir brauchen einen ganz anderen Aufbruch in der Bildungspolitik.

Man muss einen Kompass in der Bildungspolitik haben. Man muss bereit sein, mit Feuer und Flamme für die Chancen aller Kinder einzustehen, und darf nicht weiterhin sortieren und fragen, welches Kind an welche Schule gehört. „Du gehörst nicht hierher“ - diesen Satz gibt es um europäischen Ausland überhaupt nicht. Es gibt ihn nur noch in Niedersachsen und Deutschland.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Solange Sie diese bildungspolitischen Visionen nicht entwickeln - - -

(Heinz Rolfes [CDU]: Sie sollten nicht von Visionen reden!)

Wenn Sie sie entwickeln, werden es sowieso nur Kopien sein, weil das Original von der Bildungspartei kommt. Das ist die SPD!

(Starker, nicht enden wollender Beifall bei der SPD - Lachen bei der CDU und bei der FDP)

Ich erteile Herrn Minister Althusmann das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei einer sachlichen Betrachtung Ihrer Debattenbeiträge fällt mir und, wie ich annehme, den neutralen Betrachtern ebenfalls auf, dass von der Opposition heute Morgen kein einziger konstruktiver Vorschlag für die Bildungspolitik in Niedersachsen vorgelegt worden ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, sehr verehrte, liebe Frau Flauger!

(Oh! bei der LINKEN - Heinz Rolfes [CDU]: Man muss nicht übertreiben!)

Ich hatte fast den Eindruck, dass es Ihnen heute Morgen etwas schwergefallen ist, überhaupt Kritik zu üben. Wir müssen schon zwischen Ihrem persönlichen Bild, zwischen dem, wie Sie persönlich glauben, wie Bildungspolitik vernünftig und qualitativ nach vorne gebracht werden muss, und dem, was für eine gute Zukunftsbildung unserer Kinder notwendig ist, unterscheiden. Da kann ich nur sagen: Wir müssen auf Qualität und Leistung setzen, aber auf keinen Fall auf irgendwelche Einheitsschulgedanken.

Meine Damen und Herren, alle Bundesländer, die mit Ihren Mehrheiten regiert werden - egal, ob Berlin, Bremen oder Brandenburg -, sind bei allen bundesweiten Vergleichen bildungspolitisch immer am Ende der Skala.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Macht es ganz Europa falsch?)

Offensichtlich scheint sich diese Erkenntnis bei Ihnen in keiner Weise durchgesetzt zu haben.

Meine Damen und Herren, zum doppelten Abiturjahrgang. Ich weiß gar nicht, ob es Ihnen überhaupt aufgefallen ist: Wir sind damit durch. Wir haben in Niedersachsen 50 000 Abiturienten völlig geräuschlos durch das doppelte Abitur gebracht. Wenn Sie die Abiturienten heute fragen - ich habe es vergangene Woche ausprobiert -, dann stellen Sie fest, dass kein einziger wieder zum Abitur nach 13 Jahren zurück möchte.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

In Nordrhein-Westfalen gibt es - bis auf 10 - kein Gymnasium, das wieder zurück zum Abitur nach 13 Jahren will.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, vielleicht sagen Sie diesen jungen Menschen auch einmal diese Botschaft. Im Zusammenhang mit der Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur und der Verkürzung der Studienzeiten gewinnen diese jungen Leute ein Jahr für ihre persönliche Zukunft. Sie haben damit mehr Chancen. Das ist letztlich das Entscheidende, worauf es ankommt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von der SPD)

Meine Damen und Herren! Ich will es gar nicht darauf reduzieren, dass ich einfach darstelle, was wir in den letzten Monaten, auch meine Vorgänger, erreicht haben. 1 Milliarde Euro mehr im Bildungshaushalt seit dem Jahr 2000 ist ja nicht irgendetwas. Eine Senkung der Schulabbrecherquoten um über 42 % in Niedersachsen ist nicht irgendetwas. Das ist ein Erfolg der Bildungspolitik in Niedersachsen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dass wir gegenüber 155 Ganztagsschulen in Ihrer Regierungszeit heute bei 1 300 Ganztagsschulen sind, ist ja nicht irgendetwas, sondern diese Landesregierung hat hier einen klaren Schwerpunkt in der Bildungspolitik gelegt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Die drei Damen und Herren Abgeordneten, die vor mir gesprochen haben, erinnern mich irgendwie an Kassandra. Irgendwie droht ja der bildungspolitische Untergang des niedersächsischen Abendlandes.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Herr Althusmann hat recht! - Weitere Zurufe)

In Wahrheit, meine Damen und Herren, muss man diesen Ruf nicht hören.

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Schlechter Vergleich! Ihr habt immer recht!)

Herr Minister - - -

Entschuldigung, es gibt historisch unterschiedliche Ansichten darüber, ob Kassandra in ihrer Trance überhaupt recht hatte. In Bezug auf Troja könnte sie recht gehabt haben.

(Heiterkeit und Beifall bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, danach gab es noch einige andere Weissagungen. Da hatte sie bekanntlich unrecht. Sie können also davon ausgehen, dass ich durchaus Kenntnis in der grundsätzlichen Frage habe, was mit Kassandra-Rufen gemeint ist, verehrte Frau Helmhold.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das Bild ist ein bisschen schief!)

Lassen Sie mich aber jetzt zu einem Punkt kommen, der mich schon ein wenig nachdenklich macht und der auch Sie nachdenklich machen sollte. Bevor überhaupt von Frau Professor Wanka und mir ein neues Konzept im Rahmen der Lehrerausbildung der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, bevor überhaupt die Grundzüge in eine Debatte gegeben wurden, nachdem monatelang die lehrerbildenden Hochschulen im Auftrag des MWK und des MK an diesem Konzept gearbeitet hatten, um im Wesentlichen einem Rechnung zu tragen, nämlich der Professionalisierung und der Qualitätssteigerung im Rahmen der Lehramtsausbildung, kommt die versammelte Opposition daher und sagt: Das ist alles grundsätzlich falsch. Meine Damen und Herren, so kann man keine Politik machen.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben die Hochschulen eingebunden. Wir haben die lehrerbildenden Institute eingebunden. Wir haben deren Vorschläge aufgegriffen. Wir haben gesagt, sie brauchen mehr Praxis. Wir müssen den Masterstudiengang um ein Jahr erweitern. Wir müssen die 300 Credit Points am Ende eines Masterstudiengangs erreichen, damit ein Master of

Education für den Grund-, Hauptschul- und Realschulbereich breit einsetzbar ist.

Es vergehen keine Sekunden; da tickern die Pressemitteilungen der Opposition über dpa oder wo auch immer: Es ist alles grundsätzlich falsch. - Meine Damen und Herren, so kann man nicht ernsthaft Politik und so kann man nicht ernsthaft Bildungspolitik im eigentlichen Sinne machen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Schulstruktur. Es ist jetzt gelungen, dass in Niedersachsen eine langfristige Weichenstellung vorgenommen wurde, um stabile Strukturen, langfristig stabil auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, zu erreichen, und wir haben zur Kenntnis zu nehmen, dass inzwischen 110 Anträge auf Oberschulen in Niedersachsen vorliegen und 60 davon schon genehmigt wurden.

Jetzt sage ich Ihnen einmal, wie es tatsächlich in der Fläche des Landes Niedersachsen auch bei Ihren Kommunalpolitikern ankommt - ich zitiere einmal -:„Die Eltern in der Elbmarsch jubeln“. - Herr Bürgermeister Roth: Angesichts des überwältigenden Votums bei der kürzlich durchgeführten Elternbefragung habe kein Ausschussmitglied, auch nicht das der SPD, sich dem Wunsch der Bevölkerung in der Elbmarsch entgegenstellen wollen. - Der Schulleiter Andreas Franz, der Rektor der Ernst-Reinstorf-Schule, hat vor Freude die Schulflagge gehisst

(Zurufe - Unruhe)

und hat gesagt: Geschafft. Die Oberschule kommt.

(Beifall bei der CDU und bei der FPD)

Meine Damen und Herren! Hören Sie auf! Sie haben in dieser schulstrukturpolitischen Frage schlechterdings verloren. Die Zukunft liegt im zweigliedrigen System.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Oh! bei der LINKEN)

Sie kommen mit der IGS-Debatte in Wahrheit nicht weiter, weil die Welle der kommunalpolitischen Entscheidungen längst über sie hinweggegangen ist, weil die Menschen die Oberschule und weil sie für Niedersachsen langfristig ein zweigliedriges System aus Gymnasien und Oberschule wollen.

(Zurufe von den GRÜNEN und von der LINKEN)