Protocol of the Session on May 25, 2011

(Dr. Karl-Ludwig von Danwitz [CDU]: Machen wir doch!)

- Wo leben Sie eigentlich, Herr von Danwitz?

Einen Konsens zur Schulstruktur mit den Verbänden wollten Sie suchen.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Schul- frieden!)

Herr Althusmann, gesucht haben Sie vielleicht, aber offensichtlich nur bei einem Verband: dem Philologenverband.

Die einmalige Chance zum Schulfrieden im letzten Herbst haben Sie vermasselt, Herr Althusmann, weil Sie noch nicht einmal Ihre eigene Fraktion und schon gar nicht den kleinen Koalitionspartner hinter sich bekommen haben.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Stattdessen sind Sie mit Ihrer Oberschule aus dem Gebüsch gekommen, einer Schulform, deren einziger Zweck darin besteht, neue Gesamtschulen zu verhindern und Schutzzäune um die Gymnasien zu errichten. Selbst Ihre Oberschule haben Sie noch rasiert und die Oberstufe gekappt, als die Philologen landesweit zum Angriff bliesen. Jetzt ist nur noch die zusammengefasste Haupt- und Realschule übrig, und die gab es vorher schon. Nur einen neuen Namen hat sie bekommen: Oberschule. Und selbst der Name ist bei Ihnen Etikettenschwindel.

Aber weil eigentlich niemand diese Schule so richtig will und braucht, mussten Sie ordentlich Anreize geben, damit sie auch beantragt wird.

(Gabriela König [FDP]: Was? Wo le- ben Sie eigentlich?)

Beantragt wird sie doch nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen, weil sich alle schon jahrelang nach einer solchen Schule verzehrt haben, sondern weil man nur so an die Mittel für den gebundenen Ganztagsbetrieb kommt, die das Land allen anderen Schulen seit 2004 verweigert.

(Beifall bei den GRÜNEN sowie Zu- stimmung bei der SPD und bei der LINKEN)

Ohne jede Scham bevorzugen Sie damit eine Schulform und diskriminieren andere.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD - Ulf Thiele [CDU]: Das glauben Sie doch selbst nicht! Sie re- den wider besseres Wissen!)

Genauso geht es bei Ihrem Lehrerbildungskonzept weiter. Alle Lehramtsstudierenden müssen in Zukunft während des Studiums ein Praxissemester an den Schulen absolvieren. Das ist sinnvoll, wenn es ordentlich begleitet wird. Aber es ist viel zu spät angesiedelt. Und wer ist natürlich davon ausgenommen? - Die Gymnasiallehrkräfte und die Berufsschullehrkräfte. Sollen die in Zukunft weiter Fächer statt Schülerinnen und Schüler unterrichten?

Statt wirklich einen mutigen Schritt zu wagen mit einer Stufenlehrerausbildung, mit gleich langer Ausbildungszeit und gleicher Bezahlung, bleiben Sie wieder auf halbem Wege stehen. Wieder kein Berg - nur eine Maus.

Mit Ihrer Ganztagsschule light sind Sie nun endgültig gescheitert, Herr Althusmann. Keine Gelegenheit haben die Kultusminister der CDU, die es hier schon gab, ausgelassen, sich selbst dafür zu feiern, wenn sie wieder einmal eine neue Ganztagsschule genehmigt, ein Ganztagsangebot geschaffen haben. „Masse statt Klasse“ war ihre Devise. Immer wieder geäußerte rechtliche Bedenken zu den prekären Arbeitsverhältnissen, mit denen die Nachmittagsangebote möglichst billig stattfinden sollen, haben alle drei Minister - zwei davon Juristen - nicht interessiert. Da muss erst die Staatsanwaltschaft im Kultusministerium ermitteln, bis sich Herr Althusmann bemüßigt sieht, endlich rechtskonforme Arbeitsverhältnisse zu schaffen und unbefristete Verträge zuzulassen.

Und eine Lösung ist das noch lange nicht. Die Verantwortung aber für jahrelanges rechtswidriges Gemurkse, die Verantwortung für die Nachzahlung an die Rentenversicherung will keiner tragen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Unbekannt, sagt Herr Althusmann und fühlt sich überhaupt nicht angesprochen. Denn „Unbekannt“ heißt er ja nicht.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Über Ihre Verzögerungstaktiken, Herr Althusmann, bei der Inklusion mag ich schon gar nicht mehr reden: bisher nichts als Ankündigungen und Ausreden. Die neue Arbeitszeitverordnung für Schulleitungen - ein Flop. Die Umwandlung der berufsbildenden Schulen zu regionalen Kompetenzzentren - das reinste Chaos. Nichts kriegen Sie wirklich hin.

Herr Althusmann, es kommt nicht von ungefähr, dass bei der jüngsten Niedersachsenumfrage Ihre Schulpolitik als der größte Schwachpunkt benannt wurde.

(Jens Nacke [CDU]: Das ist doch wirk- lich schwach! Ist das alles? Keine ei- genen Ideen?)

In keinem anderen Bereich sind die Niedersachsen mit dieser Landesregierung so unzufrieden wie im Bereich der Schul- und Bildungspolitik.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, es wird Zeit, dass endlich eine Schulpolitik gemacht wird, die ohne die schwarz-gelbe Ideologie von gestern den Konsens mit der Mehrheit der Bevölkerung sucht und gute Bildungschancen für alle Kinder garantiert.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN sowie Zu- stimmung bei der SPD und bei der LINKEN)

Ich erteile jetzt dem Kollegen Klare von der CDUFraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung ist dabei, die Bereiche Schule, Bildung, Ausbildung und alles, was damit zusammenhängt, neu zu ordnen, neue Weichen zu stellen, Gesetze zu verabschieden, Erlasse auf den Weg zu bringen usw.

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Seit wann regieren Sie eigentlich?)

Heute kommt diese Aktuelle Stunde auf die Tagesordnung, mit der die Opposition - das sage ich jetzt einmal ganz allgemein - im Grunde doch ganz klar beweist, dass es ihr überhaupt nicht mehr um schulpolitische Fragen geht.

(Ach! bei den GRÜNEN - Zurufe von der LINKEN: Worum denn dann?)

Wie kann man Ausführungen über solche zentralen Dinge wie Lehrerausbildung, Schulstruktur oder Ganztagsschule in einem Fünfminutenkomplex zum Besten geben und meinen, so kann man Schulpolitik machen?

(Zurufe von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es geht Ihnen nicht um Schulpolitik, es geht Ihnen wie immer in den letzten Jahren um Diskreditieren, um Schlechtmachen, um Kaputtreden. Das ist die Politik dieser Opposition!

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Hans-Henning Adler [LINKE]: Es geht auch um Strafrecht! - Weitere Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN - Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, wenn man noch ein bisschen Hoffnung hätte, würde man sagen: Die Interessen der Schüler stehen im Mittelpunkt. - Bei Ihnen stehen aber in keiner Weise die Interessen der Schülerinnen und Schüler im Mittelpunkt. Ich bedaure das sehr; ich finde das schade.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Das sage ich als langjähriger Bildungspolitiker. Es ist traurig für die Opposition, dass sie hier immer so auftreten muss. Das tut mir leid, meine Damen und Herren.

(Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Hier ist doch ganz klar und deutlich geworden: Es geht um Minister Althusmann und nicht um die Themen, die Sie angesprochen haben. Aber eines sage ich Ihnen heute in aller Klarheit: Sie verheben sich heute - so, wie Sie sich auch in der Vergangenheit verhoben haben -, wenn Sie glauben, Sie könnten mit solch einem Aktionismus diesen anerkannten und qualifizierten Kultusminister in irgendeiner Weise angehen. Das ist nämlich Ihre Absicht.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Zwei Drittel, Herr Klare! - Detlef Tanke [SPD]: Verhaltener Beifall, Herr Klare!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, unser Kultusminister Dr. Bernd Althusmann steht für Aufbruch in eine neue Schulstruktur, die überall anerkannt wird. Ich komme noch darauf zu sprechen.

Er steht mit Wissenschaftsministerin Johanna Wanka für eine praxisorientierte, praxisnähere Lehrerausbildung, die auch Sie immer gefordert haben. Und er steht dafür, dass es endlich Ordnung bei den Ganztagsverträgen gibt.

(Lachen bei der SPD)

Sie sind geordnet, meine Damen und Herren. Diejenigen, die sich jetzt aufregen - wie Sie z. B. -, können das gar nicht wissen, weil Sie gar nicht im Ausschuss waren, wo er alles erklärt hat. Schade! Sie reden wie ein Blinder von der Farbe. Schade! Das muss ich Ihnen sagen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Hans-Henning Adler [LINKE]: Halten Sie erst mal die Gesetze ein! - Weitere Zurufe von der SPD, von den GRÜNEN und von der LINKEN)

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas zur Schulstruktur, meine Damen und Herren.

Bevor Sie fortfahren, Herr Kollege, unterbrechen Sie bitte kurz. - Sie müssen die Auffassungen des Kollegen Klare ja nicht teilen.

(Zurufe von der SPD: Nein, gar nicht!)

Aber Sie sollten ihm wenigstens zuhören.