Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der drastischen Privatisierungsentwicklung im Bereich der Pflegeträger in Niedersachsen, nach der Niedersachsen im Ländervergleich nach Schleswig-Holstein den höchsten Anteil privater Träger - nämlich um die 60 % - hat, frage ich die Landesregierung, wie sie eigentlich den Umstand bewertet, dass die Ausrichtung auf Gewinnorientierung den Rahmen eines so wichtigen Feldes der Daseinsvorsorge bildet.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal begrüßen wir die Trägervielfalt in Niedersachsen.
Es ist gut, dass sich am Markt verschiedene Akteure mit verschiedenen Ansätzen und Vorstellungen etablieren. Das gilt für die gemeinnützigen, die kirchlichen und auch die privaten Träger.
(Kreszentia Flauger [LINKE]: In ei- nem, nämlich in Schleswig-Holstein! Danach kommt gleich Niedersach- sen!)
Insofern gibt es keinen Handlungsspielraum, und es ist keine Handlungsaufgabe, hier staatlich gestalterisch einzugreifen. Es ist eine Vielfalt möglich, und jeder, der sich in diesem Markt an die Vorgaben, die rechtlichen Verpflichtungen hält und die Pflegesatzvereinbarungen mit den Pflegekassen trifft, kann am Markt als Tarifpartner und als Pflegeeinrichtung auch existieren.
Danke schön. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt Frau Kollegin Helmhold die zweite Frage. Bitte!
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass Sie, Frau Ministerin, auf die gute und wichtige Zusammenarbeit aller Beteiligten im Landespflegeausschuss hingewiesen haben, frage ich Sie erstens, wie die Landesregierung beurteilt, dass die Pflegekräfte dort selbst nicht institutionell vertreten sind. Zweitens: Wie beurteilt die Landesregierung vor diesem Hintergrund die Notwendigkeit der Errichtung einer Pflegekammer?
Danke schön - auch für die Ankündigung, dass es sich um zwei Zusatzfragen gehandelt hat. - Frau Ministerin Özkan, bitte schön, Sie haben das Wort!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Landespflegeausschuss - auf den Sie mich direkt angesprochen haben - war und ist Frau Mauritz vertreten, die dort für den Niedersächsischen Pflegerat sozusagen als Stimme auch derjenigen, die in der Pflege arbeiten, tätig ist.
Zu der Frage der Pflegekammer: Aus meiner Sicht ist die breite Bereitschaft der Angehörigen der pflegenden Berufe für die weiteren Überlegungen zur Einrichtung einer Pflegekammer erforderlich. Denn sich an eine Kammer zu binden und letztendlich auch entsprechende Beiträge zu leisten, ist ein wesentliches Entscheidungskriterium. Die Angehörigen der pflegenden Berufe müssen das wollen. Bisher liegen uns keine gesicherten Erkenntnisse vor, aus denen wir auf diese Bereitschaft schließen können.
Ich kann Sie aber auch beruhigen: Neben weiteren rechtlichen Fragestellungen, die wir auch prüfen müssen, werden wir mit den Befürwortern der Pflegekammer sprechen und das erörtern. Wir werden insbesondere auch erörtern, ob es diese breite Bereitschaft gibt, in eine Pflegekammer zu gehen. Am Freitagmorgen findet ein Gespräch mit Frau Mauritz vom Niedersächsischen Pflegerat statt. Sie wird uns das sicherlich erläutern. Wir werden dann auch darüber diskutieren, welche Bedarfe dort bestehen.
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Vor dem Hintergrund, dass einige Fraktionen dieses Landtags hier einen vehementen Kampf für eine allgemeine, pauschale und nicht näher definierte Erhöhung von Pflegesätzen führen,
frage ich die Landesregierung, ob dort Erkenntnisse vorliegen, wie sich eine solche nicht näher defi
nierte Erhöhung der Pflegesätze auf die Finanzkraft der Kommunen des Landes Niedersachsen auswirken könnte.
Herzlichen Dank, Herr Kollege Riese. - Für die Landesregierung wird Frau Ministerin Özkan antworten. Bitte schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei unserem System der Kostenaufteilung trägt die Kommune ein Drittel jeder Erhöhung des Pflegesatzes. Ein Anstieg des Pflegesatzes um 1 Euro würde eine Belastung von ungefähr 300 Millionen Euro bedeuten. Das können Sie staffeln je nachdem, wie hoch Sie mit dem Pflegesatz gehen.
Danke schön. - Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Kollegin Weisser-Roelle von der Fraktion DIE LINKE. Bitte!
Danke, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass der Pflegebericht unter der Überschrift „Weitere Maßnahmen“ die Mehrgenerationenhäuser darstellt, frage ich die Landesregierung: Wird die Landesregierung die dauerhafte Finanzierung dieser Häuser sicherstellen?
Diese Zusatzfrage ergibt sich nicht unbedingt - - - Frau Ministerin, Sie möchten antworten. Bitte schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Landespflegebericht spricht mehr über Pflegestützpunkte. Aber ich beantworte gerne auch Ihre Frage nach den Mehrgenerationenhäusern.
Der Bund will ein neues Programm auflegen. Er wird das Programm Mitte des Jahres ausloben. Alle Mehrgenerationenhäuser, die es heute bun
desweit gibt, können sich bewerben, aber durchaus auch neue interessierte Träger. Das Folgeprogramm sieht als einen möglichen Schwerpunkt die Frage vor, wie man in den Mehrgenerationenhäusern die Pflege noch weiter vernetzen und stärken kann. Insofern ist der Aspekt der Pflege in dem neuen Programm enthalten.
Wir haben uns schon Ende letzten Jahres dafür ausgesprochen, dass wir die Häuser, deren Landesförderung ausläuft, in 2011 aus eigenen Landesmitteln weiter fördern werden, damit sie die Chance haben, sich auf dieses Folgeprogramm zu bewerben, damit sie sozusagen die gleiche Ausgangssituation haben wie alle anderen. Die Häuser werden sich - so habe ich vernommen - auf dieses Programm bewerben. Sie brauchen eine Kofinanzierung des Landes bzw. der Kommune. Das werden wir uns im Einzelfall ansehen. Die Kommunen sind da auch selbst in der Verantwortung und sprechen mit den Trägern darüber, wie sie eine solche Kofinanzierung darstellen können.
Danke schön. Wir sollten nur aufpassen, dass wir die Frage nicht ausweiten. - Die nächste und letzte Frage für die Fraktion DIE LINKE stellt Frau Kollegin Flauger.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass der Pflegebericht sehr viele interessante Daten aufweist, sich aber zumeist nicht oder nur sehr wenig mit den Ursachen und Folgen der vorhandenen Verhältnisse beschäftigt - also z. B. mit niedrigen Pflegesätzen und hohen Pflegequoten in Niedersachsen -, frage ich die Landesregierung, ob sie die Form des Landespflegeberichts dahin gehend zu überarbeiten gedenkt, dass eine genauere Analyse der Ursachen und der Folgen vorgenommen und damit die Möglichkeit eröffnet wird, genauere und differenziertere Maßnahmen aufzusetzen.
Herzlichen Dank, Frau Kollegin Flauger. - Für die Landesregierung hat Frau Ministerin Özkan das Wort. Bitte schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sind gesetzlich aufgefordert - das war ein Beschluss des Landtages -, alle fünf Jahre einen Landespflegebericht vorzulegen. Insofern sind die Rahmenbedingungen gesetzt. Aber wenn es konkrete Vorschläge gibt, wie man den Pflegebericht weiterentwickeln kann, würde ich mich freuen, wenn sie z. B. auch im Landespflegeausschuss diskutiert werden, wo die Partner sich einigen und sagen: Das können wir leisten, das können wir an Daten und Material zusammenführen. - Da sind wir nicht abgeneigt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vorausschickend, dass die Landesregierung auch politisch antworten darf, frage ich die Landesregierung, ob sie es nicht auch als einen Skandal empfindet, dass Beschäftigte in der Pflege darunter zu leiden haben, dass eventuell Kommunen und andere bei Pflegesätzen belastet werden müssen, hier besonders in Niedersachsen.
(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Das kann ich mir denken! - Ursula Weis- ser-Roelle [LINKE]: Da ist nicht die erste Frage, die sie nicht richtig ver- standen hat! - Gegenruf von Roland Riese [FDP]: Das ist auch nicht die erste Frage, die unklar formuliert war!)
Ich frage die Landesregierung, ob sie mir zustimmt, dass es ein Skandal wäre, wenn auf dem Rücken der Beschäftigten in der Pflege ausgetragen würde, dass durch Pflegesätze Belastungen der Kommunen entstehen. Ganz konkret: Es kann nicht sein, dass schlecht bezahlt wird, weil eventuell Kommunen belastet werden.
(Zustimmung bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Petra Tiemann [SPD]: Das ist im Übrigen ein Resultat aus Herrn Rieses Frage!)