Protocol of the Session on March 17, 2011

Wir haben an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es notwendig sein wird, gleichzeitig und unverzüglich dem Bundestag, dem Parlament, ein Gesetz zuzuleiten, das sicherstellt, dass keine Strommengenübertragungen auf neuere Kraftwerke möglich sind und dass Schadenersatzklagen

der Konzerne ausgeschlossen werden. Von daher ist aus unserer Sicht die einstweilige Anordnung erforderlich.

Parallel in einem gleichzeitigen Schritt sind aber auch die Befassung des Parlaments und die Entscheidung über ein Gesetz erforderlich, das Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke in Deutschland zurücknimmt.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD und bei der LINKEN)

Wenn Sie auf den zweiten Teil verzichten, dann laufen Sie am Ende Gefahr, Schadenersatz zahlen zu müssen. Das wollen wir auf keinen Fall. Insofern möchten wir Sie bitten, die Rechtsgrundlage einmal genauer auszuführen und uns mitzuteilen, wann die Bundesregierung dem Bundestag ein Gesetz zuleiten wird.

In der Sache ist es richtig, das Atomkraftwerk Unterweser unverzüglich abzuschalten. Diese Entscheidung findet unsere Zustimmung.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD und bei der LINKEN)

Wir sind gerne bereit, im Verlauf der Debatte die Gründe noch genauer auszuführen, die uns dazu gebracht haben, zu sagen: Nach den Erfahrungen und Erlebnissen aus Fukushima gibt es keine Alternative zu einer solchen Entscheidung.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Folgendes nachtragen: Die Fraktionen der CDU und der SPD erhalten fünf Minuten Redezeit, die anderen Fraktionen drei Minuten.

Jetzt ist Herr Schostok an der Reihe. Bitte schön, Herr Schostok!

Herr McAllister, wir begrüßen diese Entscheidung in der Tendenz. Wir haben trotzdem noch einige Fragen an Sie.

Frau Merkel hat gestern erklärt, dass es sich bei diesem Moratorium nur um eine politische Weisung an die Länder handeln würde. Sie haben gestern vor Journalisten noch erklärt, dass Sie

ohne juristische Weisung aus Berlin gar nichts tun würden. Von daher bestehen wir darauf, dass Sie dem Parlament die Rechtsgrundlage erläutern.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN - Björn Thümler [CDU]: Das hat er gar nicht gesagt!)

Für die Fraktion DIE LINKE hat Frau Flauger das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Entscheidung, das AKW Unterweser jetzt abzuschalten, begrüßen wir ausdrücklich. Wir haben aber Fragen zum Zeithorizont, weil Sie wörtlich formuliert haben, Herr Ministerpräsident: für drei Monate. - Wir fordern, dass das AKW dauerhaft abgeschaltet wird.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Wenn Sie „für drei Monate“ sagen, dann kann das ja zunächst einmal nur heißen: für mindestens drei Monate. - Denn aus der Sicherheitsüberprüfung kann sich ja auch ergeben, dass es nicht wieder angeschaltet werden darf. Dieses Ergebnis wollen Sie sicherlich nicht vorweggenommen haben. Deswegen verstehe ich Ihre Worte so, dass das AKW nicht für drei Monate, sondern für mindestens oder zunächst drei Monate abgeschaltet wird. Ich würde Sie bitten, das zu präzisieren.

Was für die Zukunft natürlich ausgeschlossen werden muss - da hat Herr Wenzel völlig recht -, sind Laufzeitenübertragungen auf andere Kernkraftwerke. Die darf es nicht geben.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Das wird gesetzlich zu regeln sein. Deswegen wird sich auch dieser Landtag mit diesem Thema zu befassen haben, damit wir hier eine entsprechende Regelung verabschieden können. Ich denke, es wird überfraktionell Gespräche dazu geben, wie das in den nächsten Plenarsitzungen zu erreichen ist.

Weiterhin will ich sagen: Eine Rücknahme der Laufzeitverlängerung reicht uns nicht - erst recht nicht nach den Erfahrungen in Fukushima. Das wäre ein Rückfall auf die vorherige Lösung. Ich denke, wir alle müssen jetzt weitergehende Konsequenzen ziehen. Das werden wir hier weiter zu

beraten haben. Unsere Forderung ist, jetzt unverzüglich und unwiderruflich aus der Atomkraft auszusteigen. Das heißt, ein Rückfall auf die vorherige Regelung reicht nicht, sondern wir müssen nach diesen katastrophalen Erfahrungen weiter gehen als bisher. Das ist unser Plädoyer und unsere Forderung an dieser Stelle.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei der SPD und bei den GRÜ- NEN)

Herr Ministerpräsident McAllister, Sie haben sich zu Wort gemeldet. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Ich danke den drei Vertretern der Oppositionsfraktionen für ihre Nachfragen und möchte das Hohe Haus gerne in Gänze über die Anordnung unterrichten, die - wie gesagt - in wenigen Minuten bei den Betroffenen eintreffen soll.

Das Schreiben ist vom Ministerium für Umwelt und Klimaschutz des Landes Niedersachsen und wendet sich an die E.ON Kernkraft GmbH in Hannover und nachrichtlich an die E.ON Kernkraft GmbH, Kernkraftwerk Unterweser in Stadland.

„Anordnung gemäß § 19 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 des Gesetzes über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren

I. Verfügung

Aufgrund des § 19 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 des Atomgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Juli 1985, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. Dezember 2010, ordnet das Niedersächsische Ministerium für Umwelt und Klimaschutz auf Bitten des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gegenüber der E.ON Kernkraft GmbH als Inhaberin und Betreiberin des Kernkraftwerks Unterweser, Dedesdorfer Straße 2, in 26935 Stadland die unverzügliche Einstellung des Leistungsbetriebes des bezeichneten Kernkraftwerkes Unterweser für die Dauer von drei Monaten an.

II. Begründung

Für die dreimonatige Betriebseinstellung der sieben ältesten Anlagen als vorläufige aufsichtliche Maßnahme sieht das Atomgesetz § 19 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 des Atomgesetzes als einschlägige Rechtsgrundlage vor. Auf dieser Rechtsgrundlage kann bei Vorliegen eines Gefahrenverdachts die einstweilige Betriebseinstellung angeordnet werden. Ein derartiger Verdacht ist im Atomrecht bereits dann gegeben, wenn sich wegen begründeter Unsicherheiten im Rahmen der Risikovorsorge Schadensmöglichkeiten nicht völlig ausschließen lassen.

Insbesondere für die sieben ältesten deutschen Anlagen - denen auch bereits im Rahmen einer Differenzierung der Laufzeitverlängerung eine geringere zusätzliche Elektrizitätsmenge zugewiesen wurde - ist nach den Ereignissen in Japan zu überprüfen, inwieweit bisher nicht berücksichtigte Szenarien nunmehr eine neue Bewertung erfordern. Da sich gerade bei älteren Anlagen die Frage nach den in der Auslegung berücksichtigten Szenarien in besonderer Weise stellen kann, haben sich die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten der Bundesländer mit Kernkraftwerken dazu entschlossen, diese Anlagen für den Zeitraum der Überprüfung vom Netz zu nehmen. Dies ist Ausdruck äußerster Vorsorge, der sich die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten zum Schutz der Bevölkerung verpflichtet sehen.“

Unter Abschnitt III folgt dann die obligatorische Rechtsbehelfsbelehrung. Ich verzichte darauf, diese im Einzelnen vorzulesen.

Angefügt an diese Anordnung ist ein Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 16. März an die Bundesländer. Dort heißt es - ich zitiere wörtlich -:

„Überprüfung der deutschen Kernkraftwerke

Anordnung der einstweiligen Betriebseinstellung

Die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten der Bundesländer mit Kernkraftwerken haben beschlossen, die Sicherheit aller Kernkraftwerke in Deutschland im Lichte der Ereignisse in Japan zu überprüfen. Sie haben ferner beschlossen, die sieben ältesten deutschen Kernkraftwerke für einen Zeitraum von drei Monaten vom Netz zu nehmen.

Die bisher unbestrittene Sicherheit der deutschen Kernkraftwerke beruht auf der Einhaltung des Atomgesetzes, der auf dem Atomgesetz beruhenden Rechtsverordnungen und der erteilten Genehmigungen. Die Vorkommnisse in Japan haben jedoch gezeigt, dass Ereignisse auch jenseits der bisher berücksichtigten Szenarien eintreten können. Hieraus resultiert die Notwendigkeit, die Lage unter Berücksichtigung der aktuellen Ereignisse vorbehaltlos zu analysieren und hieraus die entsprechenden Schlüsse zu ziehen. Zu diesem Zweck wird die Reaktorsicherheitskommission als Gremium unabhängiger Experten in Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden der Länder und dem Bundesumweltministerium eine neue Risikoanalyse im Lichte der Ereignisse in Japan für alle deutschen Kernkraftwerke vornehmen.

Für die dreimonatige Betriebseinstellung der sieben ältesten Anlagen als vorläufige aufsichtliche Maßnahme sieht das Atomgesetz § 19 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 des Atomgesetzes als einschlägige Rechtsgrundlage vor. Auf dieser Rechtsgrundlage kann bei Vorliegen eines Gefahrenverdachts die einstweilige Betriebseinstellung angeordnet werden. Ein derartiger Verdacht ist im Atomrecht bereits dann gegeben, wenn sich wegen begründeter Unsicherheiten im Rahmen der Risikovorsorge Schadensmöglichkeiten nicht völlig ausschließen lassen.

Insbesondere für die sieben ältesten deutschen Anlagen - denen auch bereits im Rahmen einer Differenzierung der Laufzeitverlängerung eine geringere zusätzliche Elektrizitätsmenge zugewiesen wurde - ist nach den Ereignissen in Japan zu überprüfen, inwieweit bisher nicht berücksichtigte Szenarien nunmehr eine neue Bewertung erfordern. Da sich gerade bei älteren Anlagen die Frage nach den in der Auslegung berücksichtigten Szenarien in besonderer Weise stellen kann, haben sich die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten der Bundesländer mit Kernkraftwerken dazu entschlossen, diese Anlagen für den Zeitraum der Überprüfung vom Netz zu nehmen. Das ist Ausdruck äußerster Vorsorge, der sich die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten zum Schutz der Bevölkerung verpflichtet sehen.

Zur Gewährleistung eines einheitlichen Vollzugs bitte ich Sie daher, der Anordnung der zwischen der Bundesregierung und den Ministerpräsidenten der Bundesländer mit Kernkraftwerken vereinbarten dreimonatigen Betriebseinstellung der sieben ältesten deutschen Kernkraftwerke § 19 Abs. 3 … zugrunde zu legen und diese mit den Ausführungen unter II. zu begründen.

Im Auftrag

Hennenhöfer“