Protocol of the Session on June 6, 2008

Meine Damen und Herren, drei Fraktionen haben jetzt zusätzliche Redezeit beantragt. Ich gebe zunächst Frau Andretta für die SPD-Fraktion das Wort, für drei Minuten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es mag ja viele Gründe geben, warum die CDU diese Wahl gewonnen hat. Aber auf die Idee zu kommen, sie habe die Wahl wegen der grandiosen Studiengebühren gewonnen, Herr Minister, das halte ich nun doch für sehr gewagt.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: Sind Sie Wahlforscherin? - Kreszentia Flauger [LINKE]: Das war Wortbruch!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es hat ja einen Grund, warum sich Herr Nacke über so viele neue Abgeordnete im Wissenschaftsausschuss freut: Seine Kolleginnen und Kollegen wurden bei der

letzten Wahl nämlich allesamt abgewählt, einschließlich des Herrn Ministers.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN - Wolfgang Jüttner [SPD]: Alle weg!)

Dies, verehrte Kolleginnen und Kollegen, sage ich Ihnen aus gutem Grund. In Niedersachsen wachsen nämlich die Sorgen, dass wir im Wettbewerb der Länder aufgrund unserer anhaltenden Innovationsschwäche angehängt werden.

Und da, Herr Minister, halten wir uns sehr wohl an die Fakten. Letzte Woche präsentierte Frau Schavan im Bundestag den Bundesbericht Forschung und Innovation. Was können wir für Niedersachsen darin nachlesen? - Wiederum Negativrekord, was die Patentanmeldungen angeht, Rückgang bei Investitionen in Forschung und Entwicklung an Hochschulen, Rückgang bei Investitionen in außeruniversitäre Forschungseinrichtungen. - Dies sind Alarmzeichen, die wir endlich ernst nehmen müssen.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Wir wissen, wir haben zu wenige Fachkräfte im Land. Sich dann froh zu reden, dass auch ja auch die Werder-Fans nach Bremen fahren: Ich finde, das ist nicht die Ebene, auf der wir uns hier mit dem Thema auseinandersetzen sollten.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Denn - auch dies sind wiederum Fakten; ich zitiere aus den Statistischen Monatsheften - es reicht nicht aus zu glauben, Niedersachsen würde nur deshalb Studierende verlieren, weil die Studienangebote der großstädtischen Zentren attraktiver seien. Nein, es gibt andere Gründe.

Die Schlussfolgerung ist:

„Niedersachsen exportiert Intelligenz. Solange dies so ist, verschlechtert sich langfristig Niedersachsens Position im Konkurrenzkampf der Regionen.“

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das ist die offizielle Ansage!)

Meine Damen und Herren, es reicht nicht aus, dass immer wieder das Gleiche passiert, nämlich: Wir weisen daraufhin, dass es einen Handlungsbedarf gibt, und Herr Minister Stratmann startet seinen Autopiloten der Selbstlobpreisungen, dass

alles hier im Land so wunderbar ist. Die Fakten sprechen eine deutlich andere Sprache.

Ich hoffe sehr, dass wir in dieser Legislatur eine Korrektur dieser verfehlten Hochschulpolitik erreichen. Die Wachstums- und Innovationsbremse Nummer eins in diesem Land sitzt auf der Regierungsbank.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Nacke von der CDU-Fraktion gemeldet. Bitte schön!

Frau Kollegin Dr. Andretta, ich habe eine Bitte - ich appelliere insofern an Ihre Fairness -: Sie haben gerade gesagt, die meisten Kolleginnen und Kollegen, die in der letzten Legislaturperiode dem Ausschuss für Wissenschaft und Kultur angehört hätten, wären abgewählt worden. Sie wissen ganz genau, dass die Mehrzahl dieser Kolleginnen und Kollegen nicht wieder für den Niedersächsischen Landtag kandidiert hat

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Weil sie nicht wieder aufgestellt worden sind!)

und dass ein Kollege, der Kollege Björn Thümler, als stellvertretender Fraktionsvorsitzender eine neue, verantwortungsvolle Aufgabe in unserer Fraktion übernommen hat.

(Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Also nicht abgewählt wurden!)

Also lassen Sie bitte solche Aussagen! Das ist unfair.

(Beifall bei der CDU)

Ich sehe keinen Wunsch auf Erwiderung. - Frau Zimmermann von der Fraktion DIE LINKE hat zusätzliche Redezeit beantragt. Ich gewähre ihr eineinhalb Minuten!

(Ursula Körtner [CDU]: Das ist der Niedergang der Argumente! - Gegen- ruf von Kreszentia Flauger [LINKE]: Ah! Das war stilvoll!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Stratmann, wenn Sie so richtig in Fahrt sind, dann sind Sie ja kaum noch zu stoppen. Allerdings läuft

es mir bei dem, was Sie sagen, manchmal eiskalt den Rücken herunter.

Ich möchte einmal wissen, was Sie gegen Taxifahrerinnen und gegen Taxifahrer haben, wenn es um qualifizierte Ausbildung geht. Das erschließt sich mir wirklich nicht. Wenn wir von Qualität der Ausbildung sprechen, dann müssen wir doch auch darüber reden, wie die Studiengänge durch Bachelor und Master verschult werden.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Dann haben Sie den Zusammenhang überhaupt nicht verstanden!)

Wir müssen natürlich über Studiengebühren reden und selbstverständlich auch über die Abwanderungen.

Herr Stratmann, ich kann mir vorstellen, dass Sie gar nicht wissen, was es bedeutet, wenn man drei Kinder hat, die studieren, und man für diese drei Kinder Studiengebühren bezahlen muss,

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Das wissen wir sehr genau!)

ebenso wie für ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft und all das, was sonst noch dazu gehört.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Wir haben auch Kinder!)

Das kann ich mir gar nicht vorstellen; denn sonst würden Sie solche Vorschläge gar nicht machen. Das ist ja völlig hinterm Mond.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt will ich Sie noch eine Sache fragen, Herr Stratmann - dabei geht es bei mir um Ihr Demokratieverständnis -: Wie kommen Sie eigentlich dazu zu sagen, dass die Mehrheit von CDU und FDP hier in Niedersachsen eine gute ist und die in Hessen nicht? Was führt Sie denn dazu? Das hätte ich gern erklärt bekommen. Nur weil Sie da jetzt mal verloren haben, was mich im Übrigen sehr freut.

(Beifall bei der LINKEN - Professor Dr. Dr. Roland Zielke [FDP]: Nein! Aber wir sind die Mehrheit! - Karl- Heinz Klare [CDU]: Erkläre es ihr doch! Sie will es doch hören!)

Zusätzliche Redezeit hat auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragt. Frau Heinen-Kljajić, Sie haben das Wort, ebenfalls für 90 Sekunden.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Stratmann, Sie sind bedauerlicherweise nicht auf den von mir angesprochenen Widerspruch eingegangen, dass in der Bildungsinitiative, auf die sich dieser Antrag bezieht, ausdrücklich ein Bezug hergestellt wird, dass es einer finanziellen Unterstützung bei Studierenden aus sozial schwachen Milieus bedarf - die übrigens im Falle der Bildungsinitiative nicht zurückzuzahlen ist, weil hier von „Stipendien“ die Rede ist -, Sie aber auf der anderen Seite dem gleichen Personenkreis - bisher jedenfalls; ich habe nichts anderes gehört - weiterhin Studiengebühren zumuten wollen.

Dann, fand ich, haben Sie eine äußerst bemerkenswerte, wenn nicht gar sehr bedenkliche Aussage gemacht. Sie haben gesagt, nicht die Zahl der Studierenden sei entscheidend, sondern es komme auf die Qualität des Studiums an. Das heißt, Sie spielen bewusst Qualität gegen Quantität aus und sagen „entweder - oder“. Aus Ihrer Sicht gibt es also nicht Qualität und Quantität, „viele gute Studienplätze“, sondern entweder nur das eine oder das andere. Das aber ist angesichts des demografischen Wandels, der Zahl von Schülerinnen und Schülern mit Hochschulzugangsberechtigung, die noch auf neue Studienplätze warten, das ist angesichts des Fachkräftemangels - die Wirtschaft erzählt uns, wo immer wir auf sie treffen, dass sie mehr qualifizierte Menschen braucht -, und das ist vor allen Dingen angesichts des doppelten Abiturjahrgangs, wie ich finde, ein echter Affront.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Sie muten Gymnasiasten zu, im Turboabitur nach acht Jahren fertig sein zu müssen, entsprechend der Zielvorgabe, dass das Abitur schneller erreicht werden muss. Aber dann, wenn sie ihr Abitur unter durchaus schwierigen Bedingungen erreicht haben - wir haben heute Morgen schon darüber geredet - sagen Sie ihnen: Pech gehabt, wir haben nur gute, aber eben nicht ausreichend Studienplätze?! Für mich ist das ein bildungspolitischer Skandal erster Güte.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Minister Stratmann hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident!

(Uwe Schwarz [SPD]: Zwei Monate macht er nichts und jetzt das!)

- Es sind ein paar Fragen gestellt worden. Ich gehe davon aus, dass ich, wenn mir Fragen gestellt werden, diese auch beantworten soll.