Nach der einsteinschen Relativitätstheorie bekommen Sie bei zunehmender Geschwindigkeit auf der anderen Seite so etwas wie Langsamkeit. Das heißt, Sie altern weniger schnell. Wir sind mittlerweile so schnell, dass Sie das gar nicht mehr mitbekommen und dabei immer jünger werden.
Aber vermutlich gefällt Ihnen das gar nicht; denn dann müssten Sie unter Umständen erneut als Spitzenkandidat antreten.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Einstein war auch für Sozia- lismus!)
- Hier wird gesagt, Einstein war für Sozialismus. Einstein hat den Nobelpreis für gute Mathematik und Physik bekommen, aber nicht dafür, dass er ein guter Politiker war.
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Das eine schließt das andere nicht aus!)
Versuchen wir, zurück zum Thema zu kommen. Ich möchte Sie fragen, weshalb zugegebenermaßen die Bildungsmobilität in Deutschland im internationalen Vergleich immer noch gering ist, obwohl wir in den letzten Jahrzehnten zu den wenigen Ländern gehört haben, die ein beitrags- bzw. gebührenfreies Studium angeboten haben. Ich möchte Sie fragen, warum Sie meinen, dass die Bildungsmobilität mit den Studienbeiträgen zusammenhängt, obwohl Ihnen die versammelte Wissenschaft sagt, dass die Kosten eines Studiums überhaupt nichts mit der Bildungsmobilität zu tun haben.
Ich möchte in diesem Zusammenhang aus dem jüngsten Gutachten der OECD zur Situation in Deutschland zitieren:
„Würde den Hochschulen durch das Recht zur Erhebung von Studiengebühren, ergänzt durch Studiendarlehen“
„mehr Flexibilität bei der Finanzierung gegeben, könnte dies die Qualität der Hochschulbildung verbessern helfen und deren Attraktivität in jenen Bundesländern erhöhen, in denen noch keine entsprechenden Maßnahmen getroffen wurden.“
Meine Damen und Herren, genau darum geht es. Wir verfolgen damit ein einziges Ziel. Denn nicht die Zahl der Studierenden ist der entscheidende Maßstab. Das ist ein wichtiger Maßstab. Aber das Allerwichtigste für die Studierenden ist - da müssten Sie, die Linken, eigentlich jubeln -, dass sie später einen ihrer Ausbildung angemessenen Job bekommen und nicht Taxi fahren müssen. Das hat etwas mit Qualität zu tun.
Liebe Frau Heinen-Kljajić, Sie haben das erwähnt: Wir haben an den Fachhochschulen bundesweit die beste Betreuungsrelation, nämlich 1 : 22. Der bundesweite Durchschnitt liegt bei 1 : 26,5. Wir haben bei der Umstellung auf die Bachelorstrukturen, nach der die Regelstudienzeit künftig nicht mehr bei acht, sondern sechs Semestern liegen wird, die Curricularnormwerte beibehalten. Das heißt, die Ausstattung und die Betreuungsrelationen sind heute unter den Bolognabedingungen erheblich besser als früher bei den Diplomstudiengängen. Das, meine Damen und Herren, ist ein Grund dafür, dass wir bei den Studienanfängerzahlen einen Zuwachs von 9 % verzeichnen können. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 5,5 %. Es ist das Jahr der Mathematik: 9 % ist größer als 5,5 %. Bitte nehmen Sie das zur Kenntnis!
Liebe Göttinger Kollegen, liebe Frau Dr. Andretta, lieber Kollege Wenzel, der Anstieg bei den Studienanfängerzahlen ist an der Universität am stärksten, die bei der Exzellenzinitiative am besten abgeschnitten hat, nämlich an der Universität Göttingen. Denn die Studierenden wollen an der Universität studieren, an der das Studium die höchste Qualität hat, damit sie später einen ordentlichen Job bekommen. Das ist der entscheidende Punkt. All diese Dinge sind in den 1970er-Jahren missachtet worden.
Herr Perli, noch einmal zum Thema Wanderungssaldo. Wir sind uns doch sicherlich darin einig, dass der Wissenschaftsrat, ein Gremium, das in Deutschland unbestritten über Kompetenz verfügt, nicht aus Dummköpfen besteht. Es ist doch kein Zufall, dass der Wissenschaftsrat schon vor Jahrzehnten anerkannt hat, dass das Wanderungssaldo in Niedersachsen aufgrund der Nähe zu den beiden Stadtstaaten und zu Münster in NordrheinWestfalen sowie aufgrund der Tatsache, dass es in Niedersachsen weniger Massenstudiengänge und mehr teure Studiengänge in den Bereichen Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften und Medizin gibt - das ist für uns jetzt eine Riesenchance, weil in diesen Bereichen ein enormer Bedarf besteht -, gar nicht besser sein kann als in Ländern, bei denen die Voraussetzungen andere sind. Deshalb hat der Wissenschaftsrat gesagt: Wenn es um die Berechnung der Hochbaumittel für diese Länder geht, dann werfen wir Niedersachsen, Hamburg, Bremen und Schleswig-Holstein in einen Topf. Der Grund dafür waren meine Argumente zum Wanderungssaldo.
Wenn wir in den nächsten Jahren, liebe Kolleginnen und Kollegen - und das ist für mich heute die gute Botschaft -, gemeinsam der Meinung sind, dass es für uns das Zukunftsthema schlechthin ist, aus unseren Hochschulen das Beste zu machen, dann lassen Sie uns bitte über Inhalte streiten. Ich werden von Ihnen niemals erwarten, dass Sie für Studienbeiträge sind. Aber bitte lassen Sie uns versuchen, im Hinblick auf Zahlen und Statistiken auf einer gemeinsamen Ebene zu diskutieren. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass die Studienanfängerzahlen um 9 % gestiegen sind. Nehmen Sie bitte auch zur Kenntnis, liebe Frau Lesemann, dass die Behauptung, wir hätten bundesweit die schlechteste Studierquote, falsch ist. Wir stehen bei der Studierquote nicht auf dem letzten, sondern auf dem zehnten Platz. Wir können immer noch sagen: Wir wollen ganz nach vorne. - Aber
die Behauptung, wir stünden dabei in Deutschland auf dem letzten Platz, ist schlicht und einfach falsch. Bitte wiederholen Sie diese Behauptung nicht.
Nun noch einige wenige Sätze zum Antrag. Über den Hochschulpakt 2020 brauche ich keine Ausführungen zu machen; wir haben häufig darüber diskutiert. Wir haben trotz gigantischer Haushaltsprobleme und unserer Bemühungen, in Kürze einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen - und wir werden das packen -, die Bedingungen geschaffen, um an unseren Hochschulen 11 200 zusätzliche Studienplätze einrichten zu können. In diesem Jahr werden 3 000 zusätzliche Studienplätze geschaffen.
Wir waren auch das erste und einzige Bundesland, das über Verpflichtungsermächtigungen bereits für die Zeit nach 2011 140 Millionen Euro veranschlagt hat. Damit machen wir deutlich: In 2010 sind wir noch lange nicht am Ziel angekommen sind, sondern es geht darum, weitere Studienplätze zu schaffen. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis: Wir waren die Ersten, die diese Verpflichtungsermächtigung in den Haushalt aufgenommen haben, obwohl wir nicht zu den reichen Ländern gehören. Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst.
Ein weiteres wichtiges Thema - das ist mir eine Herzensangelegenheit; da müssten selbst die Linken „Hurra!“ schreien - ist das Thema Lifelong Learning, lebenslanges Lernen. Das wird eines der Megathemen in der Bildungspolitik werden.
Dabei geht es auch darum, dass wir uns endlich davon verabschieden müssen, dass nur jemand, der ein Abitur bzw. eine klassische Hochschulzugangsberechtigung hat, auch das Recht hat, eine akademische Ausbildung zu genießen. Wir müssen anerkennen, dass es Menschen gibt, die sich im Beruf Kompetenzen erworben haben, die sie dazu berechtigen, an eine Hochschule zu gehen - später, berufsbegleitend. Das Lernen hört niemals auf. Das müssen wir auch den jungen Leuten auf der Tribüne sagen: Wenn ihr euer Abitur gemacht habt, wenn ihr euren Hochschulabschluss habt, dann heißt das noch lange nicht, dass ihr euch
Deshalb schaffen wir in Niedersachsen die sogenannte offene Hochschule. Dabei geht es darum, die Bildungsangebote der Erwachsenenbildungseinrichtungen, der Universitäten und anderer Bildungsträger zu bündeln und zu sagen: Da gibt es für euch eine große Chance zur Weiterqualifizierung. Nehmt diese Chance bitte wahr. - Das ist ein ganz wichtiges Thema, bei dem ich Sie um Ihre Unterstützung bitte.
Sehr geehrter Herr Stratmann, man muss ja den Zeitpunkt abpassen, an dem Sie beginnen, Ihre Fahrt wieder etwas zu verlangsamen.
Ich habe eine Zwischenfrage zu dem letzten von Ihnen angesprochenen Punkt, nämlich Ihrem Ziel - in diesem Ziel sind wir uns einig -, die Weiterbildung zu fördern. Aber wie passt das mit der vielfach von Leitern und Mitarbeitern der verschiedenen Volkshochschulen und Institutionen des zweiten Bildungsweges in Niedersachsen vorgetragenen Klage zusammen, dass gerade ihre Einrichtungen in den fünf Jahren Ihrer Koalition sehr gelitten haben?
Sie wissen doch: Der Politik ist immanent, dass die Akteure ihre Themen sozusagen gesprächspartnerabhängig auf die Tagesordnung setzen. Ich jedenfalls weiß von den Volkshochschulen und den Erwachsenenbildungseinrichtungen, dass sie mit unserer Erwachsenenbildungspolitik außerordentlich zufrieden waren.
Sie sind auch außerordentlich zufrieden damit, dass wir als bundesweit erstes Land mit ihnen ein Projekt zu dem Thema „offene Hochschule“ durchführen und dies auch kofinanzieren, nämlich ein Projekt mit der Leuphana Universität Lüneburg.
Wenn es konkrete Kritik gibt, die man sich nicht traut mir vorzutragen, dann reichen Sie die bitte an mich weiter. Dann will ich das gern beherzigen.
Letzte Bemerkung. Es gibt das Programm „Ankommen“, das vom Bund und von den Ländern finanziert wird. Darin geht es um die Anerkennung von Kompetenzen, die im Beruf erworben worden sind. In diesem Programm gibt es in Deutschland elf Projekte, vier davon, meine Damen und Herren, also fast die Hälfte, in Niedersachsen. Ich halte das für ein tolles Zeichen dafür, dass wir auf dem richtigen Weg sind, dass wir eine gute Zukunft haben.
Lassen Sie uns dieses Thema in den nächsten Jahren mit aller Leidenschaft miteinander diskutieren und auch dazu streiten. Aber meine herzliche Bitte ist: Sorgen wir gemeinsam dafür, dass Niedersachsen nicht auf der Basis falscher Zahlen schlechtgeredet wird, sodass die Studierenden irgendwann tatsächlich glauben, es wäre besser, in andere Länder oder ins benachbarte Ausland zu gehen.
Meine Damen und Herren, drei Fraktionen haben jetzt zusätzliche Redezeit beantragt. Ich gebe zunächst Frau Andretta für die SPD-Fraktion das Wort, für drei Minuten.