Protocol of the Session on September 13, 2006

Meine Damen und Herren! Ich werde die BildZeitung zwar nicht noch einmal zitieren, aber ich möchte doch noch einmal auf Folgendes hinweisen: Wer den Zusammenhang zwischen dem, was eine motivierte Polizei machen kann und machen muss, und der Terrorismusbekämpfung vernachlässigt, der begeht einen entscheidenden Fehler; denn hier werden die Grundlagen gelegt. Sie brauchen eine motivierte Polizei. Diese Sonderdienststellen gehören zwar dazu, aber ohne eine motivierte Polizei werden Sie nie auskommen. Wenn so etwas in der Bild-Zeitung berichtet wird, dann wird deutlich, dass Sie die Polizei über ein ganzes Jahr hinweg nicht mit den entsprechend notwendigen Mitteln ausgestattet haben. Das ist der entscheidende Punkt.

(Beifall bei der SPD - Reinhold Coe- nen [CDU]: Ach, Herr Bartling!)

Lassen Sie mich noch eines hinzufügen: Wenn die Tagung zum islamistischen Terrorismus schon aus Haushaltsgründen - so wird es ja begründet - abgesagt wird, dann müssen die Beamten ja wohl einen entsprechenden Hinweis gehabt haben, dass ihnen das Geld nicht zur Verfügung steht. Wenn Sie dann nachbessern, ist das okay. Dies habe ich vorhin ja lobend erwähnt.

Herr Bode, ich habe übrigens nicht gesagt, dass Sie erst aufgrund meiner Intervention Geld eingesetzt hätten, sondern ich habe mich darüber gefreut, dass Sie selbst das erkannt haben. Dies will ich durchaus zugeben.

Herr Schünemann, Sie schmücken sich ja manchmal mit Dingen, z. B. was die verdachtsunabhängigen Kontrollen betrifft. Dazu sage ich Ihnen: Dies hat schon im Gesetz gestanden, als es noch „Gefahrenabwehrgesetz“ und nicht „Polizeigesetz“ hieß. Sie sollten sich also nicht immer mit fremden Federn schmücken.

(Zustimmung bei der SPD)

Den Zusammenhang - dies will ich noch einmal deutlich machen - zwischen motivierter Polizei und den Spezialdienststellen zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität oder des Terrorismus nicht herzustellen, halte ich für einen entscheidenden Fehler. Nur gemeinsam, mit allen zusammen, werden Sie Erfolge erzielen, nicht aber mit den Spezialdienststellen allein.

(Beifall bei der SPD)

Für die Landesregierung hat Herr Minister Schünemann noch einmal das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie sollten endlich aufhören, der Polizei zu unterstellen, sie sei nicht motiviert.

(Beifall bei der CDU)

Wir in Niedersachsen haben eine hoch motivierte Polizei.

(Heiner Bartling [SPD]: Diese Landes- regierung trägt dazu bei, dass die Po- lizei nicht mehr motiviert ist! - Zustim- mung bei der SPD - Weitere Zurufe von der SPD)

Ich habe in den letzten vier Monaten mit tausend Polizeibeamten gesprochen.

(Heiner Bartling [SPD]: Ich hoffe, Sie haben auch die Berichterstattung dar- über gelesen!)

- Nun werden Sie doch nicht so nervös, wenn ich sage, dass ich mit den Polizeibeamten gesprochen und womöglich die Wahrheit über das erfahren habe, was Sie früher einmal gemacht haben. Also: Ich habe mit den Polizeibeamten gesprochen. Die Gehaltskürzungen haben natürlich dazu geführt, dass die Stimmung schwierig ist; das ist überhaupt keine Frage. Aber die Motivation hat zu keiner Minute in irgendeiner Weise gelitten. Gucken Sie sich die Ergebnisse der Polizei doch einmal an. Dann werden Sie sehen, dass es eine schwerwiegende Unterstellung ist, der Polizei vorzuwerfen, sie sei nicht motiviert. Sie ist in unserem Land hoch motiviert.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie wollen gestandenen Polizeibeamtinnen und -beamten unterstellen, dass sie demotiviert seien, wenn wir sagen, sie sollen die E-Mails lesen und nicht jedes Mal ausdrucken und sie sollen bei 20 Grad und nicht bei 28 Grad sitzen. Herr Bartling, nun wird es langsam ein bisschen komisch! Ich habe immer gedacht, dass Sie ein seriöser Politiker sind. Hier geht es um Terrorismusbe

kämpfung und nicht um das, was Sie gerade dargestellt haben. Das ist ja unglaublich!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich möchte noch ein paar Punkte ansprechen, weil ich jetzt noch einmal die Gelegenheit dazu bekommen habe.

(Unruhe)

Herr Minister, Augenblick, bitte! - Damit das alle verstehen können, müsste es hier im Plenarsaal ein bisschen leiser sein. - Herr Minister, Sie haben jetzt das Wort.

Ich möchte noch etwas ergänzen, weil ich vorhin nicht die Zeit dazu hatte.

Erstens. Was ist jetzt noch notwendig? - Um rechtzeitig an Informationen zu kommen, brauchen wir auf jeden Fall eine präventive Telefonüberwachung bei Terrorismusverdacht. Dies ist zwischen den Innenministern sehr klar. Ansonsten wird es sehr schwierig, präventiv etwas zu tun. Wir können eine Telefonüberwachung nicht erst dann zulassen, wenn die Bomben schon gelegt sind und wir Glück gehabt haben, dass die Bomben nicht explodiert sind. Wir wollen Möglichkeiten haben, bereits dann zu reagieren, wenn Absprachen getroffen werden, wenn z. B. die Bombe gebaut werden soll. Schon dies müssen wir verhindern. Deshalb bin ich sehr froh, dass der Bundesinnenminister ganz klar gesagt hat, dass er, wenn das BKAGesetz geändert wird, für eine Formulierung zur präventiven Telefonüberwachung bei Terrorismusverdacht sorgen will.

Zweite Bemerkung. Wir brauchen eine präventive Rasterfahndung. Herr Kollege Lennartz - er ist wohl nicht mehr im Raum; zumindest sehe ich ihn nicht -, ich will das noch einmal ganz klar erklären: Wenn im Jahr 2005 eine Rasterfahndung gemacht worden wäre - der mutmaßliche Terrorist ist ja 2004 eingereist -, dann hätten wir ihn natürlich in diesem Raster gehabt: Er kommt aus dem Libanon, er ist rund 25 Jahre alt, er ist Muslim, und er studiert Mechatronik. Meine Damen und Herren, genau das sind die Kriterien, die wir nach dem Anschlag im Jahr 2001 festgelegt haben. Es muss möglich sein, dass diese präventive Rasterfahn

dung auch in Zukunft durchgeführt werden kann, wenn wir Erkenntnisse vorliegen haben. Dies ist keine Forderung, die nur von Unionsländern kommt, sondern auch von meinem Kollegen Stegner, der in Schleswig-Holstein Probleme hat, weil er weiß, dass er in seinem Land eine Terrorzelle hat. Deshalb setzt er sich dafür ein. Wir müssen daher sehen, dass wir es gemeinsam hinbekommen. Dies ist überhaupt keine Frage.

(Reinhold Coenen [CDU]: Das ist auch vernünftig!)

Meine Damen und Herren, wir müssen uns den Fall noch einmal genauer angucken. Herr Lennartz, Sie haben gesagt, der Mann war überhaupt nicht auffällig. Aber genau das Gegenteil war der Fall. Wenn jemand als Student hier einreist, dann muss er eine Einladung haben, und man muss für ihn bürgen. Derjenige, der dafür gebürgt hat, war zum einen Zeuge bei einem Terrorismusprozess, und zum anderen hat er schon einmal für jemanden gehaftet, der zu acht Jahren Haft verurteilt worden ist. In diesem Zusammenhang ist aber überhaupt nichts gespeichert gewesen. Deshalb haben wir schon im Jahr 2004 beim Zuwanderungskompromiss gesagt: Wir brauchen eine Einladerdatei, die auch die Bürgen mit einbezieht. Meine Damen und Herren, damals ist es von RotGrün abgelehnt worden. Bei der Innenministerkonferenz mussten wir Gott sei Dank nicht mehr lange darüber sprechen. Es ist vielmehr sofort verabschiedet worden, weil dies notwendig ist.

Meine Damen und Herren, wir brauchen in diesem Bereich ein Gesamtkonzept. Lassen Sie uns ernsthaft darüber reden, was wir machen können, und kritisieren Sie nicht, wenn aus Versehen einmal eine Tagung abgesagt worden ist oder Einsparnotwendigkeiten umgesetzt werden, die nicht den Kernbereich der Polizei umfassen. Dies hier darzustellen, ist meiner Ansicht nach wichtig. Von Ihren Ablenkungsmanövern lassen sich aber die Polizeibeamtinnen und -beamten in keiner Weise irritieren. Sie wissen, dass sie bei dieser Landesregierung in guten Händen sind.

(Beifall bei der CDU - Reinhold Coe- nen [CDU]: Klare Worte!)

Meine Damen und Herren, da die Landesregierung weit länger als die verabredete Zeit gesprochen hat, erteile ich allen Fraktionen, die sich zu Wort

melden, zu diesem Tagesordnungspunkt zwei zusätzliche Minuten. - Herr Minister Bartling für die SPD-Fraktion!

(Heiterkeit und Zurufe: Nicht Minister!)

- Entschuldigung, ich habe das „a. D.“ vergessen.

(Zuruf: Er wollte doch nie wieder Mi- nister werden!)

Danke, Herr Präsident. - Ich werde mich darum bemühen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich noch ein Wort zur Frage der Motivation sagen. Dazu haben wir wohl unterschiedliche Erkenntnisse, Herr Schünemann. Ich werde hier auch nicht nervös; vielmehr spreche ich fast täglich mit Polizeibeamtinnen und -beamten. Bei der Frage der Motivation geht es weniger darum, Akzeptanz dafür zu finden, dass auch die Polizei zur Bewältigung schwieriger Haushaltssituationen etwas beitragen muss. Entscheidend ist der Umgang mit den Polizeibeamtinnen und -beamten.

(Zustimmung von Heidrun Merk [SPD])

Hierfür nenne ich Ihnen ein Beispiel, bei dem ich es dann auch belassen will: Ein mehr oder weniger prominenter CDU-Abgeordneter hat in einer Diskussion mit Polizeibeamten irgendwo an der Küste, als diese sich darüber beklagten, dass sie 10 % ihres Einkommens verloren hätten, die Antwort gegeben, sie sollten ihre Frauen putzen schicken. Können Sie sich vorstellen, wie das bei den Kolleginnen und Kollegen angekommen ist? - Ich klage bei Ihnen ein, einen solchen Umgang zu unterlassen, und bitte darum, zu respektieren, dass diese Frauen und Männer, die einen Job erledigen, den auch Sie immer wieder loben, für uns den Kopf hinhalten und schwierige Situationen bewältigen. Sie haben es verdient, dass man mit ihnen anders umgeht. Dies gilt auch für den persönlichen Umgang.

(Beifall bei der SPD)

Für die FDP-Fraktion hat nun der Abgeordnete Bode das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei aller Notwendigkeit, mit allen sinnvollen Mitteln entschieden gegen den Terrorismus vorzugehen, muss man natürlich immer beachten, dass man dabei nicht die rechtsstaatlichen Grundsätze vergisst oder vernachlässigt. Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht insbesondere zur Rasterfahndung ein sehr bemerkenswertes und aus unserer Sicht sehr weises Urteil gefällt. Ich bin sehr gespannt, wie der Bundesinnenminister dieses Urteil anders umsetzen will, als das Bundesverfassungsgericht es gesprochen hat. Dies kann und wird nicht erfolgreich sein. Wir werden daher über alle anderen rechtsstaatlichen Mittel intensiver nachdenken müssen. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass eine Antiterrordatei kein Allheilmittel, sondern lediglich ein Hilfsmittel ist. Es ist auch sehr fraglich, ob man mit einer solchen Datei die beiden Täter, die die Anschläge Gott sei Dank nicht abschließend verüben konnten, vorher hätte fangen können. Man sollte alle anderen Mittel intensiver in den Fokus nehmen. Dafür brauchen wir eine motivierte Polizei. Deshalb sind wir auch stolz auf unsere Polizei und bedanken uns bei allen Polizisten, die trotz der schwierigen Situation engagiert ihren Dienst versehen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Bitte, Herr Biallas!

(Heiner Bartling [SPD]: Jetzt will er sich entschuldigen!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Bartling, ich will eines feststellen - ich habe nichts richtigzustellen -,

(Bernd Althusmann [CDU]: Mache es kurz, bitte!)

falls Sie mit dem unbedeutenden Politiker von der Küste mich gemeint haben sollten: Ich habe diesen Satz nie gebraucht.

Was die Motivation angeht, Herr Kollege Bartling, so sind alle Beschlüsse jedweder Landesregierung, die zu Veränderungen im persönlichen Bereich führen, nie mit großem Beifall aufgenommen

worden. Ich könnte dazu jede Menge Beispiele aus Ihrer Regierungszeit nennen. Bei den Notwendigkeiten für den dienstlichen Alltag, zu denen eine ordnungsgemäße Ausrüstung gehört, ist es allerdings unerlässlich, sicherzustellen, dass Polizeifahrzeuge jederzeit betankt und einsatzbereit sind. Bei Ihnen wurden Polizeifahrzeuge stillgelegt, als das Geld für Benzin ausgegeben war. So viel zur Motivation!