Zur Terrorbekämpfung muss ich noch einiges sagen. Sie haben anscheinend nicht wahrgenommen, was tatsächlich abläuft. Ich nenne Ihnen ein Beispiel. Am 17. August schickte das LKA Niedersachsen ein Fernschreiben an den MAD und an den Bundesnachrichtendienst:
Aus haushaltstechnischen Gründen kann die AT ‚Islamistischer Terrorismus‘ am 12.09.2006 leider nicht stattfinden und muss von daher abgesagt werden.“
„Eine erneute Prüfung ergab, dass die o. a. Veranstaltung doch wie vorgesehen durchgeführt werden kann. Das Bezugs-FS“
Da war gerade am Wochenende die Koffergeschichte durch die Medien gegangen. Es wäre etwas peinlich gewesen, wenn man da etwas abgesagt hätte.
Das Schöne daran ist, dass der Innenminister dazu eine Presseerklärung verbreiten ließ, in der steht:
„Die Anti-Terror-Konferenz des Landeskriminalamtes ist nicht abgesagt. Dies war auch nicht geplant.“
Es ging um die Einrichtung eines Kommissariats bei der Polizeidirektion hier in Hannover. Die Landesregierung hat gesagt: Nein, das findet jetzt nicht statt; wir wollen erst einmal die Ergebnisse der Polizeistrukturreform 2004 abwarten. Erst dann wollen wir das machen.
„Stattdessen plant Herr Innenminister Schünemann die Anschaffung von Fußfesseln für Personen aus eben diesen terroristischen Kreisen. Bevor Sie die Fußfesseln anlegen können, Herr Innenminister, müssen diese Personen erst einmal ermittelt werden. Und wer könnte diese Personen ermitteln? U. a. der polizeiliche Staatsschutz der PD“
Das wird verhindert und eingeschränkt. Meine Damen und Herren, das ist die Realität der Terrorismusbekämpfung in Niedersachsen, nicht die schönen Sprüche. Da brauchen Sie nicht mit dem Kopf zu schütteln, Herr Rolfes!
Ich könnte noch draufsetzen, was heute über eine Einschränkung der Möglichkeiten, Hubschrauber zur Unterstützung der Polizei einzusetzen, in der Zeitung steht.
Herr Biallas, zur IMK will ich Ihnen sagen: Wenn Sie das, was der Herr Innenminister vorher erzählt hat, wirklich mit dem verglichen hätten, was beschlossen wurde, dann hätten Sie festgestellt: Er wollte immer eine Volltextdatei; herausgekommen ist eine Mischung aus Volltextdatei und Indexdatei. Herr Schünemann hat die Verwendung von Fußfesseln immer als ein großes Ziel seiner Politik im Munde geführt und wollte sie auf der IMK beschließen lassen. Diese Fußfesselveranstaltung findet nicht statt. Das ist das Ergebnis, nicht das, was Sie lobend hervorheben.
Wir hätten noch eine ganze Menge dazu zu sagen. Ich glaube, das Gesagte reicht schon, um deutlich zu machen, dass Ihre Jubelarien hier keineswegs angebracht sind. Sie sollten sich einmal mit den konkreten Bedingungen der Arbeit der Polizei auseinandersetzen und die Motivation fördern. Das wäre wahrscheinlich ein Mehr an Terrorismusbekämpfung als die Jubelarien.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie auch mich zunächst etwas zu der Frage der Finanzierung der Polizei sagen, die hier spontan angesprochen worden ist, obwohl sie eigentlich nicht zu der Überschrift dieser Aktuellen Stunde passt. Herr Bartling, da ist nichts nach einem Artikel in der heutigen Bild-Zeitung entstanden oder nach Ihrer Pressemitteilung entstanden. Vielmehr haben CDU und FDP sich das intensiv angeschaut und geprüft. Wir haben immer darauf geachtet, dass die Polizei über eine ausreichende Finanzausstattung verfügt. Im Gegenteil habe ich gehört, dass das bei Ihnen auch einmal anders gewesen sein soll. Anträge der SPD bei den Haushaltsberatungen im letzten Jahr, in denen Sie gesagt hätten, es seien zu wenig Mittel zur Verfügung gestellt worden, habe ich nicht gefunden. Sie sollten öfter einmal die Presse lesen, in der der Kollege Althusmann und ich das schon im Vorfeld erklärt hatten. Dann wären Sie heute nicht so überrascht gewesen.
Zu der Frage der Terrorismusbekämpfung: Meine Damen und Herren, vor fünf Jahren haben die Anschläge in New York uns vor Augen geführt, welche Bedrohung vom internationalen Terrorismus auf uns ausgeht. Diese und die in der Zeit danach erfolgten Anschläge waren nicht nur gegen Häuser, Züge und menschliches Leben gerichtet, sondern eigentlich gegen die Wertevorstellungen und das freie Leben in der westlichen Welt. Wir dürfen genau dieses freie Leben nicht opfern; denn sonst
würde der Terrorismus am Ende gewinnen. Deshalb dürfen wir es nicht zulassen, dass die Balance von Freiheit und Sicherheit einseitig zulasten der Freiheit in unserer modernen Gesellschaft geändert wird.
Allerdings müssen wir sämtliche Instrumente, die geeignet sind, die Freiheit und die Sicherheit zu verbessern, angemessen einsetzen. Da möchte ich gern auf einige Dinge eingehen, beispielsweise auf die eben schon angesprochene Videoüberwachung. Dazu sagt BKA-Chef Jörg Ziercke:
„Sie sollte nicht flächendeckend erfolgen, sondern nur an Orten, an denen viele Menschen zusammenkommen, wie etwa an Bahnhöfen.“
Damit hat Herr Ziercke recht, und genau das war immer auch die Auffassung der FDP. Insbesondere an großen Bahnhöfen ist die Videoüberwachung sinnvoll, an öffentlichen Plätzen wahrscheinlich weniger. Ich denke, Herr Minister, wir sollten noch einmal darüber nachdenken, ob beispielsweise beim Bahnhof in Holzminden eine Videoüberwachung erforderlich ist oder ob das dann vielleicht doch zu viel wäre.
Wir haben andere Instrumente, die wir nutzen können, beispielsweise die Antiterrordatei. Herr Bartling, ich weiß nicht, welche persönliche Vorstellung der Minister hatte. Ich kann Ihnen allerdings sagen: Das Land Niedersachsen wollte immer eine gemischte Datei unter rechtsstaatlich korrekten Bedingungen, genau solch eine Datei, wie sie jetzt beschlossen worden ist. Hier war Niedersachsen tatsächlich Vorbild.
Wir dürfen aber nicht nur über polizeiliche Instrumente sprechen, sondern wir müssen auch über präventive Instrumente reden und nachdenken. Wir müssen die Integration insbesondere von Migranten weiter verbessern; denn die Vorgänge beispielsweise in London haben gezeigt, dass dort falsche Demagogen junge, in England geborene Muslime aufgesucht und verführt haben. Nur wenn wir alle, die für Al Kaida anfällig sind, von unseren Werten, von unserer freien Weltanschauung überzeugen, werden wir den Kampf gegen den Terrorismus gewinnen können. Das ist eine gemeinsame Aufgabe. Sie sollte von allen Fraktionen ge
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Terrorismus konsequent bekämpfen - Niedersachsen setzt Maßstäbe!“ haben Sie die von Ihnen beantragte Aktuelle Stunde überschrieben. Ich habe überlegt: Welche Maßstäbe sind denn das? Frau Staatssekretärin Dr. Wurzel wurde kürzlich am Wasserwerfer ausgebildet. Ist das auch ein konkreter Beitrag, einer der Maßstäbe, die Sie umsetzen? Ist die Situation in Niedersachsen bereits so bedrohlich, dass eine solche Maßnahme ergriffen werden musste?
Um jetzt konkret in das Thema einzusteigen: Ich möchte etwas zum Sprachgebrauch sagen. In der NWZ vom 7. September, also aus der vergangenen Woche, wurde ein Interview mit Herrn Ministerpräsident Wulff wiedergegeben, in dem er sagte:
„In Niedersachsen leben etwa 3 000 Personen, die Mitglieder oder Anhänger einer islamistisch-extremistischen Gruppe sind.“
Wissen Sie, welcher Eindruck hiermit in meinen Augen erzeugt werden soll? - Dass in Niedersachsen 3 000 potenzielle Terroristen islamistischer Herkunft leben. Zumindest wird dieser Zusammenhang hergestellt. Das nenne ich Verschluderung der Sprache.