Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Was wollen wir uns leisten? - Das ist die Frage, mit der die Hamburgische Bürgerschaft an die Bürgerinnen und Bürger herangetreten ist, um sie über das Internet an den Haushaltsberatungen zu beteiligen. Genau das wollen wir auch für die Menschen in Niedersachsen erreichen. Wir machen mit diesem Antrag einen Vorschlag für die Übertragung der Bürgerbeteiligung an der Hamburger Haushaltsplanung auf Niedersachsen. Es soll ein geeignetes Modell für den niedersächsischen Landeshaushalt geben, das es ermöglicht, die haushaltspolitischen Vorschläge der Bürgerinnen und Bürger in die Beratungen des Landtages zum Haushalt 2008 einzubeziehen. Wir wünschen uns, dass die Internetanwendung so gestaltet wird, dass auch interessierte Kommunen von der Entwicklung profitieren können, indem sie künftig beispielsweise Module der Software nutzen und - was im kommunalen Bereich einfacher möglich ist auch durch zusätzliche Veranstaltungen vor Ort ergänzen.
Anfang nächster Woche wird die Niedersächsische Landesregierung in Klausur gehen, um den Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2007 zu beschließen. Wenn man der Vorberichterstattung Glauben schenken darf, ist die Kreativabteilung des Finanzministeriums auf Hochtouren damit beschäftigt, einerseits die im Wahlkampf gebotenen Wünsche der Fachressorts und des Ministerpräsidenten zu erfüllen und andererseits ein Sparsymbol zu schaffen, damit Möllring und Wulff,
- damit Herr Minister Möllring und Herr Ministerpräsident Wulff nicht als niedersächsisches Pleitegeierpärchen in die Geschichte des Landes eingehen.
- Herr Möllring, dann werden wieder alte Schattenhaushalte reaktiviert und neue Schattenhaushalte kreiert,
man die Haushaltsprobleme im Griff. Dabei hat Ihnen doch der Landesrechnungshof in seinem jüngsten Bericht bescheinigt, dass die Kreditaufnahmen über die Schattenhaushalte dem Land wirtschaftlich zuzurechnen sind, Herr Möllring. Zitat:
„Ohne dieses kreditfinanzierte In-sichGeschäft des Landes hätte das Land z. B. die im Haushaltsgesetz 2005 ausgewiesene Nettokreditaufnahme nicht absenken können, sondern im Vergleich zum Vorjahr sogar um 100 Millionen Euro erhöhen müssen.“
Meine Damen und Herren, das strukturelle Defizit dieser Landesregierung verharrt seit 2004 auf dem sehr hohen Niveau von ca. 3 Milliarden Euro.
Hinzu kommen die bekannten Risiken wie steigende Zinssätze, steigende Pensionslasten, verschleppte Bauunterhaltung und die wirtschaftliche Lage der Unternehmen, an denen das Land beteiligt ist. Herr Möllring, Sie sagen: „Das stimmt nicht!“. Sie kennen den Bericht des Landesrechnungshofes. Dort ist das schwarz auf weiß niedergelegt. Wenn Sie der Auffassung sind, dass diese Zahlen falsch sind, dass diese Einschätzung falsch ist, dann ist es an Ihnen, sie zu widerlegen. Im zuständigen Haushaltsausschuss haben Sie das allerdings nicht versucht. Meine Damen und Herren, mit dem Haushaltsplan 2006 sind lediglich zusätzliche 15 Millionen Euro an Ausgabenkürzungen mit Langzeitwirkung neu vorgenommen worden. Für den Haushalt 2007 ist neben dem Griff in die Tasche der Steuerzahler über die Mehrwertsteuererhöhung offenbar nur noch Symbolik zu erwarten.
Meine Damen und Herren, da ist es doch wirklich höchste Zeit, dass Ihnen die Bürgerinnen und Bürger im Lande zur Seite stehen und selbst Vorschläge unterbreiten, wie der Haushalt wieder ins Lot gebracht werden kann. In Hamburg, meine Damen und Herren, hat sich nämlich gezeigt, dass die Menschen überwiegend weniger ausgegeben hätten, als das Budget zugelassen hätte. Darüber hinaus haben diejenigen, die sich an dem Projekt beteiligt haben, Finanzmittel hin zur Kinderbetreuung, zu Schulen und Universitäten umgeschichtet,
sodass in diesen Bereichen notwendige Mehrausgaben getätigt werden könnten. Dabei wurden auch Vorschläge gemacht, wie die notwendigen Maßnahmen direkt umgesetzt werden könnten.
Betrachtet man das bisherige Ergebnis des mutigen Hamburger Modells - das im Übrigen dort auch mit maßgeblicher Unterstützung und auch auf Initiative eines Kollegen aus der dortigen CDUBürgerschaftsfraktion auf den Weg gebracht wurde -, dann scheint es auf jeden Fall lohnend, das auch hier in Niedersachsen einzuführen.
Meine Damen und Herren, wir haben uns im Haushaltsausschuss ausführlich über das Hamburger Modell informieren lassen. Wer sich selbst einmal anschauen will, wie das Ganze funktioniert und welche Ergebnisse bisher erzielt worden sind, findet das Forum unter www.hamburg-haushalt.de. Mehr als 52 000 Menschen haben die Seiten aufgerufen, 3 000 waren registrierte Nutzer, und mehr als 2 100 haben einen eigenen Haushaltsplanentwurf vorgelegt.
2 100 ist wirklich eine stolze Zahl, die ich persönlich nicht für möglich gehalten hätte. In Hamburg sind die Foren jetzt geschlossen. Die Ergebnisse sollen auch als Broschüre veröffentlicht werden und Thema einer Haushaltsausschusssitzung der Bürgerschaft werden.
Meine Damen und Herren, wenn wir jetzt in Niedersachsen anfangen, ein solches Modell zu entwerfen und umzusetzen, dann ist es mehr als realistisch, dass die Vorschläge der Bürgerinnen und Bürger in die Beratung des Landeshaushaltsplans 2008 einbezogen werden können. Dafür sollten sich eigentlich alle Fraktionen des Niedersächsischen Landtags aussprechen. Nach der Beratung im Haushaltsausschuss bin ich eigentlich auch ganz guten Mutes und bin ich auf Ihre Beiträge gespannt. - Herzlichen Dank.
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wäre insgesamt zu begrüßen, wenn er denn die Zielrichtung verfolgte, für mehr Akzeptanz und mehr Bürgerbeteiligung gerade bei Haushaltsberatungen zu sorgen. Aber nun sind gerade die konsequente und sparsame Haushaltspolitik, gerade der nachhaltige Umgang mit den Finanzen dieses Landes und die Wiederherstellung der politischen Handlungsfähigkeit sowie die hoch zu lobende Arbeit dieser Landesregierung, die bereits jetzt höchste Zustimmung bei den Bürgerinnen und Bürgern genießt, voranzustellen. Gerade der Finanzminister hat in den letzten Wochen und Monaten in einer Vielzahl von schwierigsten Verhandlungen zum wiederholten Mal ein hohes Maß an Kompetenz und Verantwortung für dieses Land bewiesen. Dafür noch einmal auch von dieser Stelle herzlichen Dank!
In wenigen Wochen werden wir die Entwürfe für den Haushalt des Jahres 2007 in den Fächern finden. Ich bin mir sehr sicher, dass wir dann auch die Fortsetzung dieser langfristig angelegten Konsolidierungspolitik wieder finden werden. Ich denke, auch insofern können sich die Menschen im Lande darauf verlassen, dass sie bei dieser Landesregierung in den besten Händen sind. Das soll auch für die nächsten Jahrzehnte noch so bleiben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt aber zu Ihrem Antrag. Ob und inwieweit das von Ihnen bemühte Hamburger Modell ein erfolgreiches Modell ist, konnten wir in der Tat in einer Anhörung im Haushaltsausschuss hinterfragen. Dabei ist nach meiner Überzeugung eine ganze Reihe nicht unerheblicher Mängel aufgetaucht.
Im Übrigen, Herr Wenzel: Nicht die Anzahl der Anfragen, der aufgerufenen Seiten ist entscheidend, sondern immer noch die Ergebnisse sind entscheidend. Ich möchte auf einige eingehen.
Die meisten Kommentatoren waren sich sehr einig, wenn es darum ging, pauschale Subventionskürzungen zu verlangen. Aber sobald es in Einzelvorschläge hineinging, haben wir die Vielfalt, die wir auch in diesem Parlament kennen, wieder gefunden. Oder: Die Einigkeit war auch dahin, wenn die Bereitschaft, Mittel etwa beim Nahverkehr zu kürzen, durch die entsprechende Erhöhung der Fahrentgelte hinterfragt werden sollte. Auch dabei war die Bereitschaft sehr viel geringer ausgebildet als
noch bei dem pauschalen Ansinnen. Und diesem System fehlt ganz pauschal die vollständige Aufzählung aller möglichen Handlungsoptionen, etwa im Bereich der Folgewirkungen, wenn es darum geht, dass beim Wegfall von Kofinanzierungsmitteln natürlich auch die Fördermittel insgesamt entfallen.
Die meisten Vorschläge haben sich im Übrigen auf einzelne Vorhaben bezogen. Sehr viel wichtiger ist es aber nach meiner Überzeugung, dass wir weiter an den strukturellen Veränderungen von Verwaltung, von Gesetzgebung und von Organisation arbeiten; denn das ist geeignet, die Gesundung dieses Landes langfristig und strukturell voranzubringen. Wir mussten uns aber in den zuletzt geführten Debatten insbesondere von der linken Seite dieses Hauses immer wieder sagen lassen, dass das Reformtempo zu schnell und zu heftig sei. Man mag gar nicht daran denken, was geschieht, wenn aufgrund von Auswertungen solcher Bürgerbefragungen den Oppositionsparteien ein noch höheres Arbeitstempo, eine noch höhere Geschwindigkeit abverlangt werden würde oder wenn es insbesondere in Politikbereiche ginge, die vielleicht nicht so ganz Ihrem politischen Terrain entsprechen. Ich erlaube mir auch hierzu einige Beispiele. Mit Erlaubnis des Präsidiums zitiere ich aus Punkt 6 dieser Auswertungen. Wenn nach diesen Auswertungen weniger für Sport und für politische Bildung, weniger für Kulturförderung, weniger für Museen, weniger für Denkmalschutz, weniger für Theater und Musik, weniger für Soziales und Integration, weniger für Familien, Jugend und Sozialordnung ausgegeben werden soll, dann wird an diesen wenigen Beispielen meiner Meinung nach deutlich, in welches Fahrwasser wir dann kommen. Ich würde mich auf diese Diskussion mit Ihnen freuen.
Ganz allgemein kann meiner Meinung nach festgestellt werden, dass es schwierig sein dürfte, alle für eine sachlich und fachlich richtige Entscheidung erforderlichen Informationen in diesem System bereitzustellen. Alle Wirkungszusammenhänge müssten in der Tat allgemein verständlich zu erläutern sein und verlässlich geeignet sein, um gemeinsame Ziele zu formulieren.
Hier im Haus habe ich es bei den Debatten in den letzten Jahren oft genug erlebt, wie widersprüchlich auf der einen Seite zu hohe Verschuldung
beklagt und auf der anderen Seite Mehrausgaben eingefordert werden - und das nicht nur von interessierten Laien, sondern von Fachleuten, von gewählten Volksvertretern. Gerade noch gestern haben wir hier streitig über schlankere Strukturen bei der Ausbildung und - ein paar Minuten später auch bei neuen verwaltungs- und kostenintensiven Gesetzgebungen debattiert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir von der CDU verstehen uns als Teil einer repräsentativen Demokratie und gedenken, uns dieser Verantwortung auch zu stellen
und uns nicht hinter vermeintlich abgefragten Mehrheitsmeinungen wegzuducken. Wir werden uns deshalb intensiv mit dem vorliegenden Antrag beschäftigen. Ob wir dann eine funktionierende niedersächsische Formel finden werden, sei dahingestellt und bleibt den Beratungen vorbehalten. Wir werden aber ganz sicherlich nicht den Kommunen auch noch aufoktroyieren, dieses Instrument ebenfalls für ihre eigenen Haushalte zu nutzen.
Mein lieber Herr Wenzel, was wir Ihnen ganz bestimmt nicht durchgehen lassen, ist Ihre nebulöse Finanzvorstellung; denn es kann doch wohl nicht wahr sein, dass Sie den gleichen Ansatz für das Flächenland Niedersachsen wie für den Stadtstaat Hamburg nehmen wollen. Allein die Werbemittel, die hier verwendet werden müssten, würden den entsprechenden Mittelansatz in Hamburg um ein Vielfaches übersteigen.
Zusammenfassend kann man sagen: Die Erfahrungen mit dieser Bürgerbeteiligung können durchaus für die Politik, für die Bürger und für die Verwaltung erfolgreich und gut sein. Sie müssen richtig gemacht werden. Darüber sollten wir gemeinsam beraten. Schauen wir einmal, was dabei herauskommt.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe sehr großen Gefallen an der effektiven Art der Verhandlungsführung bei dem vorigen Tagesordnungspunkt gefunden. Aber die Ausführungen von Ihnen, Herr Wenzel, veranlassen mich zu zwei Bemerkungen.
Wir reden hier über Bürgerbeteiligung und führen keine allgemeine Haushaltsdebatte. Aber wenn Sie die Haushaltssituation des Landes Niedersachsen ansprechen, dann möchte ich Ihnen entgegenhalten, dass die Haushaltspolitik der Landesregierung seit 2003 solide, konsolidierend und demnächst auch verfassungskonform ist.
Wir reden also über die Bürgerbeteiligung an den Haushaltsberatungen der Freien und Hansestadt Hamburg. Bürgerbeteiligung ist nie etwas Schlechtes. Man muss aber darauf achten, dass wir es hier nicht gerade mit einer repräsentativen Bürgerbeteiligung zu tun haben. Es gab etwa 50 000 Anfragen an das Internetsystem bei 1,2 Millionen Bürgerinnen und Bürgern im Stadtstaat Hamburg. Das ist nicht gerade viel. Von den etwas mehr als 50 000 entfielen etwa 25 000 auf Studenten, weil gerade im universitären Bereich für dieses Projekt geworben worden war. Das ist nicht falsch. Es ist überhaupt nicht schlecht, wenn Studenten sich mit der Haushalts- und Finanzproblematik ihrer öffentlichen Einrichtungen beschäftigen.