Da wir um eine gemeinsame Resolution bemüht waren, gab es auch Punkte, die darüber hinaus gehen. Sie haben den Punkt Sperrminorität schon angesprochen. Allerdings wird sie nicht gefordert. Vielmehr steht in der Resolution, es handele sich um eine Möglichkeit, den kommunalen Interessen Rechnung zu tragen. Dass es eine solche Möglichkeit gibt, ist keine Frage. Aber es wäre fair gewesen, wenn Sie auch das hinzugefügt hätten, was ich in der Debatte geäußert habe und worüber die Zeitungen berichtet haben: Es ist absolut illusorisch, dass ein solches Instrument Realität werden könnte. So viel gehört zur Ehrlichkeit. Die Resolution steht nicht im Gegensatz zu der hier im Landtag erarbeiteten; sie ergänzt diese nur.
Angesichts der Grundsatzfrage, die sich hier stellt, müssen wir darüber nachdenken, ob es heutzutage vertretbar ist, dass der Staat die ausschließlich wirtschaftliche Aufgabe eines Speditions-, Transport- und Personennahverkehrsunternehmens selbst wahrnimmt.
Natürlich ist es nicht vertretbar, sofern man sicherstellt, dass der Wettbewerb als Maxime beachtet wird.
So, wie es in der Vergangenheit war, war es auch nicht im Interesse der Mitarbeiter der OHE. Natürlich wünschen sich alle einen sicheren Arbeitsplatz. Aber, Herr Meyer, einen sicheren Arbeitsplatz kann es nur geben - das ist eine ganz einfache Rechnung -, wenn ein Unternehmen Gewinne macht. In einem Unternehmen, das jahrelang Verluste schreibt, ist kein einziger Arbeitsplatz sicher, völlig unabhängig davon, ob es sich dabei um ein privates oder um ein öffentliches Unternehmen handelt.
Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung hat es als „Wunder von Braunschweig“ tituliert, wie dort durch echte Privatisierung der Haushalt der Stadt saniert worden ist, sodass es heute wieder möglich ist zu investieren. Dort ist ein guter Weg beschritten worden,
der uns Hoffnung macht, dass wir auch auf allen anderen Ebenen in die richtige Richtung gehen, wenn wir ihn nur konsequent weiter beschreiten.
Zum Abschluss zitiere ich gern noch einmal aus der Enzyklika des Papstes - Herr Meyer, Sie haben dieses Zitat ja auch als schön empfunden -, in der es heißt:
„Der totale Versorgungsstaat, der alles an sich zieht, wird letztlich zu einer bürokratischen Instanz, die das Wesentliche nicht geben kann. Nicht den alles regelnden und beherrschenden Staat brauchen wir.“
Herr Minister Möllring, gestatten Sie zunächst eine Kurzintervention des Kollegen Meyer? - Herr Kollege Meyer, Sie haben die Möglichkeit zu einer Kurzintervention auf die Ausführungen des Kollegen Bode. Bitte!
Ich würde dem Papst an dieser Stelle Recht geben. Aber Sie machen hier etwas ganz anderes. Sie würden auch den letzten Beschluss mit Freiheit und Liberalisierung rechtfertigen. Aber Sie sollten mir nicht erklären wollen, dass Schieneninfrastruktur und insbesondere Gütertransporte etwas mit freiem Markt zu tun hätten. Das wäre nämlich schlichtweg Unsinn, um es freundlich zu formulieren. Hier hat der Staat eine Aufgabe. Wenn Schieneninfrastruktur und öffentlicher Personennahverkehr kein Teil der Daseinsvorsorge sind, wofür sich der Staat engagieren muss, dann weiß ich nicht, was der Staat überhaupt noch machen sollte. Dann sollten wir uns komplett abschaffen. Das ist Ideologie und Dummheit.
Herr Meyer, Sie unterliegen einem ganz kleinen Denkfehler. Wenn Sie für freien und verantwortungsvollen Wettbewerb in diesem Bereich eintreten und sagen, dass es in diesem Bereich keinen Wettbewerb gibt, dann haben Sie natürlich Recht. Sie werden aber niemals Wettbewerb beim Schienenverkehr einleiten, wenn sich OHE und Deutsche Bahn gegenseitig im Wege stehen, was so lange der Fall sein wird, wie an der OHE die Deutsche Bahn, das Land und der Bund, der wiederum Anteilseigner der Bahn ist, beteiligt sind. Wir werden nur dann Wettbewerb, Innovation und Weiterentwicklung erreichen, wenn wir eine echte Privatisierung hinbekommen. Das ist langfristig das Beste für die Arbeitsplätze.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den Ausschüssen ist bereits darüber beraten worden, dass man aus ordnungspolitischen Gründen dem Verkauf grundsätzlich zustimme, wenn auch nicht unter den Bedingungen, die die Landesregierung vorgibt. Wir sind uns doch einig, dass der Verkauf nur unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen wird, insbesondere unter der Voraussetzung der angemessenen Beachtung der Arbeitnehmerinteressen und der erfolgreichen Fortentwicklung der OHE, der Osthannoverschen Eisenbahnen, auf der Grundlage eines zukunftsorientierten Unternehmenskonzepts. Insofern kann ich Ihnen Ihre Sorgen um die OHE nehmen. Ein erfolgreiches Veräußerungsverfahren benötigt ein Mindestmaß an Flexibilität. Deshalb sind die Bedingungen für den Aktienverkauf entsprechend formuliert worden. Darauf habe ich hier aber auch schon am 24. März hingewiesen.
Bevor ich im Einzelnen auf den Änderungsantrag eingehe, möchte ich noch einen Satz zu dem nach den Ausschussberatungen eingebrachten Antrag von Bündnis 90/Die Grünen sagen. Ein Holdingmodell der niedersächsischen Eisenbahngesellschaften OHE und EVB ist wegen der vorhandenen Beteiligungsverhältnisse und der Interessenlagen der unterschiedlichen Gesellschafter - - -
(Enno Hagenah [GRÜNE]: Das ist doch obsolet! Die wollen doch weg! Die anderen wollen doch raus! Dann ist doch das Problem gelöst! Die wol- len doch raus aus der OHE!)
- Wir haben die Zusammenarbeit nun aber eben nicht hinbekommen. Dann hätten wir es nämlich gleich im Paket verkaufen können.
Also: Ein Holdingmodell der niedersächsischen Eisenbahngesellschaften OHE und EVB ist wegen der vorhandenen Beteiligungsverhältnisse und der Interessenlagen der unterschiedlichen Gesellschafter Land, Kommunen und Deutsche Bahn AG nicht realisierbar, und der Verkauf einer Aktienminderheit - darauf hat Herr Bode eben richtiger
weise hingewiesen - ist völlig obsolet. Das wissen Sie auch schon aus den Ausschussberatungen ganz genau. Deshalb ist Ihr eilig nachgeschobener Antrag ganz offensichtlich der Kommunalwahl geschuldet.
Herr Hagenah, die besten Geschäfte macht die OHE übrigens mit Panzertransporten. Das wollte ich Ihnen als Grünem einmal gesagt haben.
Erstens. Wir legen großen Wert auf ein zukunftsfähiges Verkehrskonzept des neuen Mehrheitsaktionärs; denn nur die richtige zukunftsfähige Ausrichtung und eine im Wettbewerbsumfeld konkurrenzfähige OHE garantiert langfristige Arbeitsplätze.
Zweitens. Einer Zerschlagung der OHE wird dadurch vorgebeugt, dass die wirtschaftlich bedeutendsten Geschäftsfelder mittelfristig fortzuführen sind.
Drittens und viertens - diese beiden Punkte fasse ich zusammen, weil es hier um die Interessen der Arbeitnehmer geht. Wir werden den Ausschluss betriebsbedingter Beendigungskündigungen und den Erhalt der Konzernzentrale in Celle mit allen wesentlichen Unternehmensfunktionen für einen angemessenen und kalkulierbaren Zeitraum sicherstellen und darüber hinaus eine Fortführung der VBL-Versorgung oder einer gleichwertigen Versorgung vorgeben.
Fünftens. Der neue Mehrheitsaktionär wird sich verpflichten müssen, Teile der Eisenbahninfrastruktur der OHE - sprich: der Schiene - aufrechtzuerhalten.
Die von der SPD-Fraktion vermisste konkrete Festlegung wird im Laufe des Veräußerungsverfahrens selbstverständlich noch erfolgen. Die Vergabebekanntmachung über den Verkauf der Aktien ist inzwischen, am 7. Juni, im Amtsblatt der EU veröffentlicht worden und entspricht inhaltlich der Beschlussempfehlung des Ausschusses. Die Entscheidung darüber, ob und an wen die Aktien verkauft werden, obliegt letztendlich dem Landtag im Rahmen seines Zustimmungserfordernisses gemäß § 63 Abs. 2 LHO.
Herr Meyer - wenn ich das noch anfügen darf -, Sie als Cellenser dürften doch kein Problem haben, wenn wir als Deutsche mal in einem anderen Staat
Herzlichen Dank. - Nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung erhält Herr Kollege Hagenah noch eine zusätzliche Redezeit von eineinhalb Minuten. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, das hohe Haus hat gerade nicht ganz genau zugehört. Der Finanzminister hat gerade gesagt, wenn wir die Holding hätten bilden können, dann hätten wir gleich beide Gesellschaften, also die OHE und die EVB, im Paket verkauft. Damit hat er bestätigt, dass bei nächster Gelegenheit auch die EVB veräußert werden soll.
Das hohe Haus sollte zur Kenntnis nehmen, dass diese Landesregierung eine völlig andere Strategie verfolgt als alle anderen Landesregierungen in den letzten 15 Jahren zuvor, die in der OHE und der EVB mit Beteiligung des Landes und der Kommunen sehr wohl ein Markt- bzw. Wettbewerbsinstrument für den Nahverkehr gesehen haben. Von dieser Strategie wollen Sie abrücken, und zwar komplett.
Dann möchte ich noch mit der Legende aufräumen, dass die OHE so schlecht wirtschaftet und in den vergangenen Jahren Defizite eingefahren hat. Es ist schon erläutert worden, woran das lag, nämlich an der Spedition, die eben nicht veräußert werden konnte - die aber hätte veräußert werden können, wenn Sie es zugelassen hätten. Dann wäre das negative Ergebnis nicht so auf die OHE durchgeschlagen.
Aber der Hauptgrund dafür, dass die OHE im Vergleich zur Deutschen Bahn mit angezogener Handbremse agieren muss, ist, dass die OHE ihre Infrastruktur mit 2,5 Millionen Euro pro Jahr selbst finanzieren muss, während die Deutsche Bahn ihre Infrastrukturerhaltungsmaßnahmen jedes Jahr vom Bund mit 2,5 Milliarden Euro finanziert bekommt.
Herr Kollege Schönecke, ich habe Ihre Zwischenfrage nicht zugelassen, weil die Redezeit des Kollegen Hagenah schon abgelaufen war. Wenn Sie nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung zusätzliche Redezeit haben möchten, müssten Sie mir jetzt einen Wink geben. - Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung, zunächst zu Tagesordnungspunkt 8. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt worden.
Wir kommen damit zur Ausschussüberweisung zu Punkt 9. Es wird empfohlen, den Antrag zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und zur Mitberatung an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Das ist so beschlossen.