Wenn Ihnen die GEW, wie gestern in der Pressekonferenz, dazu etwas anderes sagt, dann glauben Sie ihr bitte nicht! Die GEW hat andere Interessen. Sie liegt dort völlig falsch.
Der zentrale Punkt bei der Umsetzung der Eigenverantwortlichkeit ist die Erkenntnis, dass die Qualität und die Ergebnisse der Arbeit in der Schule nachhaltig verbessert werden können, wenn die Schule größere Gestaltungsspielräume, mehr eigene Verantwortung und die unmittelbare Zuständigkeit für das Personal erhält. Dazu gehört, dass die Ergebnisse der Arbeit in der Schule regelmäßig und nachhaltig überprüft werden. Beide Elemente gehören zusammen.
Trotz der vielen Veränderungen, die damit verbunden sind, werden wir den Weg aus voller Überzeugung weitergehen, weil wir ganz sicher sind, dass unsere Schulen dadurch besser werden, meine Damen und Herren.
Seit Werner Remmers gibt es den Begriff der erlassfreien Schule. Auch andere haben ihn im Mund geführt. Aber ich verrate Ihnen kein Geheimnis, dass trotz dieser Ankündigung die Anzahl der Rechtsvorschriften und Erlasse deutlich zugenommen hat. Jetzt erleben wir zum ersten Mal, dass ein Kultusminister ca. 50 Gesetze, Erlasse und Verordnungen entweder ganz zurücknimmt oder sie in die Zuständigkeit der Schulen übergibt und damit deren Selbstverantwortung stärkt. Meine Damen und Herren, das ist ein so positives Zeichen, dass wir das würdigen müssen. Es geht in Richtung einer erlassfreien Schule. Damit haben die Schulen einen größeren Gestaltungsspielraum, der ihnen die Möglichkeit gibt, besser zu werden.
Frau Eckel, mit Gutsherrenart hat das doch nichts zu tun. Es ist ein Gebot der Vernunft, die Verantwortung auf Schulen zu übertragen, und genau das wollen Sie doch auch.
Meine Damen und Herren, natürlich bleiben die Schulen staatlich verantwortet und beaufsichtigt. Das heißt, die Rahmenvorgaben des Schulgesetzes, der Grundsatzerlasse und der Bildungsstandards gelten weiter. Das wird ja auch an der Begrifflichkeit deutlich: Die Schule ist eigenverantwortlich, aber eben nicht autonom.
Ich sage an dieser Stelle auch ganz offen - und ich komme aus dem System der alten, so genannten überreglementierten Schule -: Ich kann mir schon vorstellen, welche Ängste die Schulen angesichts dieses Paradigmenwechsels haben. Aber ich bin davon überzeugt, dass sich die meisten Schulen dieser Verantwortung stellen und diese besonderen Probleme, die mit der Umstellung zu tun haben, auch überwinden werden.
Ich weiß, dass das natürlich auch eine Herausforderung ist, keine Frage. Aber bis jetzt ist alles sehr gut vorbereitet, und - das ist ganz wichtig - es wird auch weiterhin so gut vorbereitet. Wir haben die Zeit, und wir lassen den Schulen die Zeit, das auch umzusetzen und diese Umsetzung als eine Chance zu begreifen, einen eigenen Weg hin zu einem gemeinsamen Ziel zu gehen. Darauf kommt es nämlich an, meine Damen und Herren.
Ganz konkret wird das am Anfang so laufen, dass sich die Schulen ein Schulprogramm geben, in dem jede Schule ihre Stärken aufschreibt. Darin liegt eine Riesenchance! Sie wird auch aufschreiben, wo ihre Schwächen liegen und wie man diese Schwächen überwinden kann. Auch das Umfeld der Schule wird aufgenommen. Die Erstellung des Schulprogramms wird ein ganz wichtiger Schritt für die positive Gestaltung der Schularbeit sein. Alle können sich einbringen, jede einzelne Lehrkraft, jede Schulleitung, die Gemeinde, der außerschulische Partner.
Meine Damen und Herren, der Minister hat den Begriff „Leuchtturm“ gebraucht. Das ist ein schönes Bild. Allein die Erstellung des Schulprogrammes wird spannend sein und für eine besondere Bewegung in der schulischen Arbeit sorgen. Pädagogische Fragen werden endlich in besonderer
Selbstverständlich muss die Schulverfassung geändert werden, das ist doch gar keine Frage. In den Diskussionen im Vorfeld spiegeln sich natürlich die Sichtweisen der verschiedenen Verbandsvertreter wieder. Dass es solche unterschiedlichen Sichtweisen gibt, ist auch legitim.
Aber unser Interesse als Gesetzgeber muss ein anderes sein. Für uns als Gesetzgeber gilt: Das Gesetz muss sich immer und allein an den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler orientieren. Ihre Interessen sind Maßstab für unsere Entscheidungen. Das erkläre ich ganz klar für unsere Fraktion.
Meine Damen und Herren, der CDU ist klar, dass eine weitestgehende selbst verwaltete Schule eine deutlich gestärkte Schulleitung benötigt. Wer als Schulleiter eine solche Schule führt, trägt die Gesamtverantwortung auch für das Personal. Er muss also Dienstvorgesetzter sein. Er muss abschließend auch in besonderen Konfliktfällen eine Entscheidung treffen können. Aber das hat doch nichts mit autokratischen Strukturen zu tun, wie uns die GEW gestern in der Pressekonferenz einreden wollte. Das ist eine Selbstverständlichkeit in einer neuen Rolle, die sich aus einer neuen Verantwortung heraus ergibt.
Natürlich sind Schulen keine Wirtschaftsunternehmen. Sie können nicht damit verglichen werden, und das wollen wir auch gar nicht. Aber das, was notwendig und was gut ist, kann man doch von der Wirtschaft übernehmen, wenn es auf die Schule übertragbar ist. Diese Leitungsposition in dieser Ausstattung ist natürlich auch auf Schule zu übertragen und wird sich positiv auswirken. Ich finde, angesichts des wirklich gestörten Verhältnisses mancher Kollegen in der GEW zu allem, was mit Leitung zu tun hat, und zu allem, was mit Wirtschaft zu tun hat, kann man die Kolleginnen und Kollegen von der GEW in dieser Frage nun wirklich nicht ernst nehmen.
Der zukünftige Schulleiter muss in die Lage versetzt werden, all das, was mit Gesamtverantwortung zu tun hat, auch dienstrechtlich durchzusetzen. Die alte Rolle des Schulleiters - ich weiß, wovon ich rede -, nämlich Erster unter Gleichen zu
sein, war eine schöne Begrifflichkeit, aber hatte doch mit der Realität an Schule, Verantwortung übernehmen, relativ wenig zu tun. Das hat oft dazu geführt, dass es zu falschen Schlüssen über die Aufgabe von Schulleitungen kam, vonseiten der Lehrkräfte, aber auch vonseiten der Schulleitungen selbst. Wir werden in unserer Sichtweise vom größten Interessenverband der Schulleiter, dem Schulleitungsverband Niedersachsen, deutlich unterstützt. Der Verband stellt sich sogar eine noch stärkere Rolle der Schulleitung vor.
Meine Damen und Herren, ein wichtiger Effekt kommt hinzu: Ich bin davon überzeugt, dass eine solche Aufgabe auch für hoch motivierte junge Kolleginnen und Kollegen reizvoll ist. Wir haben Probleme mit dem Schulleiternachwuchs. Ich kann mir vorstellen, dass man sich gerne in eine solche Verantwortung begibt und sich an der Gestaltung von Schule beteiligt. Das ist doch eine Riesenherausforderung. Ich hoffe, viele junge Leute in unseren Schulen werden sich dieser Riesenherausforderung stellen. Ich wünsche es den Schulen.
Meine Damen und Herren, dienstrechtliche Auseinandersetzungen können innerhalb der Schule natürlich leichter und konsequenter gelöst werden, als wenn erst ein Schulaufsichtsbeamter von außen geholt werden muss. In einer Face-to-FaceSituation kann man wohlwollend schnell und positiv auch im Sinne der Kollegen handeln. Aber ich muss auch betonen, dass eine Stärkung der Schulleitung nicht automatisch auch eine Verbesserung der Schulqualität bedeutet. Aber der gute Schulleiter wird seine neue Rolle und seine Autorität nutzen und in Gesprächen mit anderen Beteiligten die Entwicklung der Schule vorantreiben. Frau Eckel, das haben Sie letztes Mal bei Ihrem Konzeptentwurf doch selbst gesagt. Wir liegen da doch gar nicht weit auseinander. Warum haben Sie das eigentlich heute nicht wiederholt? Genau das macht den guten Schulleiter doch erst aus.
Wir wissen, dass derjenige Schulleiter, der die Chance von mehr Gemeinsamkeit mit allen anderen Beteiligten nicht nutzt, ohnehin Probleme bekommen wird. Deswegen ist die Stärkung der Schulleitungen ein ganz wesentlicher Schritt, damit das Projekt Eigenverantwortliche Schule auch gelingen kann.
schulischen Punkte werden auch weiterhin von der Gesamtkonferenz behandelt. Das gibt der Katalog doch her. Nur die Allzuständigkeit fällt weg, und das ist auch richtig so; ich war selbst Lehrer und Schulleiter und vermag dies deshalb wirklich zu beurteilen. Die Allzuständigkeit ist nicht nötig und wird von keiner Kollegin und keinem Kollegen in der Schule vermisst, außer vielleicht von denen, die gerne schulpolitische Reden in der Gesamtkonferenz halten.
Die Gesamtkonferenz sollte vielmehr auf mehr Qualität in den Schulen achten. Dafür reicht der Katalog absolut aus. Schauen Sie einmal in die Konferenzen oder die Teilkonferenzen hinein! Die Lehrkräfte können sich mit allen schulischen Fragen befassen. Der Katalog bietet dafür jede Möglichkeit.
Meine Damen und Herren, die Behauptung, hier gehe Demokratie verloren, ist schlichtweg Unsinn. Es handelt sich hier nicht um gewählte Mitglieder, die ein Mandat ausüben, sondern um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Behörde, nämlich der Schule. Das sind Beamte des Landes Niedersachsen. Sie haben die Verpflichtung - das weiß auch jeder -, in den Mittelpunkt ihrer Arbeit die Erziehungsarbeit zu stellen. Dafür reicht der Katalog auf jeden Fall aus.
Meine Damen und Herren, der Schulbeirat als neues Gremium erweitert die Mitbestimmungsmöglichkeiten von Eltern sowie Schülerinnen und Schülern. Trotzdem wird dieses Mitbestimmungsverhältnis insbesondere vom Landeselternrat, aber auch von einzelnen Mitgliedern des Schülerrates als nicht ausreichend empfunden. Wir sind hier sehr offen und warten auf viele neue Ideen auch im Zuge der Anhörung. Es ist eine gute Idee, außerschulische Vertreter in den Schulbeirat hineinzuholen. Dadurch wird die Schule gestärkt, ganz klar. Aber auch hier gibt es noch erheblichen Diskussionsbedarf. Wir sind sehr gespannt auf die Anregungen, die im Rahmen der Anhörung gegeben werden. Danach werden wir in diesem Bereich natürlich noch einige zusätzliche Angebote unterbreiten und zusätzliche Schlüsse ziehen. All dies wird dann sicherlich in die Diskussion über das gesamte Gesetz einfließen.
Meine Damen und Herren, der Weg in die Eigenverantwortliche Schule ist ein wichtiger Schritt, der die Schule völlig verändern wird. Ich habe vorhin von einem Paradigmenwechsel gesprochen. Ganz natürlich ist, dass bei den Schulen Unsicherheit
besteht bzw. Angst herrscht; denn für viele ist immer noch nicht klar, wohin der Weg am Ende führen wird. Ich kann das nachvollziehen. Deshalb bin ich dem Kultusminister dafür dankbar, dass er immer wieder Informationen über die Abläufe und über den Weg hin zu dieser neuen Schule veröffentlicht hat. Wir haben die erste große Schulreform gemeinsam mit den Schulen durchgeführt. Deshalb ist sie auch gelungen. Wir werden natürlich auch diese zweite große Schulreform wieder gemeinsam mit den Schulen machen, damit auch sie wieder gelingen wird. Die Praktiker in den Schulen können sich darauf verlassen.
Dazu brauchen wir auch Fortbildung, und zwar in einem Umfang, wie wir ihn bisher noch nicht gekannt haben. Die große Schulleiterfortbildung ist angelaufen. Dafür stehen 41 Millionen Euro zur Verfügung. Das ist mehr Geld, als jemals zuvor für diesen Zweck ausgegeben worden ist. Ich weiß aus vielen Gesprächen und Seminaren, dass die Fortbildung der Schulleitungen von den Schulleitern ganz positiv beurteilt und begrüßt wird. Die Leute freuen sich darauf, in die Fortbildungsmaßnahmen hineinzukommen. Es wird zusätzliche Verlagerungsstunden für Schulleitungen geben. Das ist notwendig, weil sich die Arbeitszeit verändert und die Menge der Arbeit erhöht hat. Außerdem wird damit auch eine alte Forderung des Schulleitungsverbandes bzw. der Schulleitungen erfüllt werden.
Es wird auch Fortbildungsmaßnahmen für die Kollegien geben; vor allem im Bereich der Organisations- und Qualitätsentwicklung. Ich weiß, dass hier aus rein parteipolitischen Erwägungen heraus Ängste geschürt werden. Sie beteiligen sich daran. Ich kann Ihnen aber sagen: Am Ende werden unsere Schulen auf die notwendigen Veränderungen vorbereitet sein - da bin ich mir ganz sicher - und ruhig in diese Veränderungen hineingehen.
Meine Damen und Herren, der Weg, den wir zur Umsetzung des Gesetzes gehen, trägt dazu bei, die eine oder andere aufgeregte Diskussion zu versachlichen. Das Gesetz wird noch vor der Sommerpause in Kraft treten; das jedenfalls ist meine Hoffnung. Ich glaube, dass die Zeit dazu ausreichen wird. Die von uns anzuhörenden Verbände sind doch bestens informiert und sehr wohl in der Lage, eine Stellungnahme abzugeben.
Letztendlich wird die Eigenverantwortliche Schule am 1. August 2007 in Kraft treten. Dann haben die Schulen alle Zeit der Welt - um es einmal so plas
tisch zu sagen -, um alle weiteren Schritte einzuleiten. Da wird sich vieles setzen, was bis jetzt noch nicht gesetzt ist.
Natürlich kennen wir auch die Hinweise der Schulleiter auf ihre zunehmende Belastung. Ich darf den Schulleitern sagen: Wir nehmen diese Hinweise sehr ernst. Wir wissen, dass wir mit den Schulleitungen zusammen vorgehen müssen. Die Schulleitungen können sich auf uns verlassen. Wir machen das mit ihnen gemeinsam.
Ich will noch eines sagen. Bei allem Respekt vor den Überlegungen so vieler Beteiligter gilt ein Grundsatz des ehemaligen Kultusministers Werner Remmers: Schule muss in erster Linie für Kinder glücken, nicht für Bürokraten, für Planer, für Ideologen und für Technokraten. - Das ist der Maßstab unseres Tuns.
Meine Damen und Herren, jetzt noch ein letzter kurzer Aspekt. Wir haben der SPD lange vorgeworfen, dass sie kein schulpolitisches Konzept habe. Das ist jetzt völlig anders. Sie hat jetzt zwei schulpolitische Konzepte. Das Fatale aber ist, dass beide Konzepte völlig unterschiedlich sind. Das Konzept „Eigenverantwortliche Schule“, Frau Eckel, ist für die Landtagsdiskussion, und das Konzept „Gemeinschaftsschule“ - so jedenfalls der neue Begriff; der hört sich ja auch viel besser an als „Einheitsschule“ - ist für das Parteivolk.
Ich bin mir sicher, dass Ihr Parteitag diese Einheitsschule verabschieden wird. Sie vermögen zwar schnell den Eindruck vermitteln, als hätte die Einheitsschule irgend etwas mit dem finnischen oder dem schwedischen Modell zu tun, Sie wissen aber, dass das nicht der Fall ist. Sie können sich darauf verlassen, dass wir den Bürgerinnen und Bürgern sagen, welche Auswirkungen diese neue Einheitsschule haben wird.
Die von Ihnen proklamierte Einheitsschule würde - falls Sie denn überhaupt Gelegenheit hätten, sie umzusetzen; ich glaube aber, dass Sie darauf sehr lange warten können - zu einem Schulsterben ungeheueren Ausmaßes führen.