Protocol of the Session on March 23, 2006

Schulbusse werden in den meisten Kommunen größtenteils zusätzlich zum normalen Verkehrstakt eingesetzt und dort auch von anderen Fahrgästen

mit benutzt. Daher ist eine breite Finanzierung durch Regionalisierungsmittel aus dem Regionalisierungskonzept hier auch rechtens.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das Wort hat jetzt der Verkehrsminister. Herr Hirche, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag der SPD-Fraktion mit dem Titel „Mobilität in der Fläche erhalten - Schülerbeförderung als Landesaufgabe sichern!“ ist schon in seinem Titel falsch. Schülerbeförderung ist keine Landesaufgabe, sondern Aufgabe der Schulträger. Ich kenne auch niemanden, der das ändern möchte.

Wenn Sie von der SPD-Fraktion allerdings gemeint haben sollten - wir versuchen ja immer, das Positive herauszufinden -, das Land müsse weiterhin den Schülerverkehr finanziell unterstützen, dann brauchen wir nicht weiter zu diskutieren. Das ist für uns selbstverständlich und wird auch nicht in Frage gestellt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die Landesregierung kennt die besondere Bedeutung des Schülerverkehrs in seiner doppelten Funktion: als wirtschaftliche Stütze für den ÖPNV und als soziale Unterfütterung des staatlichen Bildungsauftrags in der Fläche.

(Ingrid Klopp [CDU]: Jawohl!)

Dieses Bekenntnis zum Schülerverkehr kostet das Land zurzeit mehr als 90 Millionen Euro jährlich. Das ist so viel, dass der Landesrechnungshof sich des Themas angenommen hat und Einsparungsmöglichkeiten im Wert von 58 Millionen Euro vorrechnet. Die von Ihnen kritisierten Anmerkungen des Geschäftsführers der Landesnahverkehrsgesellschaft über die Finanzierungslasten sind also wohl begründet, und mein Dank geht, genauso wie der des Kollegen Hoppenbrock, an die LNVG.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es gibt Schulträger in Niedersachsen, die allen Schülerinnen und allen Schülern Fahrkarten für den Schülerverkehr zur Verfügung stellen, also nicht nur denen, die etwas

weiter entfernt von ihrer Schule wohnen, sondern auch denen, die, salopp gesagt, gerade einmal die Straße überqueren müssen, um zur Schule zu kommen.

(Zurufe von der SPD und von den Grünen)

- Auch wenn das in Ihrem Kreis anders ist, können Sie dem nicht widersprechen.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Korter?

Nein, ich möchte jetzt den Text vortragen. - Wir sind deswegen gezwungen, aufgrund des geltenden Ausgleichssystems alle diese Maßnahmen zu finanzieren, unabhängig davon, ob eine Beförderung zur Schule überhaupt notwendig wäre. In Zeiten knapper Kassen ist so etwas nicht zu vertreten und muss korrigiert werden. Hier steuernd einzugreifen, ist uns derzeit fast unmöglich.

Deswegen haben wir die Bundesratsinitiative ergriffen, mit der den Ländern ein Abweichen von den jetzt noch bestehenden bundeseinheitlichen Ausgleichsregelungen ermöglicht werden soll. Bisher gilt der unbefriedigende Grundsatz: Der Bund regelt die Ausgleichspflicht, die Länder müssen sie erfüllen. - Wir wollen das gern anders regeln. Wer die Musik bestellt, soll sie auch bezahlen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dass Sie, meine Damen und Herren von der SPD, ein solches Auseinanderfallen von Regelungskompetenz und Finanzierungsverantwortung für vernünftig halten wollen, überrascht mich sehr. Vielleicht darf ich einfach zu Ihrem Verständnis noch einmal sagen: Die Bundesratsinitiative der Landesregierung soll den Ländern überhaupt erst einmal eine Rechtsgrundlage zur Beeinflussung der Ausgleichszahlungen im Ausbildungsverkehr verschaffen. Erst wenn diese Rechtsgrundlage existiert, können die Länder überhaupt eigene Regelungen treffen. Ob und in welcher Form eine Konkretisierung des Regelungsrechts dann in Niedersachsen erfolgen wird, hat die Landesregierung bis jetzt in keiner Weise festgelegt. Für Sie bietet

sich die große Chance, dass Sie mitdiskutieren können, wenn wir dazu Vorschläge machen.

(Vizepräsidentin Silva Seeler über- nimmt den Vorsitz)

Die Stellungnahmen aus der Opposition sind zu diesem Zeitpunkt nichts als Spekulation. Wenn es der SPD wirklich um den ÖPNV in Niedersachsen ginge - das will ich mit allem Nachdruck sagen -, wäre ein Einsatz für den Erhalt der Regionalisierungsmittel auf Bundesebene förderlicher. Aber dort sind ja Herr Steinbrück und Herr Tiefensee, beide SPD, die verantwortlichen Ansprechpartner. Dort haben Sie sich durch eine Koalitionsvereinbarung in Richtung Streichung der Regionalisierungsmittel gebunden. Dort heißt es: Still ruht der See. Wir können nicht akzeptieren, dass Sie nun mit Ihrem Antrag versuchen, von den eigenen Versäumnissen in Berlin abzulenken.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe deshalb die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 27: Zweite Beratung: a) Der Schutz der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger wird vernachlässigt; die Bevölkerung vor gesundheitsschädlichen Verkehrsimmissionen schützen - die europäische Luftqualitätsrichtlinie in Niedersachsen umsetzen! - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/1607 b) Gesundheitliche und wirtschaftliche Schäden durch Feinstaub verhindern! - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/1816 Beschlussempfehlung des Umweltausschusses - Drs. 15/2690

Die Beschlussempfehlung lautet zu a) auf Ablehnung und zu b) auf Annahme in geänderter Form.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Behr von der CDUFraktion. Ich erteile ihm das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist gut, dass sich die Diskussion um die Feinstaubproblematik in den letzten Monaten versachlicht hat; denn diese Versachlichung ist dem Thema angemessen. Leider haben die Grünen bisher zu dieser Versachlichung nicht beigetragen. Es werden leider immer wieder nur Emotionen geschürt. Ich befürchte, Frau Steiner, Sie werden die zwei Minuten, die Sie an zusätzlicher Redezeit einsetzen, dazu nutzen, die emotionale Ebene zu bedienen. Das ist schade.

(Dorothea Steiner [GRÜNE]: Warten Sie mal ab, Herr Behr!)

Ich werde mich jedenfalls an den Fakten orientieren.

Erstens. Die Luft war in den letzten Jahrzehnten noch nie so sauber wie heute.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das betrifft nicht nur die Partikel, sondern das betrifft auch die Schadstoffbelastung insgesamt. Die Luft ist viel sauberer geworden, nicht nur wegen der Auflösung des Ostblocks, sondern auch, weil z. B. ein Kohlekraftwerk wie Buschhaus mit Filteranlagen ausgerüstet worden ist.

Zweitens. Wenn ich von sauberer Luft rede, dann meine ich nicht nur die Luft draußen, sondern auch die Luft drinnen. Es kann nicht sein, dass wir die Feinstaubbelastung in Städten skandalisieren, während gleichzeitig die Feinstaubbelastung in den Innenräumen um ein Vielfaches höher ist, insbesondere natürlich dort, wo geraucht wird. Ich verweise da auf meine Ausführungen, die ich im letzten Jahr gemacht habe, als wir das im Landtag bereits diskutiert haben. Es gibt übrigens auch Untersuchungen, nach denen die Feinstaubbelastung z. B. in Schulen den in Rede stehenden Grenzwert überschreitet. Es geht also nicht um ein Unterscheiden zwischen außen und innen, sondern insgesamt um die Qualität unserer Luft und um den Schutz der Menschen vor Schadstoffen.

Drittens geht es auf europäischer Ebene um die Verhandlung einer einheitlichen Luftreinhalterichtlinie. Dabei geht es z. B. um den Anteil der Stick

oxide und um eine stärkere Betrachtung noch kleinerer Partikel, von Partikeln kleiner 2,5 µm. Das ist deswegen wichtig, weil die Partikel umso gefährlicher sind, je kleiner sie sind. Es kommt nicht so sehr auf den Stoff an sich und seine Giftigkeit an, sondern auf die Größe; denn je kleiner die Partikel sind, umso schneller gelangen sie direkt aus der Lunge ins Blut.

Daher sei mir der Hinweis gestattet, dass bei den zurzeit gemessenen Partikeln kleiner 10 µm der Anteil der Partikel kleiner 2,5 µm insgesamt 60 % der Teilchen ausmacht. Das heißt, das Hauptproblem liegt in der Tat bei den Kleinstteilchen.

Meine Damen und Herren, weiterhin wird auf EUEbene darüber verhandelt, von der Betrachtung von Tageswerten und damit von Spitzenbelastungen hin zu einer Jahresbetrachtung mit einer entsprechenden Gesamtbelastung zu kommen. Das wird das Grenzwertproblem erheblich entschärfen.

Viertens - das ist eben schon deutlich geworden gibt es viele Stellschrauben, an denen zu drehen ist. Dieselruß ist nur eine davon. Es kann nicht angehen, den Diesel zu verteufeln; denn der flächendeckende Einsatz von Partikelfiltern bringt ganze 4 % Entlastung, wenn es überhaupt so viel ist. Damit wird das Gesamtproblem also nicht gelöst. Es ist ein Beitrag zur Lösung; das ist völlig richtig. Deswegen ist es auch gut, dass wir da jetzt etwas tun. Ich hoffe auch, dass bald eine Entscheidung des Bundesrates vorliegt, damit die Förderung der Nachrüstung mit Partikelfiltern demnächst beginnen kann.

Fünftens. Das Hauptproblem ist und bleibt die Hintergrundbelastung. Etwa 80 % der Gesamtbelastung mit Partikeln sind auf die Hintergrundbelastung zurückzuführen. Die Einträge sind nach wie vor aus Südosteuropa zu verzeichnen. Man muss wissen, dass die Sinkgeschwindigkeit der Kleinstpartikel etwa einen Meter pro Tag beträgt. Da kann man sich ausrechnen, wo der Ursprung der Belastung liegt. Es wird deutlich, dass es sich hierbei um ein europäisches Problem handelt. Dieses europäische Problem muss auch europäisch gelöst werden.

Sechstens. Kraftfahrzeugverkehr ist ein beliebtes Angriffsziel der Grünen. Fakt ist aber, dass eine jüngste Untersuchung des Umweltbundesamtes festgestellt hat, dass durch die so genannte Feststoffverbrennung - dabei geht es z. B. um Holzfeuerung, Pellets, Kohle - mehr Partikel freigesetzt

werden als durch den gesamten Straßenverkehr. Also müssen wir auch dieses Problem betrachten.

Darüber hinaus - auch das will ich hier durchaus anmerken - geht es um die Emissionen aus der Landwirtschaft. Das ist in der Tat ein schwieriges Feld. Aber die Ammoniakfreisetzung muss reduziert werden. Das können wir nicht wegdiskutieren. Auch insoweit müssen wir zu Lösungen kommen.

Fazit: Feinstaubbelastung ist ein sehr komplexes Thema. Es gibt hierfür keine einfachen Lösungen. Wir setzen auf die Verhandlungen auf EU-Ebene, um zu einer Entschärfung der Grenzwertproblematik zu kommen. Wir brauchen europäische Lösungen, um die Hintergrundbelastung in den Griff zu bekommen. Das Land wird die Kommunen weiterhin bei der Aufstellung der Luftreinhaltepläne und deren Umsetzung unterstützen.

Meine Damen und Herren, unser Antrag zieht das Thema Feinstaub wieder auf eine sachliche Ebene. Deswegen werden wir die beiden Anträge der Grünen ablehnen. Der Landtag und das Ministerium werden am Thema dranbleiben. Ich denke, wir sind auf einem guten Weg, der an der Sache orientiert ist. Unser Motto ist: Verbesserung der Lebensqualität mit den Menschen und mit Augenmaß. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nächste Rednerin ist Frau Steiner von Bündnis 90/Die Grünen.