Protocol of the Session on March 23, 2006

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Zukunft der Pflege in unserem Land ist ein wichtiges Anliegen. Gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels stehen wir vor der Herausforderung, auch in den kommenden Jahren und Jahrzehnten eine Pflegelandschaft in Niedersachsen zu haben und vor allen Dingen zu erhalten, in der eine menschenwürdige Pflege bezahlbar und leistbar bleibt.

Meine Damen und Herren von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Sie haben in Ihrem Antrag vieles von dem aufgelistet, was zurzeit bundesweit Erkenntnisstand zum Entwicklungsbedarf der pflegerischen Versorgung ist. Ich will hier nur einiges beispielhaft nennen:

Erstens. Der demografischen Entwicklung ist rechtzeitig durch die Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen zu begegnen.

Zweitens. Der häuslichen Versorgung in der Pflege sowie im Vor- und im Umfeld von Pflege ist Priorität gegenüber stationären Versorgungsformen einzuräumen.

Drittens. Dies gilt nach dem Motto „Ambulant vor stationär“.

Viertens. Die Betreuungs- und Unterstützungsleistungen für die steigende Anzahl von demenziell Erkrankten müssen verbessert und weiterentwickelt werden.

Fünftens die Stärkung von Prävention und Rehabilitation.

Sechstens die Förderung und Unterstützung von bürgerschaftlichem Engagement und Nachbarschaftshilfe.

Ich habe diese sechs Punkte ganz bewusst aufgezählt, weil ich Ihnen sagen möchte, dass Ihr Antrag trotz aller Mühe, die Sie sich damit gegeben haben, schon deshalb nicht erforderlich ist, weil die Landesregierung seit ihrer Amtsübernahme all dies tut

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

angefangen mit der Neuorientierung des Landespflegegesetzes über die vielfachen Aktivitäten zum Bürokratieabbau in der Pflege bis hin zur Förderung von niedrigschwelligen Betreuungsangeboten für demenziell Erkrankte und ihre Angehörigen.

Mein Ministerium hat gerade den Landespflegebericht vorgelegt. Dieser trifft grundlegende Aussagen zu fast allen Ihren Forderungen - und nicht nur das: Er benennt darüber hinaus auch den künftigen Entwicklungsbedarf in der Pflege, und er zeigt Lösungen auf. Dabei bezieht er aktuelle statistische Daten mit ein, insbesondere was die Anzahl pflegebedürftiger Menschen, die pflegerische Versorgungsstruktur und die Entwicklung des Pflegebedarfs in Niedersachsen betrifft.

Parallel dazu befasst sich der Landtag in der Enquete-Kommission „Demographischer Wandel“ mit der Situation und der Zukunft der Pflege in Niedersachsen. Auch hier gibt der Landespflegebericht eine ausgezeichnete Basis für die Beratung.

Liebe Frau Helmhold, die Enquete-Kommission ist wichtig. Aber man muss die Pflege auch immer im Gesamtzusammenhang mit allen politischen Feldern sehen. Es ist deshalb kein Verschieben, sondern die Behandlung, lieber Reinhold Hilbers, ist vielmehr ein sinnvolles Einordnen. Frau Kohlenberg ist ja darauf eingegangen. Ich denke, wir brauchen bei diesem komplexen und sehr wichtigen Thema keine Doppelgleisigkeit, sondern wir sollten unsere Kräfte bündeln und konzentrieren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Doppelergebnisse auf Landesebene helfen der Pflege in Niedersachsen nicht weiter. In der letzten Woche wurde im Sozialausschuss der Landespflegebericht vorgestellt. Ich gebe Ihnen Recht: Die Beratungen wurden vertagt. Aber warum wurden sie vertagt? - Nicht, um über den Landespflegebericht nicht zu beraten, sondern allein und ausschließlich deshalb, um allen Mitgliedern des Fachausschusses ausreichend Zeit und Gelegenheit zu geben, den Bericht, der sehr umfangreich und sehr gründlich vorbereitet worden ist, auch zu lesen, damit wir im Fachausschuss darüber beraten können.

Wenige Tage zuvor ist der Landespflegeausschuss angehört worden. Er hat in dem Bericht einstimmig eine gute Grundlage für die fachöffentliche Diskussion zur Weiterentwicklung der pflegerischen Versorgung in Niedersachsen gesehen. Er hat ebenfalls einstimmig beschlossen, sich bei seinen weiteren Sitzungen kontinuierlich mit den Ergebnissen des Berichts und den erforderlichen Schlussfolgerungen zu befassen und dabei die fachöffentliche Diskussion zu berücksichtigen.

Sehr geehrte Frau Helmhold und sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, beteiligen Sie sich an dieser Diskussion! Bringen Sie sich aktiv und engagiert in die laufende Diskussion ein! Denn ich glaube, dass wir nur gemeinsam daran arbeiten können, die Betreuungs- und Unterstützungsleistungen sowie die Versorgungsstrukturen für pflegebedürftige Menschen in unserem Land im Interesse der pflegebedürftigen Menschen und ihrer Angehörigen zukunftsfest zu machen.

(Beifall bei der CDU)

Die Enquete-Kommission des Niedersächsischen Landtages wird sich ebenfalls noch ausdrücklich mit der Pflege in Niedersachsen befassen.

Im Übrigen, liebe Frau Helmhold, ist das Land für die meisten Ihrer Vorschläge gar nicht der richtige Adressat. Das sind vielmehr die kommunalen Gebietskörperschaften und die Leistungsanbieter und Kostenträger vor Ort, die für die pflegerische Struktur verantwortlich sind.

Die Aussage, dass die Sozialhilfeempfänger in Mehrbettzimmern untergebracht würden, ist einfach nicht belegt. Eine Serie von Anfragen der SPD-Fraktion hat ergeben, dass diese Aussage in dieser Eindeutigkeit nicht stimmt.

Ich würde mich freuen, wenn es gelingt, dass vor Ort gemeinsam Konzepte entwickelt und bestehende Angebote vernetzt werden und dass die Zusammenarbeit verbindlich verabredet wird. Insofern stimme ich Ihrem Antrag durchaus zu. Die örtlichen Pflegekonferenzen nach dem Niedersächsischen Pflegegesetz bieten hierfür einen geeigneten Rahmen und die örtlichen Pflegeberichte eine wertvolle Diskussions- und Entscheidungsgrundlage. Diese Möglichkeiten müssen stärker als bisher genutzt werden.

Meine Damen und Herren von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Strukturentwicklung in der Pflege braucht nicht nur auf der Landesebene oder der örtlichen Ebene die Bereitschaft und den Willen zu handeln. Sie braucht hierfür vor allem entsprechende rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen auf Bundesebene. Eine ganze Reihe Ihrer Vorschläge bedarf deshalb auch einer gesetzlichen Weiterentwicklung durch Bundesrecht.

Die von meiner Partei mitgetragene Bundesregierung hat die Weichen im Pflegebereich gestellt und auch für dieses Jahr u. a. eine umfassende, zukunftsorientierte Form der Pflegeversicherung angekündigt. Die Eckpunkte, die sich aus der Koalitionsvereinbarung ergeben, finden die volle und uneingeschränkte Unterstützung der Landesregierung.

Es bedarf eines Zusammenwirkens aller Ebenen über alle Parteigrenzen hinweg, um die großen Herausforderungen, welche die Weiterentwicklung der Pflege an uns gemeinsam stellt, auch gemeinsam zu bewältigen. Nur gemeinsam werden wir eine menschenwürdige und finanzierbare Pflege

landschaft in Niedersachsen aufrechterhalten können.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich erteile der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nach § 71 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine zusätzliche Redezeit von anderthalb Minuten. Bitte schön, Frau Kollegin Helmhold!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich bitte einige Dinge richtig stellen.

(Zurufe von der CDU)

Es ist eine Tatsache: Die Heimträger bauen heute mit einer größeren Anzahl von Doppelzimmern, weil sie genau wissen, dass die Sozialhilfeträger Einzelzimmer nicht mehr in dem Maße bezahlen wie zuvor. Sie müssen nur mal mit den Trägern sprechen, wie sie heutzutage ihre Altenheime planen. Das hat etwas mit dem zu tun, was Sie hier im Pflegegesetz zu verantworten haben. Es war ja bezeichnend, dass Sie, Frau Meißner, gesagt haben: Wir haben uns das Pflegegesetz als Erstes vorgenommen. - Das sagte schon von der Wortwahl her alles.

Es ist wohl ein bisschen zu leicht zu sagen, die Kommunen seien verantwortlich bzw. der Bund. Das Land ist immer noch für die Vorhaltung einer ausreichenden Pflegeinfrastruktur verantwortlich. Das kriegen wir aus diesem Landtag nicht weg. Deswegen müssen wir uns damit beschäftigen.

Noch ein Wort zur Enquete-Kommission, meine Damen und Herren. Wir waren nie damit einverstanden - das können Sie auch in den Reden nachlesen, die wir im letzten Jahr im Plenum zu diesem Thema gehalten haben -, dass die Enquete-Kommission dazu herhalten soll, dass wir keine Anträge mehr stellen sollen, die sich mit der Zukunft Niedersachsens langfristig beschäftigen. Deswegen haben wir Ihnen z. B. einen Antrag zum Thema Demografie und Infrastruktur, zum Thema Demografie und Seniorenwirtschaft und zum Thema Demografie und Pflege vorgelegt.

(Norbert Böhlke [CDU]: Aber Sie bestimmen nicht die Spielregeln!)

Wenn Sie sich einmal den Zeitplan der EnqueteKommission ansehen:

Den Zeitplan können Sie sich jetzt nicht mehr anschauen, Frau Kollegin Helmhold, weil Ihr Zeitplan abgelaufen ist.

Mindestens noch 29 Sitzungen bei knappstem Zeitplan! Und dann wollen Sie mir sagen, in dieser Legislaturperiode wollen Sie noch etwas tun? Das kommt nie hin! Sie verschieben, meine Damen und Herren. Dieser Vorwurf bleibt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Frau Ministerin, Sie haben sich noch einmal zu Wort gemeldet. Sie haben jederzeit das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sind uns wohl alle darüber einig, dass wir eine zukunftsgewandte Pflege brauchen, dass wir unterschiedliche Angebote im niedrigschwelligen Bereich brauchen, gerade besonders im niedrigschwelligen Bereich, um dem Grundsatz „Ambulant vor stationär“ Rechnung zu tragen. Aber zu der Behauptung, dass nur noch oder hauptsächlich Zweibettzimmer gebaut werden, werden wir in der Zukunft mal nachsehen müssen. Dann werden Sie den Beweis dafür antreten. Ich kann Ihnen nur sagen, wie es in den letzten Jahren gewesen ist. Wir haben eine Zunahme von 11 500 Plätzen im Heimbereich. Davon sind 85 % Einzelzimmer.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. - Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Ich schließe damit die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einigen Gegenstimmen sowie Stimmenthaltungen ist der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich einen Hinweis geben. Mir wurde mitgeteilt, dass sich die Fraktionen darauf verständigt haben, dass der Antrag unter Tagesordnungspunkt 45 ebenfalls direkt in die entsprechenden Ausschüsse überwiesen wird.

Jetzt rufe ich auf den

Tagesordnungspunkt 20: Einzige (abschließende) Beratung: Veräußerung der landeseigenen Liegenschaft ‚Schlossanlage Dornum‘ in Dornum (Grundbuch von Dornum Blatt 855 Gemar- kung Dornum Flur 3, Flurstücke 13/1, 15, 16, 20, 21, 22/3 und 259/19 - Schlossanlage - sowie Grundbuch von Dornum Blatt 870 Gemarkung Dornum Flur 2, Flurstücke 77/9, 79/10 und Gemarkung Dornum Flur 3, Flurstück 8, 9/3, 12, 14/1, 292/11 und 293/10 - Schlosspark) - Antrag der Landesregierung - Drs. 15/2596 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen Drs. 15/2686

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen in der Drucksache 2686 lautet auf Zustimmung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Im Ältestenrat haben sich die Fraktionen auch darüber verständigt, über diesen Punkt ohne Besprechung abzustimmen. - Ich sehe und höre keinen Widerspruch.

Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann ist einstimmig so beschlossen. Herzlichen Dank.