Protocol of the Session on February 23, 2006

Ich sage hier in aller Deutlichkeit - Ihnen werden das SPD-Kollegen aus dem Kreis der Wissenschaftsministerinnen und Wissenschaftsminister bestätigen -: Wir sind dankbar, dass wir es endlich mit einer Bundeskollegin zu tun haben, welche die Länderinteressen kennt und versteht,

(Wolfgang Wulf [SPD]: Das haben wir doch gesagt!)

und dass wir konstruktiv im Sinne eines Wettbewerbsföderalismus miteinander arbeiten können.

(Beifall bei der CDU)

Die Bundesministerin Schavan ist derzeit ein Segen für die deutsche Hochschulpolitik. Ich kenne keinen Wissenschaftsministerkollegen, der das derzeit bestreiten würde. Ich habe eben nichts anderes gesagt, als dass wir gemeinsam mit Frau Schavan auch an Möglichkeiten arbeiten, wie uns der Bund in verschiedenen Bereichen bei der Lösung der anstehenden Probleme helfen kann,

(Elke Müller [SPD] und Wolfgang Wulf [SPD]: Genau das hat sie gesagt!)

die in Wirklichkeit keine Probleme sind, sondern eine große Chance für die deutsche Hochschullandschaft darstellen.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will - ich erinnere, sie lautete auf Ablehnung -, den bitte ich nunmehr um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen?

Damit ist der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 24: Erste Beratung: Die aktive Väterrolle in der Familienarbeit und Kindererziehung stärken - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/2581

Für die SPD-Fraktion hat sich Herr Kollege Schwarz zu Wort gemeldet.

(Unruhe)

- Herr Schwarz, warten Sie noch ein Weilchen. Es ist mir einfach zu laut. Das Thema finde ich zu wichtig. - Bitte schön! Sie haben jetzt die ungeteilte Aufmerksamkeit aller Kollegen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auf allen politischen Ebenen und in allen politischen Parteien steht die Familienpolitik aktuell ganz oben. Endlich wird uns schmerzlich deutlich, dass die für viele Bereiche problematische demografische Entwicklung in Deutschland etwas mit einer jahrzehntelang verfehlten Familienpolitik aller Verantwortlichen in unserem Land zu tun hat.

Erheblicher Nachholbedarf bei Kinderbetreuungseinrichtungen, bessere finanzielle Unterstützung für junge Familien und vor allem die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind die aktuellen Schlagwörter bei möglichen Lösungsvorschlägen. Während andere europäische Länder uns seit Jahrzehnten vormachen, wie erfolgreiche Familienpolitik aussehen kann, vor allem die nordischen Länder, stehen wir in Deutschland noch am Anfang dieser Debatte.

Ein Umdenkungsprozess fängt erst ganz langsam an. Er hat viele gesellschaftliche Bereich noch gar nicht erreicht. Das gilt insbesondere auch für die Arbeitswelt. Wenn wir aktuell von der verbesserten Vereinbarkeit von Familie und Beruf reden, sind in der Regel die Frauen gemeint. Gleichzeitig regen wir uns darüber auf, dass sich Männer nicht genug um den Nachwuchs kümmern und dass die Erziehung weitgehend immer noch ausschließlich Frauensache sei.

Meine Damen und Herren, es stimmt, viele Männer müssen hier ihre Einstellung ändern.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Gesine Meißner [FDP])

Aber was ist mit der immer größer werdenden Zahl von Männern, die in unserer Gesellschaft ganz bewusst eine aktive Vaterrolle einnehmen wollen, die erlebt haben oder erleben wollen, welche persönliche Bereicherung es darstellt, die Kinder unmittelbar heranwachsen zu sehen, die ihren Kindern nicht nur gute Nacht sagen möchten oder sie am Wochenende erleben wollen? - Diese Väter treffen aktuell auf eine Gesellschaft, in der Anspruch und Wirklichkeit noch weiter auseinander klaffen, als dieses bei der Frage nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei Frauen der Fall ist.

Männer nehmen nicht nur deshalb kaum Erziehungsurlaub, weil sie nicht wollen, sondern weil sie real kaum können. Die Akzeptanz in den Betrieben ist weder unter den Kollegen noch unter den Vorgesetzten da. Bei jungen Frauen geht der Betrieb schon einmal davon aus, dass sie schwanger werden könnten. Aber dass nun auch noch Väter kommen, die Erziehungsurlaub beanspruchen wollen, ist in der Realität der meisten Betriebe nicht vorgesehen. Die faktische Alternative bei Männern heißt noch viel extremer als bei Frauen in der Regel: Arbeitsplatz oder Kindererziehung.

In den Niederlanden arbeiten heute schon 20 % der Männer Teilzeit. Kürzere Arbeitszeiten von Männern sind in Holland gesellschaftlich akzeptiert. In Deutschland hingegen diskutieren wir aktuell wieder über längere Arbeitszeiten. Familienfreundlichere Arbeitszeiten bleiben Männern oft verschlossen. Ihre Bedürfnisse nach intensiverer Familienorientierung erleben sie im Widerspruch zu veralteten Unternehmensphilosophien.

In Schweden nehmen 55 % der Väter Erziehungsurlaub oder Vatermonate, in Deutschland knapp 5 %. In Norwegen sind mindestens vier Wochen des Elternurlaubs für den Vater reserviert, in Schweden mindestens 60 Tage, sonst entfällt die finanzielle Unterstützung. In Dänemark beträgt die Elternzeit 52 Wochen. Davon kann die Mutter vor der Geburt vier Wochen beanspruchen, der Vater in Verbindung mit der Geburt vierzehn Tage bei voller Lohnfortzahlung.

Unter dem Begriff „Bündnisse für Familien und Beruf“ werden bei uns normalerweise Frauen un

terstützt, Väter bleiben außen vor. Mütter und Väter haben gleichermaßen ein Vereinbarkeitsproblem. Allerdings ist dieses bei dem Thema Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern ausnahmsweise einmal umgekehrt zu betrachten. Deshalb braucht auch Niedersachsen die Verankerung einer Väterpolitik genauso, wie es für Frauen schon Selbstverständlichkeit ist.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, es geht nicht um Gleichberechtigung, sondern es geht um Gleichwertigkeit von Frauen und Männern in Familie, Beruf und Kindererziehung. Das heißt: Vorlage eines Konzeptes zur zukünftigen Entwicklung der Väterarbeit in Niedersachsen, Förderung und Unterstützung von landesweiten Netzwerken und Initiativen, die Väterarbeit aufbauen, organisieren und vor allem die Balancefindung von Familie und Beruf unterstützen. Das heißt aber auch, Hilfsangebote für die besondere Situation von Scheidungsvätern und Stiefvätern zu schaffen. Der Hamburger Senat fördert z. B. das Väterzentrum Hamburg, Nordrhein-Westfalen das Sozialpädagogische Institut NRW, auch Berlin sieht eine institutionelle und personelle Förderung von Väterarbeit vor.

Für Jungen sind greifbare und erlebbare Männer im Prozess der Identitätsentwicklung von besonderer Bedeutung. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Aber das bedeutet auch, dass Männer dringend stärker für erzieherische Berufe motiviert werden müssen. Nur die Benennung des Themas, wie vor einigen Jahren durch den niedersächsischen Kultusminister, reicht nicht aus. Es müssen daraus konkrete Folgerungen geschlossen werden.

Zu guter Letzt fordert unser Antrag die Unterstützung der Bundesregierung bei der geplanten Einführung des Elterngeldes ab 2007 nach skandinavischem Vorbild, wonach bei einem zwölfmonatigen Bezugszeitraum mindestens jeweils zwei Monate für Väter und Mütter reserviert sind; sonst gibt es keine Geldleistung.

Meine Damen und Herren, ich bin mir sicher, dass wir uns in dem Ziel einig sind, die Väterarbeit auch in Niedersachsen auszubauen und zu unterstützen. Von daher hoffe ich, dass wir diesen Antrag im Ausschuss konstruktiv und ergebnisorientiert beraten werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank. - Für die Landesregierung hat sich Herr Minister Schünemann zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Minister!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Aktive Väter wie aktive Mütter sind gut für Kinder und für eine gleichberechtigte Partnerschaft. Für eine gedeihliche Entwicklung brauchen Kinder beide Geschlechter. Das Fehlen männlicher Vorbilder hat Auswirkungen auf die Entwicklung der Identität nicht nur von Jungen, sondern auch von Mädchen. Viele Männer wünschen sich heute mehr Zeit für die Familie. Viele Frauen erwarten eine stärkere Beteiligung von Männern an der Familienarbeit, um selbst berufstätig sein zu können. Deshalb ist es ein richtiges Ziel, die moderne Rolle der Väter zu stärken. Untersuchungen zeigen: Rund 70 % der Männer wollen Vorbild sein und sich um ihr Kind kümmern. Rund 40 % finden, dass sich Mutter und Vater im ersten Lebensjahr gleichermaßen um ihr Kind kümmern sollten, und fast 30 % meinen, dass dies auch über das erste Jahr hinaus geschehen sollte.

Die Realität jedoch sieht anders aus. Die allermeisten Familienväter sind voll erwerbstätig. Die Elternzeit, die im Jahr 2001 eingeführt wurde, ermöglicht zwar auch den Vätern mehr Zeit für die Familie, aber leider nehmen nicht einmal 5 % sie gemeinsam mit der Mutter in Anspruch und bisher nur 0,2 % allein. Als wichtigster Grund für diese Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit wird immer wieder genannt: Der Einkommensverlust ist zu groß, wenn der Vater die Arbeitszeit reduziert, und viel größer, als wenn die Mutter zu Hause bleibt. - Das vom Bund nunmehr geplante Elterngeld soll es Vater und Mutter künftig erleichtern, den Verdienstausfall weitestgehend aufzufangen. Deshalb ist das Elterngeld als Lohnersatzleistung konzipiert. Im ersten Jahr nach der Geburt können Väter oder Mütter von der Lohnersatzleistung Gebrauch machen. Damit kann dem Wunsch vieler Männer nach einer richtigen Vaterzeit entsprochen werden. Eine intensive Beteiligung des Vaters an der Betreuung wird sich auf die Entwicklung des Kindes und auch auf eine partnerschaftliche Rollenverteilung in der Familie sowie auf die Erwerbsbeteiligung von Frauen positiv auswirken.

(Beifall bei der CDU)

Das Ziel muss lauten: Elternzeit auch für Väter ist eine Selbstverständlichkeit und letztlich ein Gewinn nicht nur für die Familien, sondern auch für die Gesellschaft.

(Beifall bei der CDU)

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie hat für die Erwerbstätigkeit beider Elternteile und für das Zeitmanagement der Familien eine große Bedeutung. Die Landesregierung hat hierzu viele Maßnahmen eingeleitet: erstens die von uns geförderten 15 Koordinierungsstellen zur betrieblichen und beruflichen Förderung von Frauen, zweitens gemeinsame Anstrengungen der Landesregierung für eine familienfreundliche Arbeitswelt mit den Unternehmerverbänden Niedersachsen und der HertieStiftung seit 2004, drittens die Initiative „Lokale Bündnisse für Familien“ mit inzwischen 36 Bündnissen vor Ort in den Kommunen und ähnlichen vielfältigen Initiativen in den Kommunen. Wir haben eine Vielzahl von weiteren Maßnahmen im Bereich des Kultusministeriums entwickelt, um die Erzieherausbildung auch für junge Männer attraktiv zu gestalten. Werbemaßnahmen für den Lehrerberuf haben dazu geführt, dass sich seit 2001 die Zahl der männlichen Studierenden deutlich erhöht hat.

Lassen Sie mich abschließend noch auf die Forderungen des Entschließungsantrages eingehen.

Meine Damen und Herren von der SPD, im Ziel gibt es zwischen uns keinen Dissens. Aber erforderlich und zweckdienlich sind keine weiteren aufwendigen Erhebungen und Bestandsaufnahmen, sondern vielmehr konkrete Maßnahmen, die die Väter- und Mütterrolle weiter stärken.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herzlichen Dank. - Für die CDU-Fraktion spricht jetzt Herr Kollege Böhlke. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als Vater eines sechsjährigen Erstklässlers sowie eines dreijährigen Kita-Kindes und Ehepartner einer teilzeitbeschäftigten kaufmännischen Angestellten fühle ich mich nicht erst seit Einbringung dieses Antrages in das Parlament, sondern bereits durch die gesamtgesellschaftliche Entwicklung seit langem mit diesem Thema konfrontiert.

(Beifall bei der CDU)

Auch in meiner langjährigen beruflichen Tätigkeit als freigestellter Betriebsratsvorsitzender in einem großen internationalen Speditionsunternehmen bin ich in meiner täglichen Arbeitswelt mit diesem Themenkomplex konfrontiert. Meine Damen und Herren, es ist objektiv festzustellen, dass die neue Vätergeneration es anders und hoffentlich auch besser machen will als ihre Vorgänger. Die Generation meiner Eltern oder gar Großeltern wurde relativ selten damit konfrontiert, dass Väter von kleinen Kindern den Kinderwagen durch das Dorf oder durch die Stadt schoben oder Säuglinge wickelten. Progressiv waren ja schon die Männer, die ihren Kindern die Flasche gaben. Die klassische Rollenverteilung der Väter und Mütter wurde strikt eingehalten. Wer öffentlich davon abwich, wurde belächelt oder auch zum Gespött gemacht.

Ohne Zweifel ist es richtig, dass sich unsere heutige Gesellschaft deutlich vielfältiger darstellt und sich die Pluralität der Lebensformen spürbar verändert. Trotzdem ist festzustellen, dass das Verhältnis der aktiven Väter in der Familienarbeit im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn - sei es Skandinavien, sei es Frankreich - deutlich abweicht, und dies, obwohl auch die gesetzlichen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland bereits heute die Voraussetzung dafür geschaffen haben, sich als Vater und Partner aktiv in die Familienarbeit und Kindererziehung einzubringen.

In diesem Zusammenhang muss meines Erachtens aber auch auf die große Anzahl der allein Erziehenden hingewiesen werden, und dies sind im Wesentlichen Frauen, die im Grunde genommen gar keine Chance haben, eine andere Rollenverteilung als die als allein erziehende Mutter wahrzunehmen. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass die rechtliche Stellung der Väter, die außerehelich ihrer Vaterrolle gerecht werden wollen, in besonderer Weise zu beachten ist. Zur Untermauerung möchte ich eine mir vorliegende Statistik der Freien und Hansestadt Hamburg aus dem Jahre 2003 nennen. Dort sind 6 % der Bevölkerung Ehepaare mit Kindern, 4 % allein Erziehende mit einem Kind, 7 % haben als Ehepaare zwei Kinder und mehr, und 1 % der Bürgerinnen und Bürger hat als allein Erziehende mehr als zwei Kinder, 21 % der Bevölkerung sind Ehepaare ohne Kinder.