Protocol of the Session on January 27, 2006

Drittens. Könnte alternativ auch die Anschaffung von Bereitschaftsschleppern die Situation im Notfall entschärfen?

Herr Minister, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Binnenschiff als ein umweltfreundliches und besonders sicheres Transportmittel kann in erheblichem Maße den Straßenverkehr entlasten. Aber genau wie auf der Straße können auch auf dem Wasser gelegentlich Unfälle vorkommen, die dann den Verkehr erheblich behindern. Genau das ist auf der Ems passiert. Bei dichtem Nebel hat sich in der Nacht vom 14. auf den 15. Oktober letzten Jahres zwischen Papenburg und Herbrum ein Unglück ereignet, bei dem das Motorschiff Ilona M gesunken ist.

Die Ems ist Bundeswasserstraße, wie Sie wissen. Damit ist die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes für die Bergung und Beseitigung eines havarierten Schiffes verantwortlich. Dabei hat das hier zuständige Wasser- und Schifffahrtsamt Meppen selbstverständlich kollegial mit der Wasserschutzpolizei Niedersachsen zusammengearbeitet. Grundlage dafür ist ein extra hierzu verfasstes

Havariehandbuch. In diesem sind alle wichtigen Kontaktpersonen, aber auch Verfahrensgrundsätze für eine schnelle Abwicklung der Havarie geregelt. Die Aufgabe der Wasserschutzpolizei ist z. B. die Beweissicherung, die Schadensaufnahme und die Schadensermittlung.

Rückblickend lässt sich sagen, dass die Zusammenarbeit zwischen Bund und Land auch in diesem Fall problemlos und konstruktiv funktioniert hat.

Damit komme ich zur Beantwortung der einzelnen Fragen.

Zu 1: Wenn es zu einer Havarie auf einem Kanal kommt, lassen sich Wartezeiten natürlich nicht immer vermeiden. Das ist genau die gleiche Situation wie bei einem verunglückten Schienenfahrzeug oder Lkw. Wie umfangreich solche Wartezeiten sind, hängt von zwei Faktoren ab: zum einen davon, wie stark das Fahrwasser blockiert ist, zum anderen davon, ob und in welchem Maße Alternativrouten, auf die die Schiffe ausweichen können, zur Verfügung stehen.

Wir hatten hierbei die Situation, dass der untergegangene Frachter den Fluss so blockiert hat, dass kein Schiff vorbeifahren konnte. Auch die Option, auf Umleitungsstrecken auszuweichen, war nicht gegeben. Grundsätzlich hätten die Schiffe auf den Dortmund-Ems-Kanal ausweichen können. Dieser war jedoch wegen eines Dammbruchs gesperrt. Hierbei kamen also zwei Umstände zusammen: ein quergeschlagenes Schiff, das das Fahrwasser blockiert hat, und eine gesperrte Umleitungsstrecke. Auf eine solche Situation kann man sich auch nicht durch Notfallplanungen einstellen.

Zur Beseitigung musste das verunglückte Schiff zersägt werden. Das ist eine besonders kostenund zeitintensive Variante einer Bergung. Die Havarie hatte zur Folge, dass ein Stau mit etwa 250 Schiffen entstand. Damit dieser Stau um zwei bis drei Tage schneller hätte abgebaut werden können, wäre das Umweltministerium im Falle eines entsprechenden Wunsches der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes einverstanden gewesen, das Ems-Sperrwerk einzusetzen, um die Ems aufzustauen.

Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung hat den Einsatz des Ems-Sperrwerks aber letztlich nicht erbeten, weil sie zu dem Ergebnis gekommen ist, dass aus technischen und nautisch-operativen Gründen dieser Einsatz nicht zielführend gewesen

wäre. Damit haben beide Fachverwaltungen meiner Meinung nach das nötige Augenmaß bewiesen, um den durch die Havarie eingetreten Schaden so gering wie möglich zu halten. Übermäßige Wartezeiten lassen sich aber nicht verhindern, wenn es bei einem Unfall zur Verkettung unglücklicher Umstände kommt, die nicht vorhersehbar sind. In einem solchen Fall kann man nur an das Verständnis der Betroffenen appellieren.

Zu 2: Zur Rolle des Ems-Sperrwerkes ist zu bemerken, dass die Landesregierung alle Überlegungen unterstützt, das Ems-Sperrwerk so weit wie möglich auch für Zwecke der Schifffahrt einzusetzen, wobei die Belange des Küstenschutzes, des Naturschutzes und der Wasserwirtschaft zu berücksichtigen sind. Die Nutzung des Sperrwerks für Zwecke der Schifffahrt ist gegenwärtig nur punktuell, in Einzelfällen möglich. Dabei ist auch die bauliche und funktionale Auslegung des Sperrwerks zu berücksichtigen, z. B. können an dem Sperrwerk keine Schiffe festmachen.

Der gültige Planfeststellungsbeschluss lässt das Stauen nur für eine bestimmte Zeit, nämlich für 104 Stunden, zu. Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung beabsichtigt in Abstimmung mit dem Betreiber des Ems-Sperrwerks, dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küstenund Naturschutz - NLWKN -, mögliche Szenarien als Grundlage für den Einsatz des EmsSperrwerks zu beschreiben. Auf dieser Basis könnte ein entsprechendes Konzept erstellt werden. Inwieweit dieses dann Grundlage für eine Änderung des Planfeststellungsbeschlusses sein kann, bleibt abzuwarten. Der Planfeststellungsbeschluss wird gegenwärtig vor dem Bundesverwaltungsgericht beklagt. Erst wenn dieses Verfahren abgeschlossen ist, kann weiter geprüft werden.

Zu 3: Man könnte jetzt daran denken, dieses Unglück zum Anlass zu nehmen, Schlepper anzuschaffen, um für zukünftige Notfälle vorzubeugen. Je nach Unfallsituation kann der Einsatz eines Schleppers selbstverständlich wichtig und hilfreich sein. Man muss aber die Kosten einer Anschaffung gegen den Nutzen abwägen. Dabei wird man zu dem Ergebnis kommen, dass Unfälle glücklicherweise sehr selten sind, weshalb die Schlepper nur selten gebraucht werden. Ihre Anschaffung erscheint deswegen wirtschaftlich nicht vertretbar.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Gibt es weitere Fragen? - Ich sehe keine Wortmeldungen.

Dann kommen wir zu

Frage 2: Ein Jahr Kommunalprüfanstalt in Niedersachsen

Diese wird vom Kollegen Bartling gestellt. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit einem Jahr besteht die Kommunalprüfanstalt in Braunschweig. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: Wie hat sich die Prüftätigkeit der neu gegründeten Anstalt im Jahr 2005 im Vergleich zu den früher zuständigen Kommunalprüfungsämtern der aufgelösten Bezirksregierungen entwickelt (bitte die Fallzahlen für die Jahre 2003 bis einschließlich 2005 getrennt nach den früheren Regierungsbezirken aufschlüsseln)?

Vielen Dank. - Herr Innenminister, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum 1. Januar 2005 wurde mit dem Gesetz zur Neuregelung der überörtlichen Kommunalprüfung die Niedersächsische Kommunalprüfungsanstalt mit Sitz in Braunschweig errichtet. Diese Neuorganisation bedeutet zugleich eine veränderte inhaltliche Neugestaltung der überörtlichen Kommunalprüfung, die über die herkömmliche Aufsichtsfunktion hinaus beratende und unterstützende Leistungen für die Kommunen erbringen wird.

Niedersachsen war unter den vorherigen Landesregierungen auf diesem Gebiet untätig, während derartige moderne Konzepte in vielen Ländern inhaltlich und organisatorisch längst verwirklicht wurden.

Nunmehr ist es gelungen, das System der überörtlichen Kommunalprüfung auch in Niedersachsen grundlegend neu zu organisieren, indem eine lan

desweite Zuständigkeit für die überörtliche Prüfung sämtlicher Kommunen, Zweckverbände und kommunalen Anstalten geschaffen worden ist.

Für einen Übergangszeitraum von drei Jahren ist die Zuständigkeit der Kommunalprüfungsanstalt auf die Prüfung der Landkreise, kreisfreien Städte und großen selbständigen Städte beschränkt, um die neue Einrichtung nicht zu Beginn mit Aufgaben zu überfrachten und so einen sachgerechten Aufbau der Kommunalprüfungsanstalt zu gewährleisten.

Neben der neuen Organisation sieht das genannte Gesetz auch eine inhaltliche Neugestaltung der überörtlichen Kommunalprüfung über die herkömmlichen Aufsichtsfunktionen hinaus vor. Die Kommunalprüfungsanstalt soll einerseits den Interessen des Landes, also dem in Artikel 57 Abs. 5 der Niedersächsischen Verfassung verankerten Auftrag der staatlichen Aufsicht des Landes über die Kommunen, und zugleich den Interessen der Kommunen selbst dienen. Andererseits sollen die Kommunen mit einer vorwiegend auf Vergleichen basierenden und mehr beratenden und begleitenden Prüfung unterstützt und dadurch insgesamt die kommunale Selbstverwaltung gestärkt werden.

Die Kommunalprüfungsanstalt hat zwei Organe, nämlich den Präsidenten und den Verwaltungsrat. Dieser besteht aus acht Mitgliedern, von denen jeder kommunale Spitzenverband und das Ministerium für Inneres und Sport jeweils zwei bestimmt haben.

Der Verwaltungsrat entscheidet über alle Grundsatzfragen, insbesondere über die Satzungen einschließlich der Haushaltssatzung, und über die grundsätzliche Ausrichtung der Prüfung. Durch die mehrheitliche Vertretung im Verwaltungsrat nehmen die zu prüfenden Kommunen maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der Kommunalprüfungsanstalt. Dieses unterstreicht noch einmal das Ziel der Neuausrichtung der überörtlichen Kommunalprüfung über die herkömmliche Aufsichtsfunktion hinaus hin zu einer beratenden und unterstützenden Leistung für die Kommunen.

Durch die zuvor beschriebene besondere Einbeziehung der Kommunen ist die Organisationsform mit anderen Landesbehörden - auch mit den früheren Kommunalprüfungsämtern der Bezirksregierungen - schlichtweg nicht vergleichbar.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Die Niedersächsische Kommunalprüfungsanstalt hat ihren Prüfungsbetrieb mit Beginn des Jahres 2006 aufgenommen. Das abgelaufene Jahr hat die Leitung der Niedersächsischen Kommunalprüfungsanstalt dazu verwendet, die zentrale Verwaltung zu etablieren, Personal zu gewinnen und es auf die anstehende Prüfungstätigkeit vorzubereiten sowie die neu ausgerichtete überörtliche Kommunalprüfung inhaltlich-methodisch vorzubereiten.

Parallel hierzu hat die Leitung der Anstalt die erste vergleichende Prüfung vorbereitet, die sich auf die sieben großen selbständigen Städte erstreckt. Diese ist durch die einzelnen Prüfungsgruppen inzwischen vor Ort aufgenommen worden.

Angesichts des vollkommenen Neuanfangs - inhaltlich und institutionell - konnte nicht erwartet werden, bereits 2005 eine vergleichende überörtliche Kommunalprüfung abzuschließen. Ein Blick in die Nachbarschaft zeigt: Auch die Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen benötigte ein Jahr, um sich zu organisieren.

Angesichts dieser Sachlage erübrigt sich ein Vergleich der Prüfungstätigkeit der Niedersächsischen Kommunalprüfungsanstalt mit den Prüfungsleistungen der vier Kommunalprüfungsämter. Gleichwohl seien hier nachrichtlich folgende Fallzahlen mitgeteilt. Die Zahlen entstammen den übersandten Prüfungsplänen der genannten Jahre.

Die Bezirksregierung Braunschweig hat 2003 sechs Prüfungen vorgenommen, von der Bezirksregierung Hannover erfolgten vier, von Lüneburg sechs und von Weser-Ems 15 Prüfungen. Für 2004 ergibt sich das folgende Bild: Braunschweig fünf, Hannover zwei, Lüneburg fünf und Weser-Ems zwölf Prüfungen.

Vielen Dank. - Herr Kollege Bartling hat noch eine Frage. Bitte schön!

Herr Minister, habe ich Sie richtig verstanden, dass die neu eingerichtete Kommunalprüfungsanstalt im Jahr 2005 keine einzige Prüfung durchgeführt hat?

Ich schließe die zweite Frage an: Was hat den Steuerzahler die Einrichtung der Kommunalprüfungsanstalt im Jahr 2005 gekostet?

Herr Minister!

Ich habe schon in meiner ersten Antwort darauf hingewiesen, dass die Anstalt im Jahr 2005 mit der Organisation und der Gewinnung von Personal beschäftigt war. Es ist völlig klar: Wenn ich eine Prüfungstätigkeit neu organisiere, dann ist es sinnvoll, auch eine vernünftige Vorbereitung durchzuführen, wie es auch in Nordrhein-Westfalen geschehen ist. Wenn Sie in Ihrer Amtszeit die Kommunalprüfung sehr viel schneller zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden umgestaltet hätten, dann hätten wir diese moderne neue Prüfungsform, wie sie in fast allen anderen Bundesländern schon längst aufgenommen worden ist, schon sehr viel früher gehabt.

Zur zweiten Frage kann ich sagen: Etwa 450 000 Euro.

Vielen Dank. - Herr Prof. Lennartz, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Wie viele der früher in den staatlichen Rechnungsprüfungsämtern bei den Bezirksregierungen beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind von der Kommunalprüfungsanstalt übernommen worden und dort jetzt noch tätig?

Vielen Dank. - Herr Minister!

Wir haben drei Mitarbeiter übernommen.

Danke sehr. - Herr Kollege Möhrmann!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, wie viele Mitarbeiter der ehemaligen Prüfungsämter sind nach § 109 des Beamtengesetzes in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden und welcher Personalaufwand fällt trotzdem noch an?

Vielen Dank. - Bitte sehr, Herr Minister!

Die genaue Zahl, wie viele in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden sind, muss ich nachliefern. Nach unserer Erinnerung waren es drei.