Protocol of the Session on December 9, 2005

Herr Briese, bitte!

Es bleibt für mich nach wie vor irritierend, dass die Landesregierung nicht weiß, welche Konsequenzen diese Tests eigentlich haben sollen.

(Zustimmung von Ina Korter [GRÜ- NE])

Sie haben das gerade dargestellt, Herr Busemann. Wir wissen schon relativ viel darüber, wo die Probleme liegen.

Herr Briese, kommen Sie bitte zu Ihrer Frage.

Ich komme sofort zu meiner Frage, Frau Präsidentin. - Die Kinder sind vielfach übergewichtig, und es herrscht ein großer Bewegungsmangel oder eine große sportliche Unlust. Die Frage, die sich mir stellt und die ich Ihnen stelle: Glauben Sie, dass die Tests, die Sie durchführen, den Schülerinnen und Schülern, die wirklich betroffen sind, Lust auf Sport machen? - Das ist die zentrale Frage.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die zweite Frage, die ich der Landesregierung stellen möchte - wir reden ja sehr viel über Vorbilder und Werte in dieser Gesellschaft -: Ist denn die Landesregierung bereit, diesen Test auch einmal bei sich selber durchzuführen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Fitnesstest - ich hoffe, dass sich die Diskussion auch so auswirkt - sollte eigentlich für die gesamte Gesellschaft, für alle Altersgruppen und alle Berufsgruppen gelten. Das schließt Politiker und die Landesregierung mit ein.

Natürlich versprechen wir uns von einer so großen Bestandsaufnahme entsprechende Erkenntnisse, sonst würden wir sie gar nicht machen. Sonst würden wir uns mit den Allgemeinplätzen der Vergangenheit dann und wann in Diskussionen begeben, und es würde möglicherweise gar nichts passieren.

Zu den konkreten Ergebnisse: Bei aller Mäkelei kommen aus dem Schulbetrieb durchweg Berichte zurück - vor allem sehr stark aus dem Grundschulbereich -, in denen gesagt wird: Die Kinder haben den Test gerne und mit Eifer mitgemacht und haben auch Spaß dabei empfunden. Das muss auch einmal gesagt werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Gestern Nachmittag haben wir eine E-Mail von einer Sportlehrerin aus dem Realschulbereich bekommen. Ich gebe Ihnen den Inhalt einfach einmal wieder. Sie schreibt:

„Aktuelles aus der Schulwirklichkeit. Ich habe vor, auf die Folgerungen aus den Fitnesstestergebnissen einzugehen. Die Schüler einer 8. Klasse waren erschrocken über ihre schwachen Leistungen beim Halten im Hang und fragten nach einer Möglichkeit, diesen Wert im Folgetest zu verbessern. Jetzt bauen die Schüler, die als Este in der Halle sind, vor jeder Sportstunde eine Tauhangelanlage auf, und jeder versucht, soweit wie möglich, querzuhangeln. Ende Januar wollen

wir überprüfen, ob sich bereits ein Trainingseffekt in der Hangelleistung bemerkbar gemacht hat. Das passiert am Rande der Sportstunde einer Realschulklasse, nicht als Hauptthema. Fazit: Volltreffer.“

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Janßen zu seiner zweiten Frage!

Ich frage die Landesregierung: Da grundlegende Erkenntnisse ja bereits bekannt sind und sicherlich nicht der Eindruck erweckt werden soll, diese Studie sei nur ein Schnellschuss, gehe ich davon aus, dass die Landesregierung sich Gedanken darüber gemacht hat, welche Maßnahmen sie in ihrem Zuständigkeitsbereich durchführen kann, um die Missstände abzustellen. Ich würde gern wissen, welche konkreten Maßnahmen und welche Konzeption sich die Landesregierung nach Auswertung der Ergebnisse vorstellt. - Danke.

Herr Minister!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Janßen, wenn der Kultusminister etwas macht, dann denkt er sich immer etwas dabei.

(Beifall bei der CDU)

Es ist doch klar: Wenn er eine solche Bestandsaufnahme macht, dann kann das zu bestimmten Erkenntnissen führen, und dann löst das auch Handlungsbedarf aus, u. a. beim Kultusminister.

Befremdlich ist jedoch: Solche Maßnahmen werden - Entschuldigung! - mit einer gewissen Kleinkariertheit kritisiert. Aber bevor die Bestandsaufnahme abgeschlossen ist, wird schon nach Konsequenzen und Folgerungen gefragt. Die Sportinstitute, die wir hier zum Teil bemüht haben, stellen bereits die üblichen gestanzten Forderungen in den Raum wie „mehr Lehrer einstellen“ und „mehr Lehrer ausbilden“, übrigens Forderungen, von denen sie selbst zufälligerweise nicht in unangenehmer Weise betroffen sein würden.

Ich finde, man muss die richtige Reihenfolge beachten, die wir doch auch im politischen Geschäft anmahnen: erst die Bestandsaufnahme, dann nachdenken, dann handeln.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Andretta!

Ich frage die Landesregierung: Sind dem Wissenschaftsminister wissenschaftliche Evaluationsergebnisse bekannt, die das Urteil des Kultusministers über die schlechte Qualität der Ausbildung am Sportinstitut der Universität Hannover belegen?

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Die Frage darf nicht abgelesen werden!)

Wenn nein: Welche Maßnahmen wird der Wissenschaftsminister ergreifen, um die öffentliche Diffamierung der Hochschule durch die Landesregierung zu unterbinden?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Stratmann!

Erstens kann ich in den Äußerungen des Kollegen Busemann keinerlei Diffamierung erkennen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD)

Zweitens habe ich den Kollegen Busemann so verstanden, dass er sich über die Eingangsvoraussetzungen eingelassen hat, aber nicht über die Qualität des Instituts.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der SPD)

Weitere Wortmeldungen zu dieser Dringlichen Anfrage liegen mir nicht vor. - Wir kommen deswegen zu

b) Hier zu Hause - hier geblieben! - Ein familienfreundliches Aufenthaltsrecht für Flüchtlinge und Geduldete - Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/2452

Die Dringliche Anfrage wird vorgetragen von Frau Langhans.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Hoffnung, mit dem Zuwanderungsgesetz eine Altfallregelung für langjährig geduldete Flüchtlinge zu erhalten, hat sich nicht erfüllt. Die Regelungen zu einer Härtefallregelung werden in den Bundesländern und auch in Niedersachsen eher dürftig und unterschiedlich umgesetzt. Seit vielen Jahren beklagen nicht nur die Wohlfahrtsverbände, Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen, Kirchen und Gewerkschaften, sondern auch Politiker unterschiedlicher Couleur die unbefriedigende Situation, dass viele Menschen, die lange - aber ohne Perspektive - in Deutschland leben, kein dauerhaftes Aufenthaltsrecht erhalten können.

Nun endlich scheint sich etwas zu bewegen. Für die Innenministerkonferenz liegen Vorschläge für einen Daueraufenthalt der Betroffenen vor. Die Vorschläge sehen eine Stichtagsregelung für geduldete Familien mit Kindern mit mindestens sechsjährigem Aufenthalt oder eine solche Regelung, die aber auch Einzelpersonen mit einschließt, oder ein Aufenthalts- bzw. Rückkehrrecht nur für Kinder- und Jugendliche, allerdings ohne ihre Eltern, vor. Alle Vorschläge haben den Nachteil, dass viele Betroffene aus den Regelungen herausfallen, weil sie die geforderte mehrjährige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nicht vorweisen können. Häufig sind langjährig hier lebende Asyl suchende und geduldete Ausländer vom Zugang zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt ausgeschlossen. Flüchtlingsverbände fordern daher eine Aufenthaltserlaubnis auf Probe.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Wie bewertet sie die Bleiberechtsvorschläge des FDP-Innenministers in NRW und des Innensenators in Berlin sowie des hessischen Innenministers?

2. Wie steht die Landesregierung zum Vorschlag zahlreicher Flüchtlingsverbände, eine zweijährige

Aufenthaltserlaubnis auf Probe zu erteilen, um die Chance einer Arbeits- und Ausbildungsaufnahme zu ermöglichen?

3. Wie lässt sich der grundgesetzlich verankerte Schutz von Familien mit dem Vorschlag von Innenminister Schünemann, nur Kindern und Jugendlichen ein Bleiberecht einzuräumen, vereinbaren?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die Landesregierung antwortet Frau HeisterNeumann.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Innenministerkonferenz wurde in den letzten Jahren regelmäßig darüber diskutiert, ob es Gründe gibt, bestimmten an sich ausreisepflichtigen Personengruppen ein Aufenthaltsrecht zu gewähren. Die Möglichkeit dazu bietet das Aufenthaltsgesetz in § 23. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass sich die Innenminister im Bund und in den Ländern auf entsprechende Regeln verständigen. Es gilt das Einstimmigkeitsprinzip.

Derartige Bleiberechtsregelungen für alle ausländischen Staatsangehörigen, die sich langjährig in Deutschland aufgehalten haben, hat es bereits gegeben, und zwar in den Jahren 1996 und 1999. Sie wurden regelmäßig damit begründet, dass seinerzeit über viele Asylanträge erst nach langjährigen Verfahren beim Bundesamt und auch bei den Verwaltungsgerichten entschieden werden konnte und deshalb bei der Ablehnung der Asylanträge und damit beim Eintritt der Ausreiseverpflichtung bereits ein Einleben der Asylbewerber in die hiesigen Lebensverhältnisse stattgefunden hatte. Das gilt natürlich insbesondere für die mit eingereisten oder hier geborenen Kinder.