Diese Auseinandersetzung hat aber auch etwas Positives. Denn die Debatten mit Ihnen und anderen Abgeordneten über die Folgen der teilweisen Abschaffung der Widerspruchverfahren haben mich weiter darin bestärkt, die Zusammenlegung der Fachgerichtsbarkeiten zu forcieren. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir künftige Belastungsschwankungen in den relativ kleinen Zweigen der öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten nur durch eine Zusammenlegung sinnvoll in den Griff bekommen werden.
Die Zusammenlegung der Sozial- und Verwaltungsgerichtsbarkeit ist für mich - daraus mache ich kein Geheimnis; dies dürfte Ihnen allen bekannt sein - ein wesentlicher Bestandteil einer echten Strukturreform innerhalb der Justiz. Solange dies auf Bundesebene noch nicht umgesetzt worden ist - lieber Herr Briese, von wegen Handlungsdefizite! -, sehen wir die räumliche Zusammenlegung der Fachgerichte auf Landesebene schon einmal als ersten Schritt vor. So werden wir in Braunschweig im nächsten Jahr die erste räumliche Zusammenlegung dann auch verwirklichen.
Die Vorteile einer Zusammenlegung liegen dabei ganz klar auf der Hand. Neben einer Erhöhung des effektiven Einsatzes der Ressourcen im Personalund Sachkostenbereich wird der Weg für die Recht Suchenden schlicht leichter.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich jetzt auf weitere Verbesserungen in diesem Haushalt hinweisen. Die aus Anlass des Projektes „Einziehung und Verfall“ befristet bis zum 31. Dezember 2005 ausgebrachten insgesamt 13 Stellen unterschiedlicher Wertigkeit stehen der Justiz jetzt dauerhaft zur Verfügung. Damit wird der erfolgreichen Arbeit der Staatsanwaltschaften bei der Abschöpfung von Verbrechensgewinnen und der großen Bedeutung dieser Aufgabe im Hinblick auf die Bekämpfung der Wurzeln an der empfindlichsten Stelle verbrecherischer Aktivitäten Rechnung getragen. Weiterhin stärken wir durch zwei zusätzliche Stellen für Staatsanwälte für den Bereich Korruption und Internetkriminalität unsere erfolgreiche Verbrechensverfolgung in Niedersachsen.
Mit diesem Haushalt ist es uns auch gelungen, im Bereich der Verfahren nach der Insolvenzordnung im nichtrichterlichen Dienst 20 von den ursprünglich 39 kw-belasteten Inso-Stellen dauerhaft zu erhalten. Ferner nimmt auch die Justiz an den zum 1. Juli 2006 landesweit ausgebrachten Hebungen im gehobenen und mittleren Dienst teil. Dies wiederum ist besonders geeignet, die Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erhöhen, auf deren Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft ich bereits eingangs hingewiesen habe und bei denen ich mich an dieser Stelle - sicherlich auch in Ihrem Namen - sehr herzlich bedanken möchte.
Meine Damen und Herren, zu einer verantwortungsvollen Politik gehört aber auch - das muss auch ganz deutlich gesagt werden - die selbstverständliche Akzeptanz einer notwendigen Haushaltssanierung im Interesse nachfolgender Generationen. Die in diesem Jahr zu erwirtschaftende globale Minderausgabe in Höhe von 4,926 Millionen Euro wird für das Jahr 2006 in gleicher Höhe fortgeschrieben. Da wir den gesamten Betrag nicht allein aus dem Sachhaushalt aufbringen können, müssen wir auch im Personalbereich Einsparungen vornehmen. Wir werden hierfür voraussichtlich 2 Millionen Euro einplanen. In den Ausschüssen ist schon dargestellt worden, dass dies lediglich die Fortschreibung aus den vergangenen Jahren und damit keine neue Belastung ist. Liebe Frau Bockmann, in der Arbeitsgerichtsbarkeit entfällt im Übrigen keine einzige Stelle.
Dies ist so, weil wir - lassen Sie mich das an dieser Stelle wirklich einmal betonen - innerhalb der Zivilgerichtsbarkeit für einen internen Ausgleich gesorgt haben. Es würde natürlich viel einfacher werden, wenn wir auch die ordentliche Gerichtsbarkeit und die Arbeitsgerichtsbarkeit fusioniert hätten; denn dann hätten wir nicht die Probleme, in einem gewissen Zeitraum zu einem solchen Ausgleich kommen zu müssen.
Die Sanierung des Landeshaushaltes geschieht nicht aus Freude an schmerzhaften Einschnitten. Sie ist aber notwendig und stellt eine Zukunftsgestaltung dar. Sie bietet wirkliche Chancen zu einer strukturellen Neuausrichtung unserer Gesellschaft vor dem Hintergrund der immensen demografischen und wirtschaftlichen Herausforderungen. Seit meinem Amtsantritt - Herr Briese hat darauf hingewiesen, dabei aber außer Acht gelassen, wer letztendlich die Entscheidungskompetenz hat; darauf komme ich noch zu sprechen - habe ich auch keine Gelegenheit ausgelassen, Sie von der Notwendigkeit einer ganzheitlichen Justizreform zu überzeugen. Ich werde das natürlich auch weiter mit großem Engagement versuchen. Herr Briese, wir können für uns in Anspruch nehmen - das sollten Sie für Ihre Politik in der Zukunft vielleicht einmal mitnehmen; dann können auch Sie auf Bundesebene erfolgreich agieren -, dass wir mit dem von mir in Auftrag gegebenen Expertengutachten über eine zukunftsfähige Justiz nicht nur eine bundespolitische Diskussion ausgelöst haben. Vielmehr haben wir unser Ziel beharrlich und mutig - das muss ich ebenfalls einmal sagen - weiter verfolgt. Mittlerweile wurde ein weiterer wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu genau dieser großen einheitlichen Justizreform erreicht. Die große Justizreform hat - meine Damen und Herren, wer hätte das vor zwei Jahren vermutet? - Eingang in die Koalitionsvereinbarung von CDU, CSU und SPD gefunden.
„Die Koalitionspartner werden unter Einbeziehung aller Vorschläge der Justizministerkonferenz und der Vorarbeiten des Bundesministeriums der
Justiz zur großen Justizreform ein Gesamtkonzept für eine nachhaltige Sicherung der Leistungsund Zukunftsfähigkeit der Justiz bei voller Wahrung rechtsstaatlicher Standards erstellen.“
„Wir wollen die organisatorischen, institutionellen und verfahrensrechtlichen Strukturen straffen und überschaubar machen, das Gerichtsverfassungs- und Verfahrensrecht vereinheitlichen und vereinfachen sowie eine Streitkultur fördern.“
Das machen wir in Niedersachsen u. a. schon durch das Projekt Mediation und mittlerweile durch einen dritten Fachkongress zur außergerichtlichen Streitschlichtung.
Meine Damen und Herren, für uns in Niedersachsen ist das ein ganz klares Signal. Insbesondere von Ihnen, meine Damen und Herren Abgeordneten von der SPD-Fraktion, erwarte ich jetzt aber auch ein deutliches Ja zu den notwendigen Strukturveränderungen. Das sind wir unseren Bürgerinnen und Bürgern, aber auch unseren engagierten Beschäftigten im Geschäftsbereich schuldig.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, noch in einem weiteren Punkt möchte ich auf den Koalitionsvertrag hinweisen. Denn im Koalitionsvertrag wird gefordert, ein besonderes Augenmerk auf den konsequenten Umgang mit straffälligen Menschen zu richten. Nicht bei allen Tätern gelinge die Resozialisierung. - Dieser Forderung haben wir bereits mit dem einheitlichen niedersächsischen Vollzugskonzept aus dem letzten Jahr entsprochen. In dessen Mittelpunkt steht der Chancenvollzug, der über eine Grundversorgung hinausgehende Behandlungsangebote nur für mitarbeitsbereite und mitarbeitsfähige Gefangene vorsieht. Mit der Umsetzung dieses Konzepts sind landesweit einheitliche Qualitätsstandards entwickelt worden, die zu einer transparenteren und konsequenteren Ausrichtung des Strafvollzuges in Niedersachsen geführt haben.
Das Ergebnis der Koalitionsarbeitsgruppe zur Föderalismusreform sieht vor, die Gesetzgebungskompetenz für den Strafvollzug auf die Länder zu verlagern. Meine Damen und Herren, wir sind darauf bestens vorbereitet.
In einem niedersächsischen Strafvollzugsgesetz können wir den Chancenvollzug und damit die Mitarbeitsbereitschaft der Gefangenen erstmals gesetzlich verankern. Wir können die Bedeutung der Sicherheit stärker hervorheben und mit der Resozialisierung als Ziel des Strafvollzuges gleichstellen, wir können der Arbeit im Justizvollzug ein größeres Gewicht beimessen, wir können die Vollzugslockerung in Voraussetzung und Umsetzung stringenter fassen; und wir können deregulieren, indem wir die Vielzahl bundeseinheitlicher Verwaltungsvorschriften, niedersächsischer Ausführungsvorschriften, von Einzelregelungen und Erlassen zusammenfassen, reduzieren und gesetzlich normieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss kommen. Dabei möchte ich nicht versäumen, an dieser Stelle den Regierungsfraktionen für ihre tragende Unterstützung in dieser Haushaltsberatung meinen persönlichen und herzlichen Dank zu sagen.
Die Opposition bitte ich um konstruktive Unterstützung bei der Umsetzung der eingeleiteten Reformen. Mein Angebot, Sie in diese Arbeit einzubeziehen, liegt vor. Das hatte ich im letzten Jahr schon angeboten. Daran möchte ich festhalten. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die ehemalige Sozialministerin hat in Niedersachsen in der sozialen Landschaft einen Trümmerhaufen hinterlassen,
Da wäre als Erstes die Trümmerlandschaft Landesblindengeld zu nennen. Kaltherzig haben Sie im vergangen Jahr den blinden Menschen in Niedersachsen jegliche Leistung gestrichen. Alles, was wir und die Betroffenen Ihnen vorausgesagt haben, ist eingetreten. Seit Jahresbeginn ist der Anteil blinder Menschen in Niedersachsen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, von 10 auf 25 % angestiegen.
Und genau das wollten Sie. „Ja, und“ sagen Sie. Sie wollten den Wechsel von gleichberechtigter Teilhabe hin zur Armenfürsorge. „Ja, und“, Herr Böhlke, ich finde es sehr entlarvend, was Sie hier gesagt haben. Das wird im Protokoll ja nachzulesen sein.
Der Blindenfonds, Ihr Gutsherrenalmosen, ist grandios gescheitert. Nur 5 % der Summe sind ausgeschöpft. Offenbar passen die von Ihnen dort ausgeschriebenen Leistungen nicht zur Lebensrealität der betroffenen Menschen. Man kann Ihnen doch nur raten: Werden Sie endlich vernünftig, und reden Sie mit den Blinden. Wir haben Ihnen im vergangen Jahr einen Kompromissvorschlag vorgelegt, der Ihnen wirklich goldene Brücken gebaut hat. Nehmen Sie dieses Angebot endlich an. Oder wollen Sie wirklich warten, bis Sie das Volksbegehren zu einer Umkehr zwingen wird? - Danach sieht es aus.
Die zweite Trümmerlandschaft, die uns hinterlassen wurde, ist die Psychiatrie in Niedersachsen. Ohne Sinn und Verstand verkündete der Finanzminister die Zertrümmerung der Landespsychiat
rien. Ein reformerisches Ziel steht nicht dahinter. Es geht nur darum, durch einen geplanten Verkaufserlös Haushaltslöcher zu stopfen. Die Psychiatrie ist die Geldquelle und der Goldesel des Finanzministers. Die Sozialministerin hat sie kampflos, weil am Thema völlig uninteressiert, preisgegeben.
Wir wissen aber doch: Die Landeskrankenhäuser arbeiten wirtschaftlich und könnten für die Zukunft in Form einer Anstalt öffentlichen Rechts deutlich besser aufgestellt werden. Erhebliche Versäumnisse dagegen gibt es beim Sozialministerium. Das hat Ihnen der Landesrechnungshof ganz genau aufgeschrieben. Die niedersächsische Psychiatrie soll für die Fehler des Ministeriums bezahlen. Das machen wir und die Beschäftigten nicht mit, meine Damen und Herren.