Protocol of the Session on December 7, 2005

zur Freude der Aktionäre und zum Leidwesen der Beschäftigten. 23 % Steigerung werden für die DAX-Unternehmen als Dividende für 2005 prognostiziert. Ich bin mir sicher: Überzogenes kurzfristiges Renditestreben hat einen hohen ökonomischen Preis.

(Beifall bei der SPD)

Ein Wennemer-Kapitalismus zerstört die Rechtsund Planungssicherheit, zwingt Gewerkschaften in fundamentalere Opposition und gefährdet mittelfristig den sozialen Frieden in Deutschland. Das wird teuer, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ein Wennemer-Kapitalismus mit rückläufigen Löhnen und Gehältern ist eine dramatische Wachstumsbremse und gefährdet Absatzerfolge in Deutschland. Ein Wennemer-Kapitalismus demontiert den einzig wirklich steigerungsfähigen Erfolgswert, das Personal. Statt hohe Summen zu investieren, um Menschen aus den Unternehmen zu werfen, sollten die Manager darüber nachdenken, mit demselben Geld ihre Beschäftigten anders einzusetzen sowie Innovationsrate, Kundenbindung und Produktivität zu steigern. Darauf sollte es dem Management ankommen, was Zukunftsfähigkeit beweist.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Wulff, Herr Aller und Herr Lenz haben Sie frühzeitig auf die Entwicklung bei Conti aufmerksam gemacht. Ihr Engagement ist hingegen lustlos und enttäuschend.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Norbert Böhlke [CDU]: Der Staat regelt alles!)

Sie haben sich, wie Ihr Brief vom 28. November dieses Jahres dokumentiert, schon vor Wochen mit der Schließung der Pkw-Reifenproduktion in Stöcken abgefunden. Sie lassen sich von der Argumentation von Herrn Wennemer einlullen. Das ist die Situation.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - David McAllister [CDU]: Was reden Sie denn da?)

Für uns ist klar: Wer nicht kämpft, hat schon verloren. Die Beschäftigten wehren sich gemeinsam mit ihren Gewerkschaften. Wir stehen an ihrer Seite. Die Pkw-Reifenproduktion in Hannover muss Zukunft haben! - Herzlichen Dank.

(Starker, anhaltender Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜ- NEN)

Das Wort hat jetzt Herr Kollege Dr. Matthiesen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Zunächst spreche ich der Belegschaft und dem Betriebsrat von Conti Stöcken die volle Solidarität der Fraktionen von CDU und FDP aus.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Jüttner, wir lassen uns nicht einlullen. Letzten Mittwoch bin ich mit einigen CDA-Kollegen beim Betriebsrat in Stöcken gewesen. Wir haben volle Einigkeit über das Ziel hergestellt. Konzernchef Wennemer muss die Kündigung der Standortsicherungsvereinbarung für die Pkw-Reifenproduktion in Hannover-Stöcken schnellstens aus der Welt schaffen.

(Beifall bei der CDU)

Der zugrunde liegende Vorstandsbeschluss muss rückgängig gemacht werden. Die Kündigung der erst im Mai geschlossenen Betriebsvereinbarungen ist ein nie da gewesener Vertrauensbruch.

(Beifall bei der CDU, bei der FDP, bei den GRÜNEN und Zustimmung bei der SPD)

Herr Wennemer stellt aus Kostengründen mittelfristig die gesamte deutsche Reifenproduktion der Conti mit der Folge des Verlustes von tausenden von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen in Deutschland in Frage. Es soll nur noch dort entwickelt und produziert werden, wo es am billigsten ist. Würde diese Unternehmensphilosophie in Deutschland Schule machen, so wäre das die Selbstaufgabe des Wirtschaftsstandortes Deutschland verbunden mit einer unübersehbaren wirtschaftlichen und sozialen Katastrophe.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Wir dürfen nicht diejenigen - ob Arbeiter, Ingenieure oder Manager - im Stich lassen, die mit ihrem Wissen und Können, ihrer Motivation und Leistungsbereitschaft dieses Unternehmen aufgebaut haben. Herr Wennemer entspricht dem Typ des geldgetriebenen Managers. Für ihn zählt nur das, was in Geld ausgedrückt werden kann. Er hat kein Verantwortungsgefühl für Region, Land und Gesellschaft, von der er letzten Endes selbst lebt.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Hier geht es um die Grundsatzfrage, wie Unternehmen in Deutschland unter den Bedingungen der Globalisierung geführt werden sollen. Der Typ des geldgetriebenen Managers entspricht nicht der sozialen Marktwirtschaft des Grundgesetzes.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Sozialbindung des Eigentums ist eine Verpflichtung, die sich an Unternehmensführer richtet und auch an den Staat, der sie notfalls zu erzwingen hat. Dies sollte das heutige parteiübergreifende Signal des Niedersächsischen Landtages sein.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP und Zustimmung bei der SPD)

An dieser Stelle spreche ich namens der Fraktionen der CDU und der FDP allen Unternehmen in Deutschland

(Zurufe von der SPD und von der CDU)

- wenn ihr zustimmen wollt, könnt ihr es ja tun; ich hoffe das auch - Dank und Hochachtung dafür aus, die die bessere Unternehmensstrategie verfolgen: Sie produzieren weltweit einschließlich der Entwicklungs- und Produktionsstandorte in Deutschland. Das ist bei schwarzen Zahlen möglich. Auch die Conti-Reifenproduktion in Hannover-Stöcken wirft jährlich einen Gewinn von 40 Millionen Euro bei Spitzenleistungen von Ingenieuren und Arbeitern ab. Es gibt in Deutschland viele Unternehmen, die mit dieser Strategie Erfolg haben. So hat der Barsinghäuser Motorenteilehersteller TRW weltweit Produktionsstandorte für Ventile. Hochwertige Metallventile werden in Barsinghausen gefertigt. Die eigenen, bei TRW ausgebildeten Facharbeiter haben Maschinen gebaut, die es nirgendwo zu kaufen gibt. Einfachere Ventile werden im Ausland produziert. Insgesamt geht die Rechnung auf. Die Konkurrenten von Conti denken nicht daran, ihre Produktionsstandorte in Deutschland aufzugeben, sondern sie investieren gezielt, um sie noch profitabler zu machen.

Wir müssen Herrn Wennemer und allen anderen Managern seines Schlages nun parteiübergreifend klar machen: Die am Shareholdervalue ausgerichtete Unternehmensführung ist der systematische Weg in den Misserfolg.

(Beifall bei der CDU, bei der FDP und bei den GRÜNEN und starker, anhal- tender Beifall bei der SPD)

Das nächste Datum, bei dem Herr Wennemer zur Umkehr bewegt werden kann, ist das Datum der Aufsichtsratssitzung am 14. Dezember 2005. Im Namen der Fraktionen von CDU und FDP appelliere ich an den Aufsichtsrat, die Rücknahme des Vorstandsbeschlusses zur Schließung der PkwReifenproduktion herbeizuführen.

Die Regierungsfraktionen begrüßen es sehr, dass Herr Wirtschaftsminister Hirche vorgestern beim Betriebsrat zu Gast gewesen ist und Wege aus der Krise sucht. Ich bin voll davon überzeugt, dass es klappen wird, auf diesem Wege noch weiter voranzukommen, auch in Verbundarbeit mit dem VWKonzern. Es wird dabei auch um die Frage gehen, wie die Wettbewerbsnachteile der Conti beispielsweise im steuerlichen internationalen Wettbewerb, etwa im Verhältnis zu Tschechien, abgebaut werden können. Ich hoffe, dass wir parteiübergreifend

nicht locker lassen werden, an der Sache dranzubleiben, und dass wir es erreichen, dass der jetzt gebotene Schritt doch erfolgt, die geschlossene Standortvereinbarung für die Pkw-Reifenproduktion wie vereinbart umzusetzen und die Zeit zu nutzen, über ein tragfähiges Anschlusskonzept zu verhandeln. - Danke.

(Starker, anhaltender Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Das Wort hat der Kollege Hagenah.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dazu kann man doch nur sagen: Schade, dass die CDA nur als Ausputzer der CDU genutzt wird,

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

wenn der Mainstream nicht mehr weiter weiß. Der Konflikt bei der Conti trifft nämlich tatsächlich den Lebensnerv unseres Industriestandortes. Hier wird vor unserer Haustür der in Deutschland seit Jahrzehnten bewährten hohen Konsensfähigkeit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern dauerhafter Schaden zugefügt. Dabei hat mein Kollege wirklich in allen Punkten, die er gerade vorgetragen hat, Recht.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der CDU und bei der SPD)

Damit wird ein wichtiger Standortfaktor entscheidend geschwächt - und das, obwohl der ContiVorstand gerade den größten Gewinn in der Unternehmensgeschichte verkünden konnte.

Hilflos läuft die Landesregierung hinter den Ereignissen her, statt im ständigen Dialog mit den Akteuren auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite zu stehen.

(Bernd Althusmann [CDU]: Das stimmt doch gar nicht!)

Last-Minute-Gespräche, wie vorgestern von Herrn Minister Hirche mit den Arbeitnehmern geführt, kommen reichlich spät. Verantwortliche Wirtschaftspolitik, Herr Minister, hätte durch frühzeitige

Intervention versucht, diese Zuspitzung zu verhindern.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Was Herr Wennemer hier vorexerziert, ist eine bösartige Steigerung des Turbokapitalismus im Zuge der Globalisierung. Er reduziert die Arbeitnehmer auf Kostenfaktoren auf zwei Beinen. Nach den Maximen von Herrn Wennemer für Conti ist am Standort Deutschland tatsächlich keine industrielle Produktion mehr wirtschaftlich. Nach der Logik von Herrn Wennemer können wir die Industrie in Deutschland zumachen.

Angesichts der Solidarisierung des Niedersächsischen Unternehmensverbandes mit dem ContiVorstand und der Mitverantwortung des Aufsichtsrates von der Arbeitgeberseite her bleibt der Vertrauensbruch in der Tarifpartnerschaft leider nicht auf Conti beschränkt. Diese Solidarisierung macht die willkürliche Kündigung der Betriebsvereinbarung bei Conti zu einer Bedrohung für die Sozialpartnerschaft bei uns insgesamt.

Für Sie von CDU und FDP mit Ihrer Fixierung auf betriebliche Bündnisse bricht damit letztendlich Ihre Weltsicht zusammen - deswegen muss hier heute auch der CDA reden. Ihnen wird exemplarisch vorgeführt, dass die von Ihnen immer propagierte Demut gegenüber dem Shareholdervalue in eine Sackgasse führt. „Wer sich auf mehr Arbeit für das gleiche Geld einlässt, verliert trotzdem den Job“ ist die Botschaft von Conti. Die jetzt von den Arbeitnehmern bei Conti vollzogene Aufkündigung aller weiteren Betriebsvereinbarungen zur Kostensenkung ist die logische Folge der einseitigen Kündigung vonseiten des Vorstandes. Die geschlossene Reaktion der Arbeitnehmer einschließlich der sonst häufig anders votierenden leitenden Angestellten sollte als letzte Chance zur Korrektur der fatalen Fehlentscheidung vom Vorstand genutzt werden. Ich fordere andernfalls die Arbeitgebervertreter im Aufsichtsrat auf, bei der nächsten Sitzung am 14. Dezember Bodenhaftung zu beweisen und den Conti-Vorstand zur Not dort noch auszubremsen. Sonst droht ein weiteres Anschwellen des berechtigten Protestes, der letztendlich auch andere Unternehmen erfassen könnte.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Konfliktes bei Conti darf gerade die Politik diesen Angriff auf einen unverzichtbaren Grundpfeiler unse