Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat, Herr Dinkla: Im Vergleich zur Vorankündigung in der Presse war Herr Hagenah erfreulich oder - wie immer - harmlos,
sodass ich mich auf die Punkte „Beteiligungsstruktur“ und „Beteiligung von Dritten“ beschränken möchte und das auch nur mit zwei oder drei Sätzen.
Sie verlangen hier Auskunft über die Veränderungen der Beteiligungsstruktur und der damit einhergehenden Besetzung des Aufsichtsrats. Zunächst einmal ist allen bekannt, dass das Land aus verschiedenen Gründen - Stichwort „VW-Gesetz“ - um einen weiteren potenten Kapitaleigner bemüht ist. Entsprechende Bemühungen des Ministerpräsidenten - auch verbunden mit Reisen - haben wir hier kommentiert. Insofern sind wir froh darüber, dass wir auf dieser Ebene einen neuen Anteilseigner bekommen haben.
Sie erwarten nun Aussagen über die Einflussnahmen im Aufsichtsrat und dessen Besetzung. Ich darf Ihnen sagen - das wissen Sie vielleicht nicht -: Das wird in der Geschäftsordnung dieses Unternehmens geregelt, das wird im Aktiengesetz und übrigens auch im Mitbestimmungsgesetz geregelt. Das heißt, über die Besetzung von Aufsichtsräten entscheiden im Rahmen dieser Gesetze die Anteilseigner, der Aufsichtsrat oder die Hauptver
Wir sollten alles tun, um die Negativschlagzeilen, in denen sich VW zugegebenermaßen befindet, nicht noch zu befördern. VW ist - auch das hat mein Kollege Dinkla ausgeführt - mit weltweit über 130 000 Beschäftigten ein ausgesprochen erfolgreiches Unternehmen mit engagierten Mitarbeitern. Dazu zählen Vorstände, Führungskräfte, Arbeiter und Angestellte und - ich erlaube mir den Zusatz auch Betriebsräte. Sie alle haben es nicht verdient, durch einige wenige schwarze Schafe, auch wenn diese an den Schaltstellen saßen, in Misskredit gebracht zu werden. VW baut erfolgreich Autos auf Weltniveau in Emden, Wolfsburg, Kassel, Braunschweig usw. Das sind wichtige Arbeitsplätze. Dazu zählen auch Betriebe im Zulieferbereich. Ich erwähne in diesem Zusammenhang gerne Oldenburg.
Meine Damen und Herren, ich bin davon überzeugt, dass insbesondere die Vertretung dieser Interessen bei Herrn Ministerpräsident Wulff und übrigens auch bei Herrn Wirtschaftsminister Hirche als Aufsichtsratsmitglieder in guten Händen ist. Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Niedersächsischen Landtag muss man nicht erläutern, welchen Stellenwert Volkswagen für das Land hat. Wir wissen auch um das sensible Thema der Aufsichtsratmitglieder des Eigners Land Niedersachsen, dass es also in diesem Zusammenhang darauf ankommt, die kurz- und langfristigen Belange des Unternehmens mit denen des Landes abzugleichen. Diese Belange sind oft deckungsgleich, aber nicht immer. Deshalb erfordert es relativ hohe Sensibilität, diesen Abgleich in geeigneter Weise durchzuführen. Das gilt umso mehr, als Volkswagen gegenwärtig vor zentralen Herausforderungen steht, die wir oft genug diskutiert haben und die für das Land von zentraler Bedeutung sind. Diese Debatte muss man im Landtag regel
mäßig führen. Das ist überhaupt keine Frage. Insoweit teile ich die Einschätzung des Kollegen Hagenah uneingeschränkt.
Die gegenwärtige Situation ist etwas komplizierter, weil in diese Debatte - übrigens auch aufgrund der vorbereitenden Presseerklärungen der Grünen - Gegenstände einbezogen worden sind, die sich auf die am Freitag dieser Woche stattfindende Aufsichtsratsitzung, auf Aufklärungsbedarfe und staatsanwaltschaftliche Ermittlungen beziehen, in die auch ein Mitglied des Landtages involviert ist. Vor diesem Hintergrund habe ich die Befürchtung, dass es uns in dieser Woche kaum gelingen kann, eine angemessene Debatte zu führen. Auch ich müsste nämlich ansonsten Kritik an dem Rollenverständnis des Ministerpräsidenten und des Wirtschaftsministers üben. Ich meine, dass sie, so wie sie agieren, nicht immer klug beraten sind. Ich weiß aber nicht, ob es klug ist, die Diskussion in dieser Woche zuzuspitzen. Ich wünschte mir mehr, dass wir eine solche ausführliche Debatte dann führten, wenn die Nebenbegleiterscheinungen, die kompliziert sind, die dem Unternehmen aufgrund der täglichen Schlagzeile aber täglich schaden, aufgeklärt und aus der Welt sind. Ich meine, dass wir diese inhaltliche Debatte dann führen sollten. Die SPD-Fraktion wird sich daran dann auch gerne beteiligen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Mittel der Aktuellen Stunde ist gewiss ungeeignet, diese Sachverhalte zu besprechen, weil dazu zu viel schwer Wiegendes vorgefallen ist, das der Aufklärung bedarf.
Eine Dringliche Anfrage wäre ein Instrument gewesen, wobei auch in diesem Falle bei Aufsichtsratsangelegenheiten die Verschwiegenheitspflicht aus § 116 Satz 2 des Aktiengesetzes für Herrn Hirche und mich gegolten hätte. Hier kommt hinzu, dass es staatsanwaltschaftliche Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gibt, die noch nicht abge
schlossen sind, sowie sowohl interne Prüfungen des Unternehmens durch den Prüfungsausschuss als auch externe Prüfungen durch die KPMG durchgeführt werden.
Ich werde mich morgen und übermorgen dafür einsetzen, dass der Vorsitzende des Prüfungsausschusses, Herr Liesen, und die Prüfer der KPMG am Freitag nach der Aufsichtsratssitzung zur Unterrichtung der Öffentlichkeit eine Darstellung abgeben, wobei sicherlich auch darauf hingewiesen werden wird, dass man zu bestimmten Vorwürfen die Ermittlungen unserer Staatsanwaltschaft abwarten muss.
Herr Jüttner hat zu Recht darauf hingewiesen, dass Volkswagen für unser Land eine überragende Bedeutung hat. Es ist das größte Unternehmen mit dem größten Anteil an unserem Export und mit der größten Anzahl an Beschäftigten in unserer Industrie. Deswegen muss es uns allen darum gehen, dass bei Volkswagen wieder über das Kerngeschäft gesprochen wird. Das sind - man mag in den letzten Monaten manchmal daran gezweifelt haben - tatsächlich der Bau von Autos und das rentierliche Verkaufen von Autos und nicht die Meldungen, die seit einem Jahr die Gazetten bestimmen. Herrn Jüttner darf ich sagen, dass ich dann, wenn ich weiter ausholen würde, was ich könnte, natürlich an bestimmten Vorgängen Kritik üben müsste. Was die Landesregierung betrifft, so können Sie sicher sein: Wir werden nicht nur klug beraten, sondern wir agieren auch klug!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im ersten Teil meines Kommentars zu VW habe ich schon etwas zu den verschiedenen Rollen gesagt, in denen die Fraktionen beim Thema VW gefangen sind. Wenn sich die Fraktionen weiterhin so verhalten und in diesen Rollen verharren, geben Sie der Landesregierung, dem Ministerpräsidenten und dem Wirtschaftsminister, einen Freibrief. In der Börsenzeitung, die gestern Abend
beim Sparkassen-Abend verteilt worden ist, schreibt Herr Wulff viel mehr über die Beteiligung, über die Rolle des Landes und seine Positionierung in dieser Angelegenheit, als er hier dem Parlament zur Kenntnis gibt. Ich meine, dass wir angesichts dessen ein Problem haben.
Die Fraktionen, die hier abwiegeln, können sich nicht darauf zurückziehen, dass man bis zum Abschluss der staatsanwaltlichen Ermittlungen nichts sagen dürfe. Wir haben doch deutlich gemacht, dass unser Hauptproblem hinsichtlich der Rolle des Ministerpräsidenten nicht in diesem Themenkomplex, sondern in dem Themenkomplex der Beteiligung, der Auseinandersetzung im Aufsichtsrat und deren Zielsetzung zu suchen ist.
Bis zum Einstieg von Porsche bestand tatsächlich die Gefahr, dass das gut aufgestellte Unternehmen VW von Investoren, die Gewinninteressen durch Filetieren verfolgen, hätte übernommen werden können. Diese Gefahr ist jetzt gebannt. Auch der Ministerpräsident hat den Einstieg von Porsche zunächst sehr gelobt und begrüßt und tut dies heute noch. Warum dann aber die eskalierende Auseinandersetzung des Ministerpräsidenten gegen Aufsichtsratschef Piëch, der mit diesem Engagement von Porsche so stark verbunden ist? Wie ich heute den Medien entnommen habe, wird dieses Thema am Freitag erneut zugespitzt werden, und zwar von Ihnen, Herr Wulff.
„Der CDU-Politiker macht keinen Hehl daraus, dass er Ex-Siemens-Chef Heinrich von Pierer lieber als VW-Aufsichtsratschef sehen würde.“
Die vom Ministerpräsidenten selbst vorgebrachten Argumente erscheinen dagegen wenig überzeugend. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt dazu unter dem 11. Oktober 2005
„Wulff beruft sich auf die Corporate Governance, die Regeln zur guten Unternehmensführung, die empfehlen, dass wesentliche und nicht nur vorübergehende Interessenskonflikte in der Person eines Aufsichtsrates zur Beendigung des Mandats führen sollten. Gemessen daran müsste Wulff ebenfalls abdanken; denn das
Interesse des Landes, etwa an einem Erhalt der Arbeitsplätze, deckt sich nicht zwangsläufig mit denen des Unternehmens.“
Herr Wulff, ich frage Sie: Wollen Sie das in der Provokation und in der Zuspitzung Ihrer Auseinandersetzung als Quasi-Rückschlagswirkung?
Andere Aufsichtsratsmitglieder geben zum angedachten Austausch Piëchs gegen von Pierer zu bedenken, die geschäftlichen Verbindungen zwischen dem Vorlieferanten Siemens und VW seien um ein Vielfaches umfangreicher als die derzeitigen Kooperationsprojekte von VW und Porsche. Ist es dann überhaupt ein Denkmodell im Sinne von Corporate Governance, einen Siemens-Mann statt eines Mannes zu nehmen, der nachweislich bei Porsche stark engagiert ist? Warum dann trotzdem ausgerechnet Herr von Pierer? War es ein Argument, dass Herr von Pierer kurz vor der Empfehlung von Ihnen, Herr Wulff, bei VW in das Wahlkampfteam der CDU eingetreten war?
Herr Ministerpräsident, erst kommt das Land, dann die Partei oder persönliche Befindlichkeiten. Stellen Sie das Landesinteresse auch bei Ihrem Agieren zu VW immer in den Vordergrund!
In diese Richtung geht auch die Empfehlung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 19. Oktober 2005. Dort heißt es, Herr Wulff:
„Zum Wohle des gesamten Konzerns mit seinen 340 000 Beschäftigten müssen die Widersacher an einer einvernehmlichen Lösung der Blockade interessiert sein. Doch die wird jenseits aller Sachfragen durch persönliche Feindschaften erheblich erschwert.“
Meine sehr verehrten Damen und Herren hier im Landtag, kann es uns nicht egal sein, wenn persönliche Feindschaften gepflegt werden, obwohl eigentlich das Landesinteresse die entscheidende Rolle spielen müsste? Herr Ministerpräsident, wir werden nicht locker lassen, die Entwicklungen bei VW und die Wahrung der Landesinteressen im
Tragen Sie dazu bei, dass das Unternehmen wieder in ruhiges Fahrwasser kommt! Schon am Freitag im Aufsichtsrat bietet sich die Gelegenheit dafür. - Vielen Dank.