(Uwe Schwarz [SPD]: Haben Sie einmal das Protokoll der Fachaus- schusssitzung vom 31. Oktober 2001 gelesen? Das sollten Sie einmal tun!)
Viertens. Die Implementierung eines Controllings als Steuerungsinstrument bedeutet, eine neue Verwaltungseinheit zu schaffen. Das ist mit Sicherheit mit zusätzlichen Kosten verbunden. Ein solches Controlling mag sich - wie uns die Wirtschaft beweist - durchaus rechnen, wenn da ordentliche Kräfte sitzen. Aber ob die hier, wenn überhaupt, zu findenden und auszunutzenden Wirtschaftlichkeitsreserven die Kosten decken, bleibt zweifelhaft. Außerdem sei mir die Frage gestattet: Wieso sollte der Staat sich bei dem System eigentlich in ein Rechtsverhältnis zwischen Patient und Arzt einmischen?
Fünftens. Wenn für alle Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung endlich klar ist, was nun eigentlich kommt - und das nicht nur bezogen auf die Beitragshöhe -, können auch die Beihilfeleistungen neu beurteilt werden.
Meine Damen und Herren, rufen wir uns in Erinnerung: Gesetzliche Krankenversicherung und Beihilfe sind rechtlich unterschiedliche und autonome Systeme in unserem Gesundheitswesen. Die CDUFraktion ist gegen zusätzliche Bürokratie und für Vereinfachungen, besonders wenn sie den Menschen im Lande dienen. Wir wollen und werden mit der Landesregierung besonnen und entschlossen handeln. Das kann auch einmal eine Ablehnung bedeuten. Aber vielleicht erbringen die Beratungen in den Ausschüssen ja noch Änderungen und Kompromisse. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag landet in der Tat nicht ganz zu Unrecht auf dem Tisch der Finanzpolitiker und nicht auf dem der Gesundheitspolitiker. Bei seiner Lektüre ist mir aufgefallen, dass darin von einem Einsparpotenzial von 160 Millionen Euro seit 1985 die Rede ist. Ich unterstelle einmal, dass das der kumulierte Betrag - seit 1985 - und nicht ein Jahresbetrag ist, denn dann wäre die Situation ja noch verheerender. Denn diese Aussage bedeutet ja nichts anderes, als dass Einsparpotenziale in dieser Größenordnung ausgelassen worden sind. Das macht pro Jahr etwa 8 bis 9 Millionen Euro aus. Verfolgt man die letzten 13 Jahre der SPD-Regierung, dann könnte man zu der Schlussfolgerung kommen, dass die SPD etwa 113 Millionen Euro durch Nichthandeln ausgelassen hat.
Das heißt aber auch, dass sich das hier vorgelegte Zahlenmaterial nicht so eindeutig belegen lässt. Deshalb möchte ich es bei einigen grundsätzlichen Anmerkungen belassen, sofern diese nicht schon von meinen Herren Vorrednern gemacht worden sind.
Auf die Einsparmöglichkeiten durch Veränderung des Versicherungsträgers im Hinblick auf Fehloder Überversorgung, Abrechnungsfehler bzw. -betrug ist Herr Möllring schon eingegangen.
Das Problem einer gegebenenfalls mangelnden Kontrolle sehe ich als nicht so gravierend an. Schließlich werden die Abrechnungen bei dem bisherigen Verfahren von immerhin drei Beteiligten kontrolliert: zum Ersten von dem Patienten, zum Zweiten von dem Bearbeiter der zentralen Beihilfestelle bzw. der Gebietskörperschaften und zum Dritten von der ergänzenden privaten Krankenversicherung. Im Übrigen hat es bei der gesetzlichen Krankenversicherung ebenfalls missbräuchliche Anwendungen gegeben, sodass wir das eine nicht mit dem anderen heilen werden.
Die Beamten in die gesetzliche Krankenversicherung aufzunehmen, könnte aber unter einem anderen Aspekt Charme haben, und zwar dem, dass man der gesetzlichen Krankenversicherung damit eine Vielzahl von neuen Versicherungsnehmern zuführen und damit einen Beitrag zur Sanierung der gesetzlichen Krankenversicherung leisten würde. Schließlich vergeht kein Tag, an dem nicht über das defizitäre System der gesetzlichen Krankenversicherung diskutiert wird. Die rot-grüne Bundesregierung - in diesem Falle Frau Schmidt
versucht krampfhaft, Sanierungsmaßnahmen einzuleiten. Trotz Rürup bleiben die Erfolge aber aus. Als letzte wirklich interessante Maßnahme zur Gesundung der Finanzen ist der Bundesgesundheitsministerin nur die Erhöhung der Tabaksteuer eingefallen. Sollte also mit der Empfehlung, den Beamten den Weg in die gesetzliche Krankenversicherung zu öffnen, der Versuch unternommen werden, neue Beitragszahler zu gewinnen, die u. a. auch mit einer attraktiven Beitragsbemessungsgrenze ausgestattet sind, so lehne ich dies einfach ab, zumal sie in der gesetzlichen Krankenversicherung im Übrigen auch den entsprechenden Kostensteigerungen ausgesetzt sind.
Abschließend eine grundsätzliche Position der FDP zur gesetzlichen Krankenkasse. Wir wollen dieses System so reformieren, dass die Beiträge drastisch sinken. Das bedeutet eine Reduzierung auf den Kernbereich der medizinischen Leistungen und eine kassenärztliche Standardisierung der Leistungen. Leistungswettbewerb muss stattfinden. Wir wollen eine Krankenversicherung, die sich durch mehr Transparenz, Kostenbewusstsein und Wettbewerb auszeichnet - eine Neujustierung des Solidarprinzips und Eigenverantwortung. Deswegen empfehlen wir, diese Überlegungen in dieser Phase nicht weiter zu verfolgen. - Danke schön.
Ich erteile nun dem Abgeordneten Wenzel der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. Herr Wenzel, Sie haben das Wort.
- Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor Herr Wenzel das Wort ergreift, darf ich Sie herzlich darum bitten, dass Sie sich, sofern Sie Ihre Unterhaltungen hier drinnen führen müssen, etwas gedämpfter unterhalten. Ansonsten gehen Sie doch bitte vor die Tür.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da tun sich interessante Diskussionen zwischen der FDP-Fraktion und der CDU-Fraktion bzw. Herrn Finanzminister Möllring auf. Nachdem wir von ihm eine sehr konstruktive Auseinandersetzung zu diesem Antrag und auch einen sehr konstruktiven Umgang mit diesem Vorschlag der
SPD-Fraktion zu hören bekommen haben, habe ich jetzt von Herrn Rückert gehört, dass die FDPFraktion es gänzlich ablehnt, hier überhaupt eine Überprüfung vorzunehmen, was mich etwas verwundert.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die grundlegende Reform der Gesundheitsversorgung ist längst überfällig. Da kann die Gesundheitsversorgung der Beamten nicht außen vor bleiben. Aus unserer Sicht wäre ein einheitliches System, eine Bürgerversicherung für alle und damit auch eine dauerhaft finanzierbare Krankenversicherung, wie es beispielsweise die Schweiz vormacht, sinnvoll. Insofern ist der Vorschlag der SPD-Fraktion, die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung für die Beamten zu ermöglichen, zwar nur ein kleiner Schritt in diese Richtung, aber ein interessanter Ansatz, wobei man natürlich prüfen muss - das hat Herr Möllring bereits angesprochen -, ob und in welcher Höhe es kurzfristig zu Mehrbelastungen kommt und in welchem Verhältnis diese kurzfristigen Mehrbelastungen eventuell zu langfristigen Einsparungen führen. Da muss man sich genau anschauen, wie die Analysen aussehen,
wie sich das auf der Zeitschiene beschreiben lässt. Dann - so meine ich - kann man auch darüber entscheiden, ob man solch eine Maßnahme macht oder nicht.
In jedem Fall halte ich aber eine Überprüfung der GOÄ für Beihilfeberechtigte für notwendig. Wenn tatsächlich 90 % der Ärzte - Herr Schwarz, Sie nannten diese Zahl - mit dem 2,3-fachen Satz abrechnen, dann stellt sich die Frage, ob es überhaupt rechtmäßig ist, dass grundsätzlich mit dem 2,3-Fachen abgerechnet wird. Sie brachten das Beispiel Blutabnehmen. Im Prinzip ist es dieselbe Leistung, die erbracht wird, weil sie völlig unabhängig davon ist, ob der Mensch beihilfeberechtigt oder Mitglied in einer gesetzlichen Krankenversicherung ist. Das heißt, wenn ein Arzt das 2,3Fache abrechnet, dann muss auch eine besondere Begründung für diesen Abrechnungsfaktor vorliegen, sonst muss er einen niedrigeren ansetzen. Das allein lässt die Vermutung zu, dass hier eine Überprüfung gerechtfertigt ist.
Insofern verstehe ich auch nicht, warum die FDPFraktion überhaupt keinen Handlungsbedarf sieht. Normalerweise sind Sie bei solchen Themen immer schnell bei der Hand. Aber das würde ich doch
gerne einmal erklärt bekommen, warum man angesichts dieses offensichtlichen Missbrauchs der gegenwärtigen Rechtssituation keinen Handlungsbedarf sieht. Man müsste eine Evaluierung, eine Untersuchung dieses Versorgungsbereiches vornehmen und müsste die Rahmenbedingungen schaffen, um das auch wissenschaftlich fundiert tun zu können. Dann können wir die Situation auch richtig bewerten. Aber die Anzeichen deuten zumindest darauf hin, dass es einen gewissen Missbrauch gibt. Das ist vor dem Hintergrund der finanzpolitischen Situation des Landes natürlich interessant, sich diese Angelegenheit genauer anzuschauen.
Insofern begrüße ich es, dass der Finanzminister hier so konstruktiv mit dem Vorschlag umgeht. Wir hoffen, dass wir zu gegebener Zeit auch die entsprechenden Zahlen im Haushalts- und Finanzausschuss auf den Tisch bekommen und eventuell auch Einsparungen in den Größenordungen vornehmen können, wie Sie das beschrieben haben, Herr Schwarz. - Vielen Dank.
Die SPD-Fraktion hat beantragt, entgegen dem Vorschlag des Ältestenrates den Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit mit der federführenden Beratung zu beauftragen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Meine Damen und Herren, das Zweite war die eindeutige Mehrheit, auch wenn zwei dabei waren, die zweimal abgestimmt haben. Das Zweite war deutlich die Mehrheit, nämlich dass Sie gegen den Antrag der SPD-Fraktion waren.
Wir kommen somit zur Abstimmung über die Empfehlung des Ältestenrates. Wer dem Vorschlag des Ältestenrates folgen will, den Ausschuss für Haushalt und Finanzen mit der federführenden Beratung und den Ausschuss für Inneres und Sport sowie den Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit mit der Mitberatung zu beauftragen, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit.
Tagesordnungspunkt 37: Erste Beratung: Sicherung der kommunalen Handlungsfähigkeit durch eine zukunftsfähige Gewerbesteuer - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/143
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer die aktuelle Presse aufmerksam gelesen hat, der wird festgestellt haben, dass unser Antrag genau zu dem richtigen Zeitpunkt in diesem Haus eingebracht wird. Denn wenn man die Meldungen richtig deutet, dann steht die Reform der Gemeindefinanzen auf der Kippe.
Herr Aller, einen Augenblick bitte. - Meine Damen und Herren, ich habe das vorhin sehr nett gesagt. Diejenigen, die reden wollen und damit stören, sollen nach draußen vor die Tür gehen. Die anderen bleiben hier und hören dem Redner zu.
Gerade gestern hat die Präsidentin des Deutschen Städtetages, die Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth – CDU -, ihre eigene Partei davor gewarnt, aus parteitaktischen Erwägungen im Bundesrat die Diskussion und vor allem ein Ergebnis der Gemeindefinanzreform infrage zu stellen. Der Bundespräsident hat in der gleichen Veranstaltung dringend darauf hingewiesen, dass die Kommunen eine solide Einnahmequelle garantiert bekommen müssen, und er hat deutlich gemacht, dass er die Modernisierung der Gewerbesteuer favorisiert.
Unser Antrag stellt noch einmal klar, wie wir Sozialdemokraten in Niedersachsen unsere Position sehen und wie wir die Gemeindefinanzreform gelöst sehen wollen. Wir fordern die Landesregierung auf, wie das auch viele CDU-Mitglieder im kommunalen Bereich in Niedersachsen immer wieder gefordert haben, die Revitalisierung der
Gewerbesteuer zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammengelegt werden.
Das ist unser Angebot an die Regierungskoalition, für eine breite Mehrheit im Landtag zu sorgen, damit sichergestellt werden kann, dass die Gemeindefinanzreform wie geplant zum 1. Januar 2004 in Kraft treten kann. Das war immer das Argument, mit dem wir gesagt haben, kurzfristige Maßnahmen für die Kommunen seien nicht machbar und nicht notwendig. Wer diesen Termin kippt, macht sich auch gegenüber den Kommunen schuldig.
Die HAZ hat das heute noch einmal in einem Satz treffend kommentiert: „Jede weitere Verzögerung wäre verheerend.“ Das ist deutlich geworden aufgrund der Zahlen der heutigen Steuerschätzung, die Sie alle genauso gut kennen wie ich: 8,7 Millionen Euro Mindereinnahmen gesamtstaatlich, bei den Gemeinden ein Minus von 1 Milliarde Euro, beim Land Niedersachsen der entsprechende Anteil von 4,1 Milliarden Euro. Da ist sicher schon einmal festzustellen, dass die 250 Millionen Euro, die der Finanzminister eingeplant hat, nicht ausreichen werden. Er wird uns bei Gelegenheit sagen, um wie viel das Haushaltsloch größer geworden ist; vielleicht im Zusammenhang mit der Aufstellung des Nachtragshaushalts.
Wir wissen, dass die Kassenkredite extrem und bedrohlich hoch sind. Das ist immer wieder diskutiert und problematisiert worden und wird sich auch kurzfristig nach dem Regierungswechsel nicht ändern. Wir wissen auch, dass im Jahr 2002 die Einnahmen der Kommunen leicht, die Ausgaben aber stärker gestiegen sind und dass das, was über den kommunalen Finanzausgleich weggegangen ist, dafür gesorgt hat, dass die Situation eher schlechter geworden ist. Angesichts dieser Situation gibt es keinen weiteren Diskussions-, sondern Handlungsbedarf. Es ist notwendig, klare Positionierungen herbeizuführen.
Wir sind deshalb mit der Oberbürgermeisterin von Frankfurt, der Städtetagspräsidentin Petra Roth, der Überzeugung, dass die Gemeindefinanzreform zügig und im Sinne der Städte abzuschließen ist.
(Bernd Althusmann [CDU]: Dann hätten Sie auf Bundesebene ja schneller arbeiten können! Wie oft haben Sie getagt? Dreimal und sich vertagt!)
Damit ist auch deutlich gesagt worden, dass wir eine Modernisierung der Gewerbesteuer und die Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe unterstützen. Es kann nicht sein, Herr Althusmann, dass, weil Sie Probleme in der Koalitionsregierung mit der FDP haben,
diese Entscheidung zum 1. Januar 2004 kippen soll, obwohl wir gemeinsam angetreten sind, den Kommunen zu helfen.
(Beifall bei der SPD - Heinz Rolfes [CDU]: Was hat die Kommission denn vorgeschlagen? Das ist doch Unsinn! - Bernd Althusmann [CDU]: Wer hat sich denn vertagt?)