Protocol of the Session on May 15, 2003

Jeder trägt sein Scherflein bei. Das dringend benötigte Geld wird aber nicht in die Hand genommen.

Was haben Sie gemacht? - Sie haben sogar die Mittel im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik gekürzt. Sie kürzen bei der Qualifizierung von Sozialhilfeempfängern, bei Langzeitarbeitslosen, bei den Beschäftigungsprogrammen für arbeitslose Jugendliche, bei den Sozialen Betrieben und bei der Wiedereingliederung von Frauen ins Erwerbsleben. 3,4 Millionen Euro nehmen Sie diesem Personenkreis einfach weg. Allein in den Beschäftigungsprogrammen für arbeitslose junge Menschen fehlen 500 000 Euro. Wo bleiben eigentlich Ihre positiven Zeichen, die Sie andauernd setzen wollen? - Ich sehe sie nicht!

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von Irmgard Vogelsang [CDU])

Die Bundesregierung hat reagiert. Sie hat die Bundesanstalt für Arbeit angewiesen, die JUMP-Mittel komplett auszuschöpfen und die Mittel für die Berufsvorbereitung zu erhöhen. Die Bundesregierung hat ihr Ziel eines Ausbildungsplatzes oder eines zumutbaren Beschäftigungsangebotes für jeden jungen Menschen unter 25 Jahren nicht aus den Augen verloren. Sie hat reagiert. Herr Hirche, Sie müssen sich ein bisschen besser informieren.

Ab sofort gibt es für jeden zusätzlich eingestellten Auszubildenden eine Kreditsumme von bis zu 100 000 Euro.

(Zuruf von der CDU)

Das Instrument „Kapital für Arbeit“ steht zur Verfügung. Nutzen Sie das Angebot auch in Niedersachsen, und legen Sie endlich Ihre ideologischen Versatzstücke in diesem Bereich ab.

(Beifall bei den GRÜNEN - Wider- spruch bei der CDU)

Die bringen keine Ausbildungsplätze. Wir erwarten von Ihnen mit Fug und Recht, dass diese Landesregierung mindestens die gleichen Anstrengungen unternimmt wie die Bundesregierung, um Jugendliche in Ausbildung und Arbeit zu bringen. Dabei helfen keine flotten Sprüche, wie sie von der Ministerin gekommen sind: Wer nicht arbeiten will, soll die Stadt putzen. - Das ist auch wieder kein positives Signal. In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit besteht in allen politischen Lagern immer wieder die Gefahr, den Druck auf Jugendliche mit immer neuen Sanktionsvorschlägen zu erhöhen.

(Zuruf von der CDU: Seit wann ist das Angebot von Arbeit ein Sankti- onsvorschlag?)

Anscheinend ist man der Meinung, Jugendliche seien per se faul und müssten zum Jagen getragen werden.

(Irmgard Vogelsang [CDU]: Nicht alle, aber viele!)

Dadurch wird ein völlig falsches Bild gefördert. Das hat mit der Realität nichts zu tun. Informieren Sie sich bei RAN und RABaZ. In drei Monaten wurden über 900 Bewerbungen geschickt. Die Jugendlichen kommen von selbst. Sie rennen denen die Tür ein. Das andere ist ein ganz kleiner Teil.

(Glocke des Präsidenten)

Das eigentliche Problem liegt woanders.

(Ursula Körtner [CDU]: Ja, in Berlin!)

Nur 30 % der Betriebe bilden aus. Das haben wir auch heute Morgen angesprochen. Das ist ein Skandal. Sie entziehen sich ihrer Verpflichtung. Hier gibt es eine Schieflage, die wir nicht hinneh

men werden. Hier versucht man, sich an dem Hauptproblem vorbeizumogeln.

Herr Minister Hirche, ich bitte Sie, sich die ausbildungsunwilligen Betriebe zur Brust zu nehmen und nicht zu sagen, die Ausbildungsplatzabgabe sei ein Griff in die Mottenkiste bzw. demotiviere die Betriebe.

(Zuruf von Irmgard Vogelsang [CDU])

Fragen Sie einmal die kleinen Handwerksbetriebe, wie demotiviert diese von den größeren Betrieben sind, die nicht ausbilden. Sie fragen mittlerweile selbst nach einer Ausbildungsplatzabgabe.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von Irmgard Vogelsang [CDU])

Die Frage ist, was Sie von der Landesregierung eigentlich anbieten.

(Irmgard Vogelsang [CDU]: Viel!)

Frau Trauernicht hat es gesagt: Sie bauen ein neues Dach über die verschiedenen Jugendprogramme. Sie kommen aber mit der Konzeption nicht herüber. Mit der Finanzierung hapert es auch noch.

Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Lassen Sie mich noch einen Satz sagen.

(Zuruf: Die letzte Seite noch!)

Sie können auch einen Satz mit Semikolon sprechen. Aber dann ist Schluss.

Wir erwarten etwas ganz Konkretes. Wir erwarten, dass etwas wirklich Substanzielles von Ihnen kommt und pädagogische Hilfestellungen für die jungen Menschen geleistet werden. Wir erwarten auch, dass die Abbrecherquote von 30 % durch die Schnellvermittlung reduziert wird.

Lassen Sie mich noch ein Wort an die Landesregierung richten. Wir brauchen einen dichten Mix. Hören Sie aber endlich mit Ihrer Blockadepolitik im Bundesrat auf. Sie bringen dort alles Mögliche

zum Stolpern. Sie stehen in der Verantwortung. Handeln Sie, handeln Sie schnell!

(Zuruf von Irmgard Vogelsang [CDU])

Das ist notwendig. Zitieren Sie nicht immer nur die Bundesregierung. Schauen Sie auf den eigenen Tisch! Sie haben Hausaufgaben genug zu machen! Ruhen Sie sich nicht auf 70 Tagen aus! Der 1. August kommt sehr schnell. - Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister Hirche, Sie haben jetzt das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In solchen wie auch in anderen Debatten gibt es von der Opposition immer eine Fülle falscher Behauptungen. Ich bedaure das, weil das Anliegen, über das wir uns unterhalten, ernst ist. Ich gehe zunächst einmal auf das zuletzt Gesagte ein.

Ich bekenne mich dazu, dass unsere Regierung der Bundesregierung im Bundesrat in den Arm fällt, wenn die falschen Weichenstellungen zunehmen und die Verunsicherung der Wirtschaft weiter auf die Spitze getrieben wird.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das kostet Arbeitsplätze; Frau Janssen-Kucz, das will ich hier ganz deutlich sagen. Kein Betrieb fordert eine Abgabe von anderen. Die Betriebe fordern nur Erleichterungen für sich selbst, damit sie motiviert arbeiten, Aufträge abarbeiten und Jugendliche einstellen können.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Möglicherweise haben Sie sich versprochen, was ich Ihnen gern konzedieren will. Wenn im HartzModell die Rede von „Kapital für Arbeit“ ist, dann ist überhaupt nicht daran zu denken, dass jugendliche Ausbildungssuchende die Möglichkeit haben sollen - wie Sie gesagt haben -, 500 000 Euro in Anspruch zu nehmen.

(Zurufe)

- Ich sagte ja, dass Sie sich möglicherweise versprochen haben. - Da geht es um Kapital, das Betrieben zur Verfügung gestellt werden soll, die Ausbildungsplätze anbieten. Das wollte ich hier richtig stellen.

Ferner will ich sagen, dass wir in den Ausschüssen - ich beziehe mich an dieser Stelle auch auf bestimmte Fragen, die Herr Schwarz heute Morgen gestellt hat - noch über die einzelnen Haushaltstitel reden werden. Ich sage noch einmal, meine Damen und Herren - wahrscheinlich werden Sie wieder versuchen, das zu widerlegen oder das Gegenteil zu behaupten -: Wir kürzen hier nicht die Mittel. Im Rahmen von Kapitel 05 03 - um es ganz deutlich zu sagen -, von dem im Laufe des Jahres bestimmte Bewirtschaftungen an das Wirtschaftsministerium übergegangen sind, werden wir im Zusammenhang mit den ESF-Mitteln und den Sozialen Betrieben entsprechend der Forderung von Frau Trauernicht eine stärkere Ausrichtung auf die Jugendlichen hin vornehmen, sodass wir das ausgleichen können, was wir an anderer Stelle formal kürzen mussten, sodass am Ende für die Jugendlichen nicht weniger, sondern genau so viel zur Verfügung stehen wird.

Meine Damen und Herren, ich sage aber auch: Wenn die Bundesanstalt für Arbeit weniger für ABM und SAM ausgibt, weil diese Programme ihrer Ansicht nach unsinnig sind, dann werden wir unsere Mittel in dem gleichen Umfang anpassen, wie dies die Bundesanstalt für Arbeit tut; denn unser Ziel ist es - wie es der Kollege Hermann gesagt hat -, die reale Situation in den Betrieben zu verbessern und real mehr Ausbildungsplätze zu schaffen. Diesen Satz unterstreiche ich für die Landesregierung in vollem Umfang. Dauerhafte Arbeitsplätze - so hat der Kollege Hermann gesagt - werden nicht mit öffentlichen Fördermitteln geschaffen, sondern ausschließlich durch die Betriebe selbst. Auch die Opposition weiß und sagt gelegentlich, dass das der eigentliche Punkt ist. Deshalb müssen wir diese Situation verbessern, meine Damen und Herren.

Im Übrigen hat die Landesregierung mit ihrem Sofortprogramm auf die derzeitige Lage reagiert. Ich sage noch einmal: Wir haben die gleiche Diskussion in den letzten zehn Jahren Jahr für Jahr geführt, weil diese Situation immer wieder aufgetreten ist. Sie wird seit 1998 aber von Jahr zu Jahr schlimmer, weil diese Bundesregierung die Rahmenbedingungen verschlechtert. Das bedeutet, dass die Betriebe immer weniger in der Lage sind,

bei sich selbst ordentliche Ausbildungsplätze zu schaffen. Das müssen wir ändern, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wer die wirtschaftliche Lage so verschlechtert, wie es Rot-Grün tut, der muss sich über die sozialen Folgen nicht aufregen. Das ist der eigentliche Punkt an dieser Stelle, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)