Die Argumente der Opposition werden missachtet, die kritischen Rechtseinwendungen des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes werden ignoriert, es wird auf Zeit gesetzt und alles durchgepaukt. Meine Damen und Herren, Ihr Bemühen, dieses Land in ein CDU-Land umzugestalten, ist augenscheinlich; das scheint dahinter zu stecken. Aber es gibt Gott sei Dank noch Institutionen, die etwas von Demokratie und Legalität verstehen, meine Damen und Herren.
Am 27. Juli entschied das Bundesverfassungsgericht: Ihre Novelle des Polizeigesetzes ist mit dem Grundgesetz unvereinbar und deshalb nichtig.
Am 6. September entschied der Staatsgerichtshof: Ihr Mediengesetz wird beanstandet. Es ist mit dem Grundgesetz und der Niedersächsischen Verfassung nicht vereinbar und wird für nichtig erklärt.
Meine Damen und Herren, wir alle kennen den Spruch: Auf hoher See und vor Gericht weiß man nie, wie es ausgeht. - Aber in diesem Fall ist es etwas anderes. Zwei Verfassungsgerichtsurteile: Zwei Lehrstunden in Sachen Demokratie, zwei einstimmige Gerichtsentscheidungen, zweimal wurden Ihre Gesetze für verfassungswidrig erklärt. Diese Niederlagen, meine Damen und Herren, sind kein Zufall. Sie waren vorhersehbar. Es gab hinreichende Warnungen.
Sie waren gewarnt, aber die Regierung Wulff hat das Verfassungsrecht mit Füßen getreten. Bei der Kopftuchdebatte im Jahr 2004 waren die Rechtsstaatsinstinkte des Ministerpräsidenten augenscheinlich noch intakt. Er hat unsere verfassungsrechtlichen Bedenken aufgenommen, seinen Bildungsminister ausgebremst und sich die verfassungspolitische Blamage erspart.
Und beim Polizeigesetz? - Aus dem Verfassungsministerium heraus wurde gewarnt, doch die Justizministerin hatte nicht das Rückgrat, die in ihrem Haus erarbeitete eindeutige Position zu vertreten. Die lautete nämlich, Frau Heister-Neumann: verfassungsrechtlich bedenklich.
Auch Herr Rösler hat gewarnt - ich erinnere mich -: Vor der Abstimmung, während der Abstimmung - eine Hand für die Warnung und eine Hand für die Zustimmung -, nach der Abstimmung. Es wird sogar kolportiert, Herr Rösler, beim Bundesverfassungsgericht sei die Klage Rösler gegen Rösler anhängig gewesen.
Sie dürfen sich nicht wundern, wenn Sie bei dieser Art und Weise des Vorgehens nicht mehr ernst genommen werden.
Beim Mediengesetz war es nicht anders: Beratung im Schnelldurchgang, die zweite Beratung am Tag nach der Anhörung im Ausschuss, trotz massiver Einwände des GBD die Verabschiedung im Landtag. Sowohl die Justizministerin als auch der Vorsitzende der CDU-Fraktion haben hier vor Selbstgefälligkeit nur so geglänzt.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - David McAllister [CDU]: Sie waren doch gar nicht da! Sie sind doch herausgelaufen!)
- Ja, ich bin herausgelaufen, und zwar aus gutem Grunde. Aber es gibt zum Glück ein Protokoll. Ich zitiere:
„So ist das mit der Politik der neuen Mehrheit hier im Hause: Zuerst gibt es die klare politische Ansage, dann die Problemanalyse, und jetzt wird konsequent umgesetzt.“
„Sie machen hier eine Show, um für ein aussichtsloses Verfahren vor dem Staatsgerichtshof Munition zu sammeln.“
So war Ihre Einschätzung, Herr McAllister. Der Staatsgerichtshof stellt fest: Damit führte das Normenkontrollverfahren, das die 63 Mitglieder der SPD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag ein
Wir stellen fest, meine Damen und Herren: Der von den Juristen Wulff und McAllister geführten Regierungsmehrheit wird offiziell attestiert, dass sie verfassungsrechtliche Dünnbrettbohrer sind.
Augenscheinlich hat auch die Weitsicht des Augenarztes Dr. Rösler nicht sonderlich zur Erhellung beigetragen.
Meine Damen und Herren, wahrscheinlich machen Sie so weiter wie bisher. Beim Datenschutzbeauftragten wurden bei der Anhörung europarechtliche Einwände geltend gemacht.
Gleich. - Beim Haushalt wollen Sie wieder verfassungswidrig vorgehen, ebenso beim Maßregelvollzug. Wir als Politiker fordern von der Bevölkerung, dass sie Recht und Gesetz beachtet.
Letzter Satz. - Was sollen die Leute eigentlich davon halten, dass die politische Führung eines Landes regelmäßig gegen die Verfassung verstößt? Sie, Herr Wulff, und Ihr Kabinett,
und die so genannte bürgerliche Mehrheit sind alles andere als ein Vorbild. Sie sind ein Verfassungsrisiko.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist selbstverständlich das Recht, wenn nicht gar die Pflicht der Opposition, vermeintliche Missstände oder Fehler einer Regierung aufzunehmen und zu kritisieren.
Das allerdings, was Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, und vor allem Sie, Herr Jüttner, hier und heute aufgeführt haben, wird diesem Anspruch nicht gerecht.
Sie polemisieren schon in der Überschrift mit Begriffen wie „herrschen“ und „Allmachtsfantasien“ und versuchen, sowohl den Ministerpräsidenten als auch die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen als völlig rücksichtslos darzustellen,
indem Sie einzelne Beispiele herausgreifen. Das Große und Ganze, was die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen in der kurzen Zeit umgesetzt haben - und zwar gut umgesetzt haben -, verschweigen Sie völlig, sondern Sie sagen: Wir haben da ein paar Sachen. - Ich komme jetzt auf die Einzelheiten zu sprechen. Das Gegenteil von dem, was Sie behauptet haben, ist der Fall.
Wir haben den Bürgerinnen und Bürgern vor der letzten Landtagswahl gesagt, was wir für Niedersachsen umsetzen wollen. Wir haben das danach Stück für Stück zügig abgearbeitet - wobei das zügige Vorgehen nicht unbedingt von Nachteil ist. Das haben Sie an den guten Sachen gesehen, die wir umgesetzt haben. Wir haben dabei stets den Dialog mit den einzelnen Betroffenen geführt.