keit haben, in Niedersachsen Aufgaben von Richtern auf die Rechtspflegerinnen - meistens üben Frauen diesen Beruf aus - zu übertragen. Deshalb sollten wir das auch zügig tun.
Der Rechtsschutz der Betroffenen wird damit nicht schlechter, im Gegenteil. Herr Bäumer, es ist natürlich eine sehr schwierige Frage, ob die Betreuungsanordnung - das ist ein hochsensibler Bereich - in die Kompetenz eines Rechtspflegers übergeben werden darf. Das war das Problem in der Auseinandersetzung im Bundestag. Damit wird ein eingreifender rechtspolitischer Schritt gemacht. Man muss sich wirklich darüber verständigen, ob man so etwas in die Hand eines Rechtspflegers gibt oder doch in der Hand eines unabhängigen Richters belässt. Sie haben zwar gesagt, das sei formell sinnvoll und effizienter. Aber es ist wirklich eine sehr sensible Materie. der Bundestag hat in dieser Sache richtig entschieden. Hier kann man nicht nur nach ökonomischen Gesichtspunkten entscheiden.
Die Rechtspfleger können gleichwohl in meinen Augen oftmals die Auswahl, Bestellung und Entlassung eines Betreuers besser beurteilen. Sie sind im Tagesgeschäft der Betreuung eben sehr viel versierter. Die Richterinnen und Richter, die ohnehin schon stark belastet sind, können sich dann der Rechtsprechung zuwenden.
Zum Betreuungsrecht selbst. In Niedersachsen - wir haben hier mehrfach darüber diskutiert - gibt es in manchen Landkreisen so hervorragende Rechtspfleger, dass die Quote von ehrenamtlichen Betreuern bei über 90 % liegt. Ich finde, die Landesregierung sollte in diesem Bereich ein erfolgreiches Benchmarking betreiben. Wie kann es sein, dass die Quote der ehrenamtlichen Betreuung in verschiedenen Gerichtsbezirken um 20 % differiert? Dieser Sache sollte das MJ einmal auf den Grund gehen. Die ehrenamtliche Betreuung ist genauso gut wie die hauptamtliche und spart dem Land bares Geld.
Hinsichtlich der weiteren Förderung der Vorsorgevollmachten herrscht hier natürlich auch in Bezug auf die Patientenverfügung Einigkeit. Darüber haben wir gerade geredet. Aber ich möchte einmal vorschlagen, im Rechtsausschuss darüber zu diskutieren, ob es nicht so etwas wie eine institutionelle Verankerung geben sollte. Ich weiß nicht, ob das rechtlich möglich ist. Es ist so eine Idee, z. B. Vorsorgevollmachten mit dem Eintritt in das Rentenalter obligat oder zumindest fakultativ einzufüh
ren oder eine Patientenverfügung mit einem Hausarztgespräch zu verknüpfen. Ich weiß nicht, ob das möglich ist, aber darüber sollte der Rechtsausschuss einmal diskutieren. Weiterhin müssen wir die Betreuungsvereine in Niedersachsen ein Stück weit stärken. Die sind hervorragend dafür geeignet, die Vorsorgevollmacht zu verbreiten.
Eine letzte Frage in dieser Sache ans Plenum. Wir haben heute Morgen über die Patientenverfügungen diskutiert und diskutieren jetzt über die Vorsorgevollmacht. Ich frage Sie alle hier im Raum: Wer hat eine Patientenverfügung, wer hat eine Vorsorgevollmacht? Wer sie nicht hat, sollte sie möglichst schnell ausfüllen und das auch mit seinem Partner und seiner Familie besprechen. Dann sind wir wieder einen kleinen Schritt weitergekommen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um zunächst die Frage zu beantworten: Ich habe eine. Man muss auch darauf hinweisen, dass dies immer auf Gegenseitigkeit beruht. Das heißt, die Vorsorgevollmacht geht nicht nur in eine Richtung, sondern man sollte sich auch eine von seinem Partner geben lassen, damit dies dann, wenn ein Ernstfall eintritt, in beide Richtungen funktioniert.
Nun aber zum Thema. Die Änderung des Betreuungsrechts hat auch eine Änderung des Rechtspflegergesetzes mit sich gebracht. Deswegen liegt dieser Antrag vor. Es besteht grundsätzlich die Möglichkeit zur Übertragung von Richteraufgaben auf die Rechtspfleger. Zu dieser Neuregelung ist es allerdings nicht einvernehmlich gekommen; denn verständlicherweise treffen hier Interessen der aufgabenabgebenden Richter und der durch die zusätzlichen Aufgaben quasi aufgewerteten Rechtspfleger aufeinander. Für die jetzige Regelung wurden Effizienzgewinne angeführt, weil die Rechtspfleger die wesentlichen Aufgaben, insbesondere die der Verfahrenskontrolle und der Ausgestaltung der Betreuung, wahrnehmen.
Auch die vermeintliche bessere Eignung der Rechtspfleger, die u. a. mit größerer Lebenserfahrung begründet wurde - das ist gerade eben ange
sprochen worden -, wurde angeführt. Ohne ein juristischer Experte zu sein, besteht kein Zweifel an der fachlichen Qualifikation der Richter, die fast ausnahmslos über herausragende Prädikatexamina verfügen. Es ist sicherlich auch unbestritten, dass Richter täglich über alltägliche Sachverhalte aus dem Leben entscheiden. Ein Zweifel an der Qualifikation der Richter, auch in Betreuungsangelegenheiten vernünftig entscheiden zu können, dürfte nicht bestehen. Aber ich gehe davon aus, dass dies nicht als Kritik, nicht als Richterschelte gemeint war.
Gegen die Übertragung zusätzlicher betreuungsrechtlicher Aufgaben auf den Rechtspfleger zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung und Verfahrensbündelung bestehen aus meiner Sicht Bedenken, soweit Aufgaben überragen werden sollen, die nach meinem Verfassungsverständnis dem Richtervorbehalt unterliegen sollten. Hierzu zählt in jedem Fall die Entscheidung über die Bestellung eines Betreuers, also nachdem die Betreuung insgesamt angeordnet wurde, sowie die Entscheidung über den Umfang des Aufgabenbereiches. Die Einrichtung einer umfassenden Betreuung stellt immer einen erheblichen schwerwiegenden Grundrechtseingriff dar, der dem Richter vorbehalten bleiben muss und nicht irgendwelchen Effizienzüberlegungen untergeordnet werden sollte.
In sehr vielen Fällen gehen Maßnahmen, für die nach wie vor der Richter zuständig sein sollte, mit der Bestellung eines Betreuers einher. Dies betrifft insbesondere freiheitsentziehende Maßnahmen und Unterbringung. Schon aus diesem Grund, aber auch weil es schlicht praxisnah ist, sind die Entscheidung über das Ob der Betreuung und die Frage, durch welche Person sie künftig ausgeübt werden soll, in einer Hand zu lassen. Ein Nebeneinander wäre aus meiner Sicht unsinnig.
Für das Festhalten an richterlichen Entscheidungen sprechen insbesondere Verfassungsgründe. Es handelt sich um einen grundrechtsrelevanten Eingriff. Ich glaube, das ist unbestritten. Gegen eine solche Entscheidung können sich die Personen, für die die Betreuung bestellt wird, aufgrund ihrer psychischen Erkrankung oder Behinderung in der Regel nicht wehren. Wir benötigen hier einen
Schließlich müssen wir uns auch die personalwirtschaftlichen Folgen einer Aufgabenübertragung vor Augen führen. Die Rechtspfleger sind schon jetzt genauso wie die Richter sehr stark belastet. Weitere Aufgaben ohne neue Stellen wären nicht vertretbar. Ich könnte mir auch nicht vorstellen, dass dies ohne weiteres angenommen würde. Außerdem würde es sich um besonders hochwertige und verantwortungsvolle Tätigkeiten handeln, die hoch oder zumindest höher besoldet wären. Ein finanzieller Vorteil wäre somit kaum zu erzielen, weil die Höhe der Besoldung der zuständigen Rechtspfleger ziemlich dicht an die der Richterbesoldung heranreichen würde. Damit bleiben erhebliche Zweifel am Sinn einer Aufgabenüberragung.
Nachdenken kann man allenfalls über weniger intensive Eingriffe, wie die Zuständigkeit bei einem Betreuerwechsel oder sonstigen Änderungen im Betreuungsverhältnis oder bei der Bestellung von Ergänzungs- oder Ersatzbetreuern. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fragen der rechtlichen Betreuung hilfebedürftiger Menschen sind von großer gesellschaftspolitischer Bedeutung. Ihre Beantwortung wird für den Gesetzgeber und die Justiz eine dauerhafte Herausforderung bleiben. Es ist daher ganz eindeutig zu begrüßen, wenn sich alle Fraktionen dieses Plenums darüber Gedanken machen. Deshalb bin ich für diesen Entschließungsantrag dankbar, dem ich aber inhaltlich so nicht zustimmen kann.
Ich möchte zunächst auf den ersten Punkt eingehen, nämlich die Öffnungsklausel zur Aufgabendelegation, Herr Helberg. Die Forderung, von der in § 19 des Rechtspflegergesetzes geschaffenen Öffnungsklausel Gebrauch zu machen und die in dieser Vorschrift genannten Aufgaben vom Richter auf den Rechtspfleger zu übertragen, ist auf den ersten Blick durchaus einleuchtend. Es erscheint zunächst vernünftig, dem Richter nur die schwer
wiegenden Entscheidungen, wie z. B. die Anordnung der Betreuung überhaupt, vorzubehalten und die Auswahl oder Entlassung des Betreuers auf den Rechtspfleger zu delegieren.
Bei einer genaueren Prüfung ist diese Aufgabenverteilung in den meisten Fällen gleichwohl nicht sinnvoll. Die Ländervertreter haben darauf in den Beratungen parteiübergreifend immer wieder hingewiesen. Geht es etwa um die erstmalige Bestellung eines Betreuers, so hat der Richter den Betroffenen hierzu persönlich anzuhören. Er wird dazu häufig den vorgeschlagenen Betreuer sogleich hinzuziehen. In diesen Fällen die Einheitsentscheidung aufzugeben und nunmehr zunächst den Richter über die Einrichtung der Betreuung entscheiden zu lassen und danach den Rechtspfleger mit der Auswahl und Bestellung des Betreuers zu beauftragen, ist ineffizient und schafft erhebliche Mehrarbeit. Der Rechtspfleger müsste sich nun seinerseits mit den Gründen für die Einrichtung der Betreuung auseinander setzen und den Betroffenen zur Auswahl des Betreuers anhören. Im Übrigen, Herr Briese, ist der Rechtspfleger in seinen Entscheidungen sehr selbständig. Er hat hier eine ausgesprochen autarke Stellung. Auch wenn es um einen Betreuerwechsel geht, verbindet der Richter in vielen Fällen damit eine Prüfung des Aufgabenbereichs oder der Laufzeit der Betreuung, um für den Betroffenen Klarheit zu schaffen und um Mehrfachanhörungen zu vermeiden. Diese Bearbeitungszusammenhänge würden durch eine Übertragung und eine Teilung der Aufgaben erschwert bzw. beseitigt.
Kurz: Eine Umsetzung der Öffnungsklausel würde nicht die gewünschte Entlastung mit sich bringen. Im Gegenteil: Hier würden zusammenhängende Bearbeitungsschritte nicht bei einem Bearbeiter zusammengeführt, sondern gerade auseinander gerissen. Das kann nicht ernsthaft gewollt sein.
Nach dem Gesetzentwurf des Bundesrates war demgegenüber eine Bündelung auf dem Rechtspflegerarbeitsplatz vorgesehen. Die Einheitsentscheidung wäre in vielen Fällen - wohlgemerkt: in vielen Fällen, nicht in allen Fällen - komplett auf den Rechtspfleger übertragen worden. Darauf hat Herr Briese schon hingewiesen. Dem Richter sollten nur die Entscheidungen vorbehalten bleiben, die schon aus verfassungsrechtlichen Gründen durch einen Richter zu treffen sind, insbesondere die, bei denen es um Freiheitsbeschränkungen geht. Der Bundestag hat dieses Konzept abgelehnt. Die schließlich verabschiedete Öffnungs
klausel beinhaltet jedoch aus den genannten Gründen keine adäquate Alternative. Die Landesregierung sieht daher gegenwärtig keine Veranlassung, von der Eröffnungsklausel Gebrauch zu machen.
Zu Ihrem zweiten Punkt: Vorsorgevollmacht und vorläufige Betreuung stärken. Erstens. Mehr Informationen über Vorsorgevollmachten - ich darf an dieser Stelle darauf hinweisen, dass mein Haus eine Broschüre zu diesem Thema herausgegeben hat, die auf große Aufmerksamkeit stößt. In dieser Broschüre werden alle wesentlichen Fragen beantwortet und auch weiterführende Hinweise erteilt. Im Hinblick auf die Einrichtung des zentralen Vorsorgeregisters bei der Bundesnotarkammer ist die Broschüre jetzt auch gerade wieder aktualisiert worden. Diese Informationen, meine Damen und Herren, kann der Rat Suchende auch im Internet abfragen. Eine weitere Broschüre zum Betreuungsrecht wird gegenwärtig überarbeitet.
Das Justizministerium hat zudem zu der Frage, in welcher Weise die Kosten für die Betreuung gesenkt werden können, im Rahmen eines Projektes genauere Untersuchungen angestellt. Das ist das, was Sie angesprochen haben, Herr Briese. Wir haben das schon gemacht. Wir haben ein Benchmarking durchgeführt, diese Unterschiede herausgestellt und auch entsprechende Initiativen ergriffen. Wir können darauf ja bei Gelegenheit zurückkommen. Aber es ist auffällig.
Dabei ist u. a. auf die Bedeutung der Information der Bürger über die Vorsorgevollmacht zur Vermeidung von Betreuung hingewiesen worden. Entsprechende Initiativen aller Einrichtungen sind ergriffen. Der im Entschließungsantrag geforderte verstärkte Hinweis ist also bereits Gegenwart.
Zweitens. Vorläufige befristet Betreuung stärken. Wie die Landesregierung die Möglichkeit zeitlich befristeter vorläufiger Betreuung stärken soll, ist für mich nicht so recht nachvollziehbar. Eine vorläufige Betreuung ist nach dem Gesetz im Wege der einstweiligen Anordnung nur ausnahmsweise zu beschließen, nämlich dann, wenn dringende Gründe für die Bestellung eines Betreuers gegeben sind und ein Aufschub der Entscheidung mit Gefahr verbunden wäre. Diese vorläufige Entscheidung gilt nur für maximal sechs Monate. Bis zum Ablauf ist über eine dauerhafte Bestellung eines Betreuers zu entscheiden. Wir können natürlich nicht unterstützen, dass contra legem verstärkt
Zur Überprüfungsfrist ist im Übrigen nur zu sagen, dass das Gericht die weitere Notwendigkeit der Betreuung jederzeit überprüfen muss, nämlich immer dann, wenn Anhaltspunkte für eine Änderung des Betreuungsbedarfs vorliegen. Sie können sich aus Hinweisen von Angehörigen, aber auch aus anderen Hinweisen ergeben.
Fazit: Das Betreuungsrecht ist und bleibt - auch aus meiner Sicht - ein wichtiges Feld. Wir werden auch hier weiter nach Antworten - auch nach neuen Antworten - auf die Herausforderungen der stetig wachsenden Zahl der Betreuungen suchen müssen. Der Entschließungsantrag hilft uns hier allerdings wenig weiter.
Ich möchte zum Abschluss auf einen anderen Punkt hinweisen. Sie haben ausgeführt, wir seien nicht bereit, beispielsweise auch im Nachlasswesen Übertragungen durchzuführen. Dieser Antrag ist im letzten Plenum leider direkt überwiesen worden, ansonsten hätte ich bereits damals darauf hinweisen können, dass wir in diesem Bereich gerade diese Übertragungen durchführen wollen - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung. Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Mit diesem Thema soll der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen befasst werden. Gibt es andere Meinungen? - Das ist nicht der Fall. Dann ist das so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 38: Besprechung: Wohnungsbaupolitik der Landesregierung - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/1866 Antwort der Landesregierung - Drs. 15/1916
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die vorliegende Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der SPD-Fraktion zur Wohnungsbaupolitik ist eine einzige Enttäuschung.
Es fehlt dieser Landesregierung nicht nur an finanziellen Mitteln, es fehlt ihr nicht nur an Gestaltungskraft und Kreativität - nein, es mangelt ihr auch am Willen, eine vorausschauende Wohnungs- und Städtebaupolitik zu betreiben.
Sicher: Derzeit gibt es in Niedersachsen keine Wohnungsnot. Das ist im Wesentlichen das Ergebnis der Politik der SPD-geführten Landesregierung bis 2003.
Damit uns Wohnungsnot in Niedersachsen nicht wieder überraschend überfällt, hat die Landesregierung - hier die Sozialministerin Heidi Merk - mit der LTS eine kontinuierliche Wohnungsmarktbeobachtung eingeführt. Ihr verdanken wir es, dass es überhaupt Planungsdaten für die Bau- und Wohnungswirtschaft gibt.
Die Kehrseite dieses ausgeglichenen Wohnungsmarktes ist die schlimme Lage der Bauwirtschaft. Nach den großen Anstrengungen in der 90erJahren sind die Aufträge eingebrochen, die Kapazitäten mussten schmerzhaft angepasst werden. Mittlerweile ist die Arbeitslosigkeit am Bau auch deswegen so hoch, weil die öffentliche Hand zu wenig Geld für die Instandhaltung öffentlicher Gebäude ausgibt. Der Zustand dieses Gebäudes dürfte als Beleg dafür hinreichend sein.