Protocol of the Session on May 19, 2005

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Oppermann, für Ihren Beitrag bin ich Ihnen dankbar. Ich kann nur hoffen, dass Ihnen viele Mittelständler in Niedersachsen zugehört haben; denn Sie haben eigentlich nur gesagt, was Sie nicht wollen. Ich wäre dankbar gewesen, wenn Sie endlich einmal gesagt hätten, was Sie für den Mittelstand in Niedersachsen wirklich machen wollen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Oppermann, wenn Sie - das gilt für Herrn Gabriel genauso - sich hier hinstellen, uns Empfehlungen geben wollen und dabei darauf hinweisen, dass die Investitionsquote in Niedersachsen so niedrig ist, so sind in diesem Zusammenhang das Ergebnis jahrzehntelanger SPD-Politik in Niedersachsen und die Situation der Verschuldung zu nennen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ein Stückchen mehr Zurückhaltung, ein Stückchen mehr Demut wäre durchaus angemessen. Sie haben ja in der alten Regierung im Kabinett ebenfalls Verantwortung getragen. Ich kann auch so weit gehen und sagen, dass Sie eigentlich in diesem Jahrzehnt mit Empfehlungen für die Wirtschaftspolitik der neuen Landesregierung sehr zurückhaltend sein müssten. Manchmal halte ich es für unangemessen, wenn Sie uns hier etwas mit auf den Weg geben wollen, was wir wirklich nicht ernst nehmen können. Sie haben in Niedersachsen jahrelang die Chance gehabt, für den Mittelstand und für das Handwerk etwas zu tun. Das ist aber unterblieben. Wir tun es jetzt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Hirche das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es war schon amüsant, Herrn Oppermann zuzuhören. Man hat doch gemerkt, wie es ihn gewurmt hat, dass dieser Antrag öffentlich Resonanz gefunden hat.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich verstehe es, meine Damen und Herren, wenn Sie dann sagen, der Antrag sei gestellt worden, um der Landesregierung zu zeigen, dass sie bestimmte Dinge tun müsse. In der Debatte wird aber klar werden - das wissen Sie auch -, dass die Regierungsfraktionen und die Landesregierung auf der gleichen Linie denken und handeln, und zwar im Interesse des Mittelstandes.

(Thomas Oppermann [SPD]: Das muss aber betont werden!)

Wir brauchen hier nicht zu wiederholen - das wissen alle -, wie strukturbestimmend der Mittelstand in Niedersachsen ist. Es ist aber deutlich, dass man die Probleme weitgehend gemeinsam beschreiben kann: Eigenkapitalmangel, Auftragsmangel, unlautere Konkurrenz etc. Hinsichtlich der Rezepte bestehen aber offenbar doch deutliche Unterschiede. Das wird bei einzelnen Themen wie steuerlichen Fragen oder Investitionen deutlich. Was steuerliche Fragen angeht, so vertreten Sie von der Opposition immer noch die Auffassung, dass mehr Steuern mehr Einnahmen bringen. Sie kennen die aktuelle Diskussion in Berlin im Zusammenhang mit der Tabaksteuer. In diesem Falle kann sehr genau festgestellt werden, dass das Anziehen der Steuerschraube dazu führt, dass am Ende weniger Steuern eingenommen werden. Umgekehrt ist es so - davon geht der vorliegende Antrag aus -, dass dann, wenn wir eine neue Dynamik in die Wirtschaft bringen wollen, um neue Arbeitsplätze zu schaffen,

(Thomas Oppermann [SPD]: Dann müssen wir Subventionen beschlie- ßen! Das ist Ihre Aussage!)

die Steuerlast in diesem Zusammenhang gesenkt werden muss.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Man kann natürlich sagen, es sei Subvention, wenn ich einen Steuersatz irgendwo zurücknehme.

Das ist aber absoluter Quatsch in der öffentlichen Diskussion.

(Zustimmung bei der CDU)

Steuersätze sind etwas, womit der Staat natürlich seine eigenen Ausgaben zu finanzieren versucht. Steuersätze bewirken, dass entweder Dynamik in der Wirtschaft entsteht - das machen uns die Länder um uns herum in Europa vor - oder dass die Wirtschaft unter einer zu schweren Last zugedeckt wird, was in Deutschland der Fall ist. Man kann sich zwar über viele Einzelheiten streiten, aber nicht über diesen Grundtatbestand.

Diesen Unterschied in der Auffassung bezüglich dessen, was der Staat im Bereich der Wirtschaft bewirken kann bzw. wo er dort Schaden anrichten kann, finden wir auch beim Thema Investitionen. Ich möchte hier ein Beispiel für das nennen, was der Staat an Geldern im Rahmen seiner Investitionsquote für den Baubereich aufwendet. Der Anteil des Landes an den öffentlichen Investitionen im Baubereich beträgt in Niedersachsen etwa 10 %. 90 % hingegen entfallen auf den kommunalen Bereich. Meine Damen und Herren, wenn Sie zugleich aber wissen, dass wirtschaftliche Betätigung und Investitionen in Deutschland - davon hängt der Arbeitsmarkt ab - in erster Linie in der Wirtschaft selber stattfinden, dass es entscheidend ist, ob der Staat die Rahmenbedingungen dafür setzt, dass die Wirtschaft wieder in der Lage ist, selber Investitionen zu tätigen und zu entwickeln, dann wissen Sie auch, dass dem staatlichen Bereich im Zusammenhang mit der Investitionsquote und Ähnlichem ebenfalls eine wichtige Rolle zukommt. Das Wesentliche sind die Rahmenbedingungen, die der Staat für die Wirtschaft setzt.

In dem vorliegenden Antrag geht es, wenn ich es richtig verstehe, darum, dass diese Rahmenbedingungen anders gesetzt werden. Der Antrag greift Vorschläge in Richtung Berlin auf, weil Steuergesetzgebung und Sozialgesetzgebung nun einmal in Berlin gemacht werden. Ebenso werden aber Themen auf Landesebene aufgegriffen, wo wir, teilweise parallel zu Berlin, auch einiges tun können. In diesem Zusammenhang wird z. B. das Stichwort Berufsgenossenschaften genannt. Wir haben es hier nicht mit einem alten Hut zu tun. Die Landesregierung versucht, dieses Thema - es geht darum, dass eine Doppellast durch Kontrollen z. B. auf den Betrieben liegt - anzugehen und zu einer Lösung zu kommen, die die Betriebe entlastet. In diesem Zusammenhang ist natürlich auch die Sta

tistik sowohl ein Bundes- als auch ein Landesthema. Der Landtag könnte natürlich einen Beschluss fassen, die Statistiken abzuschaffen. Das wäre sehr schön, aber der Landtag wird wahrscheinlich einen Beschluss in dieser Pauschalität nicht fassen. Deswegen müssen wir uns um die Einzelheiten im Zusammenhang mit der Statistik kümmern. Ich habe gerade gestern von der Kollegin Rühl ein Papier von einem Bäckereibetrieb in Osterholz in die Hand gedrückt bekommen, der zehn Beschäftigte hat. Es handelt sich um ein achtseitiges Formular vom Gewerbeaufsichtsamt, das ausgefüllt werden sollte. Der letzte Punkt darin ist mir besonders aufgefallen. Es wurde gefragt, ob in dem Betrieb schon ein Hautschutzplan erarbeitet worden sei; man möge darüber berichten. Der Punkt davor beinhaltete die Frage, ob eine Arbeitsschutzkommission gebildet worden sei und, wenn ja, wie oft sie im Jahr getagt habe; des Weiteren wurde gebeten, die Protokolle über die Sitzungen gegebenenfalls zur Verfügung zu stellen. Ich werde all dem nachgehen. Ich gebe Ihnen Recht, dass es dazu eines gesonderten Antrages nicht bedarf.

Wenn die beiden Koalitionsfraktionen aber sagen, sie wollten mit einem solchen Antrag ihre Position in der Öffentlichkeit bestimmen und wollten das Geschäft nicht allein der Landesregierung und dem Minister überlassen, dann habe ich dafür auch ein gewisses Verständnis. Es ist schließlich so, dass die Politik nicht nur von der Landesregierung gemacht, sondern auch von den beiden Koalitionsfraktionen gestaltet und nach draußen getragen wird. Deshalb muss hier auch das Profil der beiden Fraktionen deutlich werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich glaube deswegen, dass dieser Antrag nützlich ist. Er beschreibt etwas, was die Landesregierung ermutigt, auf ihrem Weg voranzugehen. Wir werden Gelegenheit haben, über alle Einzelheiten im Ausschuss zu diskutieren und dann auch abzuwägen, ob Hinweise, die Sie gegeben haben, aufzugreifen oder nicht aufzugreifen sind. Dafür wird sich die Ausschussberatung als nützlich erweisen.

Herr Oppermann, eines bleibt aber festzuhalten - das wissen Sie auch, selbst wenn Sie es hier nicht zugeben werden -: Die Rahmenbedingungen werden in Berlin gesetzt, und zwar im Rahmen der Steuer- und Sozialgesetzgebung. Wenn sich in Berlin nichts ändert, wird die Lage der Wirtschaft in Deutschland so bleiben, dass wir bei einem Wachstum von 1 % stagnieren und die Arbeitslo

sigkeit weiter ansteigt. Darunter leidet ganz besonders der Mittelstand. Deswegen ist der vorliegende Antrag ein Signal, zum Aufschwung in Deutschland durch den Mittelstand beizutragen.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Nach § 71 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung hat die SPD um zusätzliche Redezeit gebeten. Herr Oppermann, ich gebe Ihnen drei Minuten.

(Zuruf von der CDU: Jetzt will er sich entschuldigen!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Hirche, natürlich ist es richtig, dass die Rahmenbedingungen in Berlin gesetzt werden. Die Investitionsquote des niedersächsischen Landeshaushaltes wird aber in Hannover gemacht.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Oppermann, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, im Augenblick nicht. - Deshalb können Sie so viel argumentieren, wie Sie wollen: Sie sind und bleiben der Investitionszwerg unter den 16 Landeswirtschaftsministern in Deutschland.

(Beifall bei der SPD)

Damit sind Sie auch kein Vorbild für die freie Wirtschaft. Die Politiker fordern die Unternehmen auf, mehr zu investieren. Wie soll denn aber ein Unternehmen solch eine Aufforderung von Ihnen ernst nehmen, wenn Sie die niedrigste Investitionsquote unter allen Bundesländern haben? Und nicht nur das, Herr Hirche. Sie haben auch die niedrigste Investitionsquote in der Geschichte des Landes. Nehmen Sie einmal eine Vorbildfunktion ein! Wie hoch eine Investitionsquote ist, hat nichts mit dem Schuldenstand zu tun. Das hat allein damit zu tun, welche Prioritäten ich setze, wie viel von dem Geld im Haushalt, das ich nicht für Zinsen ausgebe, ich für den Konsum bereitstelle, wie viel ich für For

schung und Entwicklung bereitstelle und wie viel ich für Investitionen bereitstelle.

Ich stelle fest: Sie zeigen, dass Ihnen Investitionen nicht wichtig sind. Damit sind Sie kein Vorbild für die Wirtschaft.

(Beifall bei der SPD)

Auch die CDU-Fraktion hat um zusätzliche Redezeit gebeten. Ich erteile ihr auch drei Minuten.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach 6,5 Jahren rot-grüner Politik in Deutschland stellen wir Folgendes fest - weil Sie gerade die Investitionsquote angesprochen haben -: Die Investitionen des Bundes sind von 1998 bis heute von 29,2 Milliarden Euro auf 22,7 Milliarden Euro gesunken, also um 6,5 Milliarden Euro.

(Thomas Oppermann [SPD]: Aber die Investitionsquote ist höher als die in Niedersachsen!)

Wir stellen weiter fest: Von 1998 bis heute ist die Investitionsquote des Bundes, der, wie Sie, lieber Herr Oppermann, so schön sagten, die Rahmenbedingungen setzt, von 12,5 % auf 8,9 % gesunken.

(Thomas Oppermann [SPD]: Und nur Sie sind noch schlechter!)

Wir stellen schließlich fest: Von 1998 bis heute sind die Hilfen für den Mittelstand aus dem Einzelplan 09 des Bundes von 0,69 Milliarden Euro auf 0,19 Milliarden Euro, also um rund 0,5 Milliarden Euro, gesunken.

Soviel zur Realität. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Federführend soll der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr sein, mitberatend der Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Wer dem so zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegen

stimmen! - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.