Herr Kollege Hermann, dazu, ob jemand etwas davon versteht oder nicht, sollte man sich nicht äußern.
So ist z. B. in den letzten Jahren das Eigenkapital der deutschen Bauwirtschaft auf mittlerweile durchschnittlich 1,5 % gesunken. Da müssen Insolvenzen ja an der Tagesordnung sein. Im letzten Jahr waren es in Deutschland 39 213 Unternehmen. In Europa - da sollten doch die Damen und Herren, die dazwischenrufen, aufpassen -, in den Ländern um uns herum, sind Eigenkapitalquoten von 25 bis 35 % die Norm. In Großbritannien liegt die Quote im Durchschnitt bei 28 %. In Frankreich liegt die Eigenkapitalquote im Durchschnitt bei 34 %.
Bleiben Sie bitte ruhig, Herr Gabriel. In Deutschland ist es nur die Hälfte, nämlich 17,5 %. Das heißt also, die französischen Betriebe haben in Bezug auf die deutschen Betriebe die doppelte Finanzkraft. Soweit haben Sie es in den letzten sechs oder sieben Jahren gebracht. Das muss ich Ihnen leider sagen.
In Niedersachsen haben wir in den letzten Jahren gerade den kleinen und mittleren Betrieben durch Deregulierung, Bürokratieabbau, den erfolgreichen Start der NBank und Bundesratsinitiativen zur Reform des Arbeits- und Sozialrechtes gezeigt, wie wertvoll und eminent wichtig die Bewahrung dieser
Trotz dieser Maßnahmen kann sich Niedersachsen nicht von den schlechten Rahmenbedingungen abkoppeln, deren Ursache eindeutig in Berlin liegt. Daher bitte ich Sie, verehrte Damen und Herren der Opposition, den Antrag „Handwerk und Mittelstand weiter stärken - Investitionshemmnisse abbauen“ speziell in den Bereichen zu unterstützen, in denen Sie in Berlin guten Einfluss haben. Ich zähle es Ihnen auf: Stärkung der Gläubigerrechte, Absetzbarkeit der Handwerkerrechnungen, Erleichterung von Unternehmensnachfolgen, Reform der Berufsgenossenschaften.
- Wenn Sie endlich darangehen, die Verwaltung zu vereinfachen, Herr Gabriel, dann werden Sie geringere Kosten haben.
(Sigmar Gabriel [SPD]: Wer bezahlt denn die Steuerausfälle bei der Ab- setzbarkeit der Handwerkerrechnun- gen?)
- Durch die Schwarzarbeit - das kann ich Ihnen sagen - wird das mit Sicherheit ausgeglichen, wenn dann nicht noch mehr hereinkommt.
Ein weiterer Punkt ist die Anhebung der Betragsgrenze. Davon sprach schon der Kollege Dinkla. Ich gehe auch davon aus, dass die Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter nicht mehr bei 410 Euro gelassen werden soll - das waren einmal 800 DM. Heute kann man sagen: 800 Euro sind der richtige Wert.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss sagen: Stärken wir das Handwerk und den Mittelstand, helfen wir, Investitionshemmnisse abzubauen, so stärken wir den Wirtschaftsstandort Niedersachsen. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dinkla, das einseitige Schreckensszenario, das Sie gerade vorgestellt haben, wird den Problemen des Mittelstands nun überhaupt nicht gerecht.
Sie ignorieren die tief greifende Steuer- und Sozialreformen im Bund und genauso unsere besondere Lage auf dem Arbeitsmarkt im vereinigten erweiterten Europa. „Für mich ist das die Vollendung eines Traumes,“ sagte Altkanzler Helmut Kohl zum Beitritt der zehn neuen EU-Staaten am 1. Mai letzten Jahres. Doch diesen Traum gibt es nicht umsonst. Den Preis zahlen auch unser Mittelstand und unsere Handwerksbetriebe. Ein deutscher Betrieb kann einfach nicht mithalten, wenn ein polnisches Subunternehmen seinen Arbeitern 3,80 Euro die Stunde zahlt, wie dies auf einer Baustelle des Landes Niedersachsen im vergangenen Jahr passierte. Ein Fliesenleger kann seine Dienste nicht für 6 Euro die Stunde anbieten, wie das einige selbstständige Kollegen aus den osteuropäischen Ländern tun.
Das sind die eigentlichen Probleme des Handwerks, Herr Dinkla. Dort besteht dringender Handlungsbedarf. Dazu steht in Ihrem Antrag allerdings allzu wenig.
Vor diesem Hintergrund ist der vorliegende Antrag im Wesentlichen Kosmetik und eine Ansammlung unbezahlbarer Steuergeschenke. Ich gehe die Punkte einzeln durch. Ihre Vorschläge für üppige Steuergeschenke sind nicht neu und schon gar nicht finanziert. Ihr Finanzminister Möllring hat uns gerade vor anderthalb Stunden dringend vor neuen Steuersubventionen gewarnt. Im Bund setzt man sich über Parteigrenzen hinweg für den Abbau von Subventionen ein. In Niedersachsen sehen die Regierungsfraktionen das offensichtlich anders. Denn sie wollen Investitionssubventionen neu einführen, z. B. durch das Absetzen der Rechnungen bei Privatwohnungen.
Zu Ihrem nächsten Thema, der Erbschaftsteuer, liegen in Berlin zwei Gesetzentwürfe vor. Haben Sie diese einmal genauer angeschaut, Herr Dinkla? - Sie haben gerade die 90 % der Unternehmen in Niedersachsen mit weniger als zehn Beschäftigten erwähnt. Der Entwurf in Berlin, der von der CDU/CSU kommt, sieht aber bei Unternehmen innerhalb von zehn Jahren nach Übernahme einer Firma Steuerbefreiung für einen Betrag von 100 Millionen Euro Kapital vor. Wer soll das bitte schön bezahlen, wenn wir das generell bis 100 Millionen Euro freistellen?
Das sind keine kleinen oder mittleren Unternehmen mehr. Ein Zehntel von den 100 Millionen Euro und dann auch noch seriös gegenfinanziert - dann sind wir dabei. Damit sind wir genau in dem Feld der Betriebe, die Sie mit Ihrem Antrag ansprechen wollen.
Nein, ich habe so wenig Redezeit, und der Antrag ist so lang. Dazu muss ich noch einiges durchdeklinieren, z. B. die von Ihnen geforderte schnellere Absetzbarkeit von Investitionen in Betrieben, also in größeren Beträgen. Das braucht kein Mensch. Jeder, der in einen Betrieb investiert und über drei Jahre absetzen kann, kann damit sehr gut leben. Ihr Vorschlag erinnert mich allzu sehr an das Modell der FDP auf Bundesebene, die bis 1 000 Euro komplett freistellen will. Der FDP-Vorschlag auf Bundesebene ist durchgerechnet worden. Er bedeutet 2 Milliarden Euro Steuerausfälle. Schönen Dank, kann ich da nur sagen. Davon landen dann 200 Millionen Euro in Niedersachsen.
Auch das Thema der Gläubigerrechte sind Sie in Ihrem Antrag wenig konstruktiv angegangen. Wie Sie wissen, diskutieren wir schon seit langem über das Forderungssicherungsgesetz länder- und fraktionsübergreifend. Aber Sie wissen genauso, Herr Hermann, dass das Austarieren von Interessen zwischen Handwerksbetrieb und Verbraucher gar nicht so einfach ist. Dazu sind noch rechtliche Fragen zu klären, damit kein Bürokratiemonstrum entsteht. Die Fraktionen sind im Bund gerade frak
tionsübergreifend bei der Sache. Ich weiß nicht, ob Ihr Antrag viel weiterbringen würde. Helfen kann Niedersachsen aber ganz konkret, z. B. indem Sie den Anteil der Investitionen an den öffentlichen Gesamtausgaben wieder erhöhen. Hierbei liegt unser Bundesland im Bundesvergleich auf dem drittletzten Platz. Strukturell und nachhaltig verbessert Niedersachsen das Klima für Handwerksbetriebe, wenn es die Kontrolle illegaler Beschäftigung verstärkt, z. B. indem Sie die im vergangenen Jahr abgeschaffte Baustellenkontrolle wieder einführen.
Um den Fall ins Bodenlose aufzuhalten, sollte die Landesregierung auf Bundesebene auch den Mindestlohn unterstützen.
Anspruch und Regierungswirklichkeit Ihres Antrages klaffen einfach zu weit auseinander. Wenn man dann Ihren gemeinsamen Presseauftritt sieht, bei dem Sie die Rettung des Mittelstandes versprechen wollten, müssen wir feststellen, dass dieser Antrag tatsächlich so nicht finanzierbar ist und sich leider für unser Land als Rohrkrepierer erweisen wird. Lassen Sie uns im Ausschuss über realistische Forderungen zur Stützung des Mittelstandes diskutieren, dann kommen wir vielleicht zu einer gemeinsamen Beschlussfassung. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stimme der Kritik meines Kollegen Hagenah an dem Antrag uneingeschränkt zu. Aber ich sehe in dem Antrag auch einen erfreulichen Aspekt.
Nach zwei Jahren und drei Monaten CDU/FDPRegierung ist das ein Bekenntnis zur Notwendigkeit von Wirtschaftpolitik, die es bisher nicht gegeben hat.
Sie stellen hier Forderungen, die ein Sammelsurium von undurchdachten oder schon erledigten Punkten sind. Ich möchte im Einzelnen darauf eingehen.
Erstens: verbesserte steuerliche Absetzbarkeit von Handwerkerrechnungen. Herr Hagenah hat bereits darauf hingewiesen: Das ist die Einführung einer Subvention. Ordnungspolitisch sind Sie ja immer gegen Subventionen, theoretisch für den Abbau von Subventionen, aber in der Praxis hapert es.
- Das wollen wir erst einmal abwarten. - Sie wollen eine neue Subvention einführen. Sie wollen die Wirtschaft mit einer neuen Subvention ankurbeln. Das steht in Ihrem Antrag. Ich finde unseriös, dass Sie Ihren Finanzminister nicht einmal danach gefragt haben, in welcher Höhe Steuerausfälle damit verbunden sind, wenn sämtliche Rechnungen über Arbeiten von Handwerkern auf Privatgrundstücken steuerlich absetzbar gemacht werden. - Kein Wort!