Protocol of the Session on May 19, 2005

Nach meiner Meinung ist eine solche Proklamation für einen solchen Tagesordnungspunkt ein Ding der Unmöglichkeit, und zwar aus verschiedenen Gründen.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Was?)

- Das ist eine Provokation.

(Ina Korter [GRÜNE]: Wollen Sie nicht sehen, wie das, worüber Sie reden, aussieht? - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Sie sind aber empfindlich, Herr Riese! - Zurufe von der SPD)

Lassen Sie sich nicht beeindrucken, Herr Kollege!

Nun hören Sie mal auf zu toben! Das geht alles von meiner Redezeit ab. - Ich wollte nur meine Verwunderung darüber ausdrücken, dass uns nun ausgerechnet von einem Vertreter der Grünen ein solches unökologisches Werbemittel - aufwendiger Vierfarbdruck mit allerlei Chemikalien - auf den Tisch gelegt wird.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von der SPD: Das ist ja nicht zum Essen! Kommen Sie zur Sache!)

Zum Gegenstand selbst hat mein Vorredner, Herr Buß - ein wirklich fachkundiger Kenner dieser Materie -,

(Zurufe von der SPD: Oh! - Hans- Dieter Haase [SPD]: Endlich mal An- erkennung!)

schon alles zum Ausdruck gebracht. Insbesondere hat er auch sein Vertrauen in die konsequente Haltung der gegenwärtigen Regierung zum Ausdruck gebracht,

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Die macht ja nur das Gleiche wie die vorherige!)

die nämlich die Zusagen der vorherigen Landesregierung übernommen hat und wahr macht. Das Fahrwasser im Fedderwarder Siel in der Gemeinde Butjadingen wird schiffbar bleiben.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Wir werden niemals - das konnte ich auch schon am 24. Februar in diesem Hause ausführen - durch aufwendige Wasserbauwerke eine Garantie dafür herbeiführen, dass die Morphologie dort nicht mehr stattfindet, dass dort keine Veränderungen im Fahrwasser durch Naturgewalten stattfinden. Es wird solche Veränderungen auch weiterhin geben. Tatsächlich findet man überall an der Nordseeküste im Wattenmeer Beispiele dafür.

Ich lade Sie alle ein, zu uns in den Ort Marienhafe im schönen Ostfriesland zu kommen. Marienhafe liegt mit dem Auto ungefähr 15 Minuten von der Nordseeküste entfernt. Dort steht der Störtebekerturm, in dem sich der Pirat Störtebeker von seinen Raubzügen erholt hat. Er konnte dort praktisch mit dem Schiff an der Kirche anlegen. Das war allerdings im späten Mittelalter. Seither haben Veränderungen des Landes stattgefunden, wie sie für den Wattenmeerraum typisch sind, in kleinerem Maße auch in Butjadingen.

Wie bereits gesagt, ist uns die Bedeutung des Tourismus in der Gemeinde Butjadingen bekannt. Im Rahmen des finanziell Leistbaren wird die Zufahrt durch die Landesregierung erhalten werden. Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank. - Frau Korter, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der heutige Tag könnte ein rabenschwarzer Tag für die

Gemeinde Butjadingen und für die Rettung des Fedderwarder Priels werden. Das habe ich befürchtet, und es scheint einzutreffen. Trotz vollmundiger Versprechungen und eines einstimmigen Landtagsbeschlusses von 1997 wollen Sie nicht mehr machen und nicht mehr beschließen als ein bisschen Schlickbaggern im Priel nach Haushaltslage, und im Übrigen wollen Sie abwarten.

Herr Ministerpräsident Wulff - leider ist er jetzt nicht hier -, Sie waren im Landtagswahlkampf genauso wie Herr Hirche in Butjadingen und haben den Menschen dort versprochen, sich um das Verschlickungsproblem zu kümmern. Damals ging es um den Durchstich durch einen Schlickpfropfen, um die natürliche Räumkraft des Priels zu verbessern. Ich darf Ihrem Gedächtnis mit ein paar Zeitungsüberschriften auf die Sprünge helfen: „Wulff macht Zusage - CDU-Spitzenkandidat will als Regierungschef Rettung des Priels finanzieren.“ So berichtete die Kreiszeitung am 26. Juli 2002. „Butjadingen sei ihm nicht nur lieb, sondern auch teuer, so Christian Wulff an Bord des Ausflugsschiffs Wega II.“ „Walter Hirche will sich zügig für die Mittelbereitstellung stark machen“, berichtete die Kreiszeitung am 8. August 2002. Und die NWZ schrieb am gleichen Tag: „Walter Hirche sagt zu, eine Lösung für den Fedderwarder Priel im Koalitionsvertrag festschreiben zu wollen.“ - Herr Wulff, Herr Hirche, Ihre Treueschwüre sind als Wahlkampfgeschwätz entlarvt worden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Menschen vor Ort glauben Ihnen nicht mehr. Butjadinger Gewerbetreibende haben Ihnen geschrieben, Herr Wulff. Der Butjadinger Touristikverband hat Sie eindringlich an Ihre Versprechen erinnert, auch die Bürgerinitiative Butjadingen und natürlich auch die Fischer und die Segler. Meinen Sie denn, die Leute schreiben Ihnen besorgte Briefe, weil alles so toll läuft, wie uns der Kollege Thümler hier immer weismachen will?

Die Experten vor Ort sehen doch ganz genau, was im Priel passiert, und sie wissen, dass diese Entwicklung ihre Existenz gefährdet. Herr Kollege Thümler, damit auch Sie es endlich begreifen: Die Verlandung des Fedderwarder Priels ist kein Luxusproblem. Erzählen Sie das eigentlich auch in Butjadingen? - An einer schiffbaren Hafenzufahrt mit vernünftigem Tidefenster hängen die Existenzen vieler Familien. Das müssten Sie eigentlich wissen.

Sie behaupten, auch im Gutachten der Forschungsstelle Küste werde empfohlen, man müsse eigentlich nur abwarten, bis sich der Priel in Richtung so genannter Wega-Rinne entwickelt. Das Gutachten sagt klar, Herr Thümler, dass sich die Schiffbarkeit des Priels zwischenzeitlich ganz deutlich verschlechtern wird.

Meine Damen und Herren, offensichtlich sind Sie auch überhaupt nicht an der zügigen Realisierung des JadeWeserPorts interessiert. Das wundert mich nach der gestrigen Debatte. Professor Zanke, anerkannter Wasserbauexperte der TU Darmstadt, befürchtet, dass die Verschlickung des Priels im Zuge des Tiefwasserhafenbaus enorm zunehmen wird. Deshalb will die Gemeinde Butjadingen gegen den Hafen klagen, wenn sie ihr Schlickproblem nicht in den Griff bekommt und wenn es nicht gelöst wird. In Butjadingen wurde immer wieder betont, man wolle eine politische Lösung; Sie wollen diese offenbar überhaupt nicht.

Wenn Sie, meine Damen und Herren von der CDU, der FDP und leider auch von der SPD, nichts für die Erhaltung des Priels tun wollen, dann sparen Sie sich Ihre rhetorischen Verrenkungen, die ich hier eben schon hören durfte und die sicher auch noch folgen werden, und sagen Sie das den Menschen ehrlich. Nach den Einlassungen, die ich eben gehört habe, fürchte ich: CDU und FDP werden genauso wenig wie vorher die SPD die Zufahrt zum Hafen Fedderwarder Siel sicherstellen. Auch sie wollen die Zukunft der Gemeinde Butjadingen offensichtlich im Schlick versinken lassen. Das ist ein rabenschwarzer Tag für Butjadingen. Ich habe vorhin das Bild an Sie verteilt, damit Sie eine Vorstellung davon bekommen, wie es dort aussieht und worüber Sie heute debattieren. Das finde ich nicht geschmacklos, sondern ich meine, man sollte wissen, worüber man hier abstimmt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Herr Kollege Thümler, Sie haben das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Bild ist in der Tat nicht geschmacklos, sondern es zeigt die Lebenswirklichkeit. Es ist ein sehr schönes Bild, ein Werbebild für die Küste Niedersachsens und für Butjadingen. Das ist zum

Ausdruck gekommen. Es zeigt aber nicht die Problematik der Verschlickung, um auch das zu sagen; denn so sieht es, wie Herr Riese schon gesagt hat, im Wattenmeer überall aus, und wir haben an vielen Stellen solche Probleme.

Ich habe mir schon vorher gedacht, was Frau Korter gerade gesagt hat, und stelle wieder mit Freude fest, dass Sie immer schon wissen, was wir sagen wollen. Das ist interessant zu wissen, und das finde ich immer wieder faszinierend. Deshalb will ich noch einmal versuchen, deutlich zu machen, worum es hier eigentlich geht, obwohl wir uns bereits im Februar und auch in anderen Sitzungen meiner Meinung nach sehr ausführlich über die Thematik unterhalten haben. Die neue Landesregierung hat im Jahr 2003 - Herr Janßen, auch für Sie zum Mitdenken - in Gesprächen mit den Verantwortlichen vor Ort vereinbart, wie die Dinge gemeinsam bewegt werden können und wie - ich sage es jetzt schon einmal vorweg - mit der Natur gearbeitet werden kann. Mich wundert, dass Sie als ökologische Partei dies nicht annehmen wollen; denn Sie wollen dort mit Maßnahmen des schweren Wasserbaus vorgehen und die Natur zerstören, anstatt das zu machen, was auf Ihrer Fahne steht, nämlich die Natur zu bewahren. Wir sehen das etwas anders.

Wir haben im Jahr 2003 mit dem Minister, mit dem Staatssekretär und auch mit dem Ministerpräsidenten abgesprochen, dass die Grundlage künftigen Handelns auch weiterhin der einstimmige Landtagsbeschluss aus dem Jahr 1997 ist. Es wurde vereinbart, durch die Forschungsstelle Küste eine fachliche Begutachtung und Beratung vornehmen zu lassen. Es sollte ein Forschungsbericht erstellt werden. Das ist mit Vorlage des Dienstberichtes 2004 inzwischen auch geschehen, wie dies mit den Verantwortlichen vor Ort vereinbart und abgestimmt war. Das sollte Ihnen bekannt sein. Sie kennen die Berichte. Sie haben sie ja freundlicherweise von mir bekommen.

(Zuruf von Hans-Joachim Janßen [GRÜNE])

- Lieber Herr Janßen, ich versuche noch einmal, es Ihnen zu sagen. Das ist so. Sie können hier politisch all das beschließen, was Sie wollen. Wasser macht aber nicht das, was Sie hier politisch beschließen, sondern Wasser hat seine eigene Dynamik und macht das, was das System vorgibt.

(Beifall bei der CDU)

Mit der Vorlage dieses Dienstberichts haben wir Handlungsempfehlungen an die Hand bekommen. Eine der zentralen Aussagen dieses Berichtes - sie ist von der Forschungsstelle Küste erst vor wenigen Tagen noch einmal telefonisch bestätigt worden - lautet, dass wir mit der Natur, nicht aber gegen sie arbeiten sollen. Das werden wir auch genauso tun. Das heißt, dass in diesem Bestand weitere Baggermaßnahmen durchgeführt werden. Im Übrigen, liebe Frau Korter, kann ich nicht feststellen, dass 3 Millionen Euro nichts sein sollen. 3 Millionen Euro sind dort inzwischen ja schon verausgabt worden.

(Hans-Joachim Janßen [GRÜNE]: Das war auch sinnvoll!)

Ich will Ihnen das hier einmal deutlich sagen: Andere Hafenstandorte an der Küste würden sich freuen, wenn dieses Geld für sie aufgewandt worden wäre. Ich denke in diesem Zusammenhang an die Inseln und andere Orte mehr. Die hätten von diesem Geld nämlich auch sehr viel gehabt.

Das heißt, in Butjadingen ist alles klar. Ich sage das in Butjadingen genauso wie hier. Ich mache an dieser Stelle überhaupt keinen Unterschied. Sie können die Leute entsprechend fragen.

Ferner haben wir mit der Forschungsstelle Küste auf deren Empfehlung hin vereinbart, dass weitere Untersuchungen stattfinden sollen. Beispielhaft erwähnen möchte ich die großräumigen Veränderungen im Langlütjensand. Diese Forderung wird ja nicht nur von Butjadingen erhoben, sondern sie ist uns auch von der Forschungsstelle Küste aufgegeben worden. Diese Maßnahme wird angegangen. Ziel ist es, die dort vorhandenen Möglichkeiten zur Unterhaltung des Priels im Rahmen des bestehenden Systems zu optimieren.

Damit befinden wir uns meiner Meinung nach auf einem sehr sachlichen Weg, den wir in der Vergangenheit nicht immer hatten, der aber mit den Verantwortlichen vor Ort, wie gesagt, besprochen worden ist. Wir wollen im Interesse Butjadingens Schritt für Schritt vorgehen. Das heißt, wir arbeiten hier für die Menschen in Butjadingen verantwortungsbewusst, nicht aber gegen die Interessen der Menschen dort, wie Sie das hier immer wieder darstellen. Wir machen unter dem Strich nicht nur das, was wir zugesagt haben. Dazu stehen sowohl der Ministerpräsident als auch der Minister. Das können sie gleich von diesem Platz aus noch ein

mal sagen. Dazu stehen wir. Wir werden sehen, welche Ergebnisse das zeitigt.

Ein solches System - das muss eigentlich auch Ihnen klar sein - reagiert eher schwerfällig. Sie haben vorhin gesagt, dass die Verlandungstendenzen des Priels ein Riesenproblem seien. Da gebe ich Ihnen Recht. Dummerweise hat man dort aber schon im Jahr 1880 damit angefangen und Leitdämme in die Weser gebaut. Sie kennen die Problematik auch an anderer Stelle. Das werden wir nicht zurückdrehen können, es sei denn, sie fangen an, die Leitdämme abzureißen. Dann wird das Weserfahrwasser einen Weg finden, und dann kriegen wir auch mehr Wasser dorthin.

Die anderen Dinge, Frau Korter, die in der Vergangenheit falsch gemacht worden sind - ich erinnere an 90-Grad-Kurven-Baggerungen und ähnliche Dinge mehr -, haben dem System nicht gerade geholfen. Dort ist nämlich genau das gemacht worden, was in den Köpfen irgendwo vorhanden war. Man hat gegen die Natur gearbeitet. Wir müssen hier aber mit der Natur arbeiten. Wir müssen sehen, welche Verlagerungen stattfinden. Tendenziell sieht es so aus, dass sich die Verlagerungen an die Wega-Rinne anpassen werden. Ich glaube, das ist ein guter Weg, den wir hier weiter beschreiten sollten. Das geht aber nicht von heute auf morgen, sondern ein solches System ist sehr anfällig gegen Eingriffe von außen.

Unter dem Strich wird irgendwann - das sagt auch die Forschungsstelle Küste - wahrscheinlich der schwere Wasserbau das Einzige sein, was dort die erforderliche Stabilität bringen kann - dann aber bitte in einem Fahrwasser, das auch von sich aus lagestabil ist und nicht erst künstlich geschaffen werden muss. Das würden wir jetzt aber machen, wenn wir dort voreilig gegen die Natur arbeiten würden.

(Ina Korter [GRÜNE]: „Gegen die Natur“ hat niemand beantragt!)

Das wollen wir nicht. Deswegen werden wir diesen Weg beschreiten. Ich denke, das ist im Interesse der Menschen vor Ort. Damit werden wir oben bleiben. - Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Herr Minister Hirche, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Rahmenbedingungen für die Zufahrt zum Hafen Fedderwarder Siel sind im Jahr 2001 mit der Gemeinde und den Hafennutzern vereinbart worden. Diese Bedingungen haben alle Beteiligten vor Ort getragen. Die Festlegung der Rahmenbedingungen orientiert sich an dem Machbaren und berücksichtigt im Übrigen auch die Wirtschaftlichkeit aller Maßnahmen. In diesem Korridor werden wir uns auch in Zukunft bewegen, und wir müssen die wirtschaftlichsten und die effizientesten Maßnahmen für die Zufahrt zum Hafen finden.