Protocol of the Session on May 18, 2005

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, zu diesem Antrag liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

(Ministerpräsident Christian Wulff meldet sich zu Wort)

- Wenn die Regierung reden möchte, dann muss ich ihr das Wort erteilen.

Ich denke, ich kann es sehr kurz machen. Ich möchte mich nämlich den Ausführungen der Kollegin Merk und des Kollegen Thiele anschließen. Über die Bedeutung der Entwicklungshilfearbeit der Landesregierung sollte schon deshalb kein Streit aufkommen, weil wir uns hier in einem gewissen Konflikt mit dem Landesrechnungshof befinden; Sie haben darauf hingewiesen. Der Landesrechnungshof ist der Meinung, dass dies überhaupt keine Aufgabe der Landesregierung ist. Wir als Parlament müssen deutlich machen, dass es wichtig ist, entsprechende ehrenamtliche Initiativen voranzutreiben, zu fördern, Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben, um das Bewusstsein wach zu halten, dass wir die Aufgabe zu internationaler Solidarität haben.

Ich höre - und befürchte das auch -, dass die Grünen den Konsens, der nach den Beratungen im Ausschuss bestand, etwas verlassen werden. Das aber wäre sehr bedauerlich; denn wir brauchen den Konsens des Parlaments, um uns gegenüber Kritikern entsprechend durchzusetzen. Auf die Denkschrift des Rechnungshofs vom 20. April 1999 gab es diesen Konsens damals auch.

Ich bin dankbar, dass die Zusammenarbeit mit der Provinz Eastern Cape in Südafrika besonders hervorgehoben wird. Hier wird es unter Beteiligung der Wirtschaft zur Intensivierung der Zusammenarbeit kommen. Auch die Kirchen, vor allem die evangelische Kirche, und Nichtregierungsorganisationen helfen uns hier tatkräftig.

Vom Juni dieses Jahres an wird ein aus dem Landesdienst beurlaubter Berufsschullehrer die Zusammenarbeit mit der Partnerbehörde zunächst mit Landesmitteln unterstützen und koordinieren. Im Herbst 2005 wird Kultusminister Busemann in die Partnerregion reisen, um vor Ort die Intensivierung des Austausches, vor allem im Berufsbildungsbereich, zu vereinbaren.

Alle Ministerpräsidenten der Länder sind sich darin einig, dass Bildung sowie Umwelt- und Ressourcenschutz die Schwerpunkte des Engagements der Länder sein sollen. Wir beteiligen uns deshalb auch an der Norddeutschen Partnerschaft zur Unterstützung der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung 2005 - 2014“, für die Sie eben vermehrte Öffentlichkeitsarbeit eingefordert haben. Wir betreiben in Zusammenarbeit mit dem Verband Entwicklungspolitik Niedersachsen, VEN, und mit Bremen Projekte zum globalen Lernen im Rahmen von Nord-Süd-Schulpartnerschaften. Eine Orientierungshilfe für die Landesregierung - so fordert es auch die Beschlussempfehlung, die wir gleich mit breiter Mehrheit, wenn auch wohl ohne die grüne Landtagsfraktion, verabschieden werden - ist die Hilfsbereitschaft bei Anforderungen zur Leistung von humanitärer Hilfe in Krisenregionen.

Es ist bedeutungsvoll und beachtlich zugleich, dass die Tsunami-Katastrophe in Asien seit Ende Dezember 2004 zu einem erheblichem Engagement der Bundesregierung unter Einbindung aller Bundesländer und der Kommunen geführt hat. Die Katastrophe hat überwiegend arme Länder und dort überwiegend benachteiligte Menschen getroffen, die zu einem ganz großen Teil auf langfristige Hilfe angewiesen sind, weshalb auch die Aktivitäten und Projekte, die seitens der Landesregie

rung vorgestellt und hervorgehoben worden sind, mit privaten Gruppen und der Bundesregierung in Angriff genommen werden, die diesen Zielsetzungen entsprechen.

Ich wäre Ihnen also dankbar, wenn wir hier im Parlament über diese Frage nicht allzu kleinkarierten Streit führen, sondern uns darin einig sind, dass Frieden, wirtschaftlicher Fortschritt, sozialer Ausgleich und Stabilität unter Einbeziehung der Menschen in den ärmsten Ländern in besonderer Weise gefördert und entwickelt werden müssen, damit eine eigenständige Entwicklung in diesen Ländern dauerhaft erreicht und gesichert werden kann. Ich bedanke mich für die bisher gehörten Beiträge und wäre Ihnen verbunden, wenn wir es gemeinsam hinbekommen, dass die Entwicklungshilfe trotz aller Finanznot des Landes nicht völlig unter die Räder gerät.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zustimmung von Heidrun Merk [SPD])

Für die FDP-Fraktion hat sich die Abgeordnete Kuhlo zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Mit dem vorliegenden Text, dem auch die Grünen im Ausschuss noch zugestimmt haben, haben wir eine Kompromisslösung gefunden, von der wir eigentlich glaubten, dass alle dazu stehen würden. Wir haben leider keine Argumente der Grünen gehört, die sie dazu veranlasst haben, diesem Antrag nicht zustimmen zu wollen. Vielleicht geschieht das ja noch.

Entwicklungspolitik ist vorrangig eine Aufgabe der nationalen und der europäischen Ebene und keine originär landespolitische Aufgabe. Dennoch hat sich das Land Niedersachsen in der Vergangenheit in entwicklungspolitischen Fragen engagiert. Einiges davon ist bereits angesprochen worden. Ich nenne nur die frühere Verbindung in den Sudan, insbesondere zur heutigen Krisenregion Darfur, die zehnjährige Partnerschaft zur Provinz Eastern Cape in Südafrika oder auch die ideelle Unterstützung für die Aktion „Gemeinsam für Afrika“, die im letzten September im Gästehaus der Landesregierung vorgestellt wurde und bei der die in Hannover ansässige „Deutsche Stiftung Weltbe

völkerung“ mit ihren Aufklärungskampagnen zu HIV und zur Verhütung eine tragende Rolle gespielt hat.

Angesichts der bekannten Haushaltslage des Landes sollte es aber allen Beteiligten einleuchten, dass sich das Engagement des Landes auf wenige ausgewählte Projekte konzentrieren muss und dass es damit nur einen kleinen Teil der deutschen Entwicklungspolitik abdecken kann. Wenn im Ursprungsantrag der SPD-Fraktion ein reduzierter Ansatz des Landes beklagt wird, sollten wir den Blick auch auf die Politik der rot-grünen Bundesregierung richten. Der Haushalt des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit umfasst für 2005 3,86 Milliarden Euro, davon ungefähr die Hälfte für die bilaterale Zusammenarbeit. Dies ist zwar geringfügig mehr als 2004, aber weniger als beim Amtsantritt von Rot-Grün im Jahre 1998.

Neben der Mittelausstattung sind aber noch weitere Aspekte der Entwicklungspolitik der Bundesregierung infrage zu stellen.

Frau Kuhlo, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Meinhold?

Nein, meine Zeit ist knapp genug, Herr Meinhold.

Durch die zunehmende Verschiebung der Mittel auf die multilaterale und europäische Ebene ist eine vermehrte Bürokratisierung zu verzeichnen. Frau Merk, die nationale Umsetzung des Aktionsprogramms 2015 zur Armutsbekämpfung droht zur reinen Symbolpolitik zu werden. So gibt es zwar ein mit prominenten Namen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ausgestattetes Dialogforum, aber drei Jahre nach der Ankündigung noch keinen ressortübergreifenden Maßnahmenplan.

Meine Damen und Herren, die Erfahrung zeigt, dass Entwicklungszusammenarbeit dann erfolgreich ist, wenn die Rahmenbedingungen im Zielland intakt sind. Das betrifft Rechtsstaatlichkeit, Achtung der Menschenrechte, eine funktionsfähige Administration sowie die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit. Nur in solchen Staaten kann Entwicklungshilfe strukturell wirksam werden und zur Verbesserung der Lebensbedingen der Bevölkerung beitragen.

Zurück zur Entwicklungspolitik des Landes. Wir sollten unsere Kräfte auf unsere Partnerprovinz Eastern Cape konzentrieren. Dazu weist die Gemeinsame Erklärung vom 23. August 2004 den Weg mit der Schwerpunktsetzung auf die berufliche Bildung. Lassen Sie uns mit dem heutigen Beschluss zeigen, dass das Land im Rahmen seiner begrenzten Möglichkeiten auch künftig entwicklungspolitische Verantwortung übernimmt. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Abgeordnete Langhans das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist richtig: Wir werden entgegen dem im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien abgegebenen Votum diesem Antrag nicht zustimmen.

Dieser Antrag hat in der Tat einen langen Vorlauf gehabt, mit dem Ziel, zu einer gemeinsam getragenen Beschlussempfehlung zu kommen. Das, was jetzt von dem, wie ich finde, sehr guten Ursprungsantrag übrig geblieben ist, entspricht nicht mehr unseren Vorstellungen von einer verantwortungsvollen und den globalen Herausforderungen angemessenen Politik der Entwicklungszusammenarbeit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die in der Überschrift formulierten Forderungen, Entwicklungspolitik neu zu ordnen und entwicklungspolitisches Profil zu stärken, finden sich in dem anschließenden Text nicht wieder. Nichts weist in diesem Text auf eine Neuordnung bzw. Profilstärkung hin. Bereits im ersten Satz ist von Kontinuität und nicht von Neuordnung die Rede, nicht von Profilstärkung, sondern von Profilanpassung. Die daran anschließende Aufzählung von Aktivitäten der Landesregierung ist geeignet, die entwicklungspolitische Internetseite der Landesregierung zu bereichern.

Selbst der im Antrag formulierte Anspruch auf Kontinuität entspricht nicht der Realität. Die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit sind derart zusammengestrichen worden, dass es sich schlicht

und einfach verbietet, hier von Kontinuität zu sprechen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von Ulrike Kuhlo [FDP])

Eine negative Folge dieser Mittelkürzungen ist, meine Damen und Herren: Dem VEN wird die finanzielle Grundlage entzogen, um weiterhin erfolgreiche entwicklungspolitische Bildungsarbeit zu leisten. Ohne die entsprechenden Mittel droht diese seit Jahren bewährte Landesstruktur für ehrenamtliches und entwicklungspolitisches Engagement aus dem öffentlichen Leben verdrängt zu werden. Für dieses Engagement sind vernünftige Strukturen und Vernetzung unabdingbar. Diese Strukturen müssen durch Landesmittel abgesichert sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir vermissen in diesem Antrag einen Hinweis auf die Bereitschaft, trotz schwieriger Haushaltslage die UN-Milleniumsziele im Kampf gegen Hunger und extreme Armut, auf deren Einhaltung sich im Jahre 2000 nahezu alle Industrienationen verpflichtet haben, nicht aus den Augen zu verlieren.

(Zuruf von der CDU: Macht es doch erst einmal im Bund!)

Nicht nur die Bundesregierung, sondern auch die Länder tragen Verantwortung, diesem Ziel näher zu kommen. Meine Damen und Herren, wir leben doch nicht auf einer Insel der Glückseeligkeit, die sich von der Entwicklung in der übrigen Welt abkoppeln kann.

(Ulf Thiele [CDU]: Wieso fällt Ihnen das alles erst jetzt auf?)

Meine Damen und Herren, Entwicklungspolitik ist nicht nur ein Gebot der Humanität, sondern auch eines der politischen Vernunft und des wohlverstandenen Eigeninteresses. Ich möchte an dieser Stelle die Kollegen der CDU-Fraktion an den Beschluss des CDU-Bundesfachausschusses Internationale Zusammenarbeit und Menschenrechte erinnern. Dort fordern Ihre CDU-Kollegen die Bundesregierung auf, kurzfristig mehr Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung zu stellen. Daran sollten Sie sich orientieren. Dann finden wir auch hier einen Konsens.

Dieser Antrag aber wird so, wie er heute beschlossen werden soll, der globalen Herausforderung,

der sich auch Niedersachsen stellen muss, nicht gerecht. Er setzt keine neuen Impulse in der Entwicklungszusammenarbeit und fällt auch weit hinter Ihre eigenen sozialen und christlichen Ansprüche zurück. - Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Meinhold um zusätzliche Redezeit nach § 71 Abs. 2 der Geschäftsordnung gebeten. Ich erteile ihm das Wort für zwei Minuten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kuhlo, wenn es mir möglich gewesen wäre, meine Zwischenfrage zu stellen, dann hätte ich nicht um zusätzliche Redezeit bitten müssen.

Wir haben gerade einen Beitrag des Ministerpräsidenten gehört, in dem er - was bei ihm höchst selten vorkommt - die Zusammenarbeit und das, was die rot-grüne Bundesregierung macht, gelobt hat. Das war eine gute Aussage. Und dann kommen Sie, Frau Kuhlo, und betreiben Erbsenzählerei!

Genau das ist das Problem. Wir wissen, wie groß die Aufgabe ist und dass Niedersachsen nur einen kleinen Beitrag leisten kann. Auf dieser Basis ist die Beschlussempfehlung zustande gekommen, und das auch nur unter Mühen. Deshalb hat Ihre Rede - das darf ich so sagen - die Worte des Ministerpräsidenten ein ganzes Stück entwertet. Das war die erste Enttäuschung.

Die zweite Enttäuschung kam von den Grünen. Wir müssen doch einfach sehen, welchen Beitrag wir überhaupt leisten können. Bei aller Kritik, die besteht - und das, was Sie gesagt haben, kann man nicht so locker von der Hand weisen -, geht es doch darum, dass das Parlament eine einheitliche Linie zeigt. Entscheidend ist, dass das Parlament ein Signal an die niedersächsische Bevölkerung aussendet, das da lautet, wir stehen zu unserer Verantwortung, die über die Grenzen dieses Landes hinausgeht. Das war eigentlich die Basis, auf der um Zustimmung gebeten worden ist. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? - Das Erste war die Mehrheit.