Meine Damen und Herren, wer heute von Gleichberechtigung und Chancengleichheit der Geschlechter spricht, der muss auch von Gender Mainstreaming sprechen. Das bedeutet nichts anderes, als bei allen gesellschaftlichen Vorhaben die unterschiedlichen Lebenssituationen von Frauen und Männern zu berücksichtigen.
„Wirkliche Gleichstellung liegt im Interesse beider Geschlechter und vor allem im Interesse der Kinder, denn ihre Kindheit ist verweiblicht: Mutter, Großmutter, Tagesmutter, Erzieherin und Grundschullehrerin, Vater zum Gute-Nacht-Sagen und am Wochenende und ab dem zehnten Lebensjahr Männer auch wieder als Lehrer. Dies ist zu wenig.“
Bevor Sie, meine Damen und Herren von der SPDFraktion, auf die Barrikaden gehen - was Sie bei diesem Thema ja immer tun -,
lassen Sie mich sagen: Dieses Zitat stammt von der Ministerin Renate Schmidt. Diese ist, soweit ich weiß, SPD-Mitglied. Also auch sie stimmt unserem Minister Busemann zu; denn nichts, aber auch nichts anderes hat er gesagt. Als Mutter kann ich ihm nur dafür danken; denn dieses Thema wird in Elterngruppen schon seit vielen Jahren diskutiert. Wir wünschen uns endlich Veränderungen. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass sich diese Erkenntnis auch noch bei der SPD-Fraktion durchsetzt; denn es geht um unsere Kinder.
Welt von morgen. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab. Er ist wissenschaftlich und politisch überholt und gehört in den Papierkorb. Wir, die Fraktionen von CDU und FDP, sind schon viel weiter. Aber wir bieten Ihnen an: Springen Sie auf den Zug auf, und lassen Sie uns gemeinsam für die Zukunft unserer Kinder an diesem Thema arbeiten! - Vielen Dank, dass Sie mir so aufmerksam zugehört haben.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde es nahezu großartig, dass die Vorurteile, die in der Öffentlichkeit herrschen, hier in so eindrucksvoller Weise noch direkt durch Brunftschreie verstärkt werden.
Meine Damen und Herren, Ausgangspunkt des Antrages der SPD-Fraktion und der Diskussion, die wir heute führen, sind Äußerungen des Kultusministers zur Feminisierung der Schule - insbesondere im Primar- und Elementarbereich - gewesen. Wir waren uns doch bereits während der ersten Beratung im Plenum darüber einig, dass gewiss nicht die Lehrerinnen für die deutlichen Leistungsunterschiede zwischen Jungen und Mädchen in der Schule verantwortlich zu machen sind. Weil das so ist, möchte ich heute in diesem Zusammenhang auf zwei Aspekte der Diskussion etwas näher eingehen.
In vielen Kindheiten, meine Damen und Herren, tauchen Väter überhaupt nicht oder nur noch am Rande auf. Dafür mag es vielfältige Ursachen geben. Tradiertes Rollenverständnis und eine Arbeitswelt, die vielfältige Lebensentwürfe nicht zulassen mag, gehören jedoch auf jeden Fall dazu.
Zwangsläufig gehören also Männer in den Blickpunkt. Nicht mehr nur „Wo sind zu wenig Frauen?“, sondern vor allen Dingen „Wo sind zu wenig Männer?“ ist die Frage. Das erscheint mir zunehmend interessant. Wenn z. B. heute die zurückgehenden Geburtenzahlen beklagt werden, dann wird immer anklagend auf die Frauen verwiesen. Sie, insbesondere die Akademikerinnen, verweigern kollektiv das Gebären und schädigen die sozialen Sicherungssysteme.
Neueste soziologische Untersuchungen zeigen jedoch ein anderes Bild. Es sind nämlich nicht die Frauen, sondern die Männer, die eine Bindungsund Familienscheu an den Tag legen.
Die Frauen, meine Damen und Herren, bekommen keine Kinder, weil ihnen die passenden Männer fehlen, die bereit wären, ihren Anteil an der Familienarbeit zu leisten.
Vor diesem Hintergrund hat meine Fraktion im vergangenen Jahr die Diskussion um den Girls‘ Day eröffnet. Im Ergebnis wird dieser weiterentwickelt mit dem Ziel, auch Jungen die Perspektive auf eher weibliche Berufsfelder und die Familienarbeit zu eröffnen.
Zweitens bleibt festzuhalten, dass trotz besserer schulischer Leistungen von Mädchen diese Vorteile eben nicht bis in das Berufsleben hineintragen, sondern dass Frauen im Erwerbsleben immer noch erheblich benachteiligt sind. Übrigens hat der Bericht über die Umsetzung des Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetzes dieses noch einmal eindrucksvoll bestätigt. Leider arbeitet die Landesregierung frauenpolitisch in diesem Zusammenhang kontraproduktiv.
Sie schaffen den überwiegenden Teil der hauptamtlichen kommunalen Frauenbeauftragten ab, Sie schwächen die wenigen verbleibenden, Sie schaffen die gesamte Projektförderung im Frauenbereich ab und damit eine gewachsene Landschaft der Unterstützung. Auf die Konzeption des Ersatzprojektes der Ministerin warten wir übrigens bis heute. In diesen Bereich ist noch kein einziger Euro geflossen, meine Damen und Herren.
Es bleibt natürlich die Frage: Sollten die Mittel für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eigentlich aus dem Frauenministerium kommen? - Da die Frauenministerin selbst immer betont, wie profitabel die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für die Wirtschaft ist, sollte im Sinne von Gender Mainstreaming der Wirtschaftsminister diese Projekte fördern; denn sie kommen Frauen und Männern zugute.
Wenn der Mitnahmeeffekt der niedersächsischen Wirtschaftsförderung in diesem Bereich eine Feminisierung der Arbeitswelt und eine Maskulinisierung der Kindheit wäre, dann hätten wir sehr viel erreicht, meine Damen und Herren.
Meine Damen und Herren, wenn es wieder etwas ruhiger ist, kann ich die nächste Rednerin aufrufen. Das ist Frau Meißner von der FDP-Fraktion. Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Helmhold, Sie haben in etwas sarkastischer Form so schön die Brunftschreie angesprochen. Ich freue mich über die Brunftschreie, weil das heißt, dass sich Männer dieses Thema anhören. Das ist meines Erachtens in jedem Fall ein Grund zum Lob.
(Zustimmung von Stefan Wenzel [GRÜNE] - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Wenn Sie es so interpretie- ren wollen, Frau Meißner!)
- Ich wollte es einmal positiv verdrehen. - Wir hatten beim Thema „Gleichberechtigung“ noch nie ein so volles Plenum - zumindest auf der rechten Seite - und noch nie so viele Männer, die dieser Debatte gefolgt sind, wie heute. Das freut mich.
Frau Meißner, einen Augenblick, bitte! Es gibt hier einige, die diskutieren. Aber die diskutieren so laut, dass wir die Sitzung nicht ordnungsgemäß durchführen können.