Protocol of the Session on April 22, 2005

Meine Damen und Herren. Ich schließe zunächst die Beratung; denn Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor.

Ich komme jetzt zurück auf die Einlassung des Kollegen Hagenah von vorhin. Das Wortprotokoll liegt mir vor. Der Kollege Hagenah hat Folgendes gesagt:

„Es gibt zu viele Fälle, in denen es schlichtweg eine Ausgrenzung in unserer Gesellschaft gibt. Hier ist unser Entwurf konsequenter als die EUBestimmungen. FDP und CDU wollen dagegen, dass beispielsweise Behinderte, Juden, Homosexuelle und ältere Menschen weiter der Willkür unterworfen bleiben.“

Herr Kollege, ich erteile Ihnen dafür einen Ordnungsruf. Ich hielte es für sehr angemessen, wenn Sie sich dafür entschuldigen würden; denn Sie meinen zum Beispiel auch mich mit dieser Formulierung.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zur Abstimmung. Die Beratung hatte ich bereits geschlossen. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. Stimmenthaltungen? - Der Beschlussempfehlung ist gefolgt.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 34: Einzige (abschließende) Beratung: Gesetzgebungskompetenz für den Ladenschluss den Bundesländern übertragen Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP Drs. 15/1686 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Drs. 15/1804

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr in der Drucksache 1804 lautet auf Annahme. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen. Zu Wort gemeldet hat sich die Kollegin Rühl.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Überschrift dieses Antrages lautet: „Gesetzgebungskompetenz für den Ladenschluss den Bundesländern übertragen“ - nicht weniger, aber auch nicht mehr. Damit ist auch das Ziel des Antrages vollumfänglich wiedergegeben. Nachdem wir so oft schon in diesem Hause darüber gesprochen, aber eben auch gestritten haben, müssen wir jetzt erst einmal dafür sorgen, dass wir vielleicht auch darüber entscheiden können.

Bei den vielen unterschiedlichen Meinungen zum Thema Ladenschluss, auch innerhalb der Fraktionen - das wissen wir -, wollen wir erst einmal, ohne genauer auf das Thema einzugehen, die Zuständigkeit geklärt haben.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 9. Juni 2004 entschieden, dass eine bundeseinheitliche Regelung des Ladenschlusses für die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder für die Wahrung der Rechtsoder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse nicht erforderlich ist. Trotz dieser klaren Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gilt das Gesetz über den Ladenschluss aufgrund einer Übergangsregelung in der Verfassung fort. Über eine Neukonzeption, über Form und Ausgestaltung des Gesetzes, werden in Zukunft allerdings wir zu beraten haben; das ist dem Bundesgesetzgeber in Zukunft verwehrt.

Man reicht uns also schon einmal die Hand, und wir sind der Überzeugung, wir sollten sie auch ergreifen.

(Zustimmung bei der CDU)

Sogar Wirtschaftsminister Clement begrüßte das Urteil ausdrücklich und versprach eine ganz sorgfältige Prüfung, zu der die Bundesregierung nach diesem Urteil auch verpflichtet ist. Auch er ist der Meinung, eine Regelung durch die Länder würde die Chancen für eine flexible, unbürokratische und den Verhältnissen vor Ort angepasste Handhabung des Ladenschlusses eröffnen. Nur leider - das kennen wir schon - folgten den Worten aus Berlin wie in vielen anderen Fällen keine Taten.

(Ursula Körtner [CDU]: Das ist nun einmal so!)

Die Bundesregierung hat keine Anstalten gemacht, dem Votum des Bundesverfassungsgerichtes zu folgen. Das ist sehr schade, denn diese Politik des Abwartens und des Nichtstuns - wir wissen es inzwischen - bringt uns überhaupt nichts. Wir als Bundesland leiden darunter.

Meine Damen und Herren, wir beantragen, dass jede Änderung der Ladenöffnungszeiten Sache der Bundesländer wird.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Länder sind besser als der Bund in der Lage, die regionalen Besonderheiten zu berücksichtigen und das geltende Recht umzusetzen.

Mit der Übertragung der Gesetzgebungskompetenz vom Bund auf die Länder könnte und sollte auch ein Neuanfang bei der Ressortierung gemacht werden. Derzeit liegt dieses Thema nämlich immer noch beim Sozialministerium - wegen des Arbeitsschutzes -, künftig sollte es beim Wirtschaftsministerium liegen, da es sich um ein Wettbewerbsgesetz handelt.

Darüber, wie und in welcher Form wir den Ladenschluss ausgestalten, können wir nach der Verabschiedung des vorliegenden Antrages lange und ausführlich sprechen, weil wir dann auch entscheiden können. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank. - Das Wort hat jetzt der Kollege Hermann.

Herr Präsident! Verehrte Damen, meine Herren! Im Oktober 2002 - direkt nach seinem Amtsantritt - hat

Bundeswirtschaftsminister Clement den Masterplan „Bürokratieabbau“ verkündet. Dieser Masterplan wurde dann aber von seinen Kabinettskollegen so lange Stück für Stück ausgedünnt, bis letztendlich nur ein paar halbherzige Vereinfachungen umgesetzt wurden. Immerhin enthielt das Konzept auch den wichtigen und richtigen Vorschlag, die Ladenöffnungszeiten weitgehend freizugeben. Im Rahmen der Föderalismuskommission sollte der Ladenschluss in Länderhand gegeben werden, so wie es auch das Verfassungsgericht gefordert hat.

Mit dem bedauerlichen Scheitern der Föderalismuskommission blieb auch der Ladenschluss vorläufig beim Bund. Doch an der Grundsituation hat sich nichts geändert: Der Bund ist bereit, die Gesetzgebungskompetenz abzugeben, die Länder sagen „wir möchten sie gerne“, und das Verfassungsgericht gibt dafür grünes Licht. Worauf warten wir also? Hat es sich der Bund doch anders überlegt und versucht, ein Gesetz zu behalten, das er noch nicht einmal ändern darf? - Meine Damen und Herren, die Zeit ist mehr als reif für ein modernes Ladenschlussgesetz oder besser: Ladenöffnungszeitengesetz.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Denn darum geht es, meine Damen und Herren: flexible Öffnungszeiten, die sich an den Bedürfnissen der Kunden orientieren. Das heißt, einkaufen, wann immer die Konsumenten es wollen und nicht, wann der Gesetzgeber es vorschreibt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von der CDU: Du traust dich aber was!)

2006 kommt die Fußball-WM nach Deutschland. Davon ist Hannover, speziell aber auch das Umland betroffen. Die Spiele beginnen zum Teil erst um 21 Uhr. Sollen denn die Fans aus der ganzen Welt vor und nach dem Fußballspiel vor geschlossenen Läden stehen? - Nein, als gute Gastgeber möchten wir die Läden sicherlich geöffnet haben.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, jeder weiß, dass der Ladenschluss schon heute stark ausgehöhlt ist. Heute kann jeder alles und zu jeder Zeit kaufen, nämlich über das Internet. Die Kunden wissen diesen Komfort übrigens zu schätzen. Von einer jährlichen Steigerung von 20 %, wie wir sie beim Kauf

und beim Verkauf im Internet feststellen, können die traditionellen Einzelhändler doch nur träumen.

Durch ein neues Ladenschlussgesetz stärken wir auch die Verantwortung der Tarifpartner, denn in deren Verantwortung - in die Tarifverträge - gehört das Thema des Arbeitnehmerschutzes. Meine Damen und Herren, Sie müssen keinerlei Befürchtungen haben - das sage ich zu meinen Freunden auf der rechten Seite -: Wir sind natürlich dafür, dass der im Grundgesetz festgelegte Schutz von Sonn- und Feiertagen bestehen bleibt.

(Zustimmung bei der FDP - Frauke Heiligenstadt [SPD]: Das gibt es doch schon!)

Dennoch werden wir uns ernste Gedanken über Ausnahmen machen müssen, z. B. für unsere Urlaubsgebiete.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir müssen aufpassen, dass es in unseren Urlaubsgebieten - auf den Inseln, an der Küste, in der Heide und im Harz - keine Wettbewerbsverzerrungen gegenüber anderen Bundesländern gibt.

Ich komme zum Schluss. Meine Damen und Herren, ich bitte Sie: Unterstützen Sie diesen Antrag, und sorgen Sie dafür, dass einzelne Bundesländer Gesetze erlassen dürfen. Denn nur sie haben den direkten Bezug zu den gesellschafts-, tourismusund wirtschaftspolitischen Nöten unseres Landes. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Frau Kollegin Heiligenstadt hat das Wort.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Antrag „Gesetzgebungskompetenz für den Ladenschluss den Bundesländern übertragen“ setzen die Regierungsfraktionen die Debatte fort, die wir bereits im Juni letzten Jahres im Rahmen einer Aktuellen Stunde begonnen hatten.

Beim ersten Durchlesen erscheint der Antrag relativ harmlos: Die Landesregierung soll sich dafür einsetzen, die Gesetzgebungskompetenz für den Ladenschluss zu erhalten. Das ist im Grunde genommen nicht viel anderes - die beiden Vorredner

haben es ausgeführt - als das, was das Bundesverfassungsgericht im letzten Jahr festgestellt hat. Deswegen stimmen wir - das kann ich jetzt schon sagen - dem Antrag auch grundsätzlich zu.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, aber was wollen denn die Regierungsfraktionen mit dieser dann irgendwann einmal übertragenen Gesetzgebungskompetenz anfangen? Soll alles so bleiben, wie es ist? - Dann ist ja eigentlich gar keine Eile geboten; dann muss man sich insofern nicht sputen. Oder aber wollen Sie das Ladenschlussgesetz ganz abschaffen? - Ich zitiere einmal den Kollegen Hermann aus der Aktuellen Stunde vom 23. Juni letzten Jahres:

„Wir wollen im Interesse der Menschen, im Interesse der Verbraucher in unserem Lande die Ladenöffnungszeiten an Werktagen frei geben.“

(Zustimmung von Wolfgang Hermann [FDP])

Herr Dinkla hat in der gleichen Plenarsitzung gesagt:

„Die politische Absicht ist deutlich geworden: Wer an Werktagen öffnen will, muss dies auch in Niedersachsen uneingeschränkt tun können.“