Noch längst nicht ausgeschöpft sind die Möglichkeiten von Rehabilitation. Menschen, die rehabilitiert sind, sind nicht pflegebedürftig. Pflegebedürftigkeit wird hinausgezögert; das ist für den Menschen und natürlich auch für die Kommunen und Leistungsträger gut.
Des Weiteren brauchen wir - auch hier ist das Land gefordert - eine ausreichende Zahl von Menschen, die später bereit sind, in der Pflege zu arbeiten; denn wir verzeichnen nicht nur eine wachsende Zahl älterer Mitbürger, sondern auch einen sinkenden Anteil jüngerer Menschen. Wir müssen mehr junge Menschen für diesen Beruf motivieren. Wir müssen den Beruf aber auch ausbauen bzw. die Ausbildung weiterentwickeln. Wir müssen uns auch in der Fortbildung auf neue Bedarfslagen älterer Menschen einstellen. Dabei dürfen wir vor allem nicht die zunehmenden und anderen Bedarfe der Migrantinnen und Migranten in diesem Lande aus den Augen verlieren.
Sie sehen, meine Damen und Herren, alle Daten sind bekannt. Die Notwendigkeiten sind es auch. Lassen Sie uns anfangen zu handeln, und richten Sie nicht Kommissionen ein, um Dinge auf die lange Bank zu schieben. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach § 18 a unserer Geschäftsordnung kann der Landtag zur Klärung umfangreicher Sachverhalte, die für die Entscheidungen des Landtages wesentlich sind, eine EnqueteKommission einsetzen. Die Fraktionen von CDU und FDP haben sich darauf verständigt, diesem hohen Hause die Einsetzung einer EnqueteKommission zum Thema „demografischer Wandel“ vorzuschlagen. Denn die Sachverhalte, die durch dieses Thema erörtert und berührt werden, sind ohne Frage nicht nur umfangreich, sondern auch wesentlich, sodass die formellen Kriterien für die Einsetzung einer solchen Enquete-Kommission unbestritten erfüllt sind.
Meine Damen und Herren, die Ausgangslage ist bekannt: In den kommenden Jahren werden wir immer weniger Kinder und immer mehr ältere Menschen in unserem Land haben. Der demografische Wandel ist eine enorme gesellschaftspolitische Herausforderung, wenn nicht die gesellschaftspolitische Herausforderung der kommenden Jahre. Alle Politikfelder werden betroffen sein.
Wir als CDU und FDP sind der Auffassung, dass sich mit Veränderungen von solcher Tragweite die bestehenden Ausschüsse des Landtags nicht zusätzlich zu ihrem normalen Tagesgeschäft befassen können. Eine Enquete-Kommission, die sich mit dem demografischen Wandel und seinen Konsequenzen für unser Bundesland befasst, braucht Zeit. Sie braucht Zeit abseits vom hektischen Alltagsgeschäft, um erstens komplexe Zusammenhänge zu bearbeiten, um zweitens über abgegrenzte Geschäfts- und Politikbereiche hinauszublicken und um drittens vernetzte Lösungen zu erarbeiten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das französische Wort „enquêter“ meint in seiner ursprünglichen Bedeutung das Erfragen, Erforschen und Herausfinden. Wir sollten deshalb - das ist unsere Hoffnung, und damit wenden wir uns auch an die Oppositionsfraktionen - die Arbeit der Kommission nicht vorrangig mit ideologischen oder parteipolitischen Debatten überfrachten.
Wir wollen stattdessen, um zu konkreten Sachaussagen zu allen wesentlichen politischen Zukunftsaufgaben zu kommen, diese Debatte sachlich und - das betone ich -, was Fragen des Fragenkataloges bzw. der Themen angeht, in Übereinstimmung mit der Opposition - soweit das möglich ist - führen.
Aber vor allem wollen wir, Frau Helmhold, die zentralen landespolitischen Debatten hier im Parlament führen, weil wir als Parlamentarier der Auffassung sind, dass der Niedersächsische Landtag der zentrale Ort ist, um über alle Zukunftsfragen der niedersächsischen Landespolitik zu beraten.
Da bietet sich nun einmal - nicht ohne Grund kennt unsere Geschäftsordnung das Institut einer Enquete-Kommission - nichts mehr an als eine solche Kommission.
Wir wollen, dass diese Kommission auch externen Sachverstand hinzuzieht. Wir wollen bei der Auswahl der Sachverständigen möglichst zu einer einvernehmlichen Lösung mit den anderen Fraktionen kommen, weil wir die Fachleute hören wollen.
Meine Damen und Herren, Frau Helmhold, diese Enquete-Kommission muss in der Tat das Rad nicht neu erfinden. Die entsprechende EnqueteKommission des Deutschen Bundestages, die zehn Jahre lang getagt hat, hat bereits vor rund drei Jahren, am 28. März 2002, ihren Abschlussbericht vorgelegt.
Wir wollen - darauf weist unser Entwurf eines Einsetzungsantrags ausdrücklich hin - auf die vorhandenen Daten dieser Enquete-Kommission zurückgreifen und sie zur Grundlage unserer Arbeit in Niedersachsen machen, um nicht unnötig Doppelarbeit zu leisten.
Die Kommission wird auch auf andere Gutachten, Stellungnahmen und Untersuchungen zurückgreifen. Sie haben bereits die forsa-Studie im Auftrag
der Bertelsmann Stiftung zum demografischen Wandel aus der Sicht der Bundesbürger und auch die 10. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes erwähnt.
Auch die kommunalen Spitzenverbände in unserem Bundesland haben sich im letzten Jahr schwerpunktmäßig mit diesem Thema beschäftigt. Gleiches gilt für den Landesverband von Bündnis 90/Die Grünen: Er hat sich, wie wir der Presse entnehmen konnten, auf seinem letzten Landesparteitag damit befasst.
Sie sehen also, das Thema wurde in der Tat schon in zahlreichen Gremien usw. aufgegriffen. Das Problem ist nur, dass so manche lesenswerte Studie nach ihrer Fertigstellung in der Schublade verschwunden ist. Wir kritisieren, dass die rot-grüne Bundesregierung beispielsweise dem Abschlussbericht der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages unter Vorsitz von Walter Link bisher viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt hat.
Das soll in Niedersachsen anders sein. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten von uns greifbare Ergebnisse und nicht nutzlose Datenberge.
Meine Damen und Herren, die Menschen erwarten auch, dass sie in diesem Parlament Politiker finden, die bereit sind, über den Ablauf dieser Wahlperiode hinaus zu denken - und das werden die Mitglieder der Enquete-Kommission machen müssen.
Wir wollen, dass die Enquete-Kommission ihren Abschlussbericht bereits zum Ende des Jahres 2006 vorlegt. Das zwingt sie in der Tat zu einer effizienten Arbeitsweise. Für Laber- und Gesprächsrunden ist nicht viel Zeit. Wir wollen das konkrete Datenmaterial sichten, es zusammenfassen und dann auch zielgerichtet umsetzen. Wir wollen gerade deshalb den Zeitpunkt 31. Dezember 2006 festlegen, damit wir noch in dieser Wahlperiode erste konkrete parlamentarische und politische Schritte in Niedersachsen umsetzen können.
Ich sage es noch einmal: Es ist die ausdrückliche Aufgabe der Enquete-Kommission, die gewonnenen Erkenntnisse in konkrete Handlungsempfehlungen für die Landespolitik zu gießen, und zwar kurz-, mittel- und langfristig. Dabei sollen die Auswirkungen des demografischen Wandels über die Grenzen der einzelnen Politikbereiche hinweg dar
Eine weitere Zielsetzung der Enquete-Kommission ist das Anstoßen einer breiten gesellschaftspolitischen Diskussion in unserem Land. Deshalb ja auch der ehrgeizige Anspruch des Einsetzungsbeschlusses. Dabei reicht es nicht, wenn die Bürgerinnen und Bürger nur das interessiert zur Kenntnis nehmen, was die Fakten bringen, sondern die Menschen müssen begreifen, dass der demografische Wandel auf jeden - ich betone: auf jeden Bereich ihres Alltages Auswirkungen haben wird. Nur dann werden sie auch bereit sein, an kreativen Lösungen mitzuarbeiten.
Meine Damen und Herren, die einzelnen Themen und Fragen, die wir aufgeführt haben, möchte ich hier nicht wiederholen. Das konnten alle interessierten Abgeordneten bereits nachlesen. Ich will aber eines deutlich sagen: Die Fragen, die der Einsetzungsantrag zu verschiedenen Themenkomplexen aufwirft, sind lediglich als Ausgangspunkte der Arbeit der Kommission zu verstehen. Sie können als Arbeitsrahmen von der Kommission verändert und erweitert werden. Wir haben uns gerade mit Herrn Möhrmann darauf verständigt, dass wir den Entwurf eines Einsetzungsantrages in den Ältestenrat geben und dass der Ältestenrat - da hoffen wir auf gute und konstruktive Verhandlungen mit den beiden Oppositionsfraktionen - dann möglicherweise noch zu Änderungsvorschlägen kommt, sodass wir in der nächsten Landtagssitzung den endgültigen Startschuss für die EnqueteKommission geben können. So ist das Verfahren ja bisher bei allen Enquete-Kommissionen des Landtages in früheren Wahlperioden gewesen.
Frau Helmhold, eines habe ich nicht verstanden: Ihre Landesvorsitzende Frau Pothmer hat uns kürzlich vorgeworfen, wir Christdemokraten würden viele Fragen aufwerfen, aber keine Antworten parat haben. Das ist falsch. Im Übrigen ist es ein Wesensmerkmal einer Enquete-Kommission, zu Beginn ihrer Arbeit Fragen aufzuwerfen. Die Probleme sind so umfangreich und komplex, dass noch niemand abschließend befriedigende Antworten bzw. endgültige Lösungen gefunden hat. Wenn wir bereits alle Antworten hätten - wie sie Frau Pothmer offensichtlich schon hat -, dann bräuchten wir keine Enquete-Kommission.
Die Argumentation Ihrer Landesvorsitzenden ist widersprüchlich. Es tut mir Leid, Stefan Wenzel, dass ich das sagen muss. Aber wenn ich Frau Pothmers Pressemitteilungen lese, komme ich immer zu der Erkenntnis: „keiner fragt, Frau Pothmer antwortet“. Aber irgendwie muss sie ja auch auf ihre Existenzberechtigung als GrüneLandesvorsitzende hinweisen.
Nun noch zu Ihnen, Frau Helmhold. Ihre Argumentation habe ich leider nicht verstanden. Einerseits behaupten Sie, wir hätten zu viele Fragen aufgeworfen, mit denen sich die EnqueteKommission beschäftigen soll. Sie sagen, das sei ein viel zu großer Arbeitsaufwand. Aber zwei Minuten später tragen Sie hier vor, der Zeitraum bis zum 31. Dezember 2006 sei viel zu lang gefasst, das müsste alles viel schneller gehen. - Also: entweder - oder. Entweder ist der Themenkatalog zu umfangreich, oder der Arbeitszeitraum der Enquetekommission ist zu kurz. Beides zusammen geht nicht. Auf diesen logischen Widerspruch in Ihrer Argumentation wollte ich hinweisen.
Wir Christdemokraten - ich glaube, für unseren liberalen Koalitionspartner gilt das Gleiche - haben bereits sehr viel Aufmerksamkeit und sehr viel positive Resonanz auf unsere Überlegungen zur Einrichtung einer Enquete-Kommission erhalten. Die Reaktionen zeigen deutlich:
Drittens. Wir hoffen, dass sich alle Fraktionen dieses Hauses ihrer Verantwortung für kommende Generationen, für die Gestaltung der kommenden Jahrzehnte bewusst sind. Das wäre erfreulich und einem solch wichtigen Thema angemessen.
Lassen Sie mich abschließend noch einige Sätze zu dem Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Zukunft der Pflege angesichts des demografischen Wandels sagen. In der Zielsetzung sind wir uns grundsätzlich einig. Auch wir Christdemokraten setzen uns für ein möglichst selbstständiges Leben hochbetagter Menschen ein. Einige der Forderungen aus Ihrem Antrag werden deshalb bereits umgesetzt. Auch die demnächst einzusetzende Enquete-Kommission wird
den Themenkomplex Pflege und Leben im Alter intensiv durchleuchten. Ihr Antrag ist vielleicht gut gemeint, aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht notwendig. Trotzdem soll er eine ordentliche Beratung im Ausschuss erfahren.
Zum Ende des Jahres erwarten wir den niedersächsischen Landespflegebericht. Er wird detailliert über die Situation der Pflege in Niedersachsen und den etwaigen Handlungsbedarf Aufschluss geben. Dem sollten wir nicht vorgreifen, sondern wir sollten dann auf fundierter Datenbasis handeln. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor Jahren hat man das Thema der demografischen Entwicklung auch in Teilen der Politik noch weitgehend ignoriert bzw. ausgeblendet. Wissenschaftler mahnen schon seit Jahren politisches Handeln an. Heute häufen sich die Untersuchungen und Berichte. Täglich ist zu lesen, dass sich viele gesellschaftliche Gruppen und Organisationen mit dieser Thematik beschäftigen. Und nun hat die Demografie auch den Niedersächsischen Landtag erreicht.
Es ist unbestritten: Auf die demografische Entwicklung muss sich Politik heute einstellen. Das ist aber keine neue Erkenntnis, sondern das ist die Aufgabe von Politik. Bevölkerungsrückgang und Veränderungen in der Altersstruktur haben wir heute schon in den niedersächsischen Regionen, und zwar unterschiedlich ausgeprägt.
Die Auswirkungen des demografischen Wandels sollen in einer Enquete-Kommission des Niedersächsischen Landtags in ihrer gesamten Breite analysiert werden. Aufgelistet sind in dem Antrag zwölf Hauptfelder mit 140 Unterthemen. Der Schlussbericht - wir haben das eben gehört - soll zum 31. Dezember 2006 vorgelegt werden. Meine Damen und Herren, ich habe das einmal durchgerechnet. Das bedeutet, dass in einer Woche mindestens zwei Themen bearbeitet werden müssen. Ich nenne beispielhaft zwei dieser Themenfelder, die in einer Woche erledigt werden sollen: Erstes Thema: Wie wird die Alterung der Gesellschaft bei
Innovation und technologischem Fortschritt berücksichtigt, und in welchen Bereichen wird ein besonderes Innovationspotential gesehen, um dem spezifischen Bedarf älterer Menschen Rechnung zu tragen? Zweites Thema: Welche Anforderungen an die ambulante, teilstationäre und stationäre medizinische Versorgung sowie an das Angebot an Rehabilitationseinrichtungen in Niedersachsen ergeben sich aus dem demografischen Wandel?
Diese beiden Fragen sind also das Arbeitspensum für eine Woche. Dazu - das haben wir eben noch einmal von Herrn McAllister gehört - sollen selbstverständlich Anhörungen durchgeführt und Sachverständige gehört werden. Konkrete Lösungsvorschläge und konkrete Politikempfehlungen sollen vorgelegt werden, die unterschiedlichen Entwicklungsperspektiven der Regionen müssen berücksichtigt werden, und auch die Auswirkungen auf die Landes-, Regional- und Kommunalpolitik sollen nicht vergessen werden. Das ist also das Arbeitspensum, wenn man den gesamten Fragenkatalog, der uns hier vorliegt, beantworten will.
Ich weise darauf hin: Bei meinen Berechnungen habe ich die Sommerpause, Weihnachten, Silvester und Ostern nicht abgezogen. Das heißt, wenn die künftigen Mitglieder dieser Kommission nicht durcharbeiten wollen, dann muss man sicherlich drei bis vier solcher Themenbereiche pro Woche bearbeiten.