Protocol of the Session on April 21, 2005

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Auch dies dokumentiert sehr eindrücklich den bildungspolitischen Schwerpunkt, den die Landesregierung gesetzt hat.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt.

Zu Frage 1: Grundsätzlich werden alle zum 1. August 2005 frei werdenden Planstellen zum Unterrichtsbeginn im neuen Schuljahr wieder besetzt. Dies sind 1 750 Stellen im allgemein bildenden und ca. 350 Stellen im berufsbildenden Schulwesen, insgesamt also 2 100 Stellen. In dem Umfang, in dem Stellen erst mit Absolventen des Vorbereitungsdienstes, der mit dem Monat Oktober 2005 endet, besetzt werden können, erfolgt die Besetzung der Stellen zum 1. November 2005.

Zu Frage 2: Der Gesamtetat der Personalausgaben für Lehrkräfte beträgt ca. 3,3 Milliarden Euro. Die Einsparauflage beträgt 40 Millionen Euro. Die Landesregierung ist bemüht, die notwendigen Eingriffe so behutsam wie möglich vorzunehmen. Der Titel „nicht ständig teilzeitbeschäftigte Angestellte“ wird, wie alle anderen Titel auch, zur Realisierung der Einsparauflage herangezogen. Die Feuerwehrmittel im Umfang von 18 Millionen Euro wurden in diesem Jahr in gleicher Höhe wie im letzten Jahr zugewiesen. Alle Springerlehrkräfte werden weiter beschäftigt.

Zu Frage 3: Zur Erbringung der globalen Minderausgabe von 9,2 Millionen Euro werden sämtliche Titel in Anspruch genommen. Es wird angestrebt, die globale Minderausgabe weitgehend außerhalb der Personalausgaben für Lehrkräfte zu erbringen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Bevor ich jetzt das Wort erteile, lese ich die Liste derjenigen Wortmeldungen vor, die wir aufgeschrieben haben. Wenn es noch weitere Wortmeldungen gibt, bitte ich, sich zu melden. Auf der Liste der Wortmeldungen stehen Herr Jüttner, Frau Korter, Herr Meinhold, Herr Wulf, Frau Körtner, Frau Vockert, Frau Philipps, Herr von Danwitz, Herr Horn, Frau Ernst, Herr Wiese, Herr Voigtländer, Herr Thiele, Herr Poppe, Herr Albrecht und Frau Pfeiffer. Gibt es weitere Wortmeldungen?

(Friedrich Pörtner [CDU]: Ich hatte mich als Erster gemeldet! - Karl-Heinz Klare [CDU]: Ich hatte mich schon gemeldet! Da waren Sie noch gar nicht da!)

- Wir notieren die weiteren Wortmeldungen.

Als Erster hat Herr Jüttner das Wort zu einer Nachfrage.

Herr Busemann, trifft es zu, dass das Kultusministerium und das Landesschulamt - bzw., bis zum 31. Dezember 2004, die Bezirksregierungen - den Schulen einen Maulkorb verpasst haben, dass ihnen also untersagt worden ist, Informationswünschen der Abgeordneten zum Thema Unterrichtsversorgung nachzukommen?

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Wir handeln doch nicht wie Sie, Herr Jüttner! Kön- nen Sie sich noch erinnern? Soll ich Ihnen den Brief mal vorlesen? - Bernd Althusmann [CDU]: Das sah ja so aus, als ob das eine vorbereitete Fra- ge gewesen wäre!)

Herr Minister!

Herr Kollege Jüttner, meine Damen und Herren, das war ja der erwartete Vorgriff auf die Mündliche Anfrage Nr. 9, die morgen früh zu behandeln sein wird. Ich wäre dankbar, wenn bei dieser Gelegenheit einmal definiert würde, was ein Maulkorberlass ist bzw. ob es so etwas gegeben hat.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Wir legen Ihre Definition aus Ihrer Oppositionszeit zugrunde!)

Es gibt keinen Maulkorberlass, schon gar nicht einen des Ministeriums oder einen der Landesschulbehörde.

Es geht hier vielmehr um die grundsätzliche Frage, wann und in welcher Form über die Unterrichtsversorgung Auskunft gegeben werden darf, wenn von Abgeordneten, von Eltern, von Personalvertretungen, vom Schulträger oder wem auch immer bei der örtlichen Schulleitung danach gefragt wird.

Damit das völlig klar ist: Wenn vor Ort die Beteiligten - Schulträger, Eltern oder auch Abgeordnete - die Schulleitung fragen, wie die Unterrichtsversorgung ist, kann, darf und soll - dazu stehe ich absolut und finde das auch richtig - die Schulleitung selbstverständlich darüber Auskunft geben.

(Lachen bei der SPD)

Regelungen sind allerdings dann zu treffen, wenn es um öffentliche Verlautbarungen geht. Unsere Lehrerinnen und Lehrer sind in der Regel verbeamtet, die Schulleitungen ebenso. Damit unterliegen sie dienstrechtlichen Vorschriften. Wenn es darum geht, an die Öffentlichkeit zu treten, also Presseverlautbarungen zu machen - -

(Sigmar Gabriel [SPD]: Nein, es geht um Anfragen der Abgeordneten!)

- Dazu kann ich nur sagen: Anfragen der Abgeordneten müssen von der Schulleitung auch beantwortet werden. Wenn Sie ein gegenteiliges Beispiel haben, dann gehen wir dem gemeinsam nach, damit das klar ist.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Okay!)

Mir ist es allerdings ein Anliegen, Folgendes zu verdeutlichen. Wenn es um Presseverlautbarungen geht, wenn beispielsweise die Lokalzeitung XY wissen möchte, wie die Unterrichtsversorgung an einer bestimmten Schule ist, ist der jeweilige Schulleiter gehalten, die von Amts wegen statistisch erfasste Unterrichtsversorgung mit der Landesschulbehörde abzustimmen. Die Angaben zur Unterrichtsversorgung werden dann entweder von der Pressestelle der Landesschulbehörde, gegebenenfalls vom Kultusministerium oder nach Abstimmung auch vor Ort, wenn dies zweckdienlicher ist, bekannt gegeben. Es ist also eine offizielle Abklärung vorzunehmen, und dann kann die Bekanntgabe erfolgen.

Herr Hagenah!

Herr Minister Busemann hat - für uns alle offensichtlich - seine Statistik durch das Heraufsetzen der Klassenobergrenzen geschönt. Deswegen frage ich die Landesregierung, wie sich seit der Übernahme der Regierung durch die schwarzgelbe Koalition die Klassenfrequenzen in den einzelnen Schulformen in Niedersachsen verändert haben.

Herr Busemann!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege, in der Tat - das hat auch etwas mit Sparpolitik zu tun - haben wir die Klassenobergrenze verändert. So gehört z. B. zum Gesamtbild, dass die Klassenobergrenze an der Hauptschule von 28 auf 26, also begünstigend verändert wurde. Bei Gesamtschulen, Realschulen und Gymnasien haben wir die Obergrenze von 30 auf 32 verändert. 32 ist übrigens der Wert, den Bayern und BadenWürttemberg vorhalten, also die Länder, die zumindest im bundesdeutschen Vergleich bekanntermaßen an der Spitze stehen.

Nun mögen diese Zahlen mit der Annahme verbunden werden, dass sich daraus gewaltige Veränderungen bei der durchschnittlichen Klassenfrequenz ergeben. Das ist ein Irrglauben. Mit der Änderung der Obergrenze bei Gesamtschulen, Realschulen und Gymnasien haben wir aufsteigend in den Klassen 5, 6 und 7 begonnen. Ich habe die aktuelle Zahl jetzt nicht präsent. Bei Gymnasien lag die durchschnittliche Klassengröße irgendwo im Bereich von 26. Ich sage das einmal ungeschützt. Sie hatte sich kaum - um einen halben Punkt - nach oben verändert. Es handelt sich also nicht um wahnsinnige Ressourcengewinne, die hier entstehen. Ich habe zufällig die Zahl für die Hauptschulen dabei. Die Klassenobergrenze wurde dort von 28 auf 26 verändert. Welche Veränderung hat sich tatsächlich ergeben? Die durchschnittliche Klassengröße hat sich von 20,8 im Jahre 2002 nach alter Rechtslage auf 20,1 im Jahre 2004 nach neuer Rechtslage verändert. In dieser Bandbreite bewegt sich das.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Korter!

Herr Minister, die Lehreriststunden pro Schülerin und Schüler sagen ja sehr viel darüber aus, ob wir jetzt tatsächlich eine bessere Unterrichtsversorgung haben oder nicht. Wie erklärt es die Landesregierung, dass heute - laut Unterlagen des Ministeriums, die ich im Zusammenhang mit einer Petition, welche ich zu behandeln hatte, erhalten habe - an den allgemein bildenden Schulen in Niedersachsen weniger Lehrerstunden pro Schülerin und Schüler zur Verfügung stehen als bei der Übernahme der Regierung durch die schwarz

gelbe Koalition, obwohl Sie doch 2 500 Lehrer neu eingestellt haben?

Herr Busemann!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Verehrte Kollegin Korter, ich würde anraten, dass man, bevor man solche Fragen stellt, das Zahlenmaterial genau recherchiert. Wir als Kultusministerium stellen uns dafür gerne zur Verfügung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

So schwierig es ist, Sollstunden, Iststunden und diese ganzen Dinge zu berechnen, so will ich auch für diejenigen, die damit nicht tagtäglich zu tun haben, einmal Folgendes sagen: Die Anzahl der Vollzeitstellen für Lehrer wurde um 2 500 auf ziemlich genau 69 000 erhöht. Die Arbeitszeit der Lehrerinnen und Lehrer ist nicht verkürzt worden. Daraus ergibt sich schon fast automatisch, dass mehr Unterrichtsstunden erteilt worden sind. Das kann doch jeder nachvollziehen.

Aus den jüngsten Erhebungen, die mein Haus in den letzten Tagen und Wochen erstellt hat, ergibt sich: Die Anzahl der tatsächlich erteilten Unterrichtsstunden - das ist das Iststundenverhältnis lag im Jahr 2000 bei 1,41 Millionen pro Woche. In diesem Schuljahr liegt sie bei 1,44 Millionen. Das ist eine Steigerung von 20 000 Unterrichtsstunden pro Woche.

Und wenn wir uns schon in diesem Kontext bewegen, will ich Ihnen auch noch Folgendes sagen: Die Anzahl der Unterrichtsstunden je Klasse - wir haben einmal die Jahrgänge 1 bis 10 hochgerechnet - lag im Jahr 2002 noch bei 30,44. Jetzt liegt sie bei 31,1. Wenn wir das einmal auf Unterrichtsstunden pro Schüler und Woche umrechnen - wir haben im Landesdurchschnitt je nach Schulform 20 bis 26 Kinder in einer Klasse -, dann waren es im Jahr 2002 1,43 und sind es jetzt 1,45.

Nun mag man über Details immer noch streiten. Aber aus diesen Zahlen wird deutlich, dass im Land mehr Unterricht erteilt wird. Dass es regional und fächerspezifisch immer noch gewisse Verteilungsprobleme gibt, will niemand wegdebattieren. Aber nehmen Sie bitte auch einmal die ganz einfachen statistischen und rechnerischen Wahrheiten zur Kenntnis.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Meinhold!

(Bernd Althusmann [CDU]: Jetzt kommt die schulpolitische Geheim- waffe!)

Herr Minister, Sie haben davon gesprochen, dass Sie zu Beginn Ihrer Regierungszeit 2 500 Lehrer eingestellt haben. Das ist richtig. Sie haben aber nicht gesagt, dass davon nur 1 500 Lehrer dem allgemein bildenden Schulwesen zugute gekommen sind, 1 000 aber dem berufsbildenden Schulwesen. Insofern sind es für das allgemein bildende Schulwesen, über das wir jetzt ja im Besonderen reden, erheblich weniger.

(Zurufe von der CDU)

Ich frage die Landesregierung: Wie viele dieser 1 500 Lehrerstellen brauchten Sie für die Abschaffung der Orientierungsstufe und die damit verbundene Einrichtung der Jahrgänge 5 und 6 im gegliederten Schulwesen? Noch einmal: Wie viele Lehrerstellen brauchten Sie für die Einführung des gegliederten Schulwesens ab Klasse 5?

Herr Busemann!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Meinhold, mit Adam Riese sollten wir uns darauf verständigen, dass 1 500 plus 1 000 auch 2 500 sind.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Außerdem wäre ich dankbar, wenn wir das allgemein bildende Schulwesen und das berufsbildende Schulwesen nicht gegeneinander ausspielen.