Protocol of the Session on April 21, 2005

Wir kommen zur Abstimmung. Wir stimmen zunächst über den Änderungsantrag und anschließend, wenn der Änderungsantrag nicht die Mehrheit findet, über die Beschlussempfehlung des Ausschusses ab.

Wer dem Änderungsantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit.

Meine Damen und Herren, ich rufe nun auf

Tagesordnungspunkt 20: Zweite Beratung: Maßnahmen zur Integration von Kindern und Jugendlichen stärken - Für mehr Toleranz und Chancengleichheit - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/1505 - Beschlussempfehlung des Kultusausschusses Drs. 15/1798

Die Beschlussempfehlung des Kultusausschusses lautet auf Ablehnung. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung. Zu Wort gemeldet hat sich der Abgeordnete Voigtländer von der SPDFraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „‚Nimm den Zuspruch des gütigen Vaters willig an und erfülle ihn durch die Tat‘, sagte schon der heilige Benediktus. Da kam das Kabinett um Chef Christian Wulff nicht drumrum, im Kloster Loccum das Niedersachsen-Lied zu schmettern.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, das brauchen Sie heute nicht.

(Reinhold Coenen [CDU]: Schade!)

Aber dass sich Ihr Kabinett im Kloster Loccum auch mit diesem Thema auseinander gesetzt hat, hätten Sie schon zur Kenntnis nehmen können. Frau Körtner, wenn Sie gewusst hätten, was im Kabinett später mit Zukunftsforschern diskutiert worden ist, dann hätten Sie im Ausschuss nicht das gesagt, was Sie leider getan haben.

Am 7. Februar 2004 haben wir Sozialdemokraten diesen Antrag in das niedersächsische Parlament eingebracht. Im Kern geht es darum, dass die

Sprachförderung schon sehr früh in Grundschulen und Kindertagesstätten ausgebaut werden muss, damit nicht nur Bildungsbemühungen, sondern vor allem auch Integrationsbemühungen gefördert werden.

Schülerinnen und Schüler sollen in ihren Leistungen in der Schule besser werden. Dann allerdings muss die Gesellschaft schon sehr früh dafür sorgen, dass auch die Rahmenbedingungen stimmen, damit Kinder besser sprechen können, um später besser lesen und schreiben zu können.

Viele von uns - der Ministerpräsident und, wie ich gelesen habe, auch der Kultusminister; das kommt wohl am Freitagabend - haben jüngst Erfahrungen beim Vorlesen in Kindertagesstätten und Schulen gemacht. Wir alle können, glaube ich, dabei feststellen, dass die Bemühungen für Sprachförderung nicht früh genug beginnen können.

Ich habe Ende 2003, Anfang 2004 15 niedersächsische Kindertageseinrichtungen und die entsprechenden Grundschulen besucht, um mir ein Bild davon zu machen, wie die Sprachförderung greift, wie die Zusammenarbeit zwischen Grundschule und Kita funktioniert und was davon zu halten ist, wie dieser neue Bildungsplan wohl nun umgesetzt wird. Die Ergebnisse, Frau Kollegin Körtner, sind ernüchternd. Ich betone allerdings: Das war Anfang 2004. Von Zusammenarbeit zwischen Grundschule und Kindertageseinrichtung kann nur sehr begrenzt die Rede sein. Von einer Sprachförderung, die dort zum damaligen Zeitpunkt eingeführt worden ist - Sie wissen allerdings, was Sie inzwischen gekürzt haben -, kann man nicht ernsthaft reden. Es fällt viel aus. Der größte Teil der Kinder bekommt im Übrigen diese Sprachförderung nicht.

(Joachim Albrecht [CDU]: Das stimmt doch gar nicht!)

- Der größte Teil der Kinder in den Kindergärten bekommt die Sprachförderung nicht. Herr Kollege, wenn Sie das nicht wissen, dann sollten Sie sich erkundigen.

(Joachim Albrecht [CDU]: Es geht doch darum: Wer braucht sie? - Karl- Heinz Klare [CDU]: Sie waren doch auf dem Hearing! Dort haben Sie doch gehört, wie schön es war!)

Unsere Forderung nach Verbesserung der Sprachförderung bezieht sich auf alle Kinder, nicht nur auf Kinder von Migranten. Es ist unglaublich,

dass Sie nach anfänglichen Mittelzuweisungen für Sprachförderung längst wieder gekürzt haben. Sie beschränken die Mittel im Übrigen auf Kitas, in denen der Anteil der förderungsbedürftigen Kinder mehr als 50 % beträgt. Das heißt, nicht einmal bei allen Kindern, bei denen es dringend geboten wäre, ist Sprachförderung gewährleistet. Ich finde, es ist ein Armutszeugnis, wenn nach einer Zukunftskonferenz im Kloster Loccum erklärt wird, Erfolgserlebnisse sollten wir den Kindern verschaffen „statt Frust und Angst, vor allem für Migrantenkinder“ - so ein wörtliches Zitat aus dieser Zukunftskonferenz.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Und die 300 Lehrer für Sprachförderung im vor- schulischen Bereich!)

Weiter heißt es - vielleicht nehmen Sie das auch gerne zur Kenntnis -:

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Sie reden ja nicht die ganze Wahrheit!)

„Weil der Göttinger Hirnforscher Gerald Hüther erklärt hatte, die Zeit zwischen vier und sechs sei für die Knirpse ‚entscheidend‘, werde hier der Mitteleinsatz ‚ganz gewiss intensiviert‘“, sagte Wulff.“

(Bernd Althusmann [CDU]: Wie hoch war denn Ihr Mitteleinsatz in den Jah- ren?)

Das heißt, auch wenn die Zukunftskonferenz im Kloster Loccum nach der Einbringung des Antrags stattgefunden hat, sollten Sie doch heute zur Kenntnis nehmen,

(Bernd Althusmann [CDU]: Wie hoch war der Mitteleinsatz von 1990 bis 2003? War das null?)

dass Sie sich eigentlich mit diesem Thema weiter beschäftigen wollten, und zwar nicht nur heute, sondern voraussichtlich in vielen weiteren Jahren.

(Zurufe von der CDU)

- Liebe Kollegen in der ersten Reihe hier vorn, es wäre angemessen, wenn Sie diesem Thema so begegnen würden, wie es das verdient.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Das muss ich Ihnen aber zurückgeben, weil Sie nicht die ganze Wahrheit sagen!)

So, wie Sie sich hier verhalten, brauchen Sie nicht nur eine Sprachförderung.

Es besteht heute hier in diesem Parlament die Möglichkeit, zu erklären, was man schon tut. Das haben wir auch schon im Ausschuss erlebt: Eigentlich - so die Kollegin Körtner - sei alles schon erledigt. Das heißt, sämtliche Sprachförderungsbemühungen, sämtliche Bemühungen um Migranten sind nach Ansicht der CDU schon erfolgreich angegangen worden. Wenn ich den Ministerpräsidenten richtig verstanden habe und seine diesbezüglichen Ausführungen ernst nehme,

(Bernd Althusmann [CDU]: Das kön- nen Sie immer!)

handelt es sich hier um eine Zukunftsaufgabe für die nächsten Jahrzehnte.

Gleichzeitig wollen Sie eine Enquete-Kommission einsetzen, die sich mit den nächsten 30 Jahren auseinander setzen soll. Wie ernst nehmen Sie eigentlich das Thema, und warum pöbeln Sie hier ansatzweise ständig herum, um mich durcheinander zu bringen? Letzteres wird Ihnen aber nicht gelingen.

Wir wollen, dass Sprachförderung für alle mindestens ein Jahr vor der Einschulung durch Erzieherinnen und Erzieher in Kitas durchgeführt wird. Ich hoffe, Sie haben verstanden, was ich gesagt habe. Wir wollen, dass verstärkte Anreize für Migrantenfamilien geschaffen werden, damit eine Teilnahme aller Migrantenkinder in Kitas gesichert wird. Wir wollen, dass die Eltern von Migrantenkindern durch die Einführung von Sprachkursen in die Gesamtarbeit, die dort zu bewältigen ist, einbezogen werden.

Meine Damen und Herren, es geht also nicht allein um PISA oder um frühkindliche Förderung, sondern um die Frage: Wie hält es die CDU mit dem Zuzug - vor allem auch zukünftig - von Ausländerinnen und Ausländern? Das ist die entscheidende Frage.

(Joachim Albrecht [CDU]: Aber nicht in dem Antrag!)

Es geht also nicht allein um die Sprachförderung.

Wenn sich die Enquete-Kommission beispielsweise mit der Frage beschäftigen soll, wie viele Arbeitskräfte aus dem Ausland Deutschland braucht, um sich erfolgreich weiterzuentwickeln, müssen

Sie sich diesem Thema auch in der frühkindlichen Bildung stärker stellen, als Sie das derzeit tun.

Bei dem heutigen Thema, das mit Bildung und Integration von Kindern zu tun hat, die wir durch Sprachförderung ermöglichen bzw. verbessern können, haben Sie die Chance, einen Neubeginn zu starten. Lassen Sie die Sprachförderung in Kitas und Grundschulen, die teilweise nur bis zu 20 Wochen im Jahr stattfindet, nicht zur Farce werden. Die Kinder können sich nicht wehren, wenn in diesem Bereich gekürzt wird. Herr Ministerpräsident, geben Sie die Mittel frei, die sich durch die Oberstufenreform ergeben, oder greifen Sie unseren Vorschlag zur Finanzierung mit Mitteln in Höhe von 7 Millionen Euro aus der Lotterie „Keno“ auf. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Albrecht!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen! Sehr geehrte Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese SPD kann einem nur noch Leid tun.

(Beifall bei der CDU)

Dies lässt sich an dem vorliegenden Entschließungsantrag hervorragend belegen. Die Überschrift ist natürlich so gewählt, dass jeder Leser bei flüchtiger Lektüre innerlich spontan zustimmt, dann aber innehält und sich fragt: Was verbirgt sich eigentlich hinter der politischen Lyrik der Überschrift an Inhalten?

(Ursula Körtner [CDU]: Gar nichts!)

Worum geht es konkret, und was steckt an bahnbrechenden neuen Erkenntnissen in diesem Entschließungsantrag?