Protocol of the Session on February 25, 2005

Zu 2: Informationen hierzu liegen der Landesregierung nicht vor.

Zu 3: Die Landesregierung hat die Zulassung des beschriebenen Zusatzzeichens nicht von einer wissenschaftlichen Begleitung des Verkehrversuches der Stadt Lüneburg oder gar von einem „Forschungsvorhaben Verkehrsversuch vor dem Lüneburger Bahnhof“ abhängig gemacht. Die Stadt ist lediglich gebeten worden, nach Ablauf eines Jahres einen Erfahrungsbericht vorzulegen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die erste Zusatzfrage stellt Herr Wenzel.

Herr Minister, ich frage Sie - immerhin waren es diese grotesken Maßnahmen der Stadt Lüneburg ja doch wert, dass Sie sich als Landesminister in diese kommunale Angelegenheit einschalten -, ob es nicht sinnvoller wäre, so wie andere Städte zu verfahren - ich kenne es z. B. aus meiner Heimatstadt Göttingen -, dass man neben dem Fahrradparkhaus auf dem Bahnhofsvorplatz an kostenlosen Fahrradparkplätzen festhält und damit beide Möglichkeiten schafft. Damit gibt es hervorragende Erfahrungen. Die könnte man auswerten und den Lüneburgern zur Verfügung stellen.

Herr Minister!

Meine Damen und Herren! Das mag sein, wie es sein will. Die Landesregierung ist keine grüne Ob

rigkeit, die den Städten vorschreibt, was sie machen sollen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir haben seit den Stein-Hardenberg’schen Reformen - sie wurden vor fast 200 Jahren umgesetzt - in Deutschland die kommunale Selbstverwaltung. Diese Selbstverwaltung wird von der Landesregierung geachtet und respektiert. Das schließt nicht aus, sondern fördert im Gegenteil, dass die Kommunen unterschiedliche Ansätze haben und unterschiedliche Erfahrungen machen. Ferner ermöglicht es den politischen Parteien vor Ort, ihre Ideen einzubringen und im Wettbewerb zu bleiben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Althusmann!

Herr Minister Hirche, abgesehen von der Tatsache, dass wir hier selbstverständlich nicht der Stadtrat von Lüneburg sind,

(Heinz Rolfes [CDU]: Ortsrat Lüne- burg Mitte!)

obwohl er wichtig ist, frage ich: Kann sich die Landesregierung irgendwie erklären, warum ein Fahrradparkhaus, das mit einem Aufwand von immerhin rund 2,5 Millionen Euro unter der rot-grünen Landesregierung in Lüneburg gefördert wurde

(Andreas Meihsies [GRÜNE]: Das ist hervorragend geworden!)

- das sind etwa 2 000 Euro je Fahrradabstellplatz -, von Radfahrern in Lüneburg trotz dieses Aufwands nicht ausreichend genutzt wird? Gerade auch erheblich ökologisch motivierte Leute in Lüneburg stellen ihr Fahrrad offenbar nicht dort ab, sondern lieber auf dem Bahnhofsvorplatz. Kann sich die Landesregierung den Mitteleinsatz, der da offenbar getätigt wurde, und die Frage, warum diese Frage heute nun gerade von den Grünen kommt, erklären?

Das waren zwei Fragen, Herr Althusmann. - Herr Minister Hirche!

Meine Damen und Herren! Man sieht an dem Tatbestand, den Herr Althusmann hier geschildert hat, dass sich die Bürger eben nicht so verhalten, wie sich die staatliche Obrigkeit das vorstellt.

(Zustimmung bei der FDP)

Von daher, meine Damen und Herren, hat die Landesregierung auch in Zukunft nicht die Absicht, in Entscheidungen auf kommunaler Ebene einzugreifen. Ich finde allerdings, dass die Frage und die Verhältnisse in Lüneburg deutlich machen, dass die Straßenverkehrsordnung, die ja in der Vergangenheit entstanden ist, vielleicht zu einseitig auf das Verkehrsmittel Auto abstellt und dass wir möglicherweise - Herr Meihsies, das ist eine interessanten Anregung darüber nachdenken sollten, wie wir auch das Fahrrad als Verkehrsmittel in die Vorschriften einbeziehen können.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Wenzel zu seiner zweiten Zusatzfrage!

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Ich ziehe zurück!)

Damit liegen uns keine weiteren Wortmeldungen für Zusatzfragen vor. Es ist 10.06 Uhr. Ich schließe damit die Fragestunde.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 38: Erste Beratung: EU-Richtlinie über den Zugang zum Markt für Hafendienste (Port Package II) darf wettbewerbsfähige Strukturen in Niedersachsen nicht zerschlagen - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 15/1687

Eingebracht wird der Antrag von dem Abgeordneten Herrn Thümler. Ich erteile Ihnen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die niedersächsischen Seehäfen

schreiben zurzeit eine Erfolgsgeschichte, die sie zur Jobmaschine im Nordwesten machen und die ihre Rolle als Transmissionsriemen niedersächsischer In- und Exportindustrie eindrucksvoll dokumentiert. Erst kürzlich hat Minister Walter Hirche zusammen mit dem Geschäftsführer der Seaports of Niedersachsen, Andreas Bullwinkel, das eindrucksvolle 11-prozentige Umsatzwachstum der niedersächsischen Seehäfen im Rahmen der Jahrespressekonferenz vorgestellt. Neben dem Umschlagswachstum konnten aber auch Investitionen der privaten Hafenwirtschaft in zweistelliger Millionenhöhe verkündet werden.

Dieser wirtschaftliche Erfolgspfad darf nicht durch einen der vielen unausgegorenen Richtlinienentwürfe, die die alte EU-Kommission der neuen noch kurz vor ihrem Abgang ins Nest gelegt hat, gefährdet werden. Dabei ist der Ansatz der EUKommission, die Transportmärkte zu liberalisieren und zu harmonisieren, grundsätzlich richtig. Kontraproduktiv und in vielen Bereichen eben unausgegoren ist die in der EU-Richtlinie über den Zugang zum Markt für Hafendienste, besser als Port Package II bekannt, angedachte Umsetzung.

Sehr geehrte Damen und Herren, so sieht der Richtlinienvorschlag vor, dass Hafendienste, die derzeit ohne Genehmigung erbracht werden, zukünftig konzessioniert werden. Diese obligatorische Genehmigungspflicht für alle Hafendienstanbieter wird bei den zuständigen Hafenleitungsorganen zu einem extrem hohen bürokratischen Aufwand führen. Niedersachsen hat mit der Gründung der Niedersachsen Ports GmbH zu Beginn dieses Jahres genau den umgekehrten Weg beschritten: Weniger Bürokratie und mehr Unternehmertum soll in Form der Niedersachsen Ports die Behördenstruktur ablösen.

In den niedersächsischen Häfen sind Konzessionen unbekannt. Es müssten also zehntausende von Pachtverträgen und Nutzungsgenehmigungen in das Bett der Konzessionsvergabe gelegt werden, und das innerhalb der nächsten drei Jahre. So sieht es der Richtlinienvorschlag vor. Können Sie sich vorstellen, welchen Aufwand das nach sich ziehen würde, Aufwand, dem kein Nutzen gegenübersteht?

Meine Damen und Herren, der Richtlinienentwurf gibt keine Bestandsgarantie für vorhandene Verträge. Die vorgesehenen Konzessionslaufzeiten sind kürzer als die betriebsüblichen Abschreibungsfristen. Der Richtlinienentwurf enthält unklare

Entschädigungsregelungen sowie keine Übergangsvorschriften für bereits tätige Hafendienstleister. Dies ist mit dem im deutschen Recht verankerten Prinzip des Bestands- und Vertrauensschutzes nicht vereinbar. Vor allem lähmt es aber die Investitionsbereitschaft der privaten Seehafenverkehrswirtschaft. Ich möchte das einmal anhand von zwei aktuellen Beispielen für Investitionsentwicklungen in den niedersächsischen Häfen veranschaulichen.

Die private Braker Hafenwirtschaft wird in einem Zeitraum von vier Jahren, gerechnet ab 2002, rund 20 Millionen Euro in den Ausbau des Holzexportgeschäfts investiert haben. Stellen Sie sich vor, über die Geschäftsentwicklung hätte in der zweiten Hälfte einer, sagen wir einmal, auf 30 Jahre Laufzeit angesetzten Konzession entschieden werden müssen. Sehr wahrscheinlich wäre nicht investiert worden, da der Konzessionsnehmer nicht von einer Verlängerung der Betreiberkonzession ausgehen und die Investitionen in einem derart kurzen Zeitraum weder steuerlich abschreiben noch am Markt verdienen kann.

Gleiches würde für Cuxhaven zutreffen, wo die Hafenwirtschaft in diesem Jahr rund 12 Millionen Euro in den Bau einer mehrstöckigen Hochgarage für die langfristige Sicherung des erst im letzten Jahr erworbenen Automobilumschlaggeschäfts investiert.

Beide Beispiele zeigen, wie kontraproduktiv sich die Umsetzung dieses Richtlinienvorschlags auf Investitionen und damit auf die Beschäftigung in unseren Häfen auswirken würde. Damit verbunden wären Auswirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Situation des Landes Niedersachsen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Einführung der Selbstabfertigung, die es Reedern erlaubt, für das Löschen der Schiffe reedereieigenes Schiffs- oder Ladungspersonal einzusetzen, ist zu weitgehend. Die Selbstabfertigung steht nicht nur der Verstetigung der Arbeitsverhältnisse von Hafenarbeitern entgegen, sondern behindert vor allem die durch die integrierten Gesamtleistungsangebote entstehende Produktivität im Hafenumschlag. Dies gilt gerade für die massengutintensiven niedersächsischen Häfen, deren Hafenumschlagsbetriebe im Gegensatz zu ihren Konkurrenten aus den Universalhäfen Bremen, Hamburg, Amsterdam, Rotterdam sowie Antwerpen mit dem Slogan „Alles aus einer Hand“ werben. Darunter verstehen sie ein Gesamtangebot, bestehend aus

Stauerei, Terminhandling, Tallierung und sonstigen Zusatzdienstleistungen. Die sich aus diesem Gesamtangebot ergebenden Vorteile würden verloren gehen, wenn Reeder zukünftig Teile davon eigenständig, womöglich noch mit bordeigenem Personal, durchführen würden. Die niedersächsischen Häfen würden einen Teil ihrer Besonderheit, ihrer USP, d. h. ihrer Unit Selling Position, verlieren.

Meine Damen und Herren, ich habe versucht, Ihnen anhand von drei Beispielen die Auswirkungen des Port Package II auf die niedersächsischen Seehäfen zu verdeutlichen. Die niedersächsischen Seehäfen als Jobmaschine und Transmissionsriemen für die niedersächsische Ex- und Importindustrie brauchen diese Richtlinie nicht. Der in und zwischen den Häfen herrschende ausgeprägte Wettbewerb, der zu guten Preis-Leistungs-Angeboten führt, wird durch diese Richtlinie, milde ausgedrückt, behindert. Deshalb ist es richtig, diese Richtlinie abzulehnen. Sollte dies nicht gelingen, muss sie entsprechend unserem Entschließungsantrag in wesentlichen Punkten grundsätzlich geändert werden.

Eine abschließende Bemerkung. Nr. 3 unseres Antrags mit seinen anschließenden Spiegelstrichen versteht sich genau in dieser Hinsicht als Vorratsbeschluss. Sollte von der Europäischen Union tatsächlich eine Port-Package-Richtlinie beschlossen werden, muss diese analog den in unserem Antrag aufgeführten Punkten ausgestaltet sein. Ansonsten würde alles, was darüber hinausgeht, die Wettbewerbsfähigkeit unserer Häfen infrage stellen und damit dieses Wachstumswunder an der deutschen Nordseeküste gefährden. Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU]: Gut!)

Nächster Redner ist Herr Fleer von der SPDFraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Protektionismus und eine neue Art von Bürokratisierung, das waren die Vorwürfe von Wolfgang Börnsen, MdB der CDU, an die Adresse der SPD während der Beratung des für die EU-Richtlinie Port Package II zuständigen Ausschusses für Verkehr, Bau und Wohnungswesen des Bundestags. Der

Ausschuss hat am 19. Januar eine Beschlussempfehlung an den Deutschen Bundestag verabschiedet, mit der die Bundesregierung aufgefordert wird, Port Package II nicht in der vorliegenden Form zu beschließen, sondern sich vielmehr für eine grundlegende Überarbeitung einzusetzen. Das Ganze ist in der Drucksache 4692 des Bundestags nachzulesen. Auf der ersten Seite ist, in Fettdruck geschrieben, nachzulesen, wie das Stimmverhalten im Ausschuss war: Annahme mit den Stimmen der SPD und der Grünen gegen die Stimmen der CDU/CSU bei Stimmenthaltung der FDP.

(Björn Thümler [CDU]: Wie gut, dass wir in Niedersachsen sind! Nicht?)

Im Plenum des Bundestags hat sich die CDU/CSU dann der Stimme enthalten.

Meine Damen und Herren, es ist schon ein Unding, dass Herr McAllister einen Entschließungsantrag unterschreibt, mit dem eine Bundesratsinitiative der Landesregierung begrüßt wird, womit Druck auf die Bundesregierung ausgeübt werden soll, obwohl die eigenen Leute der CDU in Berlin genau das ablehnen, was Sie fordern.

(Beifall bei der SPD - Björn Thümler [CDU]: Ja, das ist der Unterschied zwischen Bundestag und Bundesrat!)