Protocol of the Session on January 28, 2005

Die zweite und für ihn damit letzte Zusatzfrage stellt Herr Kollege Wenzel. Bitte!

Frau Präsidentin, da ich eine Frage habe, die sich auch auf Steuersätze bezieht, wäre ich dankbar, wenn der Finanzminister antworten würde.

(Bernd Althusmann [CDU]: Hier ant- wortet die Landesregierung, Herr Wenzel! Sie entscheiden das nicht!)

Herr Finanzminister, wie beurteilen Sie das folgende Zitat von Frau Angela Merkel, Parteivorsitzende der CDU?

„Energie ist heute zu billig. Es müssen aus meiner Sicht gezielt die Steuern auf Energie angehoben werden, sei es über Mineralöl, Heizgas oder Strom. Der gewünschte umweltpolitische Lenkungs- und Lerneffekt tritt freilich nur ein, wenn klar ist, dass die Steuersätze über Jahre allmählich angehoben werden.“

(Zurufe von der CDU: Wann war das?)

- Frankfurter Rundschau, 1997.

(Lachen bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der CDU und von der FDP - Gegenrufe von den GRÜNEN)

Einen kleinen Moment, bitte! - Herr Kollege Wenzel, Sie wissen, dass Sie nach § 47 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung, die Sie mit beschlossen haben, keinen Minister fragen können, sondern dass Sie grundsätzlich die Landesregierung zu fragen haben.

Für die Landesregierung antwortet nunmehr der Finanzminister. Bitte schön, Herr Minister Möllring!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Wenzel, Frau Merkel hat als Umweltministerin einen hervorragenden Job gemacht, sie macht als Parteivorsitzende einen Spitzenjob, und sie wird als Bundeskanzlerin hervorragend sein.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Kollegin Helmhold. - Sie zieht zurück. Ich stelle fest, dass mir keine weiteren Zusatzfragen vorliegen.

Es ist 10.14 Uhr. Damit ist die Fragestunde für diesen Tagungsabschnitt beendet. Die Antworten der Landesregierung zu den Anfragen, die nicht mehr aufgerufen werden konnten, werden nach § 47 Abs. 6 unserer Geschäftsordnung zu Protokoll gegeben.

Ich kann an dieser Stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses feststellen.

Wir kommen nun zu

Noch: Tagesordnungspunkt 3: 21. Übersicht über Beschlussempfehlungen der ständigen Ausschüsse zu Eingaben - Drs. 15/1625 - Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/1643 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/1644

Über die Ausschussempfehlungen zu den Eingaben in der Drucksache 1625, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen, haben wir bereits in der 52. Sitzung am 26. Januar 2005 entschieden. Wir beraten jetzt nur noch über die Eingaben aus der Drucksache 1625, zu denen die von mir eben genannten Änderungsanträge vorliegen.

Ich eröffne die Beratung. Zu der Eingabe 5320/11/14 hat sich von der CDU-Fraktion Herr Kollege Höttcher zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich spreche zu der Eingabe 5320/11/14. Mit der Ein

gabe wird gebeten, der Familie Pepic ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht zu erteilen. Familie Pepic stammt aus Serbien-Montenegro. Die Familie besitzt zwei Töchter, 15 und 18 Jahre alt. Die beiden anderen, älteren Töchter sind 21 und 24 Jahre.

Bei dieser Familie handelt es sich um abgelehnte Asylbewerber. Ein Abschiebungsschutz, ein Schutz durch das Asylverfahren ist nicht mehr gegeben. Das aktuelle Abschiebungshindernis ist die anerkannte posttraumatische Störung bei Herrn Pepic. Dies bedeutet, dass er mit seiner Ehefrau und seinen minderjährigen Kindern eine Aufenthaltsbefugnis erhalten hat. Der Lebensunterhalt von Familie Pepic ist gesichert. Herr Pepic lebte bereits früher getrennt von seiner Familie. Dies war zu der Zeit 1990 und auch von 1993 bis 1994 der Fall.

Das mögliche Argument der Familientrennung ist hier jedoch nicht gegeben. Die von der Ausreise betroffenen Töchter, die heute 21 und 24 Jahre alt sind, leben nicht mehr mit der Familie gemeinsam, sondern haben bereits einen neuen Lebensraum gefunden. Sie leben heute in einem anderen Landkreis getrennt von der Mutter und von dem Vater. Dies dokumentiert die Selbständigkeit der beiden jungen Frauen.

Der Sachverhalt spricht unserer Meinung nach keinesfalls für einen Härtefall. Beide Frauen haben in ihrem Heimatland durchaus die Möglichkeit, dort einen neuen Lebensraum zu finden. Da die Rückführung jetzt auch jederzeit möglich ist, werden wir nach Sach- und Rechtslage entscheiden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herzlichen Dank. Zur gleichen Eingabe von der SPD-Fraktion Herr Kollege Brockmann, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eines gleich vorweg, weil Herr Höttcher erwähnte, dass die beiden volljährigen Töchter der Familie Pepic von der Familie getrennt in einem anderen Landkreis wohnen. Das ist zwar richtig. Sie tun das aber nicht aus freien Stücken, sondern weil sie dazu verpflichtet sind. Sie dürfen aufgrund der aktuellen Gesetzgebung den Landkreis Harburg nicht verlassen, während die Familie in den benachbarten Landkreis Lüneburg umgezogen ist. - Das vorweg.

(Norbert Böhlke [CDU]: Die hätten aber auch bleiben können!)

- Sind auch Sie schon einmal verzogen?

(Norbert Böhlke [CDU]: Nein! Manch- mal bin ich umgezogen!)

- Umgezogen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In dieser Eingabe geht es um die Familie Pepic, das haben wir gehört. Neben den Eltern sind noch vier Kinder betroffen. Sie sind muslimische Serben aus Südjugoslawien, genau genommen aus dem Sandschak. Zu Beginn der Kriegshandlungen im Jahr 1993 flüchtete die Mutter mit den minderjährigen Kindern zu Verwandten nach Deutschland in den Landkreis Harburg, in dem - wie wir schon gehört haben - sich Herr Pepic bereits 1990/91 über ein Jahr rechtmäßig zu Arbeitszwecken aufgehalten hatte.

Sie mussten zu Recht befürchten, im Rahmen der so genannten ethnischen Säuberungen, die im Sandschak stattfanden, als Muslime massiv in Gefahr zu geraten. Herr Pepic wurde im selben Jahr - also 1993 -, als seine Frau und Kinder nach Deutschland flüchteten, zur serbischen Armee eingezogen und war dort permanent psychischem und physischem Terror ausgesetzt, insbesondere wenn er sich weigerte, sich an Maßnahmen gegen seine Glaubensbrüder und Landsleute zu beteiligen. Das gipfelte in ernst zu nehmenden Morddrohungen gegen ihn. Als dann sein Neffe von Serben ermordet und sein Haus verwüstet wurden, desertierte er und flüchtete ebenfalls nach Deutschland. Diese Flucht - bitte genau hinhören - dauerte acht Monate. Er hielt sich zu dieser Zeit des Nachts häufig in Wäldern auf und übernachtete dort. Die Flucht dauerte also acht Monate. Dann kam er in Deutschland bei seiner Familie im Landkreis Harburg an.

Bereits einen Monat nachdem er wieder bei seiner Familie war, wurde die gesamte Familie unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise nach Serbien aufgefordert - einen Monat nach der achtmonatigen Flucht! Mittlerweile hat der Landkreis Harburg - auch das haben wir gehört - wegen posttraumatischer Belastungsstörungen ein Abschiebungshindernis für Herrn Pepic, seine Frau und die minderjährigen Kinder anerkannt. Darin liegt aber letztendlich das Problem: Die minderjährigen Kinder wachsen sozusagen aus dieser Befugnis heraus. Für die beiden mittlerweile volljährigen Töch

ter ist das Fakt geworden. Sie sind zur Ausreise verpflichtet. Sie sollen zurück in den Sandschak, zurück nach Serbien, dorthin, wo die Familie im Rahmen der ethnischen Säuberungen diesen Belastungen ausgesetzt war, dorthin, wo ein Mitglied der Familie ermordet wurde, dorthin, wo das Haus verwüstet wurde und nicht mehr bewohnbar ist, dorthin, wo sie keine Heimat mehr haben. Das ist für uns Grund genug, „Berücksichtigung“ zu beantragen; denn es ist aus unserer Sicht nicht hinnehmbar, dass diese jungen Menschen in eine ungewisse Zukunft und in ein Land geschickt werden, in dem möglicherweise weitere traumatisierende Belastungen auf sie zukommen, in dem möglicherweise ihr Leben gefährdet ist, in dem ihre Zukunft aber mit Sicherheit ungesichert ist. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zu dieser Petition liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor.

Zu der Petition 1619 spricht Frau Groskurt von der SPD-Fraktion. Frau Groskurt!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Petent bittet darum, Rakip Topcu, einen 17 Jahre alten türkischen Jungen, der im März 18 wird, den dauerhaften Aufenthalt in Deutschland zu ermöglichen. Rakip ist vor zehn Jahren als achtjähriges Kind allein in die Bundesrepublik eingereist. Die Eltern sind verschollen. Er ist in der Familie seiner Tante aufgewachsen. Diese Familie besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit. Die Familie der Tante sichert den eigenen und Rakips Unterhalt mit eigenem Einkommen. Rakip geht hier zur Schule und wird im Sommer seinen Hauptschulabschluss machen. Er ist integriert und vollwertiges Mitglied unserer Gesellschaft.

Die SPD-Fraktion empfindet die bevorstehende Abschiebung eines fast 18-jährigen Jungen, der keine Angehörigen in der Türkei hat und der in Deutschland bei seiner Tante, die die deutsche Staatsbürgerschaft hat, aufgewachsen ist, als total inhuman.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir bitten Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, einen fast 18-Jährigen, der als kleines Kind nach Deutschland gekommen ist und keine Kontakte in sein Herkunftsland hat, nicht einfach auf dem Flugplatz in einem für ihn völlig fremden Land abzusetzen und ihn seinem Schicksal zu überlassen. Wir beantragen, der Petition stattzugeben und Rakip somit einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland zu ermöglichen. Ich würde mich freuen, wenn Sie dem zustimmen würden. - Danke.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zur selben Petition spricht Herr Kollege Böhlke von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte diesen Fall aus meiner Sicht bzw. so, wie er sich aus der Aktenlage darstellt, schildern. Am 3. Januar 1996 ist der Betroffene als Minderjähriger ohne seine Eltern, die seitdem als verschollen gelten - so soll es sein -, illegal eingereist.

(Zurufe von der SPD)

- Ich erzähle Ihnen einmal die Version, die ich kenne. Hören Sie gut zu. - Er gab an, im Dezember 1989 geboren, also gerade sechs Jahre alt zu sein. Er lebte seither bei seinem Onkel und bei seiner Tante, die auch die Vormundschaft haben und seit Jahren selbständig in einem gastronomischen Betrieb im Landkreis Cuxhaven wirken.

Nachdem im Laufe der Zeit Zweifel am angegebenen Alter des Jungen aufkamen, gab er zu, im März 1987 geboren zu sein. Das Ganze entwickelte sich aber erst aufgrund einer amtsärztlichen Untersuchung im Jahre 2000.

Asylrechtliche Verfahren sind selbstverständlich ausgeschöpft worden. Allerdings sind diese nicht erfolgreich gewesen. Unter anderem wurde argumentiert, dass er der religiösen Minderheit der Jeziden angehören würde. Das wurde gerichtlich überprüft. Es wurde festgestellt, dass andere Verwandte dieser religiösen Minderheit nicht angehören und vor diesem Hintergrund kein besonderer Schutz gewährt werden kann.

Meine Damen und Herren, wir aus dem Petitionsausschuss wissen, dass es eine Möglichkeit gegeben hätte, diesem jungen Mann in Deutschland eine Perspektive zu geben. Die Vormunde - die Tante und der Onkel - hätten das Kind nämlich aufgrund der Tatsache, dass die Eltern verschollen sind, adoptieren können. Das ist nicht erfolgt. Eine Adoption - das wissen wir - auch von Erwachsenen mag gute, erbrechtliche Gründen haben. Aber im Hinblick auf die Nationalität ergeben sich dadurch keine Konsequenzen. Das ist keine Lösung dieses Problems. Man hat also diese Angelegenheit in Kenntnis der Folgen, die sich ergeben, wenn der Junge 18 wird, jahrelang nicht anders klären wollen oder können.

Ich möchte noch etwas hinzuführen, meine Damen und Herren: Natürlich ist ein Einzelschicksal wie dieses immer hart. Aber wer sich mit diesen Dingen täglich auseinander setzt, weiß sicherlich, dass es viele Kinder gibt, die ins Flugzeug gesetzt werden und in Deutschland illegal einreisen. Wir kümmern uns auch darum.