Protocol of the Session on January 27, 2005

Ich kann das für Sie wiederholen. Ich bitte Sie aber, dass Sie jetzt wirklich zuhören, und zwar bei allem, was ich sage.

Wir stehen auf dem folgenden Standpunkt: Die gegenwärtig vorgesehene Zeitschiene ist zu lang.

(Axel Plaue [SPD]: Das ist ja wie in der Klippschule hier!)

- Wollen Sie eine Antwort haben, ja oder nein?

(Axel Plaue [SPD]: Ja!)

- Gut. - Die Zeitschiene, die hierfür vorgesehen ist, ist zu kurz. Innerhalb dieser Zeit kann alles das, was geplant ist, nicht umgesetzt werden. Die Preise und Mengen, die vorgeschlagen werden, sind zu niedrig. Wir arbeiten daran, dass die Vorschläge im Sinne der niedersächsischen Rübenanbauer und der Entwicklungsländer verändert werden. Ich sage es noch einmal: Wir müssen das Vakuum ausfüllen, das Frau Ministerin Künast in Brüssel hinterlässt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Heidrun Merk [SPD]: Blablabla!)

Herr Briese, bitte!

Ich kann mich nur wundern, wie eine Landesregierung,

(Zurufe von der CDU: Frage, Frage!)

die sich das Etikett „Marktwirtschaft“ auf das Label geheftet hat, hier dem Protektionismus das Wort redet.

(Bernd Althusmann [CDU]: Wo bleibt Ihre Frage?)

- Nun stelle ich meine Frage. - Vielleicht kann uns die Landesregierung doch noch einmal Folgendes erläutern: Wenn man die Zuckermarktordnung relativ schnell abschaffen würde, würden die Zuckermarktpreise national - es geht ja hier um niedersächsische Interessen - und damit auch die Zuckerpreise sinken. Dies hätte z. B. zur Folge, dass die niedersächsische Zucker verarbeitende Industrie sehr viel wettbewerbsfähiger werden würde. Arbeitsmarktpolitisch würde sich insgesamt vielleicht eine Verschiebung ergeben. Ich frage, ob es eine Berechnung der Landesregierung dazu gibt, wie es sich arbeitsmarktpolitisch für Niedersachsen auswirken würde, wenn mit der Folge sinkender Zuckerpreise die Zuckermarktordnung relativ schnell abgeschafft würde.

(Wilhelm Hogrefe [CDU]: Chaotisch!)

Der Herr Ministerpräsident möchte antworten.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Verehrter Herr Kollege Briese, ich möchte dem Eindruck, den Sie als Hoffnung erwecken, dass eine solche gesamtwirtschaftliche Betrachtung dieses Ergebnis haben könnte, vehement widersprechen. Vor wenigen Tagen wurde eine Studie über die wirtschaftlichen Auswirkungen einer einzelnen Zuckerfabrik veröffentlicht. Danach entsprechen diese Auswirkungen im Umfeld einer Zuckerfabrik einem Gegenwert von über 100 Millionen Euro. Niedersachsen hat sechs an der Zahl und damit die meisten von allen 16 Bundesländern. Eine dieser wirtschaftlichen Auswirkungen bestünde z. B. darin, dass 10 000 bis 11 000 Landwirte ihre Existenzgrundlage verlören, weil ihre Betriebe auf der Zuckerrübe fußen. Das heißt, wir müssen in Brüssel in den Gesprächen mit den Kommissaren, die leider wechseln, erreichen, dass die Europäische Union für unsere nationale und landespolitische Situation Verständnis aufbringt, entsprechend längere Übergangszeiträume billigt und die Preise geringer absenkt, als es zu befürchten ist. Denn letztlich würde sich die Zuckerproduktion in Niedersachsen bei den Preisen, die nach einer Liberalisierung der Weltzuckermarktordnung, wie Sie sie vorschlagen, die Folge wären, zu einer Randgröße entwickeln. Die daraus resultierenden Verluste wären nicht dadurch aufzuwiegen, dass beispielsweise die Süßwarenindustrie ihre Produkte etwas günstiger auf den Markt bringen könnte, zumal

sehr unklar ist, ob sich diese Folge in den Einzelvergleichen der Länder an irgendeiner Stelle wirklich zugunsten Deutschlands auswirken könnte. Die Nachteile für die unmittelbar betroffenen Primärerzeuger übersteigen insofern die Vorteile, die sich im Rahmen des Produktionsprozesses ergeben könnten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Jetzt habe ich endgültig keine Fragen mehr zu diesem Thema.

Ich rufe deshalb auf:

b) Außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Direktors des Ostpreußischen Landesmuseums in Lüneburg - Anfrage der Fraktion der SPD - Drs. 15/1637

Herrn Kollegen Nahrstedt erteile ich das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gemäß Pressemitteilungen wurde das Arbeitsverhältnis des Direktors des Ostpreußischen Landesmuseums in Lüneburg, Dr. Ronny Kabus, durch den Vorsitzenden des Stiftungsrates Ostpreußische Kulturstiftung, Wilhelm von Gottberg, fristlos beendet. Wie berichtet, hat die Ostpreußische Kulturstiftung dem Museumsleiter wegen angeblicher Treueverletzung fristlos gekündigt: Dr. Kabus hatte vor der Bundestags-Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ den Einfluss der Landsmannschaft und die rechte politische Ausrichtung einiger Stiftungsmitglieder kritisiert.

Das Museum wird zu 100 % von Bund und Land Niedersachsen finanziert. Politik und Museumsfachleute in Stadt und Landkreis Lüneburg und auch darüber hinaus können die Kündigung nicht nachvollziehen und sehen sie als falsch und kontraproduktiv für die weitere erfolgreiche Ausrichtung der Arbeit des Museums an.

In der Preußischen Allgemeinen Zeitung/Das Ostpreußenblatt vom 8. November 2003 schreibt der Stiftungsvorsitzende Wilhelm von Gottberg zum „Streitfall“ Martin Hohmann unter der Überschrift „Christ und Patriot im demokratischen Sinne“ u. a.:

„Alle, die Hohmann kennen, schätzen ihn als gläubigen Katholiken und deutschen Patrioten im guten demokratischen Sinn. Er selbst bezeichnet sich als wertkonservativ. Es ist nun leider so im derzeitigen Deutschland, dass das verfassungsmäßig garantierte Recht der freien Meinungsäußerung denen nicht uneingeschränkt zugebilligt wird, die der demokratischen Rechten angehören. Positionen einzunehmen, die im politischen Spektrum rechts anzusiedeln sind, bedeutet in der heutigen bundesdeutschen Demokratie fast immer die Stigmatisierung rechtsradikal oder rechtsextrem. Diese Erfahrung hat auch Hohmann machen müssen.“

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDUFraktion im Niedersächsischen Landtag, Bernd Althusmann, weiß laut Landeszeitung vom 7. Januar 2005 von „Differenzen zwischen Bund, Land, Stiftung und Dr. Kabus. Die unterschiedlichen Auffassungen haben dazu geführt, die Zusammenarbeit mit Dr. Kabus zu beenden“.

Dies vorausgeschickt, fragen wir die Landesregierung:

1. Welche Äußerungen und Handlungen und von welcher Person führten zu den von Herrn Althusmann genannten Differenzen zwischen Bund, Land, Stiftung und Dr. Kabus?

2. Welche Position nimmt die Landesregierung zu den Aussagen von Museumsleiter Dr. Kabus vor der Bundestags-Enquete-Kommission bezüglich der rechten politischen Ausrichtung einiger Stiftungsmitglieder unter Bewertung des Zeitungsartikels von Herrn Wilhelm von Gottberg zum „Streitfall“ Martin Hohmann, ein?

3. Sieht die Landesregierung Möglichkeiten, den Stiftungsrat auch mit Persönlichkeiten aus Kultur und Politik zu besetzen, die landsmannschaftlich ungebunden sind und in Stadt und Landkreis Lüneburg wohnen?

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister Stratmann zur Beantwortung, bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Ostpreußische Landesmuseum Lüneburg ist eine etablierte Einrichtung, die fachlich anerkannte Ausstellungen und Veranstaltungen zur Kultur-, Natur- und Kunstgeschichte Ostpreußens anbietet. Träger des Museums ist die Ostpreußische Kulturstiftung mit Sitz in Ellingen/Bayern. Die zuständige Stiftungsaufsicht ist die Regierung von Mittelfranken in Ansbach.

Nach der gültigen Stiftungssatzung besteht der Stiftungsrat aus neun Mitgliedern. Der Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen e. V. ist satzungsgemäß der Vorsitzende des Stiftungsrates. Die weiteren Stiftungsratsmitglieder sind:

ein Vertreter des Ostpreußischen Jagd- und Landesmuseums e. V.,

ein Vertreter der Stiftung Ostpreußen,

ein Vertreter der historischen Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung,

ein Vertreter des Nordostdeutschen Kulturwerks e. V.,

ein Vertreter des BKM - der Bundesregierung -,

ein Vertreter des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen,

Ministerialdirigent a. D. Hartmut Gassner als persönliches Mitglied sowie

ein Vertreter des Landes Niedersachsen.

Das Land hat einen Sitz im Stiftungsrat, der bis zum Ende des Jahres 2004 durch den Regierungsvizepräsidenten Lüneburg wahrgenommen wurde. Seit dem 1. Januar dieses Jahres stellt das MWK den Vertreter.

Das Museum wird nach § 96 des Bundesvertriebenengesetzes vom Bund mit 70 % gefördert, das Land gibt knapp 30 % der anfallenden Kosten dazu. Das sind derzeit 196 000 Euro aus dem Landeshaushalt. Die im Stiftungsrat vertretenen Einrichtungen haben teilweise substantielle Beiträge für die Errichtung des Museums geleistet, seien es grundlegende Sammlungskonvolute oder Finanzmittel, seien es nachhaltige ehrenamtliche Unterstützungen.

Angesichts der historischen Entwicklung seit 1989/90 hatte das Museum Anfang 2003 ein Konzept für eine Neuorganisation und Erweiterung, insbesondere um eine deutsch-baltische Abteilung vorgelegt. Dieses Konzept, meine Damen und Herren, erschien dem MWK als nicht hinreichend tragfähig. Deshalb wurde dem Ostpreußischen Landesmuseum mit Schreiben des MWK vom 19. Juni 2003 mitgeteilt - ich zitiere -:

„Bezüglich des inhaltlichen Konzeptes blieben allerdings erhebliche Fragen offen. An erster Stelle sind hier die Aussagen zur Sammlungsstruktur und das Sammlungskonzept für die zukünftigen Ausstellungsflächen sowie die neue Abteilung ‚Baltikum‘ unzureichend. Auch ist ein detaillierteres Gestaltungs- und Vermittlungskonzept unabdingbar. Darüber hinaus müssten die derzeitigen und geplanten Beziehungen zum aktuellen Kunst- und Kulturgeschehen in den heutigen Staaten auf ostpreußischem und baltischem Territorium präzisiert und in eine zeitliche Entwicklungsplanung gebracht werden. Diese konzeptionellen Grundlagen sind besonders im Hinblick auf die künftige Entwicklung des Ostpreußischen Landesmuseums von großer Bedeutung, steht doch in der aktuellen Diskussion in den Geschichtswissenschaften der ‚Dreiklang‘ Vertreibung - Integration -″

- und ich betone

„‚Aussöhnung‘ im Zentrum. Dieses erfordert auch die Darstellung der Vernetzung des Museums mit vergleichbaren Museen und Einrichtungen vergleichbarer Aufgabenstellung.“

Auf dieser Grundlage und wegen der besonderen Verantwortung gegenüber der Kultur der Vertriebenen wurde im Jahr 2004 auf intensives Betreiben des Landes eine neue Konzeption für das Museum erarbeitet, die einen besonderen Schwerpunkt auf den intensiven kulturellen Kontakt mit den heutigen Ländern in Nordosteuropa legt, damit also einen Schwerpunkt vor allem auch auf die Aussöhnung, was mir wichtig ist. Diese Konzeption wurde im Dezember 2004 vom Museumsträger, der Ostpreußischen Kulturstiftung, vorgelegt. Sie entspricht den Entwürfen des Direktors Dr. Kabus.

Die Entscheidung über die fristlose Kündigung des Direktors traf satzungsgemäß der Stiftungsrat mit vier Jastimmen gegen zwei Neinstimmen. Stimmenthaltungen werden in diesem Verfahren als nicht abgegebene Stimmen gezählt, gemäß der Rechtsauskunft der zuständigen Stiftungsaufsicht in Ansbach. Ich will hier erwähnen, dass die Abstimmung im Umlaufverfahren erfolgt ist, was ich nicht als ohne Bedeutung empfinde.