Protocol of the Session on January 26, 2005

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich würde mich freuen, wenn wir hier im Hause einig wären, gemeinsam dafür zu kämpfen und im Rahmen unserer Möglichkeiten alles dafür zu tun, eine möglichst lückenlose Kontrolle der Eier im Sinne der Verbraucher aufzubauen. Die Debatte um die Hennenhaltung sollten wir möglichst an Sachfragen orientiert führen und weniger emotional und ideologiegesteuert wie Frau Künast. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Jetzt erteile ich Frau Stief-Kreihe von der SPDFraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn ich die Ereignisse der letzten Tage und auch die entsprechenden Veröffentlichungen zusammenfasse, so muss ich sagen: Bild sprach zuerst mit dem faulen Ei, und Minister Ehlen eiert herum. Nichts anderes haben wir in den letzten Tagen erlebt.

Wenn man sieht, wie verantwortungslos das Ministerium mit der gesamten Thematik umgegangen ist, fehlt es mir an jeglichem Verständnis. Es gab die Veröffentlichung in der Bild-Zeitung: 28 % der niedersächsischen Freilandeier sind dioxinverseucht. - Ein, zwei Tage später kam die Meldung des Ministeriums: Niedersachsen bestätigt den Bild-Bericht. - Einen weiteren Tag später rief Minister Ehlen dazu auf, bei dem Verzehr von Eiern auf Käfigeier zurückzugreifen. Noch ein, zwei Tage später hieß es: April, April, es war eine Fehlmeldung; lediglich 1,4 % der Freilandeier haben höhere Werte, nicht 28 %. - All die Tage gab es keine einzige Meldung aus dem Landwirtschaftsministerium mit exakten Angaben und exakten Messergebnissen, und zwar bis heute nicht.

Vor diesem Hintergrund kann ich mit vollem Recht sagen: Man geht hier verantwortungslos mit den Verbraucherinnen und Verbrauchern um. Aber auch mit den Betrieben geht man verantwortungslos um. Gerade saß hier noch Herr Clemens Große Macke; jetzt sitzt er dort hinten. Man geht auch verantwortungslos mit diesem Kollegen um. Denn das, was vonseiten des Landwirtschaftsministeriums betrieben worden ist, bereitet allen Betrieben mit Freilandhaltung wirtschaftliche Schwierigkeiten.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Um es klar und deutlich zu sagen: Es geht auch uns um eine so geringe Belastung mit Dioxin wie nur irgend möglich. Das heißt, unser Augenmerk muss auf der Reduzierung der Schadstoffe liegen.

Da wir ja auch noch einen zweiten Landwirtschaftsminister haben, nämlich den Umweltminister Sander, der sich sonst immer in landwirtschaft

liche Fragen einklinkt, frage ich: Wo ist jetzt der Beitrag des Umweltschutzes? Wo ist der Beitrag vonseiten des Umweltministeriums mit Vorschlägen zur Reduzierung der Belastung unserer Böden? - Auch hier: null Erklärung aus diesem Hause. Sonst sagt er zu jedem bisschen etwas, aber in diesem Fall kam überhaupt nichts.

Wir möchten gerne - das beinhaltet die Anfrage, auf die Kollege Oetjen eingegangen ist; im Übrigen ist auch die FDP schnell auf dieses Pferd gesprungen ist; denn sie hat gleich am nächsten Tag die 28 % bestätigt, ohne das überhaupt zu prüfen - die genauen Messergebnisse aus dem Jahr 2004 und aus den davor liegenden Jahren wissen. Ferner möchten wir wissen, wo die Betriebe mit erhöhten Werten sind. Denn wir müssen auch gucken, in welcher Region die Betriebe liegen, wenn es darum geht, auch Schadstoffeinträge zu vermeiden. Das heißt, hier sind noch viele Hausaufgaben zu machen bis hin zu einer verschärften Kontrolle. Dem sollten sowohl Herr Minister Sander als auch Herr Minister Ehlen nachkommen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Jetzt erteile ich Herrn Biestmann von der CDUFraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die gute Meldung vorweg: Nach neuesten Untersuchungen des LAVES gibt es keine akute gesundheitliche Gefährdung durch Freilandeier. Schon bisherige Untersuchungen zeigten nur Grenzwertüberschreitungen, wie eben bereits erwähnt worden ist, von 1,4 % und nicht von 28 %. Ich meine, es gehört zu dieser Diskussion, dies voranzustellen.

Die Landesregierung hat weitere kontinuierliche Untersuchungen von Eiern aus allen Haltungssystemen angekündigt. Das halte ich für richtig. Wenn nötig, müssen belastete Eier dem menschlichen Verzehr entzogen werden. Der oberste Grundsatz unseres politischen Handelns müssen gesunde Nahrungsmittel sein, um die Verbraucher nicht zu verunsichern.

Der von der EU für Dioxin auf 3 Pikogramm je Gramm Fett abgesenkte Schwellenwert zwingt uns zu sorgsamem Handeln. Auch hier gilt es, den

Verbraucherschutz zu wahren und die Existenz der betroffenen Betriebe nicht ohne Not zu gefährden. Zu Panik, Hektik oder Hysterie gibt es und gab es bisher keinen Anlass. Das bestätigen die jüngsten Untersuchungsergebnisse, die gestern veröffentlicht worden sind.

Ich wehre mich auch dagegen, meine Damen und Herren, diese Diskussion dazu zu benutzen, um die Freilandhaltung in Grund und Boden zu reden.

(Zustimmung von Rolf Meyer [SPD])

Dies ist deswegen unverantwortlich, weil viele Betriebe - weniger aus Gründen der Nachfrage oder der einzigartigen Qualitätsmerkmale, sondern vielmehr aus politischen Gründen - auf diese Haltungsform gesetzt haben.

(Zuruf von der CDU: Sehr richtig!)

Durch das von Frau Künast eingeleitete nationale Verbot von Käfighaltung, Appartmenthaltung oder Kleingruppenhaltung sind die Betriebe praktisch gezwungen worden, auf Boden- oder Freilandhaltung zu setzen, wollen sie weiter produzieren. Wir können die Legehennenhalter, die sich an die Botschaften rot-grüner Politik gehalten haben, jetzt nicht im Regen stehen lassen. Sie sind sozusagen in die Künastsche Hühnerfalle getappt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wenn sich die öffentliche Diskussion in Verbindung mit der Dioxinbelastung von Freilandeiern oft ungerechtfertigterweise zu einer Hinrichtung der Freilandhaltung entwickelte, so ist dies einzig und allein das Ergebnis einer marktfeindlichen und aus ideologischer Verblendung angerichteten Agrarpolitik von Frau Künast.

(Zustimmung bei der CDU)

Bisher hat sie einem parteiübergreifenden Kompromiss im Bundesrat über die Kleinvolierenhaltung nicht zugestimmt und somit eine wettbewerbskonforme Umsetzung der EU-Legehennenhaltungsrichtlinie in nationales Recht zum Schaden fast aller Geflügelbetriebe verhindert.

Den größten Vorwurf, den wir Frau Künast machen, ist - darunter haben die Freilandbetriebe zu leiden -, dass sie keine offene und ehrliche Diskussion über verschiedene Haltungssysteme zugelassen hat. Sie hat weder die Ergebnisse der Versuchsbetriebe für Kleingruppenhaltung zur Kenntnis genommen, deren Auswertung Bestand

teil der EU-Richtlinie gewesen ist, noch haben sie die beeindruckenden wissenschaftlichen Erkenntnisse alternativer Haltungssysteme - etwa aus unserem Versuchsbetrieb in Ruthe; dieser Betrieb, der einzigartig in Deutschland ist, hat uns immerhin 18 Millionen DM gekostet - interessiert. Diese fundamentalistische Pseudo-Tierschutzverbohrtheit gehört politisch bestraft.

Herr Biestmann, Sie müssen zum Schluss kommen.

Durch ihre Politik - mit nachhaltigem Schaden für Verbraucher und Landwirtschaft - wird Renate Künast immer mehr zu einem Problem auch für die SPD und für Bundeskanzler Schröder. Ich denke, dass wir aus dieser Diskussion die richtigen Schlüsse ziehen sollten. Wir sollten offen und ehrlich über Haltungssysteme bzw. Legehennenhaltung diskutieren. Das hat die Bundesregierung bisher verhindert. Es wird Zeit, dass wir dieses tun.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nächster Redner ist Herr Minister Ehlen. Ich erteile ihm das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer eine Debatte jenseits von Fakten führen will, der wählt so starke Worte wie „Lobbyist“, „in die Pfanne hauen“ und „unseriös“, um denjenigen, der gemeint ist, in eine bestimmte Ecke zu stellen.

(Zuruf von der CDU: Das macht man, wenn man keine Argumente hat!)

Ich habe wohl zur Kenntnis genommen, Kollege Klein, wie Sie dies hier aufgezogen haben. Wer sich auf diese billige Diskussion einlässt, der hat schon verloren. Aber genau diesen Gefallen werden wir Ihnen hier nicht tun.

Wenn Sie als treue Vasallen Ihrer Frau Künast, unserer Bundesministerin, und auch von Frau Höhn in diese emotionale Debatte einsteigen, dann bringt es letztendlich nichts, auf die Fakten

zu verweisen. Diese Fakten werden auch nicht dadurch weniger richtig, dass man Dinge verschweigt oder falsch darstellt.

Zu den Fakten gehört nun einmal - das ist hier schon gesagt worden -, dass ab 1. Januar auch für die Freilandhaltung der Dioxingrenzwert von 3 Pikogramm gilt. Dies ist ursprünglich schon zum 1. Juli 2002 für alle Eier verpflichtend gewesen. Man hat dann, weil man wusste, dass dieser Wert in der Freilandhaltung nur schwer oder nicht einzuhalten sein würde, eine Übergangszeit bis 2004 und letztendlich bis 2005 vorgesehen.

Ich möchte auch noch einmal darauf hinweisen, dass hier nicht irgendwo populistisch etwas gemacht wurde. Ich habe nachweislich - Sie sind alle dabei gewesen - am 14. Dezember genau auf diese Thematik und darauf hingewiesen, dass uns dieses Problem ins Haus steht. Ich habe auch hier schon deutlich gemacht, dass wir Frau Künast bei vielen Gesprächen im Laufe der letzten beiden Jahre darauf hingewiesen haben, dass sowohl hinsichtlich der Umweltgifte als auch hinsichtlich der Hygiene in der Freilandhaltung große Probleme vorhanden sind. Sie hat diese Argumente aber immer vom Tisch gewischt, weil sie absolut nicht in ihr Programm hineingepasst haben.

(Zuruf von der CDU: Wohl wahr!)

Wir haben jetzt die Diskussion mit den beiden Landwirtschaftsministerinnen. Man muss schon feststellen, dass auch sie absolut falsche Dinge in die Diskussion bringen.

(Dorothea Steiner [GRÜNE]: Das ist üble Nachrede, was Sie da machen!)

- Es war so! Wir haben die Zahlen recherchiert, damit auch Sie einmal Klarheit bekommen und hier nicht so wirres Zeug reden. Wir haben recherchiert. Danach hat sowohl in 2003 als auch in 2004 jeweils eine Probe in Nordrhein-Westfalen über dem Auslösewert von 2 Pikogramm und jeweils eine Probe über 3 Pikogramm, also über dem Grenzwert, gelegen. Angesichts dessen geht es nicht an, dass Frau Höhn sich hinstellt und sagt, in Nordrhein-Westfalen gebe es das nicht. Das geht nicht. Wir sollten sachlich bleiben und die Zahlen und Argumente nicht dauernd durcheinander werfen.

Liebe Kollegin Stief-Kreihe, Sie haben gesagt: Einen Tag macht er dies, den anderen Tag macht er das. - Sie sind doch Lehrerin. Wenn zwei von sie

ben Proben entweder den Auslösewert oder den Grenzwert überschreiten, dann sind das 28,571 %. Das habe nicht ich ausgerechnet - mir war die Datenlage einfach zu dünn -, sondern das ist eine Aussage der Bild-Zeitung.

(Oh! bei der SPD)

Wenn Sie also behaupten, ich hätte das gesagt, dann zeigen Sie mir einmal, wo das steht. Richtig gerechnet hat die Bild-Zeitung übrigens.

Was die andere Zahl angeht - hier muss man aufpassen, dass man nicht ins Schwimmen kommt -, so sind das 2 von 70. Dann stimmt das mit den 1,7 % auch wieder. Aber die 63 waren keine Freilandeier. Das muss man sauber auseinander halten. Man darf die höheren Werte, die auch bei Eiern aus Käfig- und aus Bodenhaltung gefunden worden sind, nicht mit denen der Eier aus Freilandhaltung vergleichen. Für diese gibt es - das hat Kollege Oetjen schon gesagt - ganz klare Nachweise: Fünf gab es in Brandenburg. Da ist Futter verfüttert worden, das falsch erhitzt worden ist. Bei dem einen Fall in Baden-Württemberg waren es nicht einmal deutsche Eier, sondern es handelte sich um belgische Eier. Ich erinnere an den damaligen Dioxinskandal in Belgien. Die Ursachen waren also auf menschliches Versagen zurückzuführen und waren nicht systembedingt durch die Haltung der Hühner.

Was den Vorwurf angeht, ich sei Lobbyist, so haben Sie genau erkannt, dass der Kollege Große Macke und - den haben Sie vergessen - Kollege Schönecke Freilandeier produzieren. Ich wäre doch wohl nicht ganz frisch, wenn ich meine Kollegen hier in die Pfanne hauen würde. Das kann doch wohl nicht angehen.

(Beifall bei der CDU - Sigmar Gabriel [SPD]: Aber Eier gehören in die Pfan- ne!)