Protocol of the Session on January 26, 2005

(Hans-Werner Schwarz [FDP]: Das war der Landtagspräsident!)

Es gilt für Sie das Gleiche, was ich vorhin schon gesagt habe: Hören Sie zu! Wer nicht zuhören will, soll hinausgehen. - Frau Graschtat, Sie haben das Wort.

Schnell stellte sich heraus, dass die Ergebnisses der Studie nicht etwa transparent und nachvollziehbar offen gelegt und mit allen Beteiligten diskutiert werden sollten, sondern dass allenfalls mit den jeweils Betroffenen in Einzelgesprächen darüber geredet werden sollte, ob und gegebenenfalls mit welchen Fördermitteln sie in Zukunft rechnen könnten. Lediglich eine Kurzfassung des Berichtes mit eher allgemeinen Aussagen wurde veröffentlicht.

Meine schriftliche Bitte, als Mitglied des zuständigen Ausschusses des Landtages Einblick in die

Unterlagen zu bekommen, wurde durch die Staatskanzlei Anfang Juni 2003 abgelehnt, u. a. mit der abenteuerlichen Begründung, daraus lasse sich keine nachvollziehbare Entscheidung für oder gegen ein Festival ableiten, während zugleich unter Berufung auf den Bericht Förderentscheidungen verkündet wurden.

Der daraufhin gestellte Antrag der SPD-Fraktion hatte das Ziel, für die Veröffentlichung des Berichts und für Transparenz zu sorgen, sowie den Anspruch des Landtages deutlich zu machen, über die Entscheidungen des Vergabeausschusses zumindest eingehend informiert zu werden, um prüfen zu können, wie sich aus seiner Sicht die Film- und Festivalförderung durch die nordmedia entwickelt.

Die Beratungen im Ausschuss führten u. a. auch durch den Einsatz von Herrn Bardelle, Staatskanzlei und den Geschäftsführer der nordmedia, Herrn Schaeffer, zu einer Offenlegung des Berichts gegenüber dem Landtag und zu der Zusicherung, zukünftig für Transparenz der Entscheidungen zu sorgen. Ich möchte beiden dafür ausdrücklich danken.

Wie aktuell die Forderung nach Transparenz nach wie vor ist, zeigt sich an den aktuellen Entwicklungen. Die Landesregierung hat im September entschieden, den Zuschuss an die nordmedia im Jahre 2005 um 980 000 Euro - das sind 36 % gegenüber dem Vorjahr - zu kürzen. Nach den Kürzungen in 2004 hat damit innerhalb von zwei Jahren fast eine Halbierung von 3 Millionen Euro auf 1,7 Millionen Euro stattgefunden. Außerdem zog sich der NDR aus der niedersächsischen Festivalförderung zurück, um sich in Niedersachsen, wie es hieß, auf sein Kerngeschäft zu konzentrieren, während in Schleswig-Holstein z. B. die Nordischen Filmtage in Lübeck weiter gefördert werden.

(Zuruf: Warum wohl?)

Dies wirkte sich auch massiv auf die Entscheidungen des Vergabeausschusses vom 2. Dezember 2004 aus, welche Festivals in 2005 Landesmittel erhalten. Das Ergebnis: Die Zuschüsse für das Unabhängige FilmFest Osnabrück, das Historische Filmfestival in Göttingen und das Medienhaus Hannover wurden komplett gestrichen, andere zum Teil massiv gekürzt, sodass fraglich ist, wie es dort weitergehen soll. Darunter befindet sich das European Media Art Festival in Osnabrück - vom Herrn Ministerpräsidenten in einem Brief an den Ober

bürgermeister der Stadt Ende Dezember noch als „kultureller Leuchtturm im Lande“ bezeichnet. Wenn das Land mit seinen Leuchttürmen so umgeht, dann kann einem nur Angst und Bange werden.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Unberücksichtigt bleibt bei diesen Kürzungen offenbar auch, dass jeder Euro nordmedia-Förderung durch Drittmittel - z. B. der EU - und durch Sponsorengelder mindestens verdoppelt wird und damit neben der kulturellen Wertschöpfung in der Region Arbeitsplätze geschaffen werden.

Die im Rundbrief des Film- und Medienbüros geäußerte Zuversicht der Staatskanzlei - das Ganze noch im Dezember -, die Festivals könnten trotz der Kürzungen unter Bewahrung der bisherigen Qualität durchgeführt werden, teilen wir ausdrücklich nicht. Es wird zwangsläufig, und zwar trotz aller Bemühungen, zu Qualitätseinbußen kommen müssen.

Für die SPD-Fraktion möchte ich hier ausdrücklich die Forderung erheben, den Ausschuss für Wissenschaft und Kultur baldmöglichst über die Kriterien der getroffenen Entscheidungen zu informieren. Zurzeit herrscht der Eindruck vor, es ginge ausschließlich um regionale Ausgewogenheit, wobei Qualitätsmerkmale allenfalls noch eine Randrolle spielen.

Wir müssen in der Filmförderung insgesamt dafür sorgen, dass sich Vorgänge wie der in 2004 nicht wiederholen, als von den Mitteln zur Förderung unabhängiger Produktionen nur 17 % an niedersächsische Firmen, aber 48 % an Bremer Firmen und der Rest an Produktionsfirmen aus anderen Bundesländern gingen.

Die SPD-Fraktion fordert, den Aufbau einer unabhängigen Produktionsstruktur in Niedersachsen zu unterstützen. Dazu gehört, dass Mittel für unabhängige Projekte in einem eigenen Fördertopf zur Verfügung gestellt werden. In Schleswig-Holstein und Bremen ist das längst eine Selbstverständlichkeit. Darüber hinaus sollten unabhängige Experten mit ihrem Sachverstand an den Vergabeentscheidungen beteiligt werden.

An die Regierungsfraktionen appelliere ich, dass wir gemeinsam dafür sorgen, dem Film- und Medienbüro wieder eine finanzielle Grundlage zu schaffen, die es ihm ermöglicht, seine wertvolle

und für den Erhalt der Strukturen unverzichtbare Beratungs- und Servicearbeit professionell fortzusetzen.

(Beifall bei der SPD)

Wir tragen gemeinsam die Verantwortung dafür, dass die kulturelle Filmförderung in Niedersachsen nicht komplett unter die Räder der so genannten Massenattraktivität gerät. Das würde passieren, wenn nicht gegengesteuert wird. Wenn man hört, dass die nordmedia eine NDR-Sendung wie Thürnaus „Fett-Weg-Show“ mit 852 000 Euro fördert, dann ist diese Sorge sicherlich begründet.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Der heutige Beschluss, der sich im Wesentlichen aus den Forderungen der Anträge der Fraktionen der SPD und der Grünen zusammensetzt, ist ein Anfang. Wir werden dranbleiben und dafür sorgen, dass die Forderungen nicht in Vergessenheit geraten; wir werden regelmäßig ihre Umsetzung anmahnen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Abgeordnete Briese das Wort.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Wo ist ei- gentlich der Fachminister? - Gegenruf von Ministerpräsident Christian Wulff: Das ist mein Bereich! - Gegenruf von Wolfgang Jüttner [SPD]: Dann ist der Fachminister ja da! - Gegenruf von Ministerpräsident Christian Wulff: Wir sind im Gegensatz zu Ihrer Regierung damals immer voll da!)

- Wer debattieren will, der muss im Plenarsaal sitzen. Auf der Regierungsbank muss man leider ruhig sein.

Herr Briese, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir freuen uns, dass dieser Antrag heute von allen Fraktionen gemeinsam beschlossen wird. Die Mehrheitsfraktionen haben an unserem Ursprungsantrag einige redaktionelle Änderungen

vorgenommen. Inhaltlich hat sich nichts Wesentliches geändert. Unser Antrag - das brauche ich wohl nicht lange zu betonen - war hinsichtlich der inhaltlichen Klarheit seiner Forderungen vielleicht noch etwas besser, aber sei‘s drum. Um einen Kompromiss mitzutragen, haben wir uns den Änderungen angeschlossen.

Die niedersächsische Filmförderung - das haben Sie vielleicht mitbekommen - hat in der letzten Zeit einige sehr schöne Erfolge erreicht. Ein ganz prominenter Film, „Gegen die Wand“, hat national und international viele Preise abgeräumt. Ich würde mich freuen, wenn sich insbesondere der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion diesen Film angesehen hätte. Da kann man nämlich viel über die innere Zerrissenheit von Migranten, die quasi in zwei Kulturen leben, lernen. Da kann man auch etwas Empathie lernen. Manchmal habe ich das Gefühl, dieser Mann hat das nötig.

Aber darum soll es in diesem Antrag ja nicht gehen, sondern wir wollen über Förderpolitik in Sachen Medienpolitik reden. Dabei kann sich in Niedersachsen noch einiges verbessern. Nichts ist so gut, als dass es nicht noch besser werden kann, und niemand hat etwas dagegen, den Medienstandort Niedersachsen durch eine gute Förderpolitik etwas zu stärken.

(Zustimmung von Ina Korter [GRÜ- NE])

Was uns insbesondere stört, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist die versteckte Subventionierung des NDR durch die nordmedia. Das haben wir in unserem Antrag deutlich zum Ausdruck gebracht. Daran können Sie sehen, dass wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht heilig sprechen, sondern unsere Kritik klar und deutlich äußern. Wir sagen, dass sich da etwas ändern muss, ohne dass wir diesen Sender gleich politisch instrumentalisieren oder parteipolitisch unterwandern wollen.

Beim NDR selber, das will ich klar und deutlich sagen, hat sich einiges an sehr fragwürdiger Subventionsmentalität durch die nordmedia entwickelt. Es kann einfach nicht sein, dass Filmförderung, die in erster Linie dafür da ist, kleine, freie Filmproduktionen zu stärken, quasi umfunktioniert wird, um das normale NDR-Programm zu stärken. Das ist in unseren Augen keine Filmförderung, das ist Subventionierung des normalen Programms. Dafür ist die Filmförderung nicht gedacht. Das ist unangebracht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Filmförderung ist in unseren Augen ein kulturelles Wagnis. Dazu gehört der Mut, auch einmal Unkonventionelles zuzulassen. Einfältige Massenware - das hat die Kollegin sehr gut formuliert - und auch Verdummungsfernsehen haben wir genug. Es wurde diese fragwürdige Sendung des Herrn Thürnau angesprochen. Manch einer hat es ja vielleicht nötig, abzunehmen, aber das sollte nicht mittels der Filmförderung geschehen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Hier kann man so eine Sendung auch nicht ma- chen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in unseren Augen kann die nordmedia zukünftig keine weiteren Kürzungen verkraften. Die Filmfestivallandschaft in Niedersachsen hat bereits sehr schwere Schäden erlitten. Über die gegenwärtige Medienstandortpolitik der Landesregierung hat der Ministerpräsident heute hehre Worte verloren. Er hat gesagt, wie man den Medienstandort Niedersachsen stärken will und was man alles machen will. Bis jetzt gibt es aber faktisch nur harsche Kürzungen.

Ein Letztes möchte ich noch sagen: Auch das Vergabegremium der nordmedia könnte in unseren Augen etwas mehr kritischen Geist gebrauchen. Da hockt man gegenwärtig unter sich und lässt keine unabhängigen Geister herein. Wir finden, dass einmal einer der unabhängigen, der freien Filmschaffenden vertreten sein sollte. Das würde diesem Vergabegremium sehr gut tun. Wir hoffen, dass die Zusammensetzung des Vergabegremiums in Zukunft verändert wird. Die Staatskanzlei hat zumindest signalisiert, dass man noch einmal darüber nachdenken will.

Wir hoffen also, dass mit der gemeinsamen Verabschiedung dieses Antrages die niedersächsische Filmförderung in Zukunft eine etwas andere Richtung bekommt, vielleicht weg von der Massenförderung, hin zu etwas mehr kulturellem Risiko. Auch die Interessen der niedersächsischen Filmschaffenden müssen stärker berücksichtigt werden. Sehr viel von der niedersächsischen Filmförderung geht nämlich in andere Bundesländer. Das kann nicht in niedersächsischem Interesse liegen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Filmkunst und -kultur sind nicht nur wichtige weiche Standortfaktoren, um eine Region, ein Bundesland

prominent zu machen. Filmkunst regt auch zur kritischen Reflexion an. In Zeiten von loderndem Rechtsradikalismus braucht unsere Gesellschaft eine gute Dosis Kultur, um gegen menschenverachtendes Gedankengut immunisiert zu werden. Ich bedanke mich.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Für die FDP-Fraktion hat nun die Abgeordnete Kuhlo das Wort. Ich erteile es ihr.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die nordmedia wurde vor vier Jahren gegründet, um durch Konzentration von Fördermitteln den Medienstandort Niedersachsen maßgeblich zu stärken. Es ist durchaus angebracht, nach dieser Zeit eine Bilanz der bisherigen Tätigkeiten der nordmedia zu ziehen, insbesondere was die Tätigkeiten im Bereich Filmförderung Niedersachsens angeht. Deshalb bin ich auch sehr dankbar für die beiden Anträge der Oppositionsfraktionen.

Auch hier lassen sich ja durchaus positive Aspekte erkennen. Im Jahre 2004 wurden allein durch die nordmedia Fonds GmbH 45 verschiedene Projekte mit mehr als 3,2 Millionen Euro unterstützt. Bei der Verleihung des Max-Ophüls-Preises in Saarbrücken wurden drei von der nordmedia geförderte Projekte ausgezeichnet. Der ebenfalls von der nordmedia geförderte Film „Gegen die Wand“ - dieser wurde schon genannt - wurde in Barcelona zum besten europäischen Film 2004 gewählt. Über den Erfolg der von nordmedia unterstützten Filmprojekte selbst über die Grenzen Deutschlands hinaus müssen wir also gar nicht diskutieren.

Die FDP-Fraktion begrüßt darüber hinaus ausdrücklich, dass die vor dem Hintergrund leerer Haushaltshaltskassen auch bei der nordmedia vorgenommenen Einsparungen als Anlass für eine Konzentration auf die Kerngeschäftsbereiche angenommen werden. Wir begrüßen ausdrücklich, wie in dem Entschließungsantrag formuliert, die Steigerung der Effizienz der Filmförderung in Niedersachsen.

Für den Bereich der Festivalförderung gilt zweifelsohne Ähnliches. Es muss in Zukunft verstärkt darauf geachtet werden, dass ausschließlich regional bedeutsame Veranstaltungen mit geschlos

senen inhaltlichen Konzepten und scharfem Profil in die Förderung aufgenommen werden. Evaluationsergebnisse sind hierbei sicherlich hilfreich. Allerdings muss bei der Veröffentlichung der detaillierten Aspekte der Entscheidungen des Vergabeausschusses und der Evaluationsergebnisse zumindest die Problematik des Konkurrentenschutzes der einzelnen Festivals bedacht werden.

Meine Damen und Herren, wie sieht es nun aber mit der Förderung derjenigen Produktionen aus, die unmittelbar nichts mit der Entwicklung des Medienstandortes Niedersachsen zu tun haben oder die nicht besonders anspruchsvoll bzw. nicht imagefördernd sind? Ich meine Produktionen, die viel eher aus den Etats der betroffenen Rundfunkanstalten, in diesem Falle des NDR, bezahlt werden sollten. Hier ist in Zukunft verstärkt darauf zu achten - darin bin ich mit Herrn Briese völlig einig -, dass vor allem solche Produktionen, die sich qualitativ deutlich vom alltäglichen Programmangebot des Senders abheben, in die Förderung kommen, also Produktionen, die von kleineren und mittleren Produktionsfirmen in Niedersachsen erstellt werden und tatsächlich den Medienstandort Niedersachsen stärken.