Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der Grünen „Kommunale Verantwortung für die Abfallwirtschaft sichern“ basiert auf Äußerungen von Herrn Umweltminister Sander anlässlich einer Tagung der IHK am 29. September 2004. Die Landkreise haben diesen Vortrag und den Vortrag von Herrn Kix vom Niedersächsischen Landkreistag zugesandt bekommen. Insofern verstehe ich den Antrag der Grünen nicht, denn Minister Sander hat ausdrücklich gesagt:
„Ich habe noch keine abschließende Antwort, welches Modell und in welcher Ausformung das beste ist.“
Dies hat Herr Minister Sander getan, und das mit gutem Grund, wenn man an die Gebührenentwicklung im Abfallbereich in den vergangenen Jahren denkt. Als Kreistagsabgeordnete erlebe ich es immer wieder: Die Bürger verstehen es nicht. Sie trennen eifrig Müll, die Müllmengen gehen zurück, und trotzdem erhöhen sich Jahr für Jahr die Gebühren, und zwar gerade in diesem Jahr in manchen Kommunen um bis zu 70 %. Wer mit der Materie vertraut ist, der weiß, dass der Grund für die Gebührenerhöhung in den hohen Umweltstandards und in den zurückgehenden Gewerbeabfallmengen zu sehen ist. Trotzdem sind wir alle
immer wieder aufgerufen zu überlegen, wie die Wirtschaftlichkeit im Abfallbereich unter Wahrung unserer erreichten Umweltstandards erhöht werden kann. Genau darum geht es Minister Sander.
Außerdem wird in dem Entschließungsantrag der Grünen auf die zunehmende Monopolbildung im Abfallbereich eingegangen, RWE und Rethmann. Auch das verstehe ich als Hintergrund für den Entschließungsantrag nicht, denn diese Monopolisierung findet unter den bisherigen Rahmenbedingungen und nicht unter liberalisierten statt.
Auch Herr Minister Sander hat klar zum Ausdruck gebracht, dass diese Entwicklung kritisch beobachtet werden muss.
Für mich stellt sich die Frage, was zu tun ist, um unser aller Ziel der kostengünstigen und umweltverträglichen Abfallentsorgung noch besser zu erreichen. Wir sind uns doch alle einig: Durch Müll kann größter Umweltschaden entstehen. Unsere Umwelt ist ein zu hohes Gut, als dass man es dem völlig freien Spiel der Kräfte überlassen sollte.
Wir erleben es gerade im Gewerbeabfallbereich, wo der Abfall zur Verwertung aus Kostengründen nicht selten auf qualitativ fragwürdigen Entsorgungswegen verschwindet. Sicherlich kann man, wie Herr Kix vom Niedersächsischen Landkreistag auf der Tagung vom 29. September, über eine andere rechtliche Zuordnung des Gewerbeabfalls großer Unternehmen nachdenken, oder auch darüber, den Gewerbeabfallbereich in Gänze aus der öffentlich-rechtlichen Zuordnung herauszunehmen. Im Auge behalten sollten wir jedoch auch den jeweils entstehenden Kontrollaufwand, der etwaige wirtschaftliche Vorteile verringern kann.
Im Übrigen bin ich mir gar nicht so sicher, ob sich bei Freigabe des Gewerbeabfalls auf lange Sicht tatsächlich eine Kostenersparnis für die Wirtschaft ergeben kann. Bereits jetzt ist aus Fachkreisen zu hören, dass sich die bislang so günstigen Konditionen im Bereich des Gewerbeabfalls zur Verwertung nach dem 1. Juni 2005 drastisch ändern werden, da der Markt zwangsläufig enger wird. Gleichwohl müssen wir alle daran arbeiten, dass die Kosten im Abfallbereich gerade auch für unse
und dass sich die Bürgerinnen und Bürger dadurch für ihr umweltbewusstes Umgehen mit dem Abfall bestraft fühlen. Wenn ich an die Ausschreibung zur Abfallvorbehandlung denke, die bei uns im Landkreis Gifhorn im letzten Jahr zum Zuschlag gekommen ist, frage ich mich, ob das, was Herr Minister Sander erreichen will, nicht auch bei der bestehenden öffentlich-rechtlichen Struktur erreicht werden kann. In der Abfallwirtschaft kann man durch freiwillige Zusammenschlüsse positive Ergebnisse erzielen, wie das Beispiel Gifhorn belegt. Der Landkreis Gifhorn hat sich mit den Landkreisen Peine und Wolfenbüttel zusammengetan und alle Möglichkeiten ausgeschöpft und gemeinsam verfahrensoffen europaweit ausgeschrieben. Hierdurch wurde größtmöglicher Wettbewerb eröffnet und ein so günstiges Ergebnis erzielt, dass die Gebühr jetzt nur um 6,1 % anstatt, wie es andernorts der Fall ist, um 70 % erhöht werden muss.
Noch einmal zur Monopolstellung von Rethmann. Im Landkreis Gifhorn hat dieser Anbieter trotz eines Standortvorteils nicht den Zuschlag bekommen. Lassen Sie uns also überdenken, ob unter den bestehenden Rahmenbedingungen gesetzliche Korrekturen vorgenommen werden können und müssen. Herr Minister Sander selbst hat am 29. September ein meines Erachtens zutreffendes Beispiel angeführt, als er die Abfallwirtschaftkonzept- und -bilanzverordnung infrage stellte.
Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich nochmals betonen, dass die öffentlichrechtlichen Standards in der Abfallwirtschaft zusammen mit der öffentlich-rechtlichen Trägerschaft und im Verein mit dem Vergaberecht durchaus zu Wettbewerb und zur Einbeziehung der Privatwirtschaft führen, also zu dem, was sich Herr Minister Sander und - so denke ich - wir alle uns wünschen. Was wir darüber hinaus noch tun könnten, das sollten wir sorgfältig prüfen. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wende mich zunächst einmal an Frau Kollegin Steiner von den Grünen. Ich möchte Ihnen zu Beginn eine dpa-Meldung vom gestrigen Tag vorlesen, denn es hilft ja manchmal, sich die Realitäten in diesem Land anzusehen, um daraus ein bisschen für die Arbeit im Landtag abzuleiten.
„Landkreis Oldenburg senkt Grundgebühr für Müllabfuhr deutlich - Wildeshausen. Der Landkreis Oldenburg senkt Anfang 2005 die Grundgebühr für die Müllabfuhr um mehr als 10 %.“
„Bereits in diesem Jahr waren laut Landkreis die zusätzlichen Gebühren für die Restmüll- und Biotonne und Papiertonne im Schnitt um 27 % gefallen.“
Jetzt kommt das Eigentliche: Möglich werde dies vor allem, weil der Kreis nur noch mit privaten Entsorgern zusammenarbeite.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Dorothea Steiner [GRÜNE]: Sie ha- ben immer noch nicht begriffen, was wir wollen!)
Dies habe die Kosten erheblich reduziert, heißt es. - Das ist schon sehr interessant. Meine Damen und Herren, ich habe mich über diese Meldung gleich doppelt gefreut: Erstens wohne ich im Landkreis Oldenburg und komme in den Genuss dieser Gebührensenkung, und zweitens zeigt das in perfekter Weise, wie falsch Sie, meine Damen und Herren, mit Ihrem Antrag liegen.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Hans-Joachim Janßen [GRÜNE]: Sie haben den Antrag nicht verstanden! Das ist das Problem!)
- Ich erkläre das jetzt noch einmal, Herr Kollege Janßen. - Sie behaupten, dass eine Liberalisierung zu Konzentrationsprozessen führt, die Preiserhöhungen nach sich ziehen. Als Beispiel führen Sie
den Strommarkt an. Das ist geradezu im doppelten Sinne aberwitzig. Erstens war es doch Ihre Bundesregierung, die mit der Erlaubnis für die Übernahme der Ruhrgas durch e.on zu einer Konzentration auf dem Energiemarkt beigetragen hat.
(Dorothea Steiner [GRÜNE]: Es war Ihr Minister, der die Stromliberalisie- rung gemacht hat! Rexrodt!)
- Frau Steiner, ich will in diesem Zusammenhang den Wechsel von ehemaligen Ministern und hohen Beamten aus der Bundesregierung in die Energiewirtschaft überhaupt nicht kommentieren. - Zweitens hat nicht etwa die Liberalisierung des Strommarktes zu diesem Preisanstieg geführt, sondern es sind die Steuern und Abgaben - Stromsteuer, EEG, Kraft-Wärme-Kopplung -, die zu einer Erhöhung der Preise führen.
Ohne Steuern läge der Strompreis - trotz gestiegener Rohstoffpreise - nach wie vor unter dem Niveau vor der Liberalisierung.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Dorothea Steiner [GRÜNE]: Das nennt man die Augen verschließen vor der Realität!)
- Die Realität beweist das Gegenteil - manchmal auch für die Grünen! - Der Ruf nach dem Staat ist typisch für die Grünen. Denkverbote, meine Damen und Herren, bringen uns hier aber nicht weiter.
Herr Dürr, einen Augenblick! Wir wollen diejenigen, die jetzt außerhalb der Debatte reden, nicht stören.
Damit kein Missverständnis aufkommt: Wir wollen keine Strukturveränderungen auf Kosten der Entsorgungssicherheit. Ich meine jedoch, dass wir eine Diskussion über Privatisierungspotenziale nicht verbieten dürfen. Meine Damen und Herren, ich bin fest davon überzeugt, dass sich Entsorgungs
sicherheit und Wirtschaftlichkeit nicht ausschließen. Im Gegenteil! Je effizienter eine Aufgabe wahrgenommen wird - das zeigt sich eben auch in anderen Bereichen -, desto technisch besser wird sie auch wahrgenommen werden können.
Mit den folgenden Worten möchte ich den Grünen am Ende meiner Rede versöhnlich die Zukunftsangst ein wenig nehmen: Markt und Ökologie schließen einander nicht aus!