Frau Präsidentin! Ich frage die Landesregierung zum Thema Bürokratieabbau: Teilen Sie nicht auch die Auffassung, dass mit den Clearingstellen wieder ein großer Behördenapparat aufgebaut wird?
Es wäre eine Möglichkeit, „Nein“ zu sagen. - Ich bin nicht der Meinung, dass ein großer Behördenapparat aufgebaut wird. Stellen Sie sich einmal den Weg vor: Arbeitgeberbeiträge in ein Sondervermögen beim Finanzamt und Auszahlung eines Prämienanteils an die Krankenkasse. Das ist ein ziemlich einfacher Weg. Es gibt keine besonderen Vorkommnisse, und es ist elektronisch machbar.
Frage: Gibt es einen Anteil in der Bevölkerung, der mit 7 % Prämie überfordert ist? - Die Antwort ist: Ja. Für diesen Anteil wird die Differenz direkt an die Krankenkasse gezahlt. Im Zeitalter der Elektronik sollte das nicht schwierig sein. Wir brauchen weder irgendwelche Gänge zum Sozialamt noch irgendwelche Formulare. Es ist einfach eine Frage, welche Einkommensbezieher überfordert sind. Die Differenz geht aus dem Sondervermögen direkt an die Krankenversicherung.
Frau Ministerin, Sie benutzten das Schlagwort „Transparenz“ bezüglich der Kopfprämie. Können Sie im Kontext der Gesundheitskosten noch einmal deutlich machen, wie Sie dort mehr Transparenz hineinbringen?
Es gab am Wochenende eine sehr nette Satire in der Süddeutschen Zeitung - die ist ja unverdächtig - zu diesem Thema. Ich sage Ihnen einmal ein paar Sätze daraus. Das können Sie durchaus ertragen; das ist nicht so schlimm: Jemand geht zum Bäcker und sagt: Guten Morgen, ich hätte gerne drei Semmeln. Was macht das? - Wie viel verdienen Sie denn? - Was hat denn das damit zu tun? Ja, wenn Sie mehr verdienen, zahlen Sie mehr, wenn Sie weniger verdienen, zahlen Sie weniger. So viel zum Stichwort „Transparenz am Markt“.
Weiß heute irgendjemand, warum er welche Summe bei einer Krankenkasse zahlt? Haben Sie überhaupt eine Vorstellung, was heutzutage die Krankheitskosten im Allgemeinen für jeden bedeuten? - Nein. Wenn Sie vier Leute nebeneinander stellen und sie fragen, wer wie viel an seine Krankenversicherung zahlt - alle sind bei der gleichen Krankenversicherung -, dann nennt der eine diese Zahl, der Nächste jene, der Dritte eine dritte und der Vierte eine vierte Zahl, und zwar für ein und dasselbe Produkt, das bei dieser Krankenkasse angeboten wird.
Wenn verschiedene Prämien gefordert werden, dann muss für die Nachfrager, damit sie unterscheiden können, klar sein, warum. Bei der Krankenkasse X zahle ich eine Prämie von z. B. 105 Euro und bei der Krankenkasse Y 115 Euro. Die Krankenkasse mit den 115 Euro bietet z. B. Akupunktur mit an. Das ist mir wichtig; zu dieser
Krankenkasse gehe ich. Oder wenn mir das nicht so wichtig ist, dann gehe ich zu der Krankenkasse, die nur 105 Euro verlangt. Sie wissen also anhand des Preises, welche Leistungen erbracht werden und können unterscheiden. Heute sehen Sie nur den prozentualen Beitragssatz. Dahinter versteckt sich der ganze große Topf der Umverteilung, der die Leistungen der Krankenkasse völlig verschleiert. Das ist der Unterschied zu Wettbewerb am Markt.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Ministerin von der Leyen, die öffentlichen Haushalte sind ja auf allen Ebenen wegen zu geringer Steuereinnahmen hoch defizitär. Der Verzicht auf eine Steuersenkung ist aber noch keine Mehreinnahme. Sie wollen ja mit einem Verzicht auf eine Steuersenkung die Milliarden finanzieren, die die Kopfpauschale zusätzlich kostet. Ich frage Sie deswegen: Welche Steuern wollen Sie erhöhen, um diese Beträge zu erbringen?
(Dr. Harald Noack [CDU]: Er hat es nicht verstanden! - Karl-Heinz Klare [CDU]: Frau Ministerin, nun senken Sie aber das Niveau Ihrer Antwort, damit er das versteht!)
Durch einen Verzicht auf eine Steuersenkung hat man nach Adam Riese für den Staatshaushalt mehr Geld, als man vorher eingeplant hatte. Dieses Geld geben wir für die Kinder aus, und das halte ich für richtig.
Das ist doch eine ziemlich einfache Rechnung: Vorher haben Sie 36 % für das berechnet, was Sie brauchen. Jetzt sagen Sie: Wir wollen aber noch die Beiträge für die Kinder finanzieren. Wir brauchen also nicht 36 %, sondern nehmen etwas
mehr, nämlich 39 %. Genau um diese Differenz wird die Steuer aus dem theoretischen Modell heraus erhöht. Das ist immer noch besser als der Status quo und immer noch besser als die Steuerreform 2005. Diese Differenz brauchen wir für die Kinder, und die nehmen wir uns auch.
Frau Ministerin von der Leyen, da Herr Seehofer heute ja zwangsweise zum Zahnarzt geschickt wurde, damit er keine Fragen mehr stellen kann, habe ich noch eine: Herr Seehofer sagt: Die CDUReformkonzepte zu Steuer und Kopfprämie kosten 100 Milliarden Euro.
- Das kann man auch schriftlich bekommen. - Meine Frage: Wie wollen Sie die Einnahmeausfälle, die mit etwa 5 % auf den Landeshaushalt durchschlagen würden, gegenfinanzieren?
Diese Zahl ist nirgendwo seriös belegt. Deshalb brauche ich diese Frage zu der Aussage von Herrn Seehofer in der Form auch nicht zu beantworten.
Herr Möhrmann hat sich zu einer Erklärung außerhalb der Tagesordnung nach § 77 der Geschäftsordnung zu Wort gemeldet. Herr Möhrmann, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frau Ministerin hat bezweifelt, dass das von Herrn Schwarz angeführte Zitat von Bischof Homeyer tatsächlich so gefallen sei. Frau Ministerin, wir beziehen uns auf eine Meldung des Vatikan-Radios vom 15. Oktober 2003.
(Bernd Althusmann [CDU]: Was die alles hören! - Zuruf von den GRÜ- NEN: Das ist doch ein prima Sender! - Wittich Schobert [CDU]: Hauptsache, ihr hört nicht Radio Eriwan! - Weitere Zurufe von der CDU - Glocke der Prä- sidentin)
Meine Damen und Herren, ich muss das richtig stellen, weil es so aussah, als hätte Herr Schwarz ein Gerücht in die Welt gesetzt.
„Der Hildesheimer Bischof Josef Homeyer hat mehr Gerechtigkeit beim Umbau der Sozialsysteme angemahnt.... Ausdrücklich kritisierte er die von der Herzog-Kommission vorgeschlagene Kopfpauschale. Scharfe Kritik an den Reformvorschlägen hat auch der Limburger Bischof Franz Kamphaus geübt.“
Man müsste Radio Vatikan vielleicht nach der Quelle fragen. Hier ist die E-Mail von der Bischöflichen Pressestelle.
(Zuruf von der SPD: Seid nett zuein- ander und tauscht die Meldungen aus! - Weitere Zurufe von der SPD)
- Das sei einmal dahingestellt. Aber ich denke, wir können Bischof Homeyer das Recht zusprechen, das zu sagen, was er denkt.
Ich lese Ihnen jetzt einmal genau vor, was gesagt worden ist. - Ich habe hier den falschen Zettel; das war nur die Anfrage. Ich hole mal eben die E-Mail.
(Beifall und Heiterkeit bei der CDU - Bernd Althusmann [CDU]: Was haben die denn noch so bei Radio Vatikan gesagt?)
Mir liegen noch zwei Wortmeldungen vor, und zwar die zweite Frage von Herrn Klein und die zweite Frage von Herrn Meihsies. Darüber hinaus liegen mir im Moment keine weiteren Fragen mehr vor.