Protocol of the Session on October 28, 2004

- Ja, Herr Kollege Gabriel. Mich hat das Ganze ein bisschen amüsiert, und das tut es auch weiterhin.

Aber es freut mich, dass Sie zu einem großen Erkenntnisgewinn gekommen sind.

Wir wollen die wöchentliche Betreuungszeit nicht mehr vorschreiben, und wir wollen die bisherige Begrenzung auf vier Stunden innerhalb des dreijährigen Modellprojekts flexibilisieren; das war im Übrigen eine Verabredung zwischen den Eltern, den Trägern und dem NLJ. Wir finden es gut, dass Sie sich unserem Eintreten für flexible Lösungsmöglichkeiten und damit auch für veränderte Öffnungszeiten angeschlossen haben, die nach Rücksprache mit den Trägern der Waldkindergärten und unter der Beteiligung des Landesjugendamtes dann auch möglich sein werden.

Als die SPD seinerzeit gesagt hatte, dass keine Größenbegrenzung der zu nutzenden Waldfläche vorgegeben werden sollte, habe ich zunächst auch gedacht: Das macht Sinn, wir lassen eine große Flexibilität zu. Aber dann bin ich sehr schnell sowohl vom Kultusministerium als auch vom Landwirtschaftsministerium davon überzeugt worden, dass man bei dieser Forderung nach absolutem Freiraum den Sicherheitsaspekt völlig außer Acht lassen würde. Das aber geht nicht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wenn Kinder am Nachmittag in den Wald gehen, dann geschieht das - Herr Kollege Jüttner, Sie wissen das - im Rahmen des allgemeinen Waldbetretungsrechtes.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Ich kenne mich im Wald nicht so gut aus, Frau Kollegin! Ich bin ein Stadtkind!)

- Schade, das ist bedauerlich. Aber vielleicht haben Ihre Enkelkinder ja einmal die Möglichkeit, die Natur zu erfahren. Ihnen, Herr Jüttner, ist da jedenfalls einiges entgangen.

Wenn Kinder am Nachmittag in den Wald gehen, dann geschieht dies unter dem Aspekt des allgemeinen Waldbetretungsrechtes auf eigene Gefahr. Wenn sich ein Kind aber in der Kindergartenzeit verletzt, ist das Sache der Träger. Deshalb müssen wir die Träger davor bewahren, dass sie wegen grober Fahrlässigkeit belangt werden.

Insofern kann ich Ihnen nur sagen: Stimmen Sie dem Änderungsantrag, den wir von der CDU und der FDP gemeinsam erarbeitet haben, zu. Damit tun Sie etwas für die Kinder, die in der Natur lernen und die die motorische Geschicklichkeit in der Na

tur erfahren wollen; letztlich trägt das auch zur körperlichen Ertüchtigung bei. Lassen Sie uns dem Änderungsantrag von CDU und FDP gemeinsam zustimmen!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Schwarz das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich war eigentlich davon ausgegangen, dass dieser Antrag einvernehmlich verabschiedet werden könnte. Nachdem Frau Rakow, die die Diskussion im Kultusausschuss offensichtlich nicht verfolgt hat, gesprochen hat, habe ich allerdings einen ganz anderen Eindruck. Wir sind uns im Großen und Ganzen einig, dass Waldkindergärten gut tun,

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

dass wir alle etwas dafür tun wollen, dass wir das Regelungsdickicht entflechten wollen. Das war der Ansatz. Bis gerade bin ich der Auffassung gewesen, dass wir alle das einvernehmlich mittragen.

Wir alle sind uns einig darin, dass Waldkindergärten gut tun. Das gilt insbesondere in der heutigen Zeit, in der viele Kinder zu Stubenhockern werden. Hinzu kommt die falsche Ernährung. Nachgewiesenermaßen erfahren Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten gerade im Waldkindergarten eine ganz besondere Betreuung.

Die Öffnungszeiten, von denen hier die Rede ist, wurden mit den Trägern insgesamt so ausgehandelt. Für den kommenden November ist bereits ein Gespräch zwischen Landesjugendamt und den Trägern anberaumt worden. Es gibt Dinge zu regeln, die wir hier im Landtag eigentlich nicht zu regeln haben. Das können die Verhandlungspartner selbst tun.

Ein Kindergarten testet bekanntlich zurzeit die Verlängerung der Öffnungszeiten um eine Stunde. Wenn dieser Versuch gut läuft, können sich dem auch andere Waldkindergärten anschließen, wenn denn Bedarf bestehen sollte. Eine Regelung der Mindestbetreuungszeit erscheint aus unserer Sicht auch aus bürokratischen Gründen grundsätzlich

nicht als angebracht. In dem Antrag ist in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung eine Flexibilisierung vorgesehen. Das lässt insbesondere den Trägern Spielraum, ihr Angebot zu formulieren.

Unseres Erachtens müssen die Kinder im Vordergrund der Planung stehen. Nicht die Bedürfnisse der Eltern spielen in erster Linie eine Rolle, sondern die der Kinder. Bei schönem Wetter ist eventuell ein längerer Aufenthalt möglich, während man bei schlechtem Wetter oder in den Wintermonaten auch andere Dinge in Betracht ziehen sollte. Wir jedenfalls gehen davon aus, dass Träger und Landesjugendamt eine richtige Entscheidung treffen werden. Das Land muss sicherlich regelnd und beschützend eingreifen, aber es reicht völlig aus, wenn Rahmenbedingungen geschaffen werden, wie es die Beschlussempfehlung des Ausschusses vorsieht.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir haben es mit mündigen Bürgern zu tun. Insofern kann eigenverantwortlich gehandelt werden. Der Sicherheitsaspekt wurde dankenswerterweise von Astrid Vockert noch einmal angesprochen. Versicherungsfragen und Sicherheitsaspekte müssen geklärt sein. Ansonsten gehe ich fest davon aus, dass wir einstimmig der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen werden. - Danke schön.

Für die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen hat nun die Abgeordnete Frau Janssen-Kucz das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich gehe fest davon aus, dass wir den Antrag in der Fassung der Beschlussempfehlung gemeinsam verabschieden werden. Ich habe den Zirkus, den Frau Vockert gerade abgezogen hat, auch nicht so ganz verstanden.

Die SPD-Fraktion hat doch im Mai mit ihrem Antrag, auch wenn dieser auch Überreglementierungen vorsah, den Finger in Sachen Waldkindergärten in die Wunde gelegt. Das war auch nötig. Im Land herrschte unheimliche Aufregung bezüglich des Erlasses vom 1. Oktober 2003.

(Heinz Rolfes [CDU]: Die Aufregung habt ihr doch gemacht!)

Der Finger war in die Wunde gelegt. Wenn Sie, Herr Rolfes, Kontakt zu Waldkindergärten gehabt hätten, hätten Sie festgestellt, dass sie wegen der Überreglementierung ganz schön aufgescheucht waren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Das war eindeutig ein bürokratisches Monstrum. Darauf müssen wir aber auch gar nicht mehr herumreiten.

(Astrid Vockert [CDU]: Das hat die SPD eingeführt!)

- Das hat nicht die SPD eingeführt, sondern es sind nach der Modellphase im Jahre 2000 Rahmenbedingungen festgelegt worden. Darauf haben Sie bzw. der Landwirtschaftsminister im Jahre 2003 mit dem Runderlass diesen Blödsinn draufgesattelt.

Jetzt haben wir aber einen Kompromiss gefunden. Wir streben in diesem Bereich flexible Lösungen an. Das gilt auch für die Öffnungszeiten. Das muss man gemeinsam überlegen, allerdings sollte man die Öffnungszeiten auch nicht einfach so frei geben. Das haben auch Sie deutlich gesagt. Vielmehr müssen wir den Schutz der Kinder vor Augen haben. Es geht nicht allein um den Willen der Eltern, die vielleicht sagen: Ich bin acht Stunden berufstätig und hätte mein Kind am liebsten acht Stunden im Wald. - Das wird nicht funktionieren. Deshalb kann ich mit der vorgegebenen Formulierung sehr gut leben.

Nun noch einmal zu den Gestattungsverträgen. Hier geht es um einen Kompromiss, mit dem man erst einmal leben kann. Es ist notwendig, dass akzeptable Regelungen gefunden werden. Wir müssen auch von der Regelung „ein halber Hektar“ herunter. Wir haben insofern einen Erfolg erzielt, als auf diesem halben Hektar nur der Verkehrssicherungspflicht nachgekommen werden muss. Die Waldkindergärten müssen aber nicht für Schäden haften, die Dritten entstehen, wie dies ursprünglich in dem Erlass vorgesehen war. Das leidige Thema Haftung ist erst einmal vom Tisch. Weiterhin besteht aber die Verkehrssicherungspflicht. Das bedeutet - wenn man das genau nimmt -, dass die Erzieherinnen einmal im Monat mit dem Förster durch den Wald marschieren und sich den Wald angucken müssen, ob denn alles gefahrenfrei ist. Das heißt sogar, dass sie nach einer stürmischen Nacht morgens nach Sonnenaufgang auf der Su

che nach Schäden und Gefahrenquellen durch den Wald pirschen müssen.

(Norbert Böhlke [CDU]: Was für eine stürmische Nacht?)

Ich halte das für etwas überzogen. Auch die Förster halten das für überzogen.

(Zuruf von Editha Lorberg [CDU])

Was Sie sich im Zusammenhang mit dem Erlass ausgedacht haben, ist nicht im Sinne der Erfinder. Wir brauchen eine Regelung, die im Interesse der Eltern, der Kinder und auch der Erzieherinnen flexibel ist, ohne das pädagogische Konzept einzuschränken bzw. die Waldkindergärten finanziell zusätzlich zu belasten. Wir haben jetzt einen Kompromiss erzielt, und ich hoffe, dass gemeinsam daran gearbeitet wird, dies umzusetzen.

(Jens Nacke [CDU]: Was spricht da- gegen, dass die Förster nach dem Rechten schauen?)

- Das macht der Förster doch sowieso, aber wieso müssen die Erzieherinnen das jetzt auch noch tun? Wieso müssen sie zwei Mal im Jahr zu Schulungen gehen? Ich höre hier ganz schön den Amtsschimmel wiehern. - Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Busemann das Wort. Ich erteile es ihm.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das tut doch nicht Not! Wir sind uns doch einig! Zu Protokoll! Wieder eine lange Rede? Das muss doch nicht sein!)

Vielleicht kann ich sogar helfen, Herr Kollege.

(Zuruf von der CDU: Denen ist nicht zu helfen!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen gerne eine persönliche Erfahrung schildern. Ich bin nun seit eineinhalb Jahren auch für das Kindertagesstättenwesen im Lande zuständig. In dieser Zeit ist mir eines aufgefallen: Ich glaube, es lohnt sich gerade in diesem Bereich für

alle, mit sehr viel Engagement zu arbeiten. Es lohnt sich, das, was man tut, einvernehmlich zu tun. Das haben wir, was die Träger der Kindertagesstätteneinrichtungen im Lande anbelangt, alle miteinander bewiesen, als es vor kurzer Zeit darum ging, den Orientierungsrahmen für Bildung und Erziehung zu entwickeln. Wir haben 4 200 Kindertagesstätten. Alle Träger saßen mit uns an einem Tisch, und es wurde eine gute Regelung gefunden. Wenn eine Regelung gut ist, ist auch die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie befolgt und umgesetzt wird.

Ich will Ihnen, Herr Jüttner, durchaus entgegen kommen und in aller Kürze auf Folgendes hinweisen: Seinerzeit hat durchaus Regelungsbedarf bestanden. Wir haben 60 Waldkindergärten. Wenn Regelungsbedarf besteht - Haftungsfragen, Betretensfragen und Sicherheitsfragen müssen geklärt sein -, besteht durchaus Bedarf nach einem Erlass. An dieser Stelle muss ich die Bürokratie in Schutz nehmen. Wenn nach Regelungen, die nach Möglichkeit gleichzeitig viel Freiraum gewähren, gefragt wird, dann müssen solche Regelungen beispielsweise im Erlasswege getroffen werden. Hinterher wundert man sich, wenn es im Detail knirscht oder vielleicht Probleme gibt. Darüber sind wir aber sicherlich miteinander hinweg.

Seinerzeit haben uns Träger von Waldkindergärten und auch die Arbeitsgemeinschaft Niedersächsischer Waldkindergärten aufgezeigt, dass es mit dem Erlass gewisse Probleme gab. Man ist dann darüber hergegangen, und das Landwirtschaftsministerium, das Kultusministerium, das Landesjugendamt und die Vertreter der Waldkindergärten haben es hinbekommen, dass nun der Entwurf eines Mustergestattungsvertrages vorliegt. Ich gehe davon aus, dass wir bis zum Ende des Jahres - es läuft ein Versuch, der ausgewertet, der evaluiert werden muss - eine vernünftige Gesamtregelung anbieten können, in der es heißt, dass nunmehr eine Fläche von grundsätzlich 0,5 ha zwischen den Vertragspartnern als Kernfläche vereinbart wird. Auf der Fläche befindet sich auch die Schlechtwetterunterkunft. Auf der Betriebsfläche wird ein hohes Maß an Sicherheit für die Kinder gewährleistet, das vor allem durch gemeinsame Schulungen der Erzieherinnen und Erzieher mit den zuständigen Förstern im Rahmen einer jährlich verbindlichen Fortbildungsveranstaltung und regelmäßigen Flächenbegehungen erreicht wird. Hierbei festgestellte Gefahrenquellen sind dann zu beseitigen. Durch den besonders hohen Anspruch an die Verkehrssicherheit auf der Kernfläche, die wir

jetzt in Absprache so klein wie möglich festlegen, werden die Unfall- und somit auch die Haftungsrisiken für die Träger und die Landesforstverwaltung so weit als möglich minimiert. Über diese Kernfläche hinaus steht der gesamte Wald für Aufenthalte zur Verfügung.